Beiträge von Dr. Haus

    Mein Interesse an Geschichte, klassischer Architektur und Stadtbau bestand schon seit meiner Kindheit und ist in meiner Studienzeit massiv erstarkt.
    Aufgewachsen bin ich im beschaulichen Eichstätt mitten im Naturpark Altmühltal.
    Seit Kleinauf war ich es hier gewohnt, dass beinahe jedes Gebäude im Stadtkörper seine teils mehrere Jahrhunderte zurück reichende Geschichte hat und sich als Mosaiksteinchen dienend in ein großes Ganzes einfügt.
    Meine gesamte Studienzeit habe ich dann in Würzburg verbracht.
    Die Zerstörung der alten Stadt war auch fast 60 Jahre nach Kriegsende dort an jeder Ecke so extrem körperlich spürbar, dass es einem weh tat und oft den Magen umgedreht hat. Je mehr ich mich dort mit dem "Wiederaufbau" Würzburgs nach dem Krieg befasst habe, umso weniger Verständnis hatte ich für vieles, was in den Aufbaujahren entschieden und umgesetzt wurde.
    Dass mein Bekannter und Nachbar aus Jugendtagen dann als Lichttechnik-Ingenieur die Innen- und Außenbeleuchtung der Frauenkirche in Dresden ausführen durfte und ich so mehrmals die Gelegenheit hatte, die Frauenkirchen- Baustelle zu besuchen, hat dem allen dann noch die Krone aufgesetzt. Endlich hat sich gezeigt, dass vieles, was vorher als "nicht machbar" weggewischt wurde, leichter ist als gedacht und es immer einen Weg gibt, wenn nur der Wille dazu besteht...

    Und Du hast mir gerade noch gefehlt. Du kannst hier gerne den Jubelperser geben, der alles restlos super findet, aber als "überflüssig" muss ich mir meine kritischen Anmerkungen ausgerechnet von Dir nicht bezeichnen lassen.

    Wieso so dünnhäutig, Schlossgespenst?
    Naja, es gibt halt immer Leute, die an allem was ihnen quer kommt, nur das Schlechte sehen.
    Für manche ist das Glas eben immer halb leer...

    hier in der Frankfurter Braubachstraße handelt es sich eben um die Nachbildung einer Fassade, die vor über 100 Jahren überwiegend aus Naturstein war

    Meint ihr nicht, dass man es mit seiner Kritik auch überziehen kann?
    Ja, genau! Es ist die N a c h b i l d u n g der Fassade eines Vorgängerbaues! Das ist keine Rekonstruktion und soll und will auch keine sein.
    Das ist ein Neubau. An einer Stelle, an der auch viel Schlimmeres hätte kommen können.
    Wenn wir jetzt anfangen, sogar solche Neubauten zu verteufeln und in den Dreck zu ziehen, die in ihrer Formensprache durch und durch traditionell sind, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn wir nicht mehr Ernst genommen werden.

    Mei, dieser graue Universitätsklotz draußen in der Pampa und weit, weit von jeder Altstadt entfernt, kann mich nicht wirklich aufregen. Ob einem diese schräge, dekonstruktivistische Libeskind-Architektur gefällt, ist Geschmackssache.
    Aber an dieser Stelle, als Solitär fast 1,5 km von jeder urbanen, altstädtischen Bebauung entfernt, tut so ein Monstrum ja wohl kaum jemandem weh. Und da von "kleinteiliger Backsteinarchitektur in der Nachbarschaft" zu sprechen ist - gelinde gesagt - auch etwas euphemistisch.
    In der Dredner Hauptstrasse wäre so ein Bau um ein Vielfaches schlimmer gewesen.
    Seien wir froh, dass das damals verhindert wurde...

    Ist aber wahrscheinlich aus juristischen Gründen notwendig, solche Schilder da anzubringen. Auch wenn´s greislich ausschaut. Nur falls die Oma wirklich mal mit ihrem Rollator die Rolltreppe runter fällt, oder irgendein Depp meint, er müsste mit dem Mountainbike dort rumturnen.
    Das ist die Amerikanisierung der Gesellschaft und aus gleichen Gründen steht auf Wegwerf-Kaffeebechern "Inhalt heiß" und in der Gebrauchsanleitung für die Mikrowelle "Nicht zum Trocknen von Haustieren verwenden"...

    "aber die Bürger Wismars ließen sich offensichtlich nicht aktivieren"

    Naja, zum Einen ist eigenständiges bürgerschaftliches Engagement in einer ehemals staatlich sozialistisch gelenkten Gesellschaft sicherlich nicht sehr weit verbreitet.
    Und zum Anderen: wie viele Christen gibt es in Wismar überhaupt noch, die abseits der städtebaulichen Bedeutung Interesse an der Nutzung einer dritten Großkirche in ihrer Stadt haben könnten?

    Ich habs eben mal gegoogelt:
    Beim Zensus 2011 gab es bei etwa 44.000 Einwohnern 1.239 Katholiken und 4.037 Protestanten.
    Das sind ungefähr 12% der Bevölkerung! Da das jetzt schon sechs Jahre alte Zahlen sind, hat inzwischen die Zahl der Gläubigen sicher noch weiter abgenommen.
    5.000 Gläubige passen auch locker in eine der beiden verbliebenen Kirchen...

    Warum also in der gottlosesten Ecke Mitteleuropas ein riesiges Gotteshaus erbauen?

    Versteht mich nicht falsch - ich wünsche mir auch einen Wiederaufbau der Marienkirche und des gotischen Viertels.
    Nur: eine Kirche ohne Funktion und ohne Gemeinde neu zu errichten, ist total sinnentleert.
    Kirche braucht Gemeinde.

    Klar gibt es auch massenhaft Kirchenbauten, die in der Zwischenzeit anders genutzt werden.
    Nur: in diesen Fällen war der Kirchenbau immer zuerst da und wurde dann umgenutzt.
    Als Konzerthalle, Bibliothek, Gaststätte, Wohngebäude etc.
    Bei St. Marien ist das anders.
    Wenn man einen Konzertsaal neu bauen will, baut man eben einen Konzertsaal.
    Und keine alte Kirche neu auf.

    insgesamt finde ich den Würzburger Wiederaufbau eines der Besten

    Naja, das mag oberflächlich so scheinen, weil der alte Stadtgrundriss beibehalten wurde.
    Ich selbst habe sieben Jahre in Würzburg gelebt und wenn man sich mal im Detail anschaut, was in Würzburg zwischen 1945 und 1980 alles abgerissen wurde, dann kommt einem das kalte Grauen! Da wurden hunderte Meter erhaltene Barockfassaden und wertvolle Einzelbauten in den Boden gestampft, nur um die eine oder andere Strassenführung dem PKW-Verkehr etwas geschmeidiger anpassen zu können oder die Strassenbreite mal um 50 oder 100cm zu vergrößern. Da eine Liste von - aus heutiger Sicht - unsinnig zerstörter historischer Würzburger Bausubstanz zu erstellen, würde Bücher füllen. Auch die Umgestaltung des Mainviertels ist gerade zwischen Alter Mainbrücke und St. Burkhard echt enttäuschend, wenn man die Situation mal mit Bildern von 1945 vergleicht.

    Sechsstöckig?

    Naja, das Problem an dieser Stelle ist ja, dass der abgerissene Altbau keinerlei baukünstlerischen Wert, sondern als dörflicher Überrest der Feldmüllersiedlung kultur- und sozialgeschichtliche Bedeutung hatte.
    Auf dieser Strassenseite war er als einziges einstöckiges Gebäude eingequetscht zwischen knapp 20m hohen Neubauten.
    Sollte der für diesen kriminellen Abbruch Verantwortliche nicht enteignet werden und weiterhin Baurecht auf diesem Grundstück haben, würde ich ihn zu einer originalgetreuen Rekonstruktion des Altbaues verdonnern.
    Wenn das Grundstück aber der Stadt zufällt - wovon ich nicht ausgehe - hätte ich nichts gegen einen Neubau in Höhe der angrenzenden Bebauung einzuwenden.

    Krasse Geschichte!
    Es ist schon atemberaubend, welche Blüten Kapitalismus, Immobilienwucher und Bauspekulation inzwischen treiben.
    Die Stadt muss jetzt nur zusehen, dass die Strafe für dieses Verbrechen auch wirklich abschreckend ausfällt.
    250.000,- Euro schrecken doch in München keinen Bauherrn, wenn er anstelle des abgerissenen einstöckigen Altbestandes danach einen sechsstöckigen Neubau mit der tausendfachen Rendite hinstellen kann!
    Ansonsten liefert dieser Fall allen anderen Bauträgern ja quasi eine Blaupause für die Vernichtung unrentabler Baudenkmäler. Man darf gespannt sein...

    Ich würde diesen Besitzer ja einfach komplett enteignen, ihm die Kosten für die Aufräumarbeiten des THW aufbrummen, das Grundstück der Stadt übertragen und mit Sozialwohnungen bebauen.

    Die Überreste der Südseite des Marienplatzes wurden ja spätestens Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre abgetragen, um den Platz zu vergrößern und die Platzkante um mehrere Meter nach Süden zu versetzen. Daher finden sich hier nur Neubauten aus dieser Zeit. Möglicherweise wird sich ja der eine oder andere Hausbesitzer bei Renovierungsarbeiten in den kommenden Jahren (oder Jahrzehnten) wieder mehr an der historischen oder zumindest traditionellen Fassadengestalung orientieren.
    Die Hoffnung stirbt zuletzt...

    1) Es hätte einen Aufschrei der Entrüstung gegeben, wenn die vierte Fassade des Schlüterhofes unter Verwendung der Elemente der anderen drei Fassaden geplant worden wäre - obwohl sie dann objektiv gesehen nicht schlechter ausgesehen hätte als jene.

    2) Wie kann man die Rekonstruktion der vierten Seite des Schlüterhofes (oder der historischen Ostfassade, oder des Apothekerflügels) ablehnen unter anderem mit dem Argument, dieser Stil passe nicht zu den Fassaden Schlüters - und dann einem Stil zustimmen, der mit den jetzt wieder aufgebauten Fassaden noch deutlich weniger gemein hat?

    Ihr habt doch alle die Diskussionen um das Stadtschloss in den vergangenen 25 Jahren mitbekommen, oder?
    Habt ihr inzwischen schon vergessen, wie viele Leute gegen den Wiederaufbau des Stadtschlosses waren und wie lange es gedauert hat, die Entscheidung für das Schloss zu fällen?
    Ich glaube, wir können alle sehr zufrieden sein mit dem, was da kommt.
    Vor allem wenn man sich die Alternativen vor Augen hält, die auch lange zur Diskussion standen...