Posts by nothor

    War das heutige Zeughaus nicht der Kopf- bzw. Portalbau eines länglichen Hallenbaues, der dahinter stand? Ich stelle mir das so ähnlich vor wie den Ursprungsentwurf des Künstlerhauses am Königstor, das hatte ja ursprünglich anstelle des heutigen Stahlgerippes ein dem Zeughaus ähnliches Torhaus, hinter dem sich dann das heute noch existierende Künstlerhaus entlang streckte. Soetwas würde ich für das Zeughaus sehr passend finden.

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    Dann schau dir NYC doch besser nochmal an solange du dir so eine Reise überhaupt noch zumuten möchtest. Ich war 2008 dort und was ich vorfand hat übertroffen was ich erwartete. Insbesondere hat mich beeindruckt, dass die meisten der Wolkenkratzer damals "Altbauten" waren aus der Art-Deco-Ära, und eben noch recht wenige dieser aktuell so modernen "Nadeln", die von Fuß bis Kopf dieselbe Textur haben. Die "Altbauhochhäuser" dagegen waren außerordentlich Detailverliebt, überwiegend im Originalzustand und einfach super urban. Damals wurde mir klar, dass chinesische oder arabische Wolkenkratzerstädte dieses Flair niemals erreichen werden. Soetwas findet man nur in den USA.

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    Also ich weiß nicht, ob du das nicht auch ironisch meinst. Wenn man sich mal antiquarische Architekturbücher aus der Zeit ansieht, z.B. den Gabriel Kramer, oder Sebastiano Serlio, dann muss man irgendwann anerkennen, dass der Höhepunkt dieser Renaissancearchitektur ins übertriebe, teilweise disharmonische bis groteske ging. Schließlich musste der Stil dann auch abgelöst werden, was ja dann im 17. Jahrhundert auch geschah. Was ich damit sagen will, die Pellerhausfassade passt in diese Genese des internationalen Renaissancestils dieses Maßstabs eigentlich ganz wunderbar hinein. Genau wie die von dir in Beitrag Nr. 2015 gezeigten Beispiele, die wie ich finde auch keine ebenfalls vergleichbar kritisiert werden können. Wurde nicht jeder Architekturstil im Laufe seiner Entwicklung bis ins groteske gesteigert, bis man ihn überdrüssig wurde und von etwas Neuem abgelöst wurde.

    ... Vll hat die Stadt Nürnberg ja einen dringenden Bedarf an einem Archivbau? Das entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.

    Hatte sie. Das "neue Pellerhaus" ist ja die "alte Stadtbibliothek" (wobei ich mich grade frage ob es denn bis 1950 keine Stadtbibliothek gegeben hatte und wenn ja, was mit der geschehen ist?). Nur die Stadtbibliothek ist ja nicht grundlos aus dem nPH ausgezogen. Die Räumlichkeiten wurden zu klein und der Bau galt mittlerweile technisch als überholt. Beispiel: Das nPH ist ja wenn man so will ein Turm mit Glasfassade. Wir alle kennen den Treibhauseffekt von Glasfassaden, die nach Süden ausgerichtet sind: Der Bau hat sich enorm aufgeheizt und irgendwann waren sich die Konservatoren einig, dass das dem Archivgut schadet. Man müsste die Fenster also verdunkeln und die Räume klimatisieren. Und hier griff dann die mangelhafte Deckenhöhe, die soweit ich weiß irgendwo zwischen 2,20 m und 2,50 m liegt, und eben den Einbau von Lüftungsanlagen, Sprinkleranlagen usw. was man da heute als Stand der Technik ansieht, nicht zulässt. Das modernste Archiv, im weiteren Sinne ein Depot ist erst letztes Jahr im Germanischen Nationalmuseum in Betrieb gegangen: Es geht 5 Etagen unter die Erde, nichts überirdisch, klimastabil, hermetisch abgesichert, mit Halongasanlage oder was weiß ich was gegen Anobienbefall und Feuer usw. Es ist also so ziemlich das Gegenteil vom nPH. Oder als anderes Beispiel das vor rd. 10 Jahren eingeweihte Archiv der evangelischen Kirche am Wöhrder See (https://www.archiv-elkb.de/) , zwar ein Hochbau, aber ebenfalls Fensterlos und nach dem neuesten Stand der Technik. Sprich: Es gibt keinen Bedarf an einem Archivgebäude dieser Gestalt.

    Die Frage ist also, wie kann man die Etagen in dem Bau am Besten nutzen. Das Beispiel des Ergo-Hochhaues am Hbf. brachte ich deshalb, weil dies ein jüngerer Bau ist (vermutlich 80'er Jahre) mit ebenso oder gar etwas höheren Decken, aber einer niederwertigerer Nutzung. Und selbst hier gelingt es nicht, eine Nutzung zu finden, das Hauptargument sind wohl niedrige Deckenhöhen, die nicht ausreichen für moderne Büronutzungen (Klimatisierung, Licht). Und da wurde selbst die Stadt davon überzeugt, dass hier nur ein Abriss in Frage kommt.

    Zurück zu Pellerhaus: Es gibt also kaum eine denkbar sinnvolle Nutzung für den Bücherturm, zumindest nicht als modernes Archiv. Die Idee gab es wohl auch, da das nPH ja "das Haus des Spiels" ist, dass dort ja nur ein paar Brettspiele gelagert werden, Flohmarktware die nicht viel wert ist, wozu also der ganze konservatorische Aufwand. Damit sind wir also wieder beim Status Quo. Genutzt wird das Haus ja, aber eher als Zwischenlösung auf unbestimmte Zeit in einer geringwertigen Angelegenheit.

    Zum Thema Translozierung:

    Also unglücklicherweise wird der Bücherturm ja gemeinhin das "Pellerhaus" genannt. Wohin will man denn das "Pellerhaus" hintranslozieren? Möchte man zwei Pellerhäuser in Nürnberg? Oder benennen wir das nPH dann um?

    Wenn man bei einer Translozierung die Fassade nach Norden dreht, fällt die Sonneneinstrahlung zwar weg, aber wir haben immernoch dasselbe Problem wie beim Sep Ruf-Bau im Germanischen, welcher ebenfalls aktuell saniert wird und die große, nach Norden ausgerichtete Fensterfront, das Kernproblem dabei ist, Stichwort Lichteinfall und Klimatisierung. Hier greifen aber noch andere Herausforderungen der Glasfensterfront, auf die ich hier nicht eingehen will. Aber dann würde womöglich eine niederwertige Büronutzung dafür denkbar sein, aber das müsste dann schon ein Liebhaber der jetzigen Fassade machen. Das einzige, was mir zur Translozierung einfällt ist das Beispiel eines der Mittelrisalite des Berliner Stadtschlosses, das von der DDR transloziert wurde an das Staatsratsgebäude, und dort heute noch als Spolie steht, während die Reko des Stadtschlosses nur "neue" Risalite besitzt. Das funktioniert. So könnte man die nPH-Fassade an einen modernen Büroneubau irgendwo als Atriumsfassade davor setzen, wo dann auch die Deckenhöhen egal sind weil dahinter ein Lichthof liegt. Aber nochmal, wer sollte das warum auch bezahlen wollen?

    Ich weiß nicht. Ich kenne das Haus nicht als Stadtbibliothek, sondern nur als unternutzten Klotz, der dem Pellerhaus im Weg steht. Deshalb hänge ich auch nicht daran, habe keine schönen Kindheitserinnerungen damit. Und sein Untergang ist quasi eingebaut, in dem wir hier nicht sanierbare Substanz haben. Niemals vorher und auch niemals danach hat es schlechtere Archivarchitektur gegeben, das Staatsarchiv am Archivpark (https://www.gda.bayern.de/nuernberg), BJ 1880, wird derzeit saniert, es ist also von Anfang an durch großzügige Eigenschaften zukunftsfähig gewesen. Manchmal denke ich mir, das müssen die Mayer-Brüder gewusst haben, dass es nur eine Interimsnutzung sein soll, die der Pellerhausreko nicht dauerhaft im Weg stehen darf. Dummerweise ist dieser Ortsignorante Klotz halt untrennbar mit dem Namen Pellerhaus verknüpft, obwohl er ihm mehr schadet als nützt, jetzt, da der Wiederaufbau im Hof begonnen wurde. Das war m.E. sein Zweck, die Zeit bis zum Wiederaufbau des originalen Hauses zu brücken und die alten Reste solange zu bewahren.

    Sicher ist das auch ein bisschen Wunschdenken von mir, aber für mich sieht das ganz klar so aus.

    Man sollte die Fassade des neuen Pellerhauses translozieren. So schlecht ist sie ja auch nicht und könnte anderswo stehen :smile:

    Aber was soll man dann hinter dieser Fassade hochziehen? Am Hauptbahnhof soll ein jüngeres Bürohochhaus abgerissen werden, u.a. weil es wegen der geringen Deckenhöhe nicht sanierbar ist. Das Problem stellt sich im Pellerhaus auch, und die Fassade spiegelt das nach außen. Mir fehlt da die Phantasie, vor welche Struktur diese Fassade denn gestellt werden sollte. Was ich denkbar finde ist eine Reminiszenz daran, in dem man die Nachkriegsfassade nach oben streckt, und dabei vielleicht eine Etage einspart. Oder man streckt sie insgesamt um ca. 1 Meter je Etage, dann entsteht aber ein echter Turm.

    Mal ne ganz ketzerische Frage: Glaubt ihr allen Ernstes daran, dass die historische PH-Fassade je wiederkommt, sprich, dass man die heutige, denkmalgeschützte Fassade (die ich nicht mag!) abreißen wird? Ich denke, das wird nie und nimmer passieren..... Leider!

    Das hängt ganz davon ab ob die Stadt Geld in die Hand nehmen wird, um das heutige, denkmalgeschützte Mayersche Pellerhaus zu sanieren. Wenn das passiert, dann kommt das historische Pellerhaus für viele viele Jahrzehnte nicht. Aber wenn das nicht gelingt, ein tragfähiges, denkmalgerechtes und finanzierfähiges Nutzungs- und Sanierungskonzept für den Bücherturm hinzukriegen, dann stehen die Chancen deutlich besser als Null. Der Bücherturm ist leerstehend, man findet dafür keine sinnvolle Nutzung, es fehlen Fluchtwege, energetische Maßnahmen (die riesige Fensterfront heizt den Bau auf, es gibt keinerlei Dämmung), kein Fahrstuhl, kein eigenes Treppenhaus, zu niedrige Deckenhöhe, das sind alles dicke Nüsse, die man in einem Konzept knacken müsste. Und das denkmalgerecht! Der letzte Versuch war ja das im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung einzubetten, die ist aber bekanntlich gescheitert und die finanzielle Situation dafür wird nicht besser. Ich wage zu behaupten, dass der Abriss und die Rekonstruktion des historischen Pellerhauses billiger wäre, v.a. weil die Altstadtfreunde auch vorgeprescht sind und die Kosten für die Sandsteinfassade übernehmen würden. Man müsste also blos die Raumschalen wiederherstellen.

    Mit dem Anschluss an den historischen Treppenturm hätte man einen zusätzlichen Fluchtweg. Die Reko hätte viele Probleme nicht, die man heute aus dem Bücherturm nicht mehr herausbekommt. Ich sehe die Chancen dafür absolut nicht bei Null.

    Die Fassade wird man schon deswegen nicht vergrößert/verbreitert rekonstruieren wollen, ......Da mache ich mir jetzt nicht so viele Sorgen. Für diese angebaute Ecke wird sich bei Zeiten eine Lösung finde, zur Not stellt man oben einen Blumentopf obendrauf.:wink:

    Sehe ich genauso, daran muss man sich jetzt nicht abarbeiten, denn dafür ließe sich eine gute Lösung finden. Das ist in meinen Augen sozusagen "Verhandlungsmasse", also Gestaltungsraum, um später zwischen dem Nachkriegs-Imhoffhaus und der original-Pellerhausfassade zu vermitteln, Dabei gehe ich jetzt allerdings davon aus, dass die Säulenhalle des EG die Originalmaße hat und nicht verbreitert wurde, denn das ist Voraussetzung dafür, dass die Rekonstruktion nach oben originalgetreu wachsen könnte. Zwischen den beiden Gebäuden kommt dann irgend eine vermittelnde Schattenfuge, der für die Modernisten, eine Glasfuge oder eben einfach Blumentöpfe :)

    Ich kann mir für den Bau schon Nutzungen vorstellen, das Markthallenkonzept z.B. ist vielversprechend. Aber das Kaufhaus ist im Innern einfach sehr tief, es fehlt Tagelicht und Höhe, wie soll man da eine Markthalle einrichten, wenn dann die Gerüche im Raum stehen und nicht abziehen können. Schon früher hab ich bei der Parfumabteilung im EG sofort Kopfschmerzen bekommen sobald ich drin war. Ich z.B. würde im Innern ein Hof schaffen, indem die Geschossdecke zwischen EG und 1.OG teilweise aufgeschnitten wird. Nur so lässt sich etwas Flair herstellen. Ob das aber mit dem Denkmalschutz geht, es statisch machbar ist und wer das überhaupt finanzieren soll, wer weiß. Der Denkmalschutz war in meinen Augen ein Vehikel das Gebäude dem Markt zu entziehen, damit nicht Schlagzeilen wie aus Regensburg auftauchen. So konnte die Stadt Nürnberg günstig zugreifen. Was aber langfristig daraus werden soll wird man sehen. Ein Haus für die Ewigkeit sehe ich hier aber auch nicht.

    Danke für deine superschönen Bilder aus Magdeburg. Die Stadt ist wirklich nicht so hässlich, wie man landläufig immer sagt. Ganz grundsätzlich enttäuschen mich Städte, von denen man häufig sagt sie seinen schön (Nürnberg, München) während andere, von denen man sagt sie seien doch hässlich (Chemnitz, Magdeburg, Halle) eher positiv überraschen! Ich glaube auch dass man sich in diesen Städten mühe gibt, gegen diesen Ruf anzugehen, während sich die anderen ausruhen.

    Noch was zu deinen Fotos: Ist es Absicht, dass du im unteren Drittel / der unteren Hälfte deiner Fotos immer so voel Straßenbelag zeigst? Ich schneide soetwas immer bei meinem Bildern weg. Nun sind die Straßenbeläge auf deinen Fotos aber auch sehr ordentlich und nicht so ein schreckliches Flickwerk wie in Nürnberg.

    Das besondere an den Magedeburger Gründerzeitprachtbauten in der südlichen Innenstadt ist m.E. die strenge Fokussierung auf Formen des Historismus. Man findet dort eigentlich keinen Jugendstil, keinen Reformstil oder Heimatstil oder dergleichen, es ist alles im Formenbaukasten des Historismus. Und davon auch noch ein ziemlich üppiger, der sich nicht zurückhält und eben auch noch ein recht guter Erhaltungszustand.

    Wenn man sich die Gebäude mal um ihren Fassadenschmuck wegdenkt, dann gibt es soetwas durchaus auch in Wien, oder Westberlin, aber eben nicht in dieser Prägung. Tatsächlich habe ich es immer geliebt, bei meinen Magdeburgaufenthalten durch diese Straßen zu spazieren. Südlich geht ja es noch deutlich ausgedehnter weiter nach Sudenburg, dort findet man dann auch o.g. Stile in aufgelockerter Form.

    Klar und transparent sind die Kriterien für die Unterschutzstellung ja bereits. Sie werden nur unterschiedlich ausgelegt. Auch schwierig finde ich das Spannungsfeld, dass einerseits ein Objekt mehr als 60 Jahre also sein soll um es als Denkmal schützen zu dürfen, andererseits gesagt wird, dass das viele Gründerzeitgebäude gerettet hätte: Über diese Schiene wird man so nicht weiterkommen, denn man landet dann wieder bei einer Geschmacksdiskussion. Ein Instrument, das man hätte nutzen können um mehr Gründerzeitsubstanz zu retten findet man toll, wenn dasselbe Instrument aber dazu führt, den Betonbrutalismus zu schützen ist es schlecht, das ist eine eindeutig geschmackliche Bewertung. Man könnte sich dem nähern wenn man mal untersucht, wie alt die jüngsten Objekte waren, die man zur Einführung des Denkmalschutzes in den 1970'ern geschützt hat, und das als Prämisse hernimmt.

    Andererseits sind die Modernisierungszyklen und Nutzungsdauern heute deutlich kürzer als damals, es wird oft bereits nach 30 Jahren kernsaniert, deshalb könnte man sagen, dass heutige Gebäude einen Denkmalstatus kaum noch erreichen können, wenn man dabei voraussetzt, dass es unverändert sein muss.

    Ja, das ist besorgniserregend, da es den Denkmalschutz zunehmend diskreditiert.

    Ich verstehe ja den wissenschaftlichen Ansatz, Dinge, die für eine Epoche oder Ereignis besonders prägend sind, unter Denkmalschutz zu stellen. Aber das ist m.E. zur kurz gegriffen und gehört dringend neu gedacht. Denn das führt erst dazu, was man dem Denkmalschutz immer vorwirft, er macht unsere Städte zu Museen, die vollstehen mit Objekten, die man nicht mehr benutzen kann. Das kann man ja nicht wollen.

    Mehr noch, es gibt ja auch Naturdenkmale, besonders alte Bäume usw. Müsste man nicht auch die letzten deutschen Tagebaugruben unter Denkmalschutz stellen und sie erhalten, anstatt sie zu renaturieren? Was ist mit den alten Autobahnen noch aus der Nazizeit, die aus aneinandergelegten Betonplatten bestehen, hier müsste es doch auch Denkmalschutz geben. Und wie sieht dann das Konzept für deren Erhalt aus.

    Das Kernproblem des Denkmalschutz ist seine Fixierung auf Substanzerhalt. Das mag im reinen Museumsbetrieb bei Gemälden und Kunstwerken leichter sein, die kann man in konservatorisch eingerichteten Depots aufbewahren und für die Nachwelt erhalten. Dort stören sie auch niemanden. Bei Bauwerken und im Stadtbild ist das natürlich vielschichtiger: Nur schwer beginnen sich die Fachleute damit auseinanderzusetzen, wie man diese Objekte auch tatsächlich durch Benutzung wirtschaftlich erhalten kann. Noch schwerer tun sich die Fachleute mit dem Feedback aus der Bevölkerung. Und wenn man das formaljuristisch sieht: Wenn die Mehrheitsmeinung gegenüber dem heutigen Denkmalschutz kippt wird man an dessen gesetzliche Grundlagen gehen, denn die sind veränderlich. Wir sehen das ja schon im Hinblick auf den Klimaschutz, der hartnäckig am Denkmalschutz nagt.

    .... Das Problem war die gedankenlose und übertriebenen Anhäufung der Schmuckformen.

    Diese Formulierung kann ich nicht nachvollziehen, obwohl ich weiß was du meinst. Aber gedankenlos ist das bestimmt nicht gewesen, sondern man muss doch tatsächlich davon ausgehen, dass der Entwerfer sich sehr wohl intensiv Gedanken über die Ausschmückung der Fassaden gemacht hat. Es mag übertrieben sein, Kulissenhaft oder extrovertiert, aber das Bemühen, einer Kaiserstadt in einer sich als Weltmacht behauptenden Haupt- und Residenzstadt die entsprechende Ausstrahlung zu verleihen würde ich ganz persönlich eher wohlwollend betrachten. Auch finde ich die eben nicht gleiche Ausgestaltung in Wien, Paris und Berlin da nachvollziehbar, und die Preussen galten doch damals unter den europäischen Kulturnationen ja doch eher als grobschlächtig und auftragend, da hat das gut gepasst. Und nachvollziehbar ist dann auch, weshalb nachfolgende Generationen sich dessen entledigen wollten um zu zeigen, dass sie anders sind.

    Aber rein aus dem Blickwinkel der Kunst frage ich mich immer: Kann es zu viel Kunst geben? Verbreiteter ist doch eher ein zu wenig an Kunst.

    Das Gasthaus verfällt weiterhin, allerdings augenscheinlich sehr sehr langsam. Notwendige Sicherungsmaßnahmen werden wohl immer wieder angeordnet und umgesetzt. Letzte Woche war ein Beitrag dazu in der Lokalpresse, allerdings ohne positive Nachrichten dazu.

    “Verkehrte Welt”

    Manche Motive wirken vertraut, doch irgendwas scheint nicht zu stimmen

    Das kommt mir vertraut vor: Ich bin immer wieder auf Auktionen unterwegs, und manchesmal begegnen mir Gemälde, Stadtansichten, die man eindeutig nach Nürnberg verorten würde, aber trotzdem stimmt irgendwas nicht. Es ist spiegelverkehrt oder da sind Häuser, wo nie welche waren oder so. Sehr phantasievoll.

    Die Unterschutzstellung des BVA-Gebäudes in Köln ist natürlich ein bemerkenswertes Beispiel. Vermutlich steht da eine Sanierung an, und die würde den Bau ohne Denkmalschutz ziemlich ruinieren. Aus Sicht des akademischen Denkmalschutzes ist das der richtige Weg. Denn die Betonbürogebäude (ich kenne es aus meinen "Lehrjahren" von Innen) aus dieser Zeit haben ihre Tücken und sind nur sehr sehr aufwändig zu sanieren bzw. unter Erhalt der bisherigen Optik ist das eigentlich unbezahlbar. Wenn man aber sieht wie heutzutage Verwaltungsgebäude gebaut werden, breit, flach, mit Lochrasterfassade, Schießschartenfenstern, ohne Form, Farbe und Bauschmuck, dann ist der Denkmalschutz für das BVA eigentlich auch dem Laien begreiflich zu machen. Man halte nur mal einen zeitgenössischen Neubau daneben, z.B. den des BMI oder des BND in Berlin. Dann erkennt man sofort den Wert des Hochhauses an der Amsterdamer Straße.

    Was den Marsch durch die Institutionen anbelangt: Trifft das nicht auch auf laienhafte Denkmalschützer wie uns zu? Haben sich nicht schon in der Gründerzeit Stimmen erhoben, die den Abriss alter Gebäude, Stadtmauern oder -tore kritisiert haben, bevor dort Gründerzeitpaläste entstanden sind, die wir heute so schätzen, sofern erhalten?

    Und ist nicht zu erwarten, dass auch in einigen Jahrzehnten Leute daher kommen, und das BMI-Gebäude und seine Derivate unter Denkmalschutz stellen wollen?

    Ich dachte immer der Sinn einer Vereinigung wie dem SD liegt darin, neben, ja über dem institutionellen Denkmalschutz zu stehen, als gemeinsame Basis das ästhetische Bauen nach menschlichem Maß mit ortstypischen Traditionen zu kultivieren. Das bedeutet für mich, dass ich nicht einer Meinung sein muss mit dem institutionellen Denkmalschutz, der weniger eine Ästhetische Leitlinie verfolgt, sondern eine Sammeltätigkeit durch die Epochen verfolgt, aber auch dass ich mal einen Neubau schöner finden kann als seinen Vorgänger. Wie war das mit Tradition, dem Weitergeben der Fackel und so...

    Die "Massenfertigung" war ja auch die eigentliche Innovation, die die Grunderzeit mitbrachte: Das massenhaft möglich gewordene Schöne gestalten. Wenn man sich vergegenwärtigt wie wichtig und verbreitet in dieser Zeit Kunstgewerbeschulen waren, und wie wesentlich das Künstlerische noch mit dem Konstruktivem verbunden war, das Konstruktive war damals auch noch schön, weil das Künstlerische verbreitet und günstig zu realisieren war. Für mich ist der Historismus, und inbegriffen auch der Jugendstil, der Höhepunkt europäischer Baukultur gewesen. Das wird einem augenfällig, wenn man erhaltene Gesamtkunstwerke wie Budapest, Wiesbaden oder Görlitz gesehen hat. Wie Ü-Bahnhöfe und feudale Paläste stilistisch harmonieren, und zwar nach den hergebrachten Regeln der Architektur und Kunst, das gab es zuvor nie, und danach auch nie wieder. Von der Dacheindeckung über die Fassade, dem Geh- und Straßenbelang, der Stadtmöblierung bis zu Gullideckel, Städte konnten zu Gesamtkunstwerken werden, das ist das was die Gründerzeit/Historismus für mich zum evolutionärem Höhepunkt macht. Ganz zu Schweigen von den im Historismus gestalteten Wolkenkratzern in Übersee, den gewaltigen Hängebrücken und Bahnhöfen aus dieser Zeit, die dort gebaut wurden. Der Historismus ist die m.E. die höchstentwickelte Baukunst, mit Betonung auf "Kunst" gewesen, die bei jedem Projekt funktioniert hat.

    Allerdings, es gibt halt immer welche denen das nicht gefällt, die diesen Detailreichtum ermüdend finden, und das würde ich nicht verteufeln.


    Und noch ein Gedanke zur "Massenanfertigung": Bei der Malerei macht man sich meist keine Gedanken darüber ob der Maler seine Farbe selbst zusammengerührt hat oder sie im Künstlerbedarf fertig kaufte. Auch Fotografen löten ihre Kameras nicht selbst zusammen. Schade, dass dieser Begriff "Massenware" immer abwertend in die Diskussion einfließt, er ist eigentlich genau das Gegenteil.

    Ist das Humboldtforum nicht auch als ein öffentliches Haus der Kultur und Kulturen konzipiert? Gerade die Tatsache, dass es rekonstruiert ist macht es für mich prädestiniert, auch für soetwas wie einen Weihnachtsmarkt intensiv genutzt zu werden. Das passt ästhetisch gut zusammen, wie das Foto uhugreg zeigt. Wem das nicht gefällt, dem würde ich trotzdem raten dem eine Chance zu geben, sich auf die Stimmung einzulassen und bei einem Glühwein in der Kälte zu genießen. Und dabei kann man sich ja auch klarmachen, dass der "Spuk" zum Jahreswechsel wieder spurlos vorüber ist. Wem es dann immernoch nicht gefallen hat, der weiß halt dass er den Platz im Dezember meiden kann. Ich jedenfalls finde solche Märkte in Schlosshöfen immer ganz wunderbar, bei Thurn&Taxis in Regensburg muss man dafür sogar Eintritt zahlen, ebenso am Schloss Faber Castel in Stein bei Nürnberg, und auch in der Residenz in München funktioniert das wunderbar. Im Gegenteil, es sind die Art von Märkten, wie man sie sich wünscht, ohne Diskomusik, Autoscooter oder chinesische Handyhülllenverkäufer. Dieser markt ist in meinen Augen auch eine Brücke und lockt vielleicht Leute an, die sich sonst nicht in den Schlüterhof wagen würden.

    Tatsächlich aber kann man solche "Aktionen" auch ins groteske treiben, wie der "District Ride" in der Nürnberg Altstadt immer wieder gezeigt hat. Die denkmalgeschützte Altstadt wird dort zu einer Kulisse in einem Sporterlebnispark redziert und gewissermaßen schon entwertet. Aber auch hier gilt das Pflaster: nach wenigen Tagen ist der Spuk vorbei und kein Sandkorn mehr davon aufzufinden. Wem es nicht gefällt, der kann auch mal ein paar Tage verzichten, es geht ja nicht verloren dadurch.

    Ich finde das ist eine ganz hervorragende Sache, dort einen Weihnachtsmarkt einzurichten. Wie schon geschrieben wurde funktioniert das in München, oder auch Regensburg bestens. und in Berlin dürfte das auch einzigartig sein, wenn ich bedenke dass ich in meiner Berliner Kindheit nur den Weihnachtsrummelmarkt an der Jannowitzbrücke kannte, auf dem Großparkplatz zwischen Plattenbauten, dann ist das im Schlüterhof doch mal ein gewaltiger Fortschritt. Ich denke man kann hier sicher sein dass ein gemütlicher, hochwertiger markt entsteht und keine Rummelkirmes.