Das klingt mir eigentlich auch viel zu geheimniskrämerisch.
Zumindest die Mitglieder müßte man doch mit den "Hintergrundinformationen" versorgen. Immerhin ist das ein öffentlich-rechtlicher Verein und keine Geheimgesellschaft.
Posts by Philon
Im neuen Jahr bittet der Vorstand euch, frühzeitig nach neuen Bauprojektplänen in eurer Stadt Ausschau zu halten. Wo lässt sich durch traditionelle Architektur oder Rekonstruktionen euer Stadtbild verbessern? Teilt uns eure Ideen mit! Je eher wir mit Ideen an die Öffentlichkeit gehen, umso höher sind unsere Chancen, dass die Ideen von den Verantwortlichen ernstgenommen werden!
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Ich sehe das ganze Thema doch etwas kritischer als die meisten der Beiträge hier in diesem thread. So einfach lassen sich Politik und Architektur meiner Meinung nach dann doch nicht trennen.
Gerade die Monumentalarchitektur à la "Germania"-Kuppel hatte im wesentlichen einen politischen Zweck. Hitler sagte, glaube ich, über die geplante Kuppel so etwas in der Art: "Wer in dieses Gebäude kommt, soll sofort spüren, daß er es mit den Herren der Welt zu tun hat." Gerade die Monumentalität dieser Bauten hatte also schon einen klaren ideologischen Sinn: die Demonstration von "Herrenmenschentum". Insofern sind viele dieser Bauten tatsächlich nichts anderes als gebaute NS-Ideologie. Davon kann man einfach nicht abstrahieren - eine rein architektonisch-ästhetische Betrachtung greift deshalb dann doch zu kurz.Bis auf wenige Ausnahmen kommen diese Bauten übrigens auch in architektonischer Hinsicht bei mir nicht gut weg: sie haben doch häufig etwas hohles und nichtssagends. Vieles von dem, was hier in Berlin an alten NS-Ministerien rumsteht, sieht schon aus wie die handelsüblichen Betonkisten, mit denen unsere Städte nach dem Krieg verschandelt wurden (einige der Wiederaufbau-Pläne und -prinzipien, die in den 50'iger Jahren dann umgesetzt wurden und unsere Städte ruiniert haben, stammen übrigens noch aus Speers Bauminsterium).
Ich finde allerdings andererseits auch, daß unter den Oberbegriff "Nationalsozialistische Architektur" ein bißchen zu viel subsumiert wird. Nicht alles, was zur Zeit des NS oder sogar im Auftrag des NS-Staats erbaut wurde, ist darum gleich im engeren Sinn "nationalsozialistisch".
Oft ist es einfach nur in einem Stil erbaut, für den es zwar keinen richtigen Namen gibt, der aber in den 30'iger Jahren offenbar recht vebreitet war: so eine Art vereinfachter, ein bißchen bauhaus-mäßig wirkender, teilweise auch "brutalisierter" oder monumentalisierter Neoklassizismus. Ich habe in Paris (siehe das Palais Chaillot), Brüssel oder auch Washington dutzendfach Bauten aus der Zeit gesehen, die sich nicht großartig von dem unterscheiden, was in Berlin unter "nationalsozialistische Architektur" einsortiert wird.Insofern sehe ich die Nazi-Architektur im eigentlichen oder engeren Sinn (Germania-Kuppel, Reichskanzlei etc.) zwar sehr kritisch, würde aber bei weitem nicht alles darunter fassen, was üblicherweise so darunter gefasst wird. Die italienische Botschaft oder den Flughafen Tempelhof z.B. nicht.
Übrigens muß man auch mal sehen, was für die großen Nazi-Bauten in Berlin an historischer Bausubstanz vom Barock bis zum Jugendstil abgerissen wurde oder abgerissen werden sollte. Für die Reichskanzlei wurden, so weit ich weiß, ja dutzende Adelspalais und Bürgerhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert platt gemacht.
P.S.: Damit plädiere ich nicht für Abriß - als Zeugen der Geschichte sollte man diese Bauten natürlich erhalten.
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Danke für die Klärung, Ben.
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Wie gesagt, ich kenne mich mit der Stadtgeschichte Hamburgs zu wenig aus, aber ich dachte immer, "Gängeviertel" sei nur ein Name für eine bestimmte Art von Bebauung, nämlich eine enge Altstadt-Bebauung.
Soweit ich das sehe, gab es in diesem Sinn nach dem Stadtbrand von 1842 noch mehrere Gängeviertel: zumindest eines im Bereich der heutigen Mönckebergstraße, eines im Bereich der heutigen Speicherstadt und eben eines da, wo das betreffende Bauprojekt geplant ist. Aber ich habe mir das auch nur aus verschiedenen Hinweisen, historischen Quellen und Erwähnungen zusammengereimt. -
Quote
Ein großer Teil des mittelalterl. Hamburg wurde durch den
Brand zerstört - später dann um 1900 das Gängeviertel abgerissen,
weil sich in diesem Stadtteil Jahre zuvor eine Seuche ausbreitete
und viele Menschen sterben mussten.Was den Stadtbrand von 1842 anbetrifft, stimmt das sicherlich. Was die Abrisse angeht bin ich mir aber nicht so sicher. Ich kenne mich einfach zu wenig in der Hamburger Stadtgeschichte aus, aber ich dachte immer, daß es mehrere Gängeviertel gab und nur das im Bereich der heutigen Mönckebergstraße kurz nach 1900 (ich glaube mal irgendwo 1907 gelesen zu haben) abgerissen wurde, während zumindest das in der Neustadt erhalten blieb.
Ich habe auch mal irgendwo gelesen, daß die verbliebenen Gängeviertel den Nazis ein Dorn im Auge gewesen seien, weil sich dort Kommunisten und Sozialdemokraten versteckt hätten und sie die engen verwinkelten Gassen nicht richtig unter ihre Kontrolle bringen konnten. Daher haben sie offenbar Mitte oder Ende der 30'iger Jahre damit begonnen, Teile der übrig gebliebenen Gängeviertel abzureißen. Der Kriegsbeginn stoppte diese Abrisse dann aber anscheinend .... bis die betreffenden Viertel dann im allierten Bombenhagel 1943 verbrannten.
Insofern hatte bis dahin anscheinend doch einiges vom mittelalterlichen Hamburg überlebt; jedenfalls soweit ich das beurteilen kann.Im Grunde sind wir uns ja einig, denn
QuoteIm übrigen gibt es noch alte Fachwerkhäuserzeilen.
Eine ist an der Deichstraße und eine andere die Kremeramtswohnungen
in der Nähe vom Michel. Eine andere Ecke ist die Peterstraße in
der Nähe vom Hamburgischen Museum.
In der direkten Umgebung von diesen Zellen hätte ich im übrigen
nichts gegen eine Fachwerkrekonstruktion einzuwenden.
Im Gegenteil - da wäre ich sogar dafür !ist eigentlich genau das, was ich gemeint habe.
Offensichtlich besteht dafür gerade sogar ein Ansatzpunkt! Ich habe eben einen Artikel aus der "Welt" vom 3. August gefunden:
QuoteNeuer Glanz fürs alte Gängeviertel
Misch-Quartier aus Kunst, Gastronomie und Wohnungen entsteht - Vorbild Hackesche Höfevon Gisela Schütte
Hamburg bekommt eine neue Attraktion: Nach dem Vorbild des Bremer Schnoor-Viertels oder der Hackeschen Höfe in Berlin wird das historische Gängeviertel in der Neustadt vom kommenden Jahr an zu einem Quartier mit Wohnen, Kunst und Kunsthandwerk, Gastronomie, Läden und Galerien. Das Projekt soll städtebauliche Wunden kurieren und zur Belebung des Stadtteils hinter dem Gänsemarkt beitragen. Ein Bauvorbescheid für das Projekt Hamburger Gängeviertel zwischen Valentinskamp, Caffamacherreihe und Speckstraße liegt auf dem Tisch. Die Kommission für Bodenordnung hat der Übertragung des städtischen Geländes mit rund 4500 Quadratmetern Grundstücksfläche an die Hamburger Gängeviertel GmbH & Co. KG zugestimmt. Insgesamt ist von den Veränderungen ein Areal von über 10 000 Quadratmetern betroffen. Geschäftsführer der Gesellschaft ist Hans-Peter Werner, gleichzeitig mit Harald Schulz Chef der Werner Unternehmensgruppe, die sich mit Projektentwicklung, Neubau und Altbausanierung befasst. Werner will mit Schulz aus dem vernachlässigten Areal einen zugkräftigen Standort entwickeln. "Wir wollen Wohnen und Arbeiten eng miteinander verknüpfen, den Charakter des historischen Gängeviertels wiederherstellen und eine Adresse für Kunst und Handwerk schaffen." Beides habe im Viertel eine lange Tradition.
Insgesamt fünf renommierte Architektenbüros sind an den Planungen beteiligt, um die Kleinteiligkeit der Baumaßnahmen zu gewährleisten: das Büro Professor Schweger, die Gruppe "me di um", Marc-Olivier Mathez, Sefl, und Dinse Feest Zurl sowie Professor Alexander Lux als Koordinator. Dabei geht es um zwölf Einzelprojekte, die saniert, erneuert oder neu gebaut werden. Es entstehen 100 Nutzungseinheiten, davon etwa 70 Prozent für Wohnen. Markantestes Objekt ist die heruntergekommene gründerzeitliche Eckbebauung an der Caffamacherreihe. Sie soll für Wohnungen von Grund auf saniert werden. Die Entwickler wollen bei der Realisierung neue Wege gehen und den Innenausbau zum Teil Mietern oder Eigentümern überlassen. Dabei wird über den Dächern der Innenstadt eine Reihe von spektakulären Wohnungen mit Loftcharakter geschaffen.
Der Charme des Projekts liegt in der Mischung aus Altbauten und neuen Projekten, aus restaurierten Fachwerkhäusern und Industriegebäuden, aus Gründerzeitstuck und Glaskonstruktionen, der historischen Schier's Passage, den benachbarten Kleinwohnungen am Bäckerbreitergang. Läden und Gastronomie sollen Passanten verleiten, einen Umweg zu machen, sich die Zeit vor und nach dem Besuch der Musikhalle zu vertreiben. Die Beschäftigten der Umgebung sollen nach Feierabend verweilen.
Schon jetzt wohnen Künstler wie der Hamburger Wolfgang Werkmeister im Quartier. Dieses Potenzial wollen die Entwickler nach dem Vorbild des Schnoor-Viertels oder der Hackeschen Höfe aktivieren - durch Ausstellungen, Ateliers, ein Kunst-Café, Schaufensterpräsentationen der Kunst und traditionelles Handwerk, durch Kurse und einen quartierseigenen Kunstverein. Als Spezialität ist auch ein Schaufenster für das aktuelle Baugeschehen in Hamburg geplant, bei dem Projekte vorgestellt werden. Und ein Kindergarten wird einziehen. Das Investitionsvolumen liegt bei 30 Millionen Euro.
Artikel erschienen am Die, 3. August 2004
Könntest du mal versuchen, darüber näheres in Erfahrung zu bringen?
Vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit, auf die Planer einzuwirken, um im Rahmen dieses Projekts die eine oder andere Rekonstruktion durchzusetzen und die eine oder andere "Glaskonstruktion" zu verhindern. Das wäre doch mal eine ganz konkrete Sache, für die wir uns engagieren könnten!!! -
P.S.: Meine Auffassung ist da vielleicht nicht repräsentativ für das Forum, aber wenn ich mich entscheiden müßte, würde ich lieber eine einzige wirklich gotische Häuserzeile rekonstruieren lassen als 100 neogotische Bahnhöfe, Kirchen oder Opernhäuser.
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@ Oliver:
Der Vorschlag stammt von mir.
QuoteEine Reko
von Fachwerkhäusern ist meiner Meinung nach blödsinn !Also diese Aussage verstehe ich nun überhaupt nicht. Meiner Meinung nach gehören die wenigen rekonstruierten Fachwerkhäuser in Deutschland wie das Knochenhaueramtshaus in Hildesheim, die Alte Waage in Braunschweig, die Ostzeile des Frankfurter Römers oder die Fachwerkhäuser des wiederaufgebauten Rothenburg zu den gelungensten Rekonstruktionen überhaupt.
Unter anderem vielleicht deshalb, weil Fachwerk einen dazu zwingt, sich eingehend mit alten Bautechniken und -materialien auseinanderzusetzen und aufgrund der spezifischen Bauweise keine faulen "Alt-Neu"-Kompromisse à la "kritische Rekonstruktion" zuläßt. Warum sollte die Rekonstruktion von Fachwerkbauten denn "Blödsinn" sein??? :keine ahnung:Zudem: wenn man die Rekonstruktion von Fachwerkbauten ausschließen wollte - aus mir unverständlichen Gründen -, dann könnte man die ganze Idee der Rekonstruktion eigentlich gleich ad acta legen. Bis auf ganz wenige Ausnahmen (im wesentlichen Dresden und die Städte der norddeutschen Backsteingotik) bestanden die Altstädte Deutschlands zum allergrößten Teil aus Fachwerk. Wo es auf alten Fotos nicht so scheint, liegt das nur daran, daß das Fachwerk verputzt war.
Wenn man daher die Rekonstruktion von Fachwerkbauten ausschließt, kann man folglich die Rekonstruktion größerer Altstadt-Ensembles eigentlich gleich vergessen. Dann bleiben nur noch - in gut "modernistischer" Tradition - einige Solitäre, die man wiederaufbauen könnte, die dann aber in einem Heer von Plattenbauten und Betonkisten stehen müßten. Die Atmosphäre einer alten Stadt wohnte aber nicht in den Solitären, sondern im Gewirr der Gassen und Plätze.
So auch in Hamburg, wo sich bis zur Zerstörung noch einige der "Gängeviertel" erhalten hatten. Was ich davon auf Fotos gesehen habe, war sicher nicht in einem klassizistischen Sinn "schön", aber es hatte eine ungeheure Geschichtstiefe und Expressivität: spitze giebelige Bauten, windschief, meist aus Ziegeln mit Fachwerk gebaut, enge labyrinthische Gassen wie in italienischen Hafenstädten (z.B. Genua, Palermo), durchzogen von Fleeten oder Kanälen wie in Amsterdam oder Venedig.
Ich weißt nicht, was da gegen eine Rekonstruktion sprechen sollte? So weit ich weiß, wurde in Hamburg doch sogar schon einmal eine solche Häuserzeile rekonstruiert. Warum da nicht weitermachen?Und was den Vergleich mit Paris anbetrifft: sicherlich würde ich keine Rekonstruktion des mittelalterlichen Paris fordern. Wenn aber 1944 der kleine Rest dieses mittelalterlichen Paris im Quartier latin zertstört worden wäre, wäre ich der erste, der sich für seinen Wiederaufbau einsetzen würde. Dasselbe gilt für Hamburg: es geht ja bei meinem Vorschlag nicht darum, den Zustand von 1243 zu rekonstruieren, sondern den von 1943 vor der Zerstörung!
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Tatsächlich war Köln bis zu seiner Zerstörung (der Zerstörungsgrad Kölns war übrigens noch größer als der von Dresden) eine der schönsten und geschichtsträchtigsten Städte Europas. Immerhin war es im Mittelalter Deutschlands größte Stadt und hatte dementsprechend bis 1943/44 einige der beeindruckendsten Spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Ensembles aufzuweisen.
M.E. wäre die Rekonstruktion einiger dieser Gassen und Ensembles mehr als nötig. Na ja, mit Gründerzeit hab' ich's dagegen nicht so....Einige Beispiele (alle von Bildindex.de):
Am Hof
Bürgerstrasse
Auf dem Brand
Buttermarkt:
Und jetzt einige Vergleichbilder - Vorsicht, das tut weh:
Hohe Strasse vor dem Krieg:
Hohe Strasse nach dem Krieg:
Neumarkt in einer alten Zeichnung:
Neumarkt nach dem Krieg:
Alter Markt vor dem Krieg:
Alter Markt nach dem Krieg:
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Quote
...sorry Obstbäumchen, aber ich hatte am Wochenende ein Gespräch mit Modernisten, die meinten, es wäre doch ganz richtig, dass die gesamte Nürnberger Altstadt 45 abgebrannt wäre, da hätte man wenigstens die Chance gehabt, "etwas luftiger zu bauen" ... (... so "halb-ausgegorene" Statements wie dem von Dir, machen mich etwas ungehalten jetzt...)
"Etwas luftiger bauen", na hervorragend...und deshalb fühlen sich die Leute in "luftigen" Städten bzw. Stadtvierteln wie Halle-Neustadt, Kassel, Magdeburg, Frankfurt oder Marzahn ja auch viel wohler als in so häßlichen engen Städten wie Venedig, Paris, Florenz, Prag oder Rom. :übelkeit:
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Hallo Ben,
Danke für die Auskunft. Wußte doch, daß ich diese Häuser kenne....schließlich wohn' ich nur 500 m von der Ecke entfernt :gg:
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Hallo Ben,
tolle Fotos!
wo stehen denn die Häuser in den ersten Bildern - die kommen mir irgendwie bekannt vor, aber ich kann's nicht richtig einordnen :keine ahnung: . -
Ich bin vor 'nem halben Jahr auf der Fahrt an die Ostsee mal durchgekommen. Bis auf drei oder vier (anscheinend rekonstruierte) Häuser besteht die Innenstadt allerdings nur aus den handelsüblichen Plattenbauten.
Übrigens eine der furchtbarsten Geschichten der ersten Nachkriegstage. In Lexika usw. heißt es gelegentlich, die Stadt sei im Zweiten Weltkrieges zerstört worden, was aber schlichte (DDR-)Geschichtsfälschung ist: die Stadt wurde nachdem sie kapituliert hatte von der Roten Armee völlig zerstört, 900 bis 1000 Bewohner der Stadt wurden dabei von sowjetischen Soldaten ermordet oder begingen aus Angst vor Folter und Vergewaltigung Selbstmord - ein Massaker, das die Dimensionen von Lidice oder Oradour noch übertraf. Allerdings gibt es im Gegensatz zu den vorgenannten in diesem Fall keinerlei offizielles Gedenken. In der DDR wurden die Ereignisse von Demmin totgeschwiegen; nun ja, und unsere offizielle Bundesrepublik hat ja auch so ihre Schwierigkeiten mit so was.
Über den Anlaß der Zerstörung der Stadt habe ich verschiedene Geschichten gehört; möglicherweise waren einige russische Soldaten von einzelnen Bewohnern der Stadt angegriffen worden oder so was ähnliches; genaueres konnte ich darüber aber nicht herausfinden.
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Auf die Gefahr hin oberlehrehaft
zu wirken:
"De mortuis nihil nisi bene" = "Von den Toten (soll man) nur Gutes (reden)" bzw. wörtlich übersetzt: "Von den Toten nichts, es sei denn Gutes."
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Remy:
Da muß ich dir wohl recht geben. Das betreffende Gebäude paßt zu den Londoner Bautraditionen (Neopalladianismus) sicherlich einigermaßen gut.
Andererseits ist es aber auch ein typisches Beispiel für das, was (leider) überlicherweise von den Vertretern des "traditionellen Bauens" vom amerikanischen Mittelwesten bis nach Deutschland vorgeschlagen wird. -
Hmmm, ich weiß immer noch nicht so richtig.
Ich hatte mich ja bevor ich dieses Forum entdeckt habe, nur mit dem Thema Rekonstruktion befasst, aber nicht mit dem "traditionellen Bauen". Seit ich hier im Forum mehrere Projekte und Bildbeispiele kennengelernt habe, frage ich mich allerdings, warum den meisten Vertretern des "traditionellen Bauens" offenbar immer nur dieselbe neoklassizistische Formensprache einfällt.
Damit man mich nicht falsch versteht: das ist in jedem Fall besser als die üblichen Glas-Beton-Kisten. Aber müßte sich "traditionelles" Bauen nicht doch eher an regionalen Besonderheiten (Bautechniken, Materialien, Stilelemente, Bautraditionen überhaupt) orientieren statt von Washington über London bis Berlin alles mit demselben, mal mehr, mal weniger abgespeckten Neoklassizismus zu überziehen?
Warum wagt z.B. niemand in Deutschland mal ein neues Haus in Fachwerkbauweise zu bauen, warum nimmt niemand Stilelemente der norddeutschen Backsteingotik, der Weserrenaissance oder des süddeutschen Roccoco auf? Warum stattdessen weltweit immer dieselben klassizistischen Friese und Säulen? Ist das am Ende doch nur ein neuer, etwas aufgehübschter "international style"? -
Hallo Jürgen,
das klingt ja wirklich sehr interessant. Ich bin auf Deinen Bericht schon mehr als gespannt. Das wäre ja traumhaft, wenn so viele Fassadenelemente gerettet worden wären! Ob man nicht daraus nochmal einen Ansatzpunkt gewinnen könnte, in Nürnberg eine Stimmung für die Rekonstruktion größerer Ensembles zu schaffen?
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Übrigens ist mir beim genaueren Betrachten der Vergleichsbilder der Danziger Wasserfront aufgefallen, daß man dort nicht genau den Vorkriegszustand rekonstruiert hat, der auch etliche Bauten bzw. Fassaden des 19. Jahrhunderts aufweist, sondern offenbar einen älteren Zustand, der eher dem Erscheinungsbild des 16. oder 17. Jahrhunderts zu entsprechen scheint. Interessant!
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Hello Rene,
well, compared to what happened elsewhere in Germany, Lübeck, Trier, Freiburg and Münster were "successful".
The problem in Germany were the German intellectuals, who considered the destruction of it's cities as kind of just punishment for National Socialism. Walter Dierks i.e., a Frankfurt journalist, argued against the reconstruction of his city as follows:
National Socialism has caused a war, in which the German cities have been destroyed. Germany as such resp. "the Germans as a whole" ("Kollektivschuld") are to blame for National Socialism. Therefore the destruction of German cities is a just punishment for National Socialism and was caused by Germany itself . Therefore reconstructing the cities would mean to deny the "German guilt" or the "German past between 1933 and 1945" etc. Thus it would be immoral.
Of course everything in this argument, except for the first phrase, is complete nonsense. But unfortunately this silly ideology is still today widespread among German intellectuals and journalists. This explains, why reconstructions are so difficult to realize in Germany and have always been. Poland and France (see the reconstructions of Rouen or St. Malô) never had this problem.
Straßburg by the way isn't a reconstruction because it has never been destroyed. It's the last city in Europe, where you can get impression of how the big German cities looked before the war.
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Augsburg werde ich mir bei Gelegenheit wohl mal anschauen müssen. Ehrlich gesagt kann ich mir anhand der von Christian zitierten Passagen kein richtiges Bild machen. Einerseits 50% Zerstörungsgrad in diversen Altstadtvierteln und eine komplett aus Neubauten bestehende West-Ost-Achse, andererseits doch vielfach recht positive Aussagen über das Stadtbild. Irgendwie bekomme ich das noch nicht so richtig zusammen.
Was Münster anbetrifft, ist der teilrekonstruierte Prinzipalmarkt zwar nicht mit dem Vorkriegszustand vergleichbar. Dennoch hat die Stadt trotz 90% Zerstörung meinem Eindruck nach (ich war letztes Wochenende zu einem Kongreß dort) ihr Gesamtbild wiedergewonnen. Das kann man von kaum einer anderen deutschen Stadt sagen, die einen vergleichbaren Zerstörungsgrad aufwies.
Und es liegt m.E. nach auch an vielen Punkten, die nicht direkt was mit dem Prinzipalmarkt zu tun haben. Dazu gehören z.B.
- die Totalrekonstruktionen praktisch aller Kirchen, des Rathauses, des Schlosses, des Erbdrostenhofs, des Stadtweinhauses, des Krameramtshauses, diverser Klöster, des Bischofspalais' etc.,
- die Tatsache, daß auch etliche Häuser, die nicht am Prinzipalmarkt liegen, die Kubatur der zerstörten Bauten aufnehmen und in traditioneller Bauweise (meistens Ziegel) errichtet wurden
- die weitgehende Wiederaufnahme des Grundrisses
- die Tatsache, daß es von einigen wenigen Ausnahmen wie dem Landesmuseum und den obligatorischen Kaufhäusern abgesehen keine ganz katastrophalen Bausünden gibt
- die gelungene Erhaltung und Renovierung dessen, was den Krieg überstanden hat.All das ergibt doch ein relativ geschlossenes Stadtbild. Das ersetzt natürlich keine Totalrekonstruktion, aber es ist doch immerhin besser als das, was in den meisten anderen Städten geschehen ist. Schließlich wollte ich ja auch Beispiele für "halbwegs gelungenen" Wiederaufbau sammeln.