Posts by Hesse

    Moderationshinweis (Schloßgespenst): Ich konnte es nicht lassen und habe - Hesses Einverständnis einfach mal unterstellt - das Vorher-Bild noch einmal zum Vergleich davorgeklemmt:


    Eine Aufnahme von heute, nachdem das Gerüst nun vollständig abgebaut ist:

    Und zum Vergleich der ursprüngliche Zustand (wer mag, kann nun die Unterschiede suchen - denn manches mußte wohl aus Kostengründen vereinfacht wiederhergestellt werden, manches mag auf den Architekten zurückzuführen sein):

    Das Ergebnis ist dennoch überaus erfreulich: Am Anfang hatte die Zeitung noch gemeldet, daß das Haus statt der Platten eine Wärmedämmung erhalten sollte, und dann war zunächst nur von einer schrittweisen Freilegung die Rede.
    Das Haus muß allerdings schon in den späten 20er oder in den 30er Jahren vereinfacht worden sein. Die Haube (ehemals mit Metall- oder Blechplatten gedeckt) und die Spitze wurden durchgehend verschiefert, alle Profile beseitigt, und die Dachgauben an der Haube verloren ihre hohen Aufsätze:

    Und noch zwei aktuelle Ansichten:

    Der Balkonvorbau konnte leider wegen des damit verbundenen Aufwands nicht wiederhergestellt werden. Das Treppenhaus ist überraschenderweise sogar noch teilweise erhalten, wenn auch ohne das Geländer aus gedrechselten hölzernen Docken:

    Wegen der Aufteilung in zahlreiche kleine Apartments ist auch der Bereich der früheren Wohnungstüren vollständig verändert. Die Decken sind in den Wohnungen noch abgehängt, was die Fenster aber geschickt kaschieren.

    Die Probleme "Strukturschwäche im ländlichen Raum" und "Stärkung der Innenstädte gegenüber Einkaufszentren auf der grünen Wiese" scheinen das hessische Homberg erreicht zu haben: Mitten in der Altstadt soll am Marktplatz ein großflächiges Einkaufszentrum entstehen.

    Die Fachwerkzeile am Markt soll wohl stehenbleiben, aber wie es mit dem übrigen Häuserblock (bzw. den Häuserblöcken in Variante 2) aussieht, ist offenbar bereits fraglich.
    http://www.hna.de/nachrichten/sc…ht-1166741.html

    In dem Fall (Lagerbauten?) würde ich auf originale Flachdächer tippen; in der Industriearchitektur waren Flachdächer ja schon fast im ganzen 19. Jh. üblich: Besonders die schmucklosen, rein ökonomisch gedachten Kästen englischer Fabriken waren da wegweisend. Im Reisetagebuch Schinkels gibt es eine ganz hübsche Skizze der Baumwollspinnereien in Manchester (1826):

    http://www.google.de/imgres?imgurl=…%26tbs%3Disch:1, auf S. 21.

    - Apropos: Weiß eigentlich jemand, ob sich Schinkel bei Bauakademie und Friedrichwerderscher Kirche ausdrücklich auf solche englischen Vorbilder bezogen hat? -

    Die Adlermedaillons an den Postamenten waren damals allerdings weggelassen worden; sind sie jetzt bei dieser letzten Restaurierung wieder ergänzt worden? Auf jeden Fall sehen damit jetzt auch die Sockel wieder sehr schön aus!

    Die Zahl von 870 Häusern in der Kasseler Altstadt (also ehem. Altstadt und Freiheit) dürfte realistisch sein, wenn man die Unterneustadt beiseite läßt: Im Stadtplan von 1766 sind links der Fulda genau 1000 Gebäude verzeichnet (ohne die Bauten der Stadtbefestigung), darunter aber auch alle öffentlichen Gebäude, die also abzuziehen sind. Wenn man dann noch spätere Abrisse (Straßendurchbrüche etc.) berücksichtigt, kommt 870 recht gut hin. Die Unterneustadt rechts der Fulda hatte 1766 dann nochmal 195 Gebäude, 1943 vielleicht 150-160. - zusammen kommt man also auf ca. 1020-1030 Häuser. Nicht berücksichtigt bleibt dann noch die barocke Oberneustadt.

    Die Frage ist allerdings, was jeweils gezählt wurde: Für Frankfurt scheinen mir die 1500 Häuser ganz realistisch zu sein, wenn ich die Größe beider Städte vergleiche (und auch in Frankfurt die umfangreichen Abrisse für das neue Rathaus, für Battonn- und Braubachstraße etc. berücksichtige). Daß Nürnberg mit 2500 Häusern allerdings so viel größer als Frankfurt gewesen sei, wundert mich dann doch etwas, und dass Hildesheim ebenso wie Frankfurt (!) ca. 1500 Altstadthäuser gehabt haben soll, erst recht - vor allem, wenn ich mir den Stadtplan Hildesheims von 1750 ansehe (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/d…m_Plan_1750.jpg)...
    Allerdings: In Kassel (und wohl auch in Frankfurt) sind es die Zahlen für das Kataster - es ist also nicht jedes einzelne Bauwerk erfaßt, sondern jede Adresse nur einmal. Wenn man natürlich mit dazuzählt, was in den Hinterhöfen noch alles stand, kommt man ganz leicht auf deutlich höhere Werte. Und ich könnte mir vorstellen, daß in Hildesheim tatsächlich die Einzelgebäude gezählt wurden?
    In Braunschweig dagegen würde ich deutlich mehr Häuser als nur 800 vermuten - vielleicht sind dort tatsächlich nur die Fachwerkhäuser gezählt?

    Das Problem bei den einzelnen Zahlen scheint mir tatsächlich die Datengrundlage zu sein, was und wie gezählt wurde...

    Quote from "ursus carpaticus"

    Na ja, war sie fürdem richtig schön?

    Nun, sie war immerhin eines der wenigen gelungenen Beispiele dafür, daß auch der späte Historismus bisweilen noch echten Städtebau zustandegebracht hat... Und ich würde sogar sagen, daß die Ecke dort tatsächlich schön war. Nicht nur die Positionierung der Kirche in den verschiedenen Blickachsen (was an sich nichts ungewöhnliches ist), sondern vor allem auch die Gesamtheit mit den beiden neuromanischen Eckhäusern (hat man für das eine Eckhaus sogar einen Vorgängerbau abgerissen?), die stilistische Harmonie, die Geschlossenheit in den Bauformen, die Art wie die quadratischen und achteckigen Ecktürme der Gebäude auf die Formen der Kirchtürme bezogen sind - meiner Meinung nach eine der seltenen wirklich guten späthistorischen Baugruppen, und in Berlin sicherlich die beste.
    Die Kirche selbst - gut, man darf sie nicht mit echten romanischen Bauten vergleichen, sie entspricht halt einem eigenen protestantischen (Zentral-)Bautypus des 19. Jh., der aus bestimmten politisch-historischen Gründen in romanische Formen gekleidet war, wie in jener Zeit allgemein üblich. Aber die KWGK war auf jeden Fall eines der qualitativ besten Beispiele dafür, auch was die ganze hochwertige Ausstattung betrifft - noch ein echtes Gesamtkunstwerk. Auch die Art und Weise, wie der Chor mit seinen Giebeln, dem spitzen Zeltdach und den beiden hohen Flankentürmen ein Gegenstück zum großen Hauptturm mit den beiden kleinen Ecktürmchen bildet (beim Blick durch die Tauentzienstraße) - das hat schon eine Qualität! Sicher, man kann die Gedächtnishalle mit den Mosaiken und ihrer wilhelminischen Ideologie belächeln, aber das ist noch mal ein ganz eigenes Kapitel für sich (und im übrigen von der früh- und hochmittelalterlichen Gedankenwelt im Kirchenbau gar nicht soo weit entfernt).

    (Entsprechend zum Altstadt-Strang richte ich mal einen eigenen Strang zur Oberneustadt ein.)

    Leider gibt es mal wieder Neues, diesmal zum Palais Bellevue aus dem 18. Jh. (einziges erhaltenes fürstliches Wohngebäude in der Innenstadt):

    http://www.hna.de/nachrichten/st…ung-816751.html
    Hier die von der HNA zitierte Resolution des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, mit Bildern und einer Simulation der letzten Planung aus dem Frühjahr: http://www.presche-chr.de/christian/Reso…is_Bellevue.pdf

    Vor einigen Jahren hatte das Stadtbauamt schon einmal fast dieselben Anbaupläne vorgelegt - damals für den Ausbau des Palais als Brüder-Grimm-Museum. Diese Grundlage besteht inzwischen aber nicht mehr: Das Museum soll nun einen Neubau erhalten, und es gibt einen Beschluß der Stadtverordneten, das Palais "denkmalgerecht" zu sanieren - ohne Nutzungszwang. Nur kurzfristig, bis zur Fertigstellung des Neubaus, soll das Grimm-Museum noch einmal provisorisch in dem historischen Gebäude unterkommen.
    Dennoch wurde im Frühjahr die alte Planung wieder aus der Schublade geholt und leicht abgewandelt; in dem Glaskasten sind weiterhin Foyer, Garderobe, neue Treppe und Fahrstühle vorgesehen. Einen Fahrstuhlschacht hat man zwar vor einigen Jahren schon im Palais selbst eingebaut, und der Anbau würde auch lediglich das 1. OG erschließen (wenn man 2. OG und DG nutzen will, also eine völlige Fehlplanung), aber das stört die Verantwortlichen nicht weiter. Erste Proteste haben immerhin schon die Zusicherung erreicht, daß der Anbau auf zwei Fensterachsen der Nordostseite verkleinert wird; jetzt aber sollen die Gelder bewilligt werden, ohne daß es überhaupt ein offzielles Nutzungskonzept gibt und ohne daß die revidierten Entwürfe überhaupt vorliegen - man verkauft also die Katze im Sack, und es gibt offenbar keine Garantie dafür, daß am Ende nicht doch die unveränderte Variante aus dem Frühjahr gebaut wird...
    Das offizielle Argument für den Erweiterungsbau ist, dass man das Gebäude ohne zusätzliches Treppenhaus nicht nutzen könne - aber wofür soll es denn langfristig genutzt werden und welche Anforderungen für diese Nutzung gibt es überhaupt, warum legt man die Treppe nicht in den Seitenflügel (das Verbindungszimmer mißt immerhin 2,4m*3,4m, ist also als Fluchtweg groß genug), und was will man mit einer notwendigen Treppe, die nur das 1. OG erschließt? (Im Seitenflügel könnte man die Treppe bis in das 2. OG führen, wenn man das alte Mansarddach wieder daraufsetzt.)

    Quote from "Dirk"


    Der Einwand von Ursula Schirmer, Pressesprecherin der Stiftung Denkmalschutz


    ist in meinen Augen völlig haltlos. Wir haben ja nun wirklich nicht die Situation, daß die wenigen Rekonstruktionen hierzulande nach dem Prinzip "Abreißen - Einfach neu bauen" erfolgen. Es gibt kein einziges Beispiel, wo derartig vorgegangen wurde.

    Nun ja, in Einzelfällen leider doch: http://architekturforum.net/viewtopic.php?…92b4d4&start=36 Und doch zeigt gerade dieses Beispiel, daß der Einwand von Frau Schirmer so eben nicht stimmt - denn es ist ja kein Zufall, daß das gerade in einer Stadt passiert, in deren Verwaltung der Denkmalschutz ohnehin einen schweren Stand hat, daß der Abbruch sogar von der dortigen Denkmalschutzbehörde verteidigt wurde und daß eben diese Behörde den Nachbau selbst gefordert hat (der noch dazu in den Maßen verfälscht sein wird), um im Grunde nur über ihr eigenes Versagen hinwegzutäuschen. Und es ist auch kein Zufall, daß dies dort bereits der zweite Fall seit 1967 ist, daß ein wichtiges, originales Kulturdenkmal gegen den erheblichen Protest der Bevölkerung abgerissen und durch eine nicht sehr glückliche Nachahmung ersetzt wird - während ergänzende Rekonstruktionen kriegsbeschädigter Bauten (Kuppel auf Schloß Wilhelmshöhe, Karlshospital etc.) von der Bevölkerung vergeblich gefordert und von einschlägigen Kreisen als "Geschichtsverfälschung" verunglimpft wurden (wobei dieselben Kreise im Falle von Abbruch und Nachbildung eigenartigerweise ihren Mund halten).

    Man könnte als Folgerung daraus sogar die Gegenthese aufstellen: Wer sich gegen Rekonstruktionen wehrt, hat auch kein echtes Interesse an historischer Baukultur und Bausubstanz und gibt sie bedenkenlos preis; wer sich dagegen ernsthaft für fachgerechte Wiederherstellungen einsetzt, ist mindestens ebenso auch am Erhalt echter historischer Bauwerke interessiert. - Das ist zwar genauso Schwarz-weiß-Malerei, wie sie Frau Schirmer betreibt, macht aber im Grunde die Absurdität solcher Argumentationen deutlich, weil die jeweiligen Beweggründe und Zusammenhänge wesentlich komplexer sind. (Vielleicht sollte man ihr ja mal mitteilen, was einzelne Denkmalschutzbehörden so treiben...)

    Nun die versprochenen Links:

    http://www.presche-chr.de/christian/Hens…sHauptseite.htm
    mit Bildern (u.a. des Treppenhauses und des runden Zimmers) und Kurzdarstellung der Ereignisse,

    http://www.presche-chr.de/christian/Koenigsplatz%2055.htm
    mit ausführlicher Darstellung, unter Teil II, 10 die Neubauentwürfe.

    http://www.hna.de/nachrichten/st…aus-690919.html
    und
    http://www.competitionline.de/3038309/
    zum Neubau (auf "Competitionline" stehen unter "1. Preis" die gesamten Fassadenentwürfe zum Durchklicken).

    http://www.presche-chr.de/christian/AkD_…twuerfe_P&C.pdf
    zum verfälschenden Fassadennachbau.

    Für den Neubau wurde ein Wettbewerb veranstaltet; irgendwann Ende Oktober / Anfang November muß das Preisgericht getagt haben, und in jener Ausschußsitzung wurde die Veröffentlichung der Pläne angekündigt; es seien lediglich vier Punkte der Königsplatzfront noch zu überarbeiten. Für Anfang Dezember war dann die Eröffnung einer Ausstellung vorgesehen, die jedoch äußerst kurzfristig wieder abgesagt wurde. Kurz nach Abschlagung der Petition stellte die Lokalpresse schließlich die Entwürfe vor; Ergebnis: die "Rekonstruktion" der historischen Front wird über 1m höher als im Original, die ganze Höhenentwicklung dementsprechend verändert - ein ganz ähnliches Spiel wie beim Potsdamer Stadtschloß: Man schneidert sich die historische Architektur passend zurecht. (Die Gründe dürften ziemlich offensichtlich sein: Dadurch, daß die neuen Geschosse deutlich höher werden (auch wegen Klimatechnik etc.), hätte man eine Trennfuge zwischen Verkaufsebenen und Fassade setzen oder mit Blindfenstern arbeiten müssen; nun kann man sich diese Fuge sparen und der Verkaufsfläche zuschlagen. Außerdem rutscht der Knick des neuen Mansarddaches weiter nach oben, so daß im obersten Verkaufsgeschoß eine bessere Flächenausnutzung erzielt werden kann.)
    Zwar hatten seinerzeit der damalige Stadtbaurat und die Denkmalschutzbehörde erklärt, daß der Erhalt oder detailgetreue Nachbau der Fassade eine Bedingung für die Abbruchgenehmigung sei; inzwischen stellte sich jedoch heraus, daß im Bauvorbescheid lediglich ein "Qualitätssicherungsverfahren", also ein Architektenwettbewerb gefordert war - zur Fassade habe es keinerlei Festlegungen gegeben.

    Ich hoffe, daß ich jetzt in der Schnelle alles richtig dargestellt und nichts vergessen habe; nachher reiche ich dann noch einige Links nach.

    Daraufhin wurde beim Hessischen Landtag eine Petition eingereicht; die Ablehnung kam gerade rechtzeitig vor dem geplanten Baubeginn, und nachdem Arbeiter, die im Auftrag der Stadt bereits die Stromversorgung umlegten, schon erklärten, daß ja nach Ostern der Abbruch beginne. Hauptargument der Petition war, daß die Abwägung der Belange von unzureichenden und falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, indem Denkmalschutzbehörde und Landesamt für Denkmalpflege die Innenräume nicht einmal in Augenschein genommen haben und zudem eine Beurteilung vorgenommen haben, ohne überhaupt die historischen und baugeschichtlichen Zusammenhänge zu kennen (vgl. u.a. das Argument, in den 20er Jahren habe man ja nur im Bauhausstil gebaut). Die Begründung für das Abschlagen der Petition kam interessanterweise keineswegs vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das ja für den Denkmalschutz zuständig ist, sondern vom Wirtschaftsministerium: Der bereits erteilte Bauvorbescheid sei rechtsverbindlich; außerdem habe man (von mir jetzt etwas überspitzt formuliert) die Wahl gehabt, durch das neue Modehaus den Niedergang des ganzen Quartier aufzuhalten (da sollte die Stadt sich eher mal Gedanken über andere Teile der Innenstadt machen als über den Königsplatz) oder dem Verfall des zunehmend leerstehenden Gebäudes zuzusehen (wohlgemerkt: das Gebäude war bis zum Beginn der Verkaufsverhandlungen fast vollständig vermietet und wurde erst dann gezielt entmietet).

    Quote from "Palantir"

    Unsere Kasseler, Kasselaner und Kasseläner sind verstummt

    Ja, leider, aus akutem Zeitmangel :(

    Aber es hat sich in den letzten Monaten einiges getan - deshalb zumindest ein kurzer Bericht:
    Anfang November wurde bekannt, daß der Denkmalbeirat dem Abbruch zugestimmt hat, ohne überhaupt das Innere des Gebäudes gekannt zu haben, und auch der Denkmalschutzbehörde waren die Innenräume offenbar unbekannt; man verließ sich wohl alleine auf die ausgewählten Bilder, die der Investor vorlegte... Die Veröffentlichung von Innenaufnahmen eines runden Zimmers mit Stukkaturen und Dekorationsmalereien durch die Bürgerinitiative brachte nun neuen Schwung in die Angelegenheit; im Ausschuß für Stadtentwicklung und Verkehr kam das Thema auf die Tagesordnung, und die Stadtverordnetenversammlung beschloß, daß vor einer Innenbesichtigung keine weiteren Entscheidungen mehr zu treffen seien. Die Ausschußsitzung erwies sich allerdings als Farce: Die FDP, welche die Anfrage gestellt hatte, befürwortete selbst das neue Modehaus, die Fragen wurden durch den Stadtbaurat und die Denkmalschutzbehörde kaum zufriedenstellend beantwortet, aber es wurden auch keine Nachfragen gestellt. Überhaupt war der Tenor in der gesamten Sitzung, auch bei anderen Themen: Das ist alles Verwaltungssache, und die Stadtverordneten haben sich aus diesen Entscheidungen gefälligst rauszuhalten.
    Der Versuch eines Bürgerbegehrens scheiterte: Die Stadt teilte mit, daß es sich bei Bauaufsicht und Denkmalschutz um Weisungsaufgaben des Landes handele, und daß gemäß Hessischer Gemeindeordnung keine Bürgerbegehren zu Weisungsaufgaben zulässig seien.

    Eine Frage zur Treppe: Ist bekannt, welche Treppe ursprünglich vorhanden war und wie die jetzige Lösung aussehen soll? Die große Aussparung in der Decke scheint ja eine moderne einläufige Konstruktion anzudeuten, für die dann allerdings fast die halbe Grundrißfläche draufginge. (Aus der Bauzeit des Zuckerhuts kenne ich eigentlich nur Wendeltreppen oder steile leiterähnliche Stiegen, so daß die Platzfrage damals kaum relevant war.)

    Eine wichtige hessische Stadt hatte ich tatsächlich vergessen:
    Frankenberg: 1681 308 Hausgesessene (Lasch; ca. 1540 Ew.?), 1787 2611 Ew. (Wikipedia), 1834 3525 Ew. (Ortslexikon). Für die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg kann ich leider auf Anhieb keine Zahlen finden; wegen Frankenbergs wirtschaftlicher Bedeutung und angesichts der starken Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges dürfte die Stadt aber im Mittelalter zu den größeren hessischen Städten gezählt haben. (Stadtfläche: ca. 350m * 350m Altstadt + ca. 400m * 150m Neustadt.)

    Quote from "Riegel"

    @ Hesse: Ich habe in einem Artikel über die rekonstruierte Samstagsberg-Zeile in Frankfurt das Problem der Balkenbearbeitung auch schon mal gestreift. Dort wurden an den Rückseiten wohl probeweise die Balken an einer Fassade sägeroh belassen, und an einer zweiten mit dem Schropphobel bearbeitet. An den Vorderseiten wurden viele alte Balken zweitverwendet. Vielleicht kennst Du diesen Beitrag noch nicht; er ist mittlerweile schon vier Jahre alt:

    http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?p=18930#p18930">viewtopic.php?p=18930#p18930

    Vielen Dank für den Link, Riegel! Die Beiträge kannte ich tatsächlich noch nicht!

    Quote from "RMA"

    Interessieren würden mich noch Zahlen zum nassauischen (?) Herborn, das wohl ebenfalls einen der größten und besterhaltensten Altstadtkerne des heutigen hessischen Staatsgebietes aufweisen dürfte.

    Ja, Herborn gehörte zu Nassau; leider finde ich deswegen dazu im Moment auch keine Zahlen: Lasch behandelt nur Hessen-Kassel, das hessische Ortslexikon gibt die frühste Zahl erst für 1939 (! 6478 Ew.), und auch Wikipedia hilft da nicht weiter ...

    Quote from "Georg Friedrich"


    Seltsam, danach ist die Zahl der Haushalte vom späten 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhundert nur um etwa 15% angewachsen, während sich die Bevölkerungszahl verdreifacht hat. Sind Hof und Militär bei der Zahl der Haushalte vielleicht nicht miteingerechnet?

    Du hast recht, das muss ein Fehler im Ortslexikon sein: Nach Lasch hatte Kassel bereits 1681 1200 Haushalte, bevor die Einwohnerzahl im späten 17./ frühen 18. Jh. stark zugenommen hat (u. a. mit der Einwanderung der Hugenotten ab 1685). An anderer Stelle geht er davon aus, daß die Zahl der männlichen Haushaltsvorstände 1724 in der alten Kernstadt auf 2288 Personen zu beziffern ist, davon 678 Eigentümer und 1610 Mieter. Die 1688 gegründete Oberneustadt und die Häuser vor den Stadttoren kommen noch dazu, aber dafür gibt es 1724 keine Zahlen. Eine weitere Auflistung der Berufstätigen führt im selben Jahr 617 Eigentümer und 1442 Mieter auf, gesamt 2059 (Kernstadt, ebenfalls ohne Oberneustadt und die Häuser vor den Toren). 1731 betrug die Zahl der Häuser 1135 in der alten Kernstadt, 95 vor den Toren und 104 in der Oberneustadt.
    In den reinen Einwohnerzahlen für 1731 und 1751 sind die seßhaften Militärangehörigen übrigens nicht mitgerechnet (1731 waren es 277 seßhafte Militärangehörige in der alten Kernstadt), dafür aber die Oberneustadt und die Häuser vor den Stadttoren! In der Kernstadt (ohne Oberneustadt und die Häuser vor den Stadttoren) wurden 1731 13203 Menschen gezählt, in der Oberneustadt 1808, vor den Toren 544 Menschen.
    Die Zahl der Haushalte von 1724 ist wegen dieser unterschiedlichen Berechnungsgrundlage auch nicht mit den Gesamteinwohnerzahlen 1731 und 1751 vergleichbar und müßte auf die gesamte Stadt bezogen noch höher liegen.

    Gut, die Kosten sind natürlich ein Argument. Aber seht Euch mal die historischen Bilder des Umgestülpten Zuckerhuts genau an: da erkennt man deutlich die leicht unregelmäßige Bearbeitung der Hölzer (da war auch, meine ich, im Original nichts gesägt); die Balkenstärken sind nicht immer ganz konstant, die Oberflächen nicht ganz eben. Man merkt halt, daß es ein natürliches Material ist, und daß es sich um Handwerksarbeit handelt; und dieser Eindruck gehört für mich bei diesem Gebäude auch dazu. Ich meine, das Haus wird jetzt ja nicht rekonstruiert, weil es baugeschichtlich besonders wertvoller war, sondern doch gerade wegen der stimmungsvollen Atmosphäre. Und dann tritt man genauer ran und sieht akkurate Kanten und maschinelle Sägespuren...