Beiträge von Wikos

    Zitat von "Georg Friedrich"


    Glauben diese Journalisten ernsthaft, man hätte der Stadt damit etwas Gutes getan?


    Diese "Schandfleck"-Rhetorik gab es auch schon in den siebziger Jahren. Zuerst lässt man es verfallen und dann hat man Argumente für den Abriss...

    Ich vermute es ist der marode braun gestrichene Altbau auf dem Foto. Das grüne eingerüstete Haus daneben ist glaube ich auch schon abgerissen.

    Zitat von "Denk_mal"

    ^ Danke für die Info! Kommt aber drauf an, wie man 's sieht! Nochmal kurz der Hintergrund: [lexicon='Leipzig'][/lexicon] vor '45 einst mit reichste Stadt Deutschlands und dementsprechend auch architektonisch sehr glanzvoll, erlebte danach einen Bedeutungs-Verlust wie es wohl keine andere deutsche Stadt durchgemacht hat. Dieses Erbe sieht man dieser Stadt bis zum heutigen Tage an, da ein Großteil historischer Bausubstanz eben glücklicherweise noch steht. Wenn man also positiv eingestellt ist, sieht man die restlichen unsanierten Altbauten als unglaubliches Potential und wer Geld hat, investiert hier entsprechend. Das scheinen mittlerweile ja einige auch zu tun, so dass die meisten Altbauten schon heute wieder in altem Glanze erstrahlen.

    Das die LWB ihre Altbauten in der FAZ anbietet, stimmt mich eher positiv. Seit der Wende lautete deren Antwort auf Wohnungsleerstand gründerzeitlicher Bausubstanz ja tendenziell eher Abriss statt Sanierung. Standen in der FAZ auch Kaufpreise zu den Objekten? Die waren ja in der Vergangenheit oftmals utopisch hoch, was deren Rettungschancen teilweise auf Null gedrückt hat. Wäre nett, wenn du event. auch den ganzen Artikel hier einscannen könntest. Danke im Voraus!


    Die Preise für die Häuser sind ziemlich lächerlich "An der Lehde 4" z.B. Wohnfläche ges. 486 Quadratm. für 95.000 €. Geht dann hoch bis 250.000 € (Nernstr. 7, 476 Quadratm. ges.).

    In der Freitagsausgabe der FAZ war eine mehrseitige Beilage der LBW -Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft zu denkmalgeschützten Anlageobjekten in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. Erschreckend wieviele historisch wertvolle Häuser leerstehen und einen Käufer suchen. Altbauten aus dieser Beilage:
    An der Lehde 4 (7 Wohnungen leer), Bornische Str. 174 (6 leer), Breslauer Str. 16 (8), Comeniusstrasse 34 (9), Eisenbahnstr. 131 (11), Eythraer Str. 28 (9), Georg-Schumann-Str. 126 (1), Hamburger Str. 43 (12), Henriettenstr. 7 (9), karl-Blechen-Str. 1a (6), klingenstr 52 (8), Krönerstr. 51 (9), Linkelstr. 8 (9), Mariannenstrasse 115 810), Nernstr. 7 (8), Prießnitzstr. 26 (2), Rolf-Axen-Str. 2 (11) uvm.
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    Zitat von "Heimdall"

    Und er wird Dir noch eine Weile erhalten bleiben. Ich habe erst vorletzte Woche beim Besuch der Darwinismus-Ausstellung in der Schirn gesehen, daß mehrere Handwerker mit der Sanierung beschäftigt waren. Sandsteinplatten wurden offenbar ausgebessert usw.
    Kann man nur auf einen Bulldozer oder Baukran hoffen, der mal dagegen rast.


    Schön zu wissen, für welchen Schwachsinn unsere hart erarbeiteten Steuergelder mißbraucht werden.

    Der Architekturkritiker Dieter Bartezko hat sich nun in der FAZ vom Freitag, dem Thema "Schirn-Tisch" im Beitrag "Das kommt uns nicht mehr auf dem Tisch!" angenommen. Angeprangert wird im Artikel die Ignoranz von Bangert, dem "Tisch"-Schöpfer, der auf seine Urheberrechte pocht. Immer wieder erstaunlich wie gestern noch abrissfreudige Modernisten die Unantastbarkeit ihrer Werke verteidigen. Dabei machen doch eigentlich die jederzeit problemlose Reproduzierbarkeit und örtliche Ungebundenheit die Bauten der Moderne aus.

    Das Großereignis wirft bereits seine Schatten voraus. Nachdem es schon zu heftigsten Bürgerprotesten wg. abgeholzter Uraltbäume an der Rheinpromenade gekommen ist kommt es nun auch zu ersten Eingriffen ins Stadtbild, bei dem es darum geht die "Schandflecke" der Stadt verschwinden zu lassen. Insbesondere der historische Stadtteil Ehrenbreitstein wird derzeit stark gebeutelt. Nachdem bereits in den letzten Jahren einige wertvolle Bauten dem Bundesstrassenausbau zum Opfer fielen sind nun weitere Bauten betroffen wie jüngste massive Abrisse von mehreren Altbauten "Im Teichert" und in der "Hofstrasse" belegen.
    Nun ist dem hektischen Abrisswahn um das Stadtbild für das Großereigniss "fit" zu machen eines der letzten Barockhäuser in der Koblenzer Altstadt zum Opfer gefallen. Im "Altengraben" sind die Tage die Abrissbagger vorgefahren und haben das marode Barockhaus eingerissen. Der Besitzer des Hauses war zur Sanierung bereit, allerdings wäre das ganze wohl unwirtschaftlich gewesen. Da offenbar auch kein Denkmalamt eingegriffen hat ist nun das Haus, das alle Kriege überstanden hat (Koblenz war zu über 80% zerstört) weg. Grossereignisse sind immer ein zweischneidiges Schwert. Diese überhasteten Abrisse erinnern stark an "Stadreparaturen" in den 60iger und 70iger Jahren. Und das in einer Stadt, die in den letzten 20 Jahren eine sehr vorbildliche Altstadtsanierung getätigt hatte.

    Im Westend, insbesondere südlich der Bockenheimer Landstrasse werden jetzt vermehrt trostlose 60iger/70iger Jahre Bauten in eine grossbürgerlich-historische Optik umdekoriert. Dabei werden die Sockelbereiche aufgewertet, die Fassaden mit Pastelltönen übertüncht und die Vorgärtenbereiche aufgehübscht. Das Ergebnis ist leider sehr oft ernüchternd. Übrig bleibt ein hässlicher Baukörper mit kitschigen Applikationen. So schnelllebig sind Trends. Vor Jahrzehnten hat man die bestehenden Alt-Bauten noch dem Abrisswahn geopfert. Jetzt werden scheinbar sogar Immobilienmogule wie Josef Buchmann einsichtig. Der bewirbt auf seinem Webangebot seine Immobilien z.B. so: " Wohn- und Geschäftshaus im Herzen des begehrten Frankfurter Westends. Durch seine Altbausubstanz mit schönen Fassaden, wie auch modernen Neubauten zählt das Westend zu Frankfurts Spitzenlagen." Hoffe das der Schlingerkurs der Modernisten gestoppt wird (siehe z.B. aktuell die Abrisspläne für die Villa Hirsch)- denn eines ist sicher: Altbauten sind heute begehrt und profitabel und heben insgesamt die Qualität von Wohnlagen.

    Das Thema "maßstäbliches Bauen" scheint noch nicht in den Architekturbüros angekommen zu sein. Aber wahrscheinlich beginnen die Defizite schon in der Ausbildung der jungen Architekten. Beim Betrachten studentischer Entwurfsarbeiten dominieren dekonstruktivistische Entwürfe, die den spektakulären Bauten von Stararchitekten nacheifern möchten. Unweigerlich fragt man sich ob die grenzenlosen Möglichkeiten der CAD-Software zu solchen unkonventionellen Entwürfen verleiten oder ob die Professoren eine solche Marschrichtung vorgeben. Aber selbst die gelehrten Gilden der Preisrichter sind der Blob-Architektur verfallen.

    Fakt ist, dass der städtebauliche Diskurs der letzten 20 Jahre wohl weitgehend nicht den Weg von der Theorie in die praktische Umsetzung gefunden hat. Anders ist es nicht zu erklären, dass die städtebaulichen Fehler der 60iger und 70iger Jahre, die in unendlichen Publikationen analysiert wurden, immer noch wiederholt werden. Diesmal werden allerdings nicht Häuser dem Strassenbau also dem Auto geopfert, sondern verschwinden hinter unmaßstäblichen Baukörpern, die sich weder an umliegenden Traufhöhen orientieren noch sich einer Blockrandbebauung unterordnen möchten. In dieser neuen Stadt der ungraden Fluchten und ins unendlich gespiegelten Fassadenbilder werden die Menschen genau so orientierungslos herumirren wie zwischen den Fahrbahn-Stelzen der autogerechten Stadt.


    Stuttgart wirklich noch 70% ? Wuppertal nicht mehr?
    In Deiner Liste fehlt noch Chemnitz und Bonn. Oldenburg, Kassel, Lübeck, Erlangen, Schwerin?

    Wiesbaden gehört zu den teuersten Städten (sehr hohe Miet- und Immobileinpreise) überhaupt. Ein Plus für Wiesbaden ist die Lage im Grossraum Rhein-Main Gebiet und die unglaubliche Bausubstanz. Im Minusbereich liegt die örtliche Museumslandschaft, der Mangel an studentischen Leben, Defizite im Nah- und Fernverkehr (keine Strassenbahn, schlechte IC-Anbindung), das Fehlen von örtlichen Spitzensport und Veranstaltungen und die teilweise sehr beamteske Bevölkerungstruktur. Trotzdem eine sehr lebenswerte Stadt, wenn auch leider viel teurer als [lexicon='Leipzig'][/lexicon].

    Ein bisschen mehr Demut und Bescheidenheit täten in der heutigen Zeit gut. Ich bezweifele, das sich eine Zaha Hadid grossartig mit dem städtbaulichen Gefüge auseinandersetzt. Bisher ist sie durch spektakuläre Solitäre aufgefallen, aber bestimmt nicht als Gestalterin eines innerstädtischen Platzensembles. Mit vollmundigen Ankündigungen Star-Architekten wie Zaha Hadid und Rogers in den Wettbewerb zu nehmen erhält man zwar eine hohe Aufmerksamkeit, dem Wettbewerb selbst tut es bestimmt nicht gut. Das ist für die anderen Teilnehmer geradezu ein Aufruf dazu, einen noch spektakuläreren dekonstruktivistischeren Entwurf abzuliefern als die Konkurrenz. Bleibt als Feigenblatt noch ein städtebaulich denkender Mäckler, der sich zumindestens mit der vor Ort-Situation auseinandersetzt, wenn auch seine Endergebnisse am Ende doch öfters enttäuschend sind (Lindencorso...).

    Zitat von "Wissen.de"

    Also ich muss Berlin jetzt auch mal wieder verteidigen. Zumindest was Berlin-Mitte angeht. Hier bemüht man sich wirklich um qualitativ hochwertiges Bauen. Auch der Neubau Unter den Linden ist - und davon habe ich mich vor Ort überzeugt - sehr gelungen, es wurden hochwertige Materialien verwendet. Insgesamt sind viele Bauten in Mitte sehr klassisch gehalten und viele andere städte wären froh, solche Bauten zu haben.

    Die Bebauung des Leipziger Platzes ist allerdings differenziert zu betrachten. Der Neubau des Wertheim ist nicht schlecht. Es kommt darauf an, welche Materialien verwendet werden. Natürlich ist der Bau nicht von der Qualität des Vorgängers, aber es wird in Deutschland viel schlechteres gebaut. Allerdings ist der Leipziger Platz, wenn man ihn mit dem Potsdamer Platz und dem Pariser Platz vergleicht, sicherlich der schwächste. Er ist einfach zu monoton und insbesondere die Südseite ist teilweise zu sachlich geraten. ansonsten sind die Neubauten in Mitte aber meist von guter Qualität, von Ausnahem einmal abgesehen!


    Das in Berlin-Mitte qualitativ hochwertig gebaut wird zumindestens hochwertiger als Beispielsweise in Dortmund oder Frankfurt/M. hat ja auch niemand bestritten.
    Hier geht es jedoch um einen besonderen Fall. Das alte Wertheim ist nicht irgendein Bau, sondern steht für ein unverwechselbares epochales historisches Architekturzeugnis mit Weltgeltung. Niemand verlangt das der Nachfolgerbau die grandiose Qualität des Messelbaus erreicht. Was allerdings dort als Entwurf abgeliefert wurde ist für jeden Architekturkenner eine Provokation sondergleichen. So sah Investorenarchitektur kurz nach der Wende aus: billige, austauschbare städtebauliche Fremdkörper, die möglichst viel Renditequadratmeter in hässliche Geschossmonster packen.