Beiträge von Gurnemanz

    Sehr interessant, die alten Fotos vom "Neuen Justizpalast". Ich bin auch immer davon ausgegangen, dass der unverputzte Zustand auch der ursprüngliche war. Ganz fremd für München wäre es ja auch nicht, siehe die Frauenkirche oder das Alte Technische Rathaus. Mit gefällt der alte Zustand aber auch besser.

    Mein Besuch liegt sicherlich auch mindestens 15 Jahre zurück, als wir von der Rückfahrt von Prag dort einen Halt machten. Vielleicht tue ich der Stadt damit heute Unrecht, aber eine unangenehmere Atmosphäre als dort hatte ich bislang nirgendwo empfunden. Wir oben schon angesprochen war die Stadt geprägt von Bettlern, Vietnamesenmärkten, Prostitution, Glücksspiel und dies alles noch auf billigstem, schäbigstem Niveau. Die deutsche Gäste/Kunden überwiegend nicht minder abstoßend. Die Stadt und die Umgebung hat uns - ehrlich gesagt - angewidert und wir waren selten so froh, wieder über der Grenzen in Bayern zu sein.

    Nun gut, das ist längern her. Vielleicht muss ich diese Erinnerungen ablegen und die Stadt Wallensteins noch einmal unvoreingenommen Betrachten.

    Mir liegt keinesfalls daran, hier Zeno indirekt zu widersprechen; aber Kempten (Allgäu), kann, obwohl jedenfalls das historische Zentrum von Kriegszerstörungen weitgehend verschont wurde, infolge der Altstadtsanierung in der Nachkriegszeit schon mit einer "Schadenskarte" aufwarten, die sich hinter schwer von Luftangriffen getroffenen Städten nicht zu verstecken braucht. Die weiträumigen Abrisse v. a. im ehemals reichsstädtischen Teil dürften in unzerstörten Städten ohne Vergleich seien.

    Später erfolgte dort hingegen ein deutliches Umdenken mit der sorgsamen Restaurierung historischer Bausubstanz und sogar einer kleinen Reko-Welle, angefangen vom Gallo-römischen Tempelbezirk bis hin zu zwei Stadttoren.

    Der Messeturm passt vor allem deswegen gut dazu, weil er (vielleicht mit Ausnahme seiner Spitze) ein sehr schöner, klassisch gegliederter Wolkenkratzer ist, der an die Art-Deko-Wolkenkratzer aus dem Amerika der 20er und 30er Jahre anknüpft. Zudem harmoniert die Verkleidung aus rotem Granit farblich mit dem Sandstein.

    Wir bleiben im feinen und gediegenen Nymphenburg. Kein ungewohnter Anblick, gerade in Zeiten des Immobilienbooms. Trotzdem stimmt mich so etwas immer traurig.

    Hier in der Dall'Armistraße, in der sich auch einige denkmalgeschützte Bauwerke der Jahrhundertwende befinden; am bekanntesten das kürzlich sehr schön renovierte Dall'Armi-Bürgerheim vom Hans Grässel (http://www.sueddeutsche.de/muenchen/serie…edler-1.2436953)

    Traurig auch, dass im Hochpreissegment diese Architektur ausreicht.

    Angenehmer dagegen Dall'Armistraße 23 gegenüber aus dem 70er Jahren:

    Und was haltet ihr davon? Auf den ersten Blick fand ich es ganz gefällig; so richtig ansprechen tut es mich aber nicht. Interessant wäre, ob regionaltypische Bauweisen aufgegriffen wurden. Ich assoziiere damit aber auch eher Neubauvillen im östlichen Europa in häufig "kruschteliger" Umgebung, nie richtig fertig werdend.

    Ich wollte damit nur sagen, dass Nürnberg - auch heute noch - perfekt das Klischee der "deutschen Stadt" präsentiert.
    Und dass die meisten Touristen, seine sie nun aus den USA oder Japan, einfach nur dieses "german feeling" haben wollen und sich gar nicht für Authentizität und historische Tiefe interessieren. Das gleiche gilt auch für Neuschwanstein, das ja auch nur ein anachronistisches Fantasieprodukt ist. Die Touris lieben es.


    Ich gehe davon aus, dass du hier nicht Neuschwanstein mit der Nürnberger Wiederaufbauarchitektur vergleichst.

    Weil Nürnberg halt wohl eine Atmosphäre erzeugen kann, die unabhängig von seiner städtebaulichen Qualität ist. Wenn da ein Tourist ganz unbefangen und ohne geschultes Auge hinkommt, sich die Hauptkirchen anschaut, den Hauptmarkt mit Schönem Brunnen, Männleinlaufen an der Frauenkirche, von dort zur Burg, dann noch die Gegend um das Dürerhaus, den Tag bei Bratwürsten mit einem Krug Wein oder Bier ausklingen lässt, und das alles bei einem Wetter wie heute; da möchte ich nicht sagen, dass das kein "great day" gewesen sein kann. Und nicht nur für Leute, die aus Detroit oder Oklahoma City kommen. Ich war letztes Jahr bei einem Ausflug wieder überrascht, wie gut Nürnberg auch auf kunstinteressierte und durchaus gebildete Leute gewirkt hat.

    Mit dem Kaufhof am Marienplatz sollte man das Haas-Haus nicht vergleichen. Mögen beide Fremdkörper sein, ist doch die Anmutung des Haas-Hauses ungleich höherwertiger. Der Kaufhof am Marienplatz stellt mit seiner Brutalität einen für die Münchener Innenstadt singulären Eingriff in das Stadtbild da. Der damalige Münchener Oberbürgermeister Hans Jochen Vogel bereut heute noch in Interviews, nicht mehr getan zu haben, diese Fassade zu verhindern.

    Dass die Gestaltung der Südseite der Bedeutung des Platzes unangemessen ist, dürfte außer Frage stehen. Die Schäbigkeit der Bebauung am Stuttgarter Rathausplatz wird trotzdem jedoch nicht annähernd erreicht. Fairerweise muss man auch sagen, dass die Westseite (z. B. Donisl) der eigentlich typische Münchner Wiederaufbaustil ist.
    Mit dem neuen Hugendubel besteht zumindest eine mehr oder weniger einheitliche Zeile unauffälliger Füllbauten. Wie Leonhard anmerkt, glaube ich auch, dass die Südseite wenig wahrgenommen wird. Der Marienplatz wird geprägt und überstrahlt von der Dominanz des Neuen Rathauses. Der von der Kaufingerstraße auf den Marienplatz zukommende Passant wird davon eingenommen. Die Bauten an der Rückseite (Südseite) werden kaum eines Blickes gewürdigt. Faszinierend finde ich immer, dass es die Touristen gar nicht stört. Diese frequentieren ja in Massen die Straßen und Plätze (Stachus, Neuhauser Straße, Kaufingerstraße, Marienplatz), die ich eher zu meiden versuche.

    Auch wenn sie nicht das alte bürgerliche Zentrum der Stadt sind: Auch in München kann man in unmittelbarer Näher mit dem Odeonsplatz und dem Max-Joseph-Platz entschädigt werden. Das Bewusstsein, das dort und andernorts in München in der Nachkriegszeit sehr viel richtig gemacht wurde, lässt mich über manches andere milder hinwegsehen.

    Vielen Dank an Booni für den Hinweis auf die „vorher-nachher-Vergleiche“des Bündnisses Gartenstadt München. Die gestalterische Qualität der Neubautenreicht nach meinem Empfinden von katastrophal (z. B. auf der ersten Seite) bis hin zu ganz akzeptabel (z. B. Füllstraße 3). Wirklich überzeugende Neubautensehe ich bei der Aufstellung nicht. Der Verlust solche Altbauten stimmt auchmich immer traurig. Nicht unbedingt, weil es sich in jedem Fall um besonders reizvolle Bauten handelt, sondern weil der Gebietscharakter verloren geht oder zumindest stark verändert wird. Der Abriss von Häusern wie Benediktenwandstr.15 ist hingegen auch ein richtiger Frevel.

    Verwunderlich sind solche Entwicklungen bei einer starken Immobiliennachfrage nicht. Wir brauchen uns nichts vorzumachen: Bei Grundstückspreisen in guten Münchner Wohnlagen von 3.000 – 4.000 EUR pro Quadratmeter sind Häuser wie beispielsweise Meichelbeckstraße 28 nicht mehr zu halten. Chancen haben da nur Denkmalschutzbauten (vielleicht) und solche Altbauten, die ob ihres Reizes saniert mehr zu erzielen vermögen als Neubauten. Und auch in diesen Fällen wird man im größtmöglichen Umfang versuchen, Nachverdichtungen zu erreichen.

    Solche Zeiten erleben die Städte ja nun nicht zum ersten Mal. In der Gründerzeit dürfte sich die Stadtbilder in den Großstädten in weit größerem Umfang geändert haben. Trotz bedauerlicher Verluste von mittelalterlicher und barocker Bausubstanz glücklicherweise bei einem ganz anderen ästhetischen Anspruch an die Nachfolgebebauung. Zu meinem Bekanntenkreis gehört zufällig der Geschäftsführer einer Bauträgerfirma, die einen abgebildeten Neubau erstellt hat, zu ihrer Ehrenrettung einen der besseren. Baugestaltung und Ästhetik waren in Gesprächen mit ihm häufig ein Thema. Manlernt dabei aber auch, dass solche Leute eine ganz andere Herangehensweise an diese Thematik haben, die ich mir nicht zu verurteilen anmaße.

    Bauleitplanung und Gestaltungssatzungen können helfen. Soweit ich weiß, bestehen z. B. in München-Hartmannshofen Bauvorschriften, die den Gartenstadtcharakter bewahren sollen. Ich möchte aber auch nicht das Heil in allzu starkem hoheitlichem Dirigismus suchen wollen. Damit kann manches Übelverhindert werden, eine positive Stadtbildverbesserung lässt sich damit aber nicht erreichen. Es bleibt zu hoffen, dass einzelne Lichtblicke Schule machenund entsprechende Nachfrage erzeugen. Wir müssen ja schon froh sein, dass man in Nymphenburg und Harlaching den Erwerbern zumindest keine Betonfertiggaragen verkaufen kann.

    Zitat

    Sog. Iduna-Hochhaus am Servatiiplatz in Münster. Baujahr 1960/61, unter Denkmalschutz seit 1994. Münster ist stolz auf sein rundum saniertes Hochhaus-Denkmal Vorhang-Fassade - Wow! Ich halte immer Maulaffen feil, wenn ich dort lang gehe.

    Massiv störend ist jedenfalls der Antennenverhau auf dem Dach. Wenn solch ein Gebäude schon unter Denkmalschutz gestellt wir, müsste wenigstens auf ein einigermaßen ursprüngliches Erscheinungsbild geachtet werden.

    Vor einiger Zeit gab es ja mal einen Strang zu den besten großstädtischen Ensembles. Und da wurde München sehr häufig genannt. Odeonsplatz, Max-Josef-Platz, Wittelsbacherplatz, Ludwigstraße, Maximilianstraße, Prinzregentenplatz, Königsplatz etc. strahlen in alter Pracht und sind in ihrer Häufung und Geschlossenheit in Deutschland einmalig. Auch wenn's mir vertraut ist; die Ludwigstraße von Nord nach Süd, zwischen Siegestor und Feldherrenhalle zu fahren, verursacht bei mir immer noch ein erhebendes Gefühl.

    Klar hat u. c. mit der Neuhauser Straße recht; dies gilt auch für den Marienplatz, mit Ausnahme der beiden Rathäuser. Komischerweise ist der meiste Andrang dort, wo München am wenigsten attraktiv ist. Karlsplatz (Stachus), Fußgängerzone. Aber auch in der Neuhauser Straße gibt es Schätze, wie die Michaelskriche, die Bürgersaalkirche.

    In den "guten" Gegenden verströmt München eine Eleganz, die in deutschen Großstädten selten zu finden ist.

    Mein vielleicht liebstes München ist das westliche Schwabing, so rund um den Kaiserplatz, da ich Jugendstil und Gründerzeit gerne mag und es dort viele geschlossen erhaltene Straßenzüge gibt.