Beiträge von Wikos

    Im aktuellen Focus gibt es ein ausführliches Interview mit Mäckler. Leider nicht so scharf formuliert wie sonst und für den Laien thematisch nicht so toll aufbereitet. Auch der Querverweis zum Altstadtareal Frankfurt fehlt. Aber immerhin ein eindeutig stadtbildfördernder Beitrag in einem populären Medium. Das Thema menschengerechtes Stadtbild erreicht mittlerweile immer breitere Bevölkerungsschichten.


    Sonstiger Hinweis: Evtl. kann man diesen Strang mit dem Strang "Mäckler im Interview (Badische Zeitung)" vereinigen.

    Die vorliegenden Hauptstadtplanungen sind nicht mehr zeitgemäß. Während es in Europa eine sehr starke Bewegung gibt das historische Erbe zu bewahren, weht bei Planern und Architekten in Deutschland immer noch der Zeitgeist der Stadtzerstörung um jeden Preis. Mit selbstgerechter, autoritärer Pädagogik wird diese reaktionäre Gesinnung der Moderne nach außen getragen und die Sehnsucht der Menschen nach Stadtreparatur mit Füßen getreten. Liebe Stadtplaner und Architekten in Deutschland: Die letzten historischen Fragmente deutscher Innenstädte sind keine beliebig verformbaren Blaupausen um mit Großmannssucht seinen Zerstörungswillen auszuleben. Wenn ihr es Anno 2010 nicht schafft die letzten Reste historischer Bauten in eure gigantischen Stadtumbau-Pläne zu integrieren, dann habt ihr offensichtlich Euren Beruf verfehlt.

    Es ist schon erstaunlich wie man gegen den Bürgerwillen eines der letzten historischen Gebäude einreißt in einer Stadt die übersäht ist mit Baulücken, Nachkriegsbarracken und Provisoren.

    N. m. E. sollte man schleunigst die Denkmalschutzbehörden in der heutigen Form abschaffen. Es gibt mittlerweile eine ellenlange Liste mit unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden, deren Abriss durch Denkamlschutzbehörden legitimiert wurde. So können sich immer wieder Stadtverantwortliche auf den "Fachverstand" der Denkmalschutzbehörden berufen und verfügen so immer wieder über ein schlagkräftiges Abrissargument. Da offensichtlich die Denkmalschutzbehörden nicht als Anwalt für ihre unter Schutz stehenden Gebäude auftreten, sollten diese sich auf die Dokumentation des historischen Erbes beschränken und keine kontraproduktiven "Stellungnahmen" zur Aufhebung des Schutzes von einzelnen Denkmälern mehr abgeben.

    Wo Licht ist, gibt es natürlich auch mal wieder Schatten in Mainz...
    Für sein neu geplantes archäologisches Zentrum (Baukosten mind. 45 Mio. Euro) soll in der Nähe des römischen Theaters die denkmalgeschützete Neutorschule (Baujahr 1926) abgerissen werden. Eine Bürgerinitiative die für den Erhalt kämpfte wurde abgeschmettert. Beistand für den Abriss kam ausgerechnet vom Landeskonservator Glatz, der den Abriss des gut erhalten Baudenkmals befürwortete, weil u.a. das ursprüngliche Dach nicht mehr da sei. Siehe Artikel in der MZ Allg. Ztg. v. 27.07.09: http://www.allgemeine-zeitung.de/region/mainz/meldungen/7156564.htm\r
    http://www.allgemeine-zeitung.de/region ... 156564.htm

    Überraschende Wende bezüglich des "Haus Christiansen" von J. M. Olbrich auf der Darmstädter Mathildenhöhe: Stadt und Denkmalpfleger Hess möchten nun den geplanten Museumsbau der Stiftung des Ehepaars Sander "im historischen Maß" errichten lassen. Damit besteht Hoffnung, dass an der Stelle der in den fünfziger Jahren übereilt abgeräumten Reste des im Krieg zerstörten "Haus Christiansen" der Olbrich-Bau wiederhergestellt wird. Hess spricht von denselben "Abmessungen" die der neue Bau haben soll. Mit Blick auf die Weltkulturerbe-Bewerbung Darmstadts für die Mathildenhöhe ist zudem auch eine Wiederherstellung von Olbrichs Wohnhaus (jetzt Polen-Institut) im Gespräch. Quelle Das Echo v. 17.04.10: http://www.echo-online.de/nachrichten/kunstundkultur/-Wir-muessen-die-Luecken-schliessen;art1161,818173\r
    http://www.echo-online.de/nachrichten/k ... 161,818173

    N.m. Einschätzung kam es zu dieser überraschenden Wende Aufgrund der "Bewerbung zum Weltkulturerbe" und dem zunehmenden Druck der Darmstädter Bürger, die nachdem sie nach Kriegsende mit einer der hässlichsten Aufbauleistungen ihrer Innenstadt "bestraft wurden", zumindestens das Jugenstilensemble "Mathildenhöhe" retten möchten. Damit wurde nun endlich die Phalanx einer kleinen aber sehr einflussreichen Modernisten-Lobby aus Stadtplanern und Architekten in Darmstadt durchbrochen.

    Lt. einem Bucheintrag, den ich mal dazu gelesen hatte, wurden für diesen Bau einige Altstadthäuser weggerissen. Zur Zeit gibt es Bestrebungen das Neue Rathaus in Reutlingen mit Millionenaufwand zu sanieren, da es in die "Jahre gekommen ist". An der äußeren Form soll sich allerdings nicht ändern...

    Das Argument der Wohnungsnot verklärt in der Tat den "Wiederaufbau". Wenn es den Planern um die Wohnungsnot gegangen wäre, dann hätten diese die Innenstädte verdichtet aufgebaut und hätten keine erhaltens- und bewohnbaren Häuser mit abgeräumt. Stattdessen finden wir aufgelockerte Siedlungen mit großen Leerräumen, Grünflächen und Autoschneisen. Diese Pläne lagen schon vor Kriegsbeginn in den Schubladen der Stadtplaner, wären aber natürlich nie so radikal umgesetzt geworden, wenn nicht die Städte in Trümmern gelegen hätten.

    Im Zuge dieser ausgelebten Selbstverwirklichungs-Utopien der Stadtplaner wurden auf massive Art und Weise auch die Bedürfnisse und Initiativen vieler Bürger der zerstörten Städte übergangen. Ein Beispiel ist Ulm: Dort wurde es vielen Hausbesitzern untersagt, ihre identitätstiftenden, hochgiebeligen Gebäude in historischer Form wieder aufzubauen und dass obwohl der geschaffene Wohnraum nicht geringer gewesen wäre als bei den austauschbaren modernen Bauten, die die Planer ohne Rücksicht durchsetzen. Wer diese Nachkriegs-Bauten sieht, der weiß nicht ob er sich gerade in der Ulmer, Bochumer oder Bielefelder Innenstadt befindet. Statt wie eigentlich von den Planern gewünscht, die zurückliegende "Gleichschaltung" des Nationalismus mit Modernität aufzubrechen wurde so faktisch eine gleichförmige, den Menschen unmaßstäbliche Architektursprache aufgezwungen.

    @ RMA: Danke für Deine herausragende Fleißarbeit. Endlich ist die Hausnummerzuordnung entwirrt. Daran haben sich sogar schon Historiker die Zähne ausgebissen: http://www.schopenhauer.de/130803schopenhauehaus.htm\r
    http://www.schopenhauer.de/130803schopenhauehaus.htm
    Immer noch unfassbar, dass die "Schöne Aussicht 15" in den siebziger Jahren weggerissen wurde. Und die hässlich-moderne Nachkriegsbebauung des Sterbehauses "Schöne Aussicht 16" - wird dem historischen Ort in keiner Weise gerecht. Schade das am Sterbehaus Schopenhausers keine Gedenkstätte eingerichtet wurde - in diesem Jahr wird dem 150. Todestag gedacht, da hätte man die historische Gelegenheit nutzen müssen.

    Nochmal zum Hausnummerngewirr. Ähnliche Probleme der Zuordung hatten auch die Stadtväter in Danzig - dort hing die Gedenktafel zum Geburtshaus am falschen Gebäude: http://www.trojmiasto.pl/wiadomosci/Podwojne-zycie-Fahrenheita-i-Schopenhauera-n26823.html\r
    http://www.trojmiasto.pl/wiadomosci/Pod ... 26823.html
    Aber immerhin wurde die heutige "?wi?tego Ducha 47" (früher Heiliggeistgasse 114) - die Adresse des Geburtshauses - wieder historisch nach dem Krieg aufgebaut. Hier ein historisches Foto: http://fotopolska.eu/11453,foto.html\r
    fotopolska.eu/11453,foto.html
    Und so sieht es heute aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Gdansk_Schopenhauer_House.jpg\r
    de.wikipedia.org/wiki/Datei:Gdan ... _House.jpg

    Überwältigende Zuschauerresonanz: Bis zu 430.000 Zuschauer verfolgten Anfang des Jahres die Erstausstrahlung von "So war das alte Frankfurt" im HR-Fernsehen. Wg. des großen Erfolges und Aufgrund mehrfacher Zuschaueranfragen wiederholt der HR am Karfreitag 16.30h die Sendung. Danach wird der Film "Als Frankfurt hundert Gassen hatte" gezeigt!

    Nach der gestrigen Veranstaltung des Altstadtforum (http://www.altstadtforum-frankfurt.de">http://www.altstadtforum-frankfurt.de) kann man sagen: Es herrscht Aufbruchstimmung in Frankfurt/M.! Erste Investoren stehen in den Startlöchern und warten nur noch darauf, dass es endlich los geht mit den Reko-Bauten. Desweiteren hat gestern Abend Jörg Ott im gut gefüllten Frankfurter Volkstheater eine atemberaubende Kamerafahrt durch sein grandioses virtuelles Altstadtmodell präsentiert.

    Also es ist angerichtet: Die Aufbaugegner stellen nur noch eine verschwindende Minderheit in Frankfurt/M. dar. Nachdem wohl die grundsätzliche Planung von den Modernisten nicht mehr verhindert werden kann, konzentrieren diese sich wohl jetzt verstärkt auf die Platzierung von dekonstruktivistischen Einzelbauten, um so ein historisches Gesamtensemble zu konterkarieren.