@findorfer, ich hab das ja mal studiert in den 90ern, und ich hab es gerade anders empfunden. Baukonstruktion spielte bei uns eine viel zu geringe Rolle (auch wenn sich einzelne Profs bemüht haben), Baupraxis und Wirtschaftlichkeit fast gar keine, Materialien und Grundrisse eine halbwegs angemessene Rolle. Vor allem aber ging es um Ästhetik. Allerdings entweder auf Grundlage einer gewissen puristischen Moderne (Materialsichtigkeit, konstruktionsgemäß entwerfen, form follows function) oder im Sinn von Experiment, Innovation, etwas entwerfen, was noch nie da war. Empfunden hab ich dahinter immer den Anspruch, wir sind die ästhetische Elite, wir wissen nach dem Studium wie sowas geht und haben dann auch einen gewissen Erziehungsauftrag gegenüber denjenigen, die das nicht studiert haben.
Posts by Maßwerk
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Ideologie ist ein scharfes Wort, nennen wir es Doktrin oder Leitlinie ... aber die Grundidee, dass moderne Zutaten immer im scharfen Kontrast zum Bestand ausgeführt werden sollen, kann und sollte man in Frage stellen.
Es ist immer schwierig bei der Ästhetik, wenn Theorie und unmittelbarer Eindruck nicht im Einklang stehen. Bei vielen dieser Ergebnisse denke ich immer, die faktische Entstellung der Baudenkmäler oder auch Rekos ist doch offensichtlich (beim letzten Beispiel gar nicht mal so krass, aber ich denke z.B. an Kongsnaes in Potsdam, oder ein gewisser Glasaufzug an einer Jugendstilschule). Scheinbar gerettet wird das Ergebnis immer nur durch einen erheblichen theoretischen Überbau, der letztendlich die Betrachter für blöd erklärt: warum eigentlich muss auch der letzte architekturfremde Mensch mit dem Holzhammer gezeigt bekommen, dass es sich um eine neue Zutat handelt?
Gerade aus diesem Bereich höre ich im meinem Bekanntenkreis immer die klarste Kritik an den Ergebnissen, da ist dann immer offensichtlich, wie unpassend das ist, und maximal unklar, warum man das unbedingt so machen muss.
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Maria Magdalena in Niederschönhausen ist noch weitgehend original.
Die Neuköllner Johannes-Basilika ist ebenfalls noch orignial (aber bei weitem nicht so schön wie Herz Jesu).
Ansonsten kenne ich viele stimmige, oberflächlich originale Kirchen mit deutlichen Abstrichen bei der Ausmalung, z.B. Die Apostel-Paulus-Kirche in Schöneberg, oder die Auenkirche ...
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Ist das der Endzustand der Fassade? Unglaublich. Hier überhaupt noch von sowas wie "gestalterisch ansprechend" zu sprechen... in der Form ist das wie der schlimmste Alptraum aus den 70ern. Der Slum von morgen.
Vielleicht täuscht der Eindruck ja, und bei schönem Wetter oder auf der anderen Seite sieht es besser aus, aber richtig glauben kann man das nicht. Die neuen seriellen Berliner Schulbauten sind dagegen ein Traum.
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Ich finde auch, dass das neue Salzhaus genug Qualitäten hat, um es an dem Standort zu erhalten. Ich mag auch das Mosaik mit dem Phönix. Das ist in ähnlicher Weise eine ornamentale Gestaltung wie an vielen Fachwerkhäusern oder auch Gründerzeithäusern, nur eben im Stil der 50er Jahre, und auch viel besser/charakteristischer als das neue Pellerhaus. Der einzige Nachteil ist, dass es die Reko des originalen Salzhauses an der Stelle blockiert.
Das alte Salzhaus sollte auf jeden Fall irgendwann wiederaufgebaut werden, möglichst in räumlicher Nähe, aber nicht genau am Originalort. Allein wegen der vielen erhaltenen Teile. Das könnte man argumentativ schon fast als Translozierung bezeichnen. Das halte ich für realistischer und in diesem Fall vertretbar. Wäre nur sinnvoll, einen Ort zu finden, der dem Charakter des Originalortes näher kommt als z.B. in Hannover beim Leibnizhaus.
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Das ist ein wirklich guter Artikel, der viele Probleme zusammenfasst. Danke dafür.
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An der Stelle sollte eigentlich gar kein Hochhaus stehen. Dieses Projekt versaut nämlich die Sichtachse von der Frankfurter Allee zum Fernsehturm, siehe z.B. diese ältere Diskussion im Nachbarforum (dort im falschen Strang gelandet).
Da hat man in den 90ern gepennt. Wäre in jeder Hinsicht ein Vorteil, wenn der Bauplatz leer bleibt.
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Ja, die Vorstellung von gekreuzten Krummsäbeln hatte ich auch spontan. An sich bin ich ja immer froh, wenn ein Gebäude sowas wie Ornamentik hat (auch bei Glashäusern), aber mit der Assoziation ist es dann schon wieder etwas unsympathisch...
Die Botschaft von NRW gleich um die Ecke hat übrigens eine ähnliche Grundidee der Fassade: Hier ein Foto.
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Kann man diese Broschüre auch als interessierter Nichtberliner erhalten?
Ja klar, die Online-Version (pdf) befindet sich unter https://stadtbild-deutschland.org/publikationen/
Für gedruckte Exemplare gerne Snork ansprechen.
Und beides weiterverbreiten, wo es geht
. Das ist ja auch für andere Städte interessant.
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Na ja. Das ist schon ok so, und das passt auch zu Bochum. Bochum ist schließlich im Grunde eine geschlossene 50er Jahre Stadt; die wirklichen Bausünden befinden sich anderswo (z.B. der Klopper an der Massenbergstraße an der Stelle des Stadtbades).
Irgendwie schade um die Uhle ist es trotzdem, allerdings eher aus nostalgischen Gründen als aus architektonischen. Dass das ein Altbaurest war, konnte man nur erahnen.
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Gemeint ist: erst kommt die Funktion, dann kommt die Konstruktion, dann kommen soziale Aspekte, und wenn man dies alles möglichst ehrlich und offensichtlich zum Ausdruck bringt, wird es schon ästhetisch sein.
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Also, es geht doch offensichtlich darum, dass FW4 mit diesem Spruch deutlich machen wollte, dass sich auch der Herrscher dem Gebot Gottes unterwerfen muss. Gleichzeitig hat derselbe Herrscher die Kaiserwürde abgelehnt, die ihm von der Frankfurter Nationalversammlung übertragen werden sollte.
Man kann dort leicht einen Zusammenhang sehen (in dem Sinne: wer legitimiert einen Herrscher) -- auch wenn sich dieser nach Lektüre des Wikipedia-Artikels als komplexer darstellt als ich mal in der Schule gelernt habe. Und auch wenn natürlich der Bibelspruch und damit die Verantwortung des Herrschers gegenüber dem (christlichen) Gott noch ganz andere, eindeutig positive Dinge aussagt.
Insofern ist dieser Spruch, insbesondere seine Wiederherstellung keineswegs unpolitisch. Ich persönlich hatte von Anfang an das Gefühl: "Das ist aber provokant, diesen Spruch mit zu rekonstruieren" -- ich kann sowas aber auch als historisches Zeugnis aushalten und so stehen lassen, so wie viele andere Dinge auch (Reiterstatuen, sozialistische Wandmosaike, Nationaldenkmale, Marx und Engels etc.), solange, wie hier offensichtlich, auch positive/idealistische Anteile vorhanden sind, und es eben als geschichtliches Zeugnis tauglich ist.
Aber gerade deshalb darf man sich nicht wundern, wenn sich an der geschichtlichen Komponente eine Diskussion entzündet, und ich finde, man muss sowohl diesen Spruch aushalten können, als auch das Laufband, das ja den Spruch darunter erkennbar und unzerstört lässt.
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eine Tonne kitschiger "Katalogstuck" darauf geklatscht ist à la Historismus
Das ist doch Quatsch sowas anzunehmen, das will doch keiner hier und auch sonst keiner, der auf klassische Architektur steht.
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bin ich recht sicher, dass Gründerzeitler z.B. sich kaum Sorgen machen müssen.
Nur, wenn 2 Voraussetzungen gegeben sind:
1. Das neue Gesetz wird mit Sinn und Verstand aufgesetzt. Solange ganz bewusst vor allem die wirklich ineffizienten Gebäude in die Pflicht kommen (50er/60er), mag das sein.
2. Die Hauseigentümer müssten etwas nachdenken, bevor sie sanieren. D.h. sie müssen ausdrücklich ermutigt werden, bei gestalterisch hochwertigen Gründerzeit-Gebäuden nicht gerade die Fassade zu zerstören, sondern eher Dächer, Rückfassaden, Heizungsanlagen zu sanieren, bei entsprechender Qualität der Ersatzes ggf. auch Fenster auszutauschen. Mir schwebt zusätzlich vor, gestalterisch hochwertige Gebäude schon im Gesetz ausdrücklich auszunehmen. Das müsste niederschwellig, auch gebietsweise, von der Denkmalbehörde oder dem Bezirksparlament festgelegt werden können, also als Instanz zwischen gar keinem Schutz und dem strengen eigentlichen Denkmalschutz.
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Aus eigener Anschauung muss ich sagen, dass die Umgeldgestaltung auf der Lustgartenseite die einzige ist, die was taugt. Auch wenn das moderne Material der Umfassungen nicht optimal ist. Fehlen halt insbesondere noch die Rossebändiger.
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Vorschlag ist der Einsatz eines energetischen Mindeststandards für alle Gebäude
Wenn man diesen Standard in etwa auf das Niveau eines durchschnittlichen Gründerzeitlers setzt, wäre viel gewonnen: die hässlichen Energiefresser aus den 60ern könnten eine bessere und deutlich effizientere Fassade bekommen, und die energetisch schon recht ordentlichen Gründerzeitler dürfen ihre schönen Fassaden behalten, denn
Manche Altbauten, wie einzelne aus dem 19. Jahrhundert im Portfolio haben übrigens durch ihre dicken Ziegelwände nur neue Fenster und Heiztechnik bedurft, um ausgezeichnete Standards zu erreichen
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Hoffentlich kommt man zumindest auf die Idee, vor einer möglichen Rückgabe Abgüsse herzustellen und diese dann im HF auszustellen.
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Das ist allerdings wirklich missverständlich. Wenn dort bei Facebook Mitglieder der Facebook-Gruppe begrüßt werden, sollte es auch genau so geschrieben werden. Ich bin da mal runtergescrollt, und bei der Begrüßung davor hat sich sogar jemand bemüßigt gefühlt, ausdrücklich klarzustellen, dass er nicht etwa dem Verein beigetreten sei. Also etwas Klarheit bei der Formulierung ist manchmal hilfreich, man muss den Gegenspielern ja nicht jede Möglichkeit zur Diffamierung mit dem Tablett servieren.
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Ich gehöre auch zu den Menschen, für die das Huthmacherhaus identitätsstiftend genug ist, um es trotz des zwischenzeitlichen Umbaus im Zweifel zu erhalten. Ich finde, alleine dass ein Gebäude für eine relevant große Gruppe identitätsstiftend ist, zeigt schon eine gewisse architektonische Qualität an. Das Europacenter gehört wahrscheinlich auch zu dieser Sorte Gebäude, die Gedächtniskirche in der heutigen Form sowieso (zum Vergleich, die Hochhäuser um die Urania gehören eher nicht dazu, das Postbank-Hochhaus am Halleschen Ufer auch nicht). Geschichte, Ort, Erlebnisse etc. spielen halt auch eine Rolle. Es ist bei sowas immer die Frage, was käme denn stattdessen, wäre das besser, hat es dasselbe emotionale Potenzial wie der Altbau.
Es gibt ja andere Fälle, wo das eine Rolle spielt. Der PdR hatte eine mindestens ähnliche emotionale Qualität, aber das Stadtschloss eben auch, und letzters deutlich stärkere andere Qualitäten, daher wurde es zu Recht rekonstruiert. (Ich hätte mir dort z.B. einen stärkeren Bezug der neuen Teile, bzw. der Ostfassade zum PdR gewünscht, wenn man denn schon nicht vollständig rekonstruiert.) Anhalter Bahnhof noch mal anders: da kann es kein Neubau mit der emotionalen Qualität des Altbaus aufnehmen. Selbst der Portalrest hat noch so viel emotionale Qualität, dass ein Abriss das Portals selbst im modernistisch geprägten Wettbewerb undenkbar war.