Ich verstehe die Bedenken aus kulturhistorischer Sicht, möchte mich aber zu ein paar Punkten äußern.
1. Magdeburg hat das große Pech, dass die Standorte mit ehemals bedeutsamen Barock- oder Fachwerkbauten mehrheitlich unwiderbringlich mit meist hochwertiger und oft denkmalgeschützter Sowjetarchitektur überbaut sind und man Rekonstruktionen ohne Translozierung kaum bewerkstelligen kann.
Diejenigen Standorte, die unbebaut sind, wiesen dagegen vor dem Krieg eine äußerst einfache Bebauung auf, die einer Rekonstruktion nicht würdig sind. Hierzu zählt auch der Prämonstratenserberg.
2. Magdeburg fehlt seit 1945 vollkommen und in Gänze ein kleinteilige urbane Altstadt-/Gassenstruktur. Die Sehnsucht der Bürger danach wurde zuletzt im Zusammenhang mit dem neuen Rahmenplan Innenstadt deutlich von vielen Bürgern geäußert. Mit dem neuen Viertel kann dem Wunsch vieler Bürger nachgekommen werden. Ich sehe dieses Viertel auch als Impulsgeber für die weitere Innenstadtentwicklung an. Sollte diese Kleinteiligkeit und Nutzungsmischung nämlich erfolgreich sein, sehe ich eine sehr gute Basis für weitere kleinteilige Nachverdichtungen im gesamten Innenstadtgebiet.
3. Jetzt steht nach der überraschend positiven Votierung durch die Fachausschüsse die Entscheidung des Stadtrates an. Ich hoffe, dass dieses Vorhaben auch dort erfolgreich sein wird. Sollte der Stadtrat positiv votieren, ist eines erstmal sicher: Ein kleinteiliges Viertel in Blockrandbebauung mit Nutzungsmischung entlang der historischen Straßenverläufe.
4. Nach einer positiven Entscheidung durch den Stadtrat wird es an die Detailplanung des Viertels gehen und da werden wir uns auch als Stadtbild Deutschland e.V. einbringen. Einige Rekonstruktionen halte ich in der aktuellen Form für verzichtbar, andere erachte ich als sinnvoll. Abseits der translozierenden Rekonstruktionen ist auch die begleitende Bebauung wichtig. Wird es Fassadenwettbewerbe geben? Auch stellt sich die Frage, was für die WOBAU als kommunales Unternehmen überhaupt finanziell leistbar ist? Oder hat es nicht Charme, wenn die Rekonstruktionen z.B. durch die Bürger der Stadt Stein für Stein finanziert werden? Daraus soll deutlich werden: Es sind noch etliche Stellschrauben zu drehen.
Wichtig ist zum jetzigen Zeitpunkt eines: Wenn es gut läuft, wird Magdeburg erstmals seit 1945 wieder ein richtiges urbanes Altstadtquartier erhalten. In Magdeburg! Der Großstadt, die wie keine andere durch den sowjetischen Wiederaufbau geprägt ist. Und schon allein dafür lohnt es sich doch bei allen kulturhistorischen Bedenken zu kämpfen.