Beiträge von BautzenFan

    Ach Hyade, ich war noch am Grübeln, wie man in diesem Fall (als Wiederholungstäter) „bettelt“ (um Ergänzung für den SZ-Artikel), ohne extrem zu nerven – aber Du warst schneller: Vielen, vielen Dank für den lieben Service. :blumen:

    Aber um zurück zum Thema zu kommen: Ist das wirklich günstig für das Projekt Neumarkt, wenn jetzt nur noch die "reinen" Finanzhaie übrig bleiben???

    Zitat

    Gemäß einer Pressemitteilung des Staatsbetriebes SIB vom 21. Juni ist Schloss Lockwitz (Landesimmobilie) verkauft worden. Diverse Quellen berichten, dass über Käufer und Kaufpreis absolute Diskretion vereinbart wurde. Die offiziellen SIB-Verlautbarungen über das nunmehr gültige Konzept lassen vermuten (ist nur mein persönlicher Eindruck), dass der oben genannte Verein (Posting von Kindvon2dresdnern vom Mai 2006) wohl nicht den Zuschlag erhalten hat. Über das Projekt des Käufers heißt es in der Pressemitteilung der SIB:

    Zitat

    In dem seit 2001 leerstehenden ehemaligen Rittergut sollen 2- bis 5-Zimmer-Wohnungen entstehen, die Verwaltungsbaracken mit Nebengebäuden abgerissen und Reihenhäuser errichtet werden. Im Zuge der 2008 beginnenden Baumaßnahmen sollen die Grünanlagen im Innenbereich des Schlosses und der Park wieder hergerichtet werden.

    2 Fotos vom Objekt:

    http://news.webshots.com/photo/2487276710084686312RsqGyg

    http://news.webshots.com/photo/2212134100084686312XFCqFA

    Text der Pressemitteilung:
    http://www.sib.sachsen.de/cms/de/aktuell…tz_verkauft.pdf

    Ich möchte einleitend darauf hinweisen, dass verschiedene Zeitangaben zu diesem Thema widersprüchlich sind – zugegeben nicht wirklich relevant, ich wollte es aber der Vollständigkeit halber mit genannt haben.
    Matthias Lerm schreibt, dass „das Reiterdenkmal anlässlich des 25jährigen Regierungsjubiläums von König Albert 1896 aufgestellt worden ist“.
    (in: Abschied vom alten Dresden, Verluste historischer Bausubstanz nach 1945, Seite 99)
    Das kann nicht ganz stimmen, denn die Regierungszeit von Albert begann 1873 – damit komme ich für das 25jährige Jubiläum auf 1898.
    Eine wiederum ganz andere Zeitangabe findet sich bei bildindex, demnach fand die Einweihung des Denkmals im Jahr 1906 statt:


    Bildquelle: bildindex der Kunst und Architektur

    Im weiteren Text (obige Buchquelle, Seite 99) verweist Lerm auf ein Schreiben der Abteilung Stadtplanung vom Mai 1951, in dem auf eine entsprechende Anfrage mitgeteilt wird, dass:
    die Entfernung des Denkmals auf Anordnung des Ministers für Volksbildung und des Ministers des Innern erfolgt wäre und es vorerst im ehemaligen Marstall eingelagert worden sei. Für die Einschmelzung wäre ein Beschluss des Rates erforderlich.
    Entsprechend diesem Schreiben hätte das Denkmal ja schon im Mai 1951 nicht mehr auf seinem Sockel gestanden. Das unmittelbar unter dieser Textpassage (Lerm-Buch) folgende Foto zeigt den gerade laufenden Abbau der Reiterstatue, unterschrieben ist dieses Bild aber mit:
    Entfernung des Reiterdenkmals König Alberts, 4. November 1951.
    (Kleine Anmerkung: In dem Foto im Lerm-Buch, das den Denkmal-Abbau zeigt, sieht man an der Fassade des Landtages ein großes Plakat: „Erhaltet die Kultur“ – unfreiwilliger Zynismus.)

    Das folgende Foto zeigt das im Marstall zunächst abgestellte Reiterstandbild – Es ist praktisch unbeschädigt. Kurze Zeit nach Aufnahme dieses Fotos wurde die Skulptur eingeschmolzen.


    Bildquelle: bildindex der Kunst und Architektur

    Aber nun zur Frage von Treverer. Die neue Oberflächengestaltung des Schlossplatzes wurde mit einer feierlichen Übergabe Ende Mai 2001 abgeschlossen. Bis dahin hatte hier ein Patchwork aus Pflaster- und Asphaltflicken bestanden. Die folgenden Angaben stammen aus einem Artikel der Sächsischen Zeitung vom 23. Mai 2001:

    - Platzgröße etwa 7.000 Quadratmeter
    - Verlegter Oberflächenbelag: Granit- und Kunststeinpflaster, Granit- und Sandsteinplatten sowie Granitbord;
    - Optische Hervorhebung der historischen Achse von der Augustusbrücke zum Georgentor durch Pflasterschnüre;
    - Erinnerung an das hier ehemals befindliche Denkmal von König Albert mit einem (Zitat) „nagelneuen Sockel“;
    - Höhepunkt der feierlichen Platzeinweihung: Einsetzen des legendären Napoleonsteines als allerletztes Puzzleteil ins neue Pflaster (an die Stelle, wo 1813 Napoleon gestanden haben soll);
    - Kosten der neuen Platzgestaltung: etwa 1,5 Millionen Mark (noch nicht Euro!);
    - Ausführende (mit viel Lob für die solide Arbeit): Landschaftsarchitekten Kretzschmar + Partner, Thieme Tiefbau GmbH aus dem Erzgebirge;

    Wichtigster Satz aus dem SZ-Artikel wörtlich:

    Zitat

    Ob dort (Anm.: also auf dem neuen Sockel) eines Tages eine Nachbildung des 1951 abgebrochenen Reiterstandbildes thronen wird, ist im Moment allerdings noch völlig unklar.

    Ich denke, da hätte niemand etwas dagegen (Albert hat in Sachsen einen positiven Ruf), aber es gibt vermutlich eben auch niemanden, der ein neues Denkmal bezahlen würde.


    Aufnahme vom Juni 2006

    Ein relativ aktueller Eintrag auf der offiziellen Seite des Sächsischen Landesamtes für Archäologie über die Ausgrabungen im Bereich des British Hotel, natürlich noch nicht über die Ergebnisse, wohl aber über die Zielstellung. Als Positivpunkt habe ich registriert, dass man anstrebt die Keller zu erhalten. Negativ ist mir folgende Formulierung ausgefallen:
    * Als Vorderansicht ist ein Nachbau der alten Fassade des „British Hotel“ geplant.*
    Wieso denn nur die Fassade? War das British Hotel nicht als vollwertiger Leitbau eingestuft?

    Zitat

    Ziel der Ausgrabungen wird es zunächst sein, zu klären, wie gut die erhaltenen Kellerräume den Bombenangriff vom 13. Februar 1945 und die anschließende „Entrümmerung“ überstanden haben. Außerdem soll der Frage nachgegangen werden, ob beim Bau des „Beichlingschen Palais’“ ältere Bauteile integriert wurden. Im nicht unterkellerten Hinterhofbereich ist mit älteren Besiedlungsspuren seit dem 15. Jahrhundert zu rechnen. Nach Abschluss der Ausgrabungen baut die Hapimag auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus. Als Vorderansicht ist ein Nachbau der alten Fassade des „British Hotel“ geplant. Es wird angestrebt, auch historische Keller im Neubau zu integrieren.

    Hier ist der Link (dort ist auch der Begriff "Beichlingsches Palais" erklärt):
    http://www.archsax.sachsen.de/Themenportal/1476.htm

    Auf der GHND-Seite gibt es übrigens ganz aktuell ein schönes Foto von den frei gelegten Kellern.

    Zitat von "Leipziger"

    Sehr spannend. Ich glaube, ich muss da auch mal vorbeigucken. Nach den ... Bekanntmachungstexten für die Ausschreibung wird wohl dieses Jahr wohl noch einiges passieren (äußere Hülle bis zum Winter wetterfest?)....

    Jawoll:
    Nach den Dachdeckerarbeiten und den Fenster- und Türgewänden aus Sandstein (Ausschreibung mit angegebenem Realisierungszeitraum bis Ende August bzw. Ende September) nun die Ausschreibung für die Fenster:

    1. Ausschreibung:


    2. Ausschreibung

    Zitat

    II.1.1) Bezeichnung des Auftrags durch den Auftraggeber:
    Tischlerarbeiten, Kunststofffenster/-türen im Neubauteil Westflügel.

    II.1.4) Kurze Beschreibung des Auftrags oder Beschaffungsvorhabens:
    Liefern und Einbauen von Kunststofffenster/Kunststoffrüren, teilweise mit
    Rolladenkästen und Sonnenschutz (Senkrechtmarkiesen).


    Na ja, Kunststofffenster, das klingt nicht so toll, aber Spacecowboy hatte ja geschrieben (1. Beitrag auf Seite 1):

    Zitat

    Zunächst wird der Westflügel, dessen marode Bausubstanz teilweise abgetragen werden musste, wieder neu errichtet. Die erhaltenen Teile werden dabei in den neuen Baukörper integriert.

    Die Kunststofffenster kommen also in einen "Neubaukörper". Außerdem wurde schon völlig richtig angemerkt:

    Zitat

    Ich denke, man sollte das Ergebnis später nicht zu kritisch beurteilen. Der Bau ist total fertig. Man kann froh sein, dass die Rettung nun doch noch erfolgt. Das Mauerwerk ist sicherlich noch haltbar, aber wenn von den maroden Dachstühlen (nach jahrelang fehlendem Dach und folgenden Teileinstürzen) überhaupt noch was bleibt, ist das viel. Also ich möchte nicht garantieren müssen (als Planer oder Auftragnehmer), dass da noch was hält....

    Unter diesen Umständen kann man auch zunächst mit Kunststofffenstern leben. Die werden irgendwann sicher/hoffentlich ausgetauscht.

    Heute im MDR: 21.15 bis 21:45
    Sachsenspiegel Extra

    Denkmalschutz zwecklos:
    Sachsen - ein Kulturland, das seine Geschichte pflegt? Während in Dresden das Residenzschloss aufwändig saniert wird, verfallen nur ein paar Kilometer weiter Zeugen der sächsischen Landesgeschichte. Denkmale, gesetzlich geschützt, aber offenkundig aufgegeben. Ein Fünftel aller sächsischen Landschlösser und Herrensitze werden in den nächsten Jahren einfach verschwinden. Rettung ausgeschlossen. Zu lange hat der Freistaat tatenlos zugeschaut. Zu lange haben Spekulanten die Substanz verfallen lassen. SACHSENSPIEGEL EXTRA-Reporter mit einer dramatischen Bestandsaufnahme.

    Aber Achtung: Der MDR hat 3 Regionalversionen, Thüringen und Sachsen-Anhalt bringen in der betreffenden Sendezeit heute etwas anderes.

    Bei fotocommunity habe ich ein schönes Detailfoto eines Neorenaissance-Erkers am Schloss gefunden, der bei der Bombardierung fast gänzlich zerstört worden ist und daher 1997/98 neu geschaffen wurde. Dieser Erker befindet sich im südlichsten Bereich der Schlossstraßenfront. Hier auszugsweise der damalige „Baubericht“ aus einem Artikel der Sächsischen Zeitung:

    Zitat

    SZ vom 08.08.1998

    …Hinter Planen, die einen Teil der Fassade verdecken, bleibt noch etwas verborgen, das die Dresdner bald erfreuen wird. Ein Erker schmückte unterhalb des Ziergiebels den östlichen Teil des Südflügels. Er erstreckte sich über zwei Geschosse bis über den Hauptsims hinaus. Gebälkträgerinnen aus Sandstein, sogenannte Karyatiden, trugen die Last des oberen Erkeraufbaus. Im Februar 1945 war er weitgehend zerstört worden.

    Zum Glück fanden sich Fotos und andere Unterlagen zum Ostflügel. Sie gaben die Gewähr, daß die Karyatiden originalgetreu rekonstruiert werden konnten. Steinbildhauer der Sächsischen Sandsteinwerke Pirna schufen die Frauengestalten nach Gipsmodellen neu. Die Karyatiden und der Erker sind inzwischen fertig. Damit erhält die östliche Fassade an der Schloßstraße ihren prägenden Schmuck zurück.

    Den Zerstörungsgrad dokumentiert dieses Foto (der Erker ist fast vollständig „weg“, man gehe vom Anfangsbuchstaben „D“ in Dresden-Altstadt senkrecht nach oben):


    Bildquelle: bildindex der Kunst und Architektur

    und hier noch in vergrößerter Ansicht:
    http://www.bildindex.de/bilder/MI09539c09a.jpg

    So sieht der Erker jetzt aus:
    Erker - Bild von Helmut Falkenberg aus Dresden - Fotografie (8234003) | fotocommunity


    Eigentlicher Anlass für meinen heutigen Beitrag ist aber eine notwendige Korrektur zum Beitrag vom 28. Mai. Dort habe ich peinlicherweise 2 Altäre der Sophienkirche verwechselt. Der zweite Altar aus der Schlosskapelle, der nach deren Auflösung in die Sophienkirche umgesetzt worden ist, stand in der Busmannkapelle und sah so aus:

    http://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df_0170001/df_0171013.jpg

    Nachempfunden hier im Baumodell für die Schützkapelle aus den 1980er Jahren:


    Bildquelle: Filmische Dokumentation "Von der Ruine zum Richtfest", herausgegeben vom Sächsischen Finanzministerium

    Der so genannte Nosseni-Altar (detailgetreu restauriert bzw. ergänzt und heute in der Loschwitzer Kirche) stand zwar auch in der Sophienkirche, hat aber nichts mit der Schlosskapelle zu tun. Hab's im betreffenden Beitrag schon korrigiert.


    Über die Presseveranstaltung am Freitag betreffs der Farbdiadigitalisierung war in den für mich einschlägigen Quellen leider kaum etwas zu finden. Allerdings gab es eine kurze dpa-Meldung mit folgendem wichtigen Satz:

    Zitat

    Die Sächsische Landesbibliothek hat mit der Digitalisierung von rund 100 historischen Farbdias aus den Jahren 1943 bis 1945 für die Rekonstruktion der Paradezimmer des Dresdner Schlosses begonnen. „Die Qualität ist so gut, dass die Restauratoren sie als Vorlagen eins zu eins ausdrucken können“, sagte der Leiter der Deutschen Fotothek, Jens Bove, am Freitag.

    Das klingt doch viel versprechend.

    Ich habe in den letzten Tagen ein wenig „gekramt“ / recherchiert und dabei einige interessante Alt-Informationen gefunden, die frühere Beiträge ergänzen, zum Teil aber auch neue Fragen aufwerfen (letzteres vorrangig zum Thema: Schlosskapelle). Beginnen möchte ich allerdings mit dem STARCKE-Portal im Großen Schlosshof. Dieses frühbarocke Portal war in der Bombennacht schwer beschädigt worden, wie die folgenden beiden Fotos im Vergleich belegen (Bildquelle: bildindex der Kunst und Architektur:(


    Wichtige Anmerkung: Man beachte die Angabe *Aufnahme vor 1901*, dazu komme ich noch.


    In diesem Foto bitte den Zustand der beiden Postamente („Sockel“) der Skulpturen beachten; das der Minerva – Standort rechts – ist weitgehend zerstört. Die Skulpturen selbst – oder dass, was von ihnen übrig war, hatte man bei irgendeiner der Schlossbergungsaktionen abgenommen und eingelagert.

    Über die bis Ende 2001 realisierten Rekonstruktionsarbeiten am Portal informierte die Lokalpresse wie folgt:

    Zitat

    Quelle: Sächsische Zeitung vom 04.12.2001, von Reinhard Delau
    (Auszug)
    Das Starcke-Rundbogenportal ist weitgehend wiederhergestellt. …Die Kartusche mit den Kurschwertern ist neu entstanden, auch die doppelten Wandpfeiler (Pilaster) mussten frisch gefertigt werden. Das schmiedeeiserne Gitter befindet sich wieder über dem Architrav. Und über dem mittleren Fenster schaut ein neuer Januskopf in den Großen Schlosshof. Bis auf die beiden Figuren Minerva und Herkules ist das Rundbogenportal wieder komplett...

    *Bis auf die beiden Figuren wieder komplett* – Das ist nach wie vor der Realisierungsstand am Portal, wie ein ganz aktuelles Foto vom April 2007 von Frau Kirsten Sørensen (Dänemark) belegt:

    http://www.neumarkt-dresden.de/baubilder/bild…chlosshof-6.jpg
    Bildquelle: HP der GHND

    Allerdings sind die überlebensgroßen Skulpturen der Minerva und des Herkules zwischenzeitlich neu geschaffen worden, freilich noch nicht auf ihren Sockeln aufgestellt – im Mai 2006 wurden sie an ihren vorläufigen Standorten (im Eingangsbereich des Schlosses) von einer kanadischen Touristin fotografiert:

    Herkules:
    http://farm1.static.flickr.com/59/209748474_190ee51924.jpg?v=0

    Minerva:
    http://farm1.static.flickr.com/92/209748475_e49b3b38a5.jpg?v=0

    In beiden Fällen, und das war mir neu, handelt es sich bei den aktuellen Neuschöpfungen schon um die jeweils zweite Kopie. Wie aus einem Artikel der SZ vom 28.04.1999 zu erfahren war, wurden die originalen Figuren des Hofbildhauers Conrad Max Süßner bereits „um die Jahrhundertwende (d.h. um 1900) abgenommen und durch Kopien ersetzt“. Die oben von mir akzentuierte Bildunterschrift: „Aufnahme vor 1901“ ist also vermutlich so zu deuten, dass dort das Portal im Zustand vor dem Austausch der Plastiken abgebildet ist (ganz sicher aber vor der Renovierung der Fassade). Wenn man extra betont: *aufgenommen vor 1901*, kann das ja wohl nur heißen, dass vor 1901 in diesem Bildausschnitt irgendetwas „anders“ war als nach 1901. Zur Erinnerung: Bis 1901 lief der große Schlossumbau durch Dunger und Fröhlich. Der Ersatz der Skulpturen könnte zu den abschließenden Feinschliffmaßnahmen gehört haben – im Sinne der „Verschönerung“ des Schlosses, denn konservatorische Gründe spielten bei diesem konkreten Ersatz offenbar keine Rolle, da zumindest die abgenommene Herkules-Plastik auch bloß wieder im Freien aufgestellt wurde. In dem SZ-Artikel vom April 1999 heißt es dazu:
    „Der originale Herkules fand im Hof der Hochschule für Bildende Künste in einer Nische einen neuen Standort. Dort wurde eigens für sie ein kleiner Teich angelegt, damit sie gebührend zur Wirkung kam.“


    Bildquelle: Das Dresdner Schloss – Monument sächsischer Geschichte und Kultur, 1989

    Die voranstehende Fotoaufnahme von 1987 macht zweierlei deutlich:
    1. Der originale Herkules hatte an seinem zweiten Aufstellungsort die Bombennacht leidlich überlebt.
    2. Der Zustand der Plastik hatte sich in den Jahren aufgrund von Witterungseinflüssen doch ziemlich verschlechtert. Im oben genannten Artikel heißt es dazu: „Dessen steinernes Gesicht wurde bis zur Unkenntlichkeit ausgelöscht, der prächtige Bart zerfiel.“

    1998 wurde die Herkules-Skulptur (das Original aus dem Hof der Hochschule) geborgen und zunächst in eine Restaurierungswerkstatt gebracht. Die SZ dazu: „Die Hochschule sollte für die Originalfigur die erste Kopie, die freilich erst noch konserviert und ergänzt werden muß, erhalten.“
    Auch die erste Kopie des Herkules, die in der Bombennacht auf dem Portal stand, hatte also überlebt. Zur Minerva sind die Formulierungen in dem Artikel etwas schwammig formuliert. Ich habe aber zumindest als sicher entnommen, dass auch die orinale Minerva noch existiert und sich zur Zeit im Jägerhof befindet. Zum Schicksal der ersten Minerva-Kopie sind die Aussagen, wie gesagt, nicht ganz eindeutig. Aber nach dem Zustand des Postaments im obigen Ruinenbild dürfte diese Plastik bei der Bombardierung wohl ziemlich stark beschädigt worden sein.


    Nun zur Schlosskapelle. Am 04.11.1998 erschien in der SZ ein Artikel von Reinhard Delau mit dem Titel:
    „Im großen Capell wird bald Theater gespielt“
    (Capell = historische Bezeichnung aus dem 16. Jhd. für die Schlosskapelle)

    Anlass des Artikels waren die damals laufenden Bauarbeiten in der Kapelle zur baulichen Vorbereitung des Raumes als Interimsspielstätte für das „Kleine Haus“, ein Dresdner Theater, das wegen dringender Sanierungsarbeiten für einige Jahre geschlossen werden musste. Man zeigte an (wie gesagt im November 1998), dass „ab 9. Januar in der Kapelle Theater gespielt werden soll, bis die Sanierung des Kleinen Hauses abgeschlossen ist.“
    Weiter hieß es wörtlich:

    Zitat

    Die nächsten Jahre müssen erbringen, ob sich die Dresdner Denkmalpfleger durchsetzen. Ihr Konzept, das Innere des Hauses aus der Schützzeit zu rekonstruieren, ist stark umstritten. Die "Museumskonzeption Dresden" sieht "im Inneren keinen Zwang zu einer Rekonstruktion".

    Bis hierher nichts Neues, das ist ja der seit Mitte der 1990er Jahre – dank Herrn Jaeger und Co. – in der Schwebe befindliche Stand. Nur wenige Wochen später (am 22.12.1998) wusste die gleiche Zeitung allerdings zu berichten:

    Zitat

    Schloßkapelle erhält Renaissance-Orgel
    Von Ingrid Roßki

    Die Verehrer Alter Musik haben allen Grund zur Freude. Ihr Wunsch nach einer Schütz-Gedenkstätte in der evangelischen Schloßkapelle wird sich erfüllen. In der einstigen Wirkungsstätte von Heinrich Schütz soll auch die Gottfried-Fritzsche-Orgel von 1612 wieder erklingen. "Für ihren Nachbau gibt es bereits einen privaten Sponsor", sagte Hartmut Häckel, Pressesprecher im Ministerium für Wissenschaft und Kunst. "Zunächst nutzt das Staatsschauspiel ab Januar den Raum anstelle des Kleinen Hauses für vier bis fünf Jahre. Danach entsteht die Schütz-Kapelle wieder mit der Fritzsche-Orgel." Bereits 1991 übergab die Kammermusik der Staatskapelle Dresden eine Spende für den Bau des Instrumentes.

    *Danach entsteht die Schütz-Kapelle wieder mit der Fritzsche-Orgel.*
    Das war laut Formulierung im SZ-Artikel kein Zweckoptimismus, geäußert von einem der Schützverehrer, sondern ein wörtliches Zitat von jemanden, der im vorliegenden Zusammenhang als hochoffiziell einzustufen ist, immerhin der Pressesprecher des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst.

    Zitat

    Artikelauszug weiter:

    Alles spricht dafür, die Schloßkapelle so zu bauen, wie sie im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts bestand. Zu dem Ergebnis kam ein Kolloquium zu historischen Musikinstrumenten in Dresden und zur Fritzsche-Orgel in der Schloßkapelle, veranstaltet vom Institut für Kunst- und Musikwissenschaft der TU….

    Die Renaissance-Orgel von Gottfried Fritzsche läßt sich nach Meinung des Orgelexperten Prof. Frank-Harald Greß zu 80 Prozent original nachbauen. Auf dem Reißbrett hat Orgelbauer Horst Jehmlich die Orgelfront gemeinsam mit dem Orgelexperten Greß bereits rekonstruiert. Das ist umso verdienstvoller, weil in der mitteldeutschen Orgellandschaft kein größeres mehrmanualiges Instrument aus dieser Zeit erhalten blieb.

    …Auch architektonisch wäre es möglich, diesen Renaissance-Kirchenraum wiederherzustellen. "Man hätte einen Konzertsaal für alte Musik, man hätte ein Architekturdenkmal der Spätrenaissance", so Greß. Der Raum würde in den Museumsrundgang im Schloß eingebunden. "Er wird in Dresden gebraucht. Wir haben keinen Kammermusikraum dieser Art in der Stadt." Von der Dresdner Fritzsche-Orgel existieren nur Abbildungen und Aufzeichnungen über Umbauten. Aber in der Kirche von Harbke, einem Nachbarort von Helmstedt, gibt es ein originales Instrument des Meisters. Dort war zu DDR-Zeiten strenges Sperrgebiet. Keiner hat sich an dem Instrument vergriffen. Jetzt gestattet es den Musikwissenschaftlern und Orgelbauern wichtige Erkenntnisse über die Arbeitsweise Gottfried Fritzsches und damit Hinweise über das Werk in der Schloßkapelle. Der aus Meißen stammende Fritzsche war kurfürstlich-sächsischer Hoforgelbauer gewesen wie später Gottfried Silbermann. Er baute große, eigenwillig gestaltete Instrumente. Die Pfeifen ordnete er nicht nur neben-, sondern auch hintereinander an. Vor die silbernen Prospektpfeiffen hatte er vergoldete Trompetenpfeiffen gestellt. Allein vom äußeren Bild eine Attraktion….

    Nochmal das wichtige Zitat des Pressesprechers:
    „Danach (Anm.:also nach Auszug des Theaters) entsteht die Schütz-Kapelle wieder mit der Fritzsche-Orgel."
    Das Theater ist aber längst ausgezogen. Wieso schreiben Syndram/Ufer mit Stand Mitte 2006 dann aber, dass die Schlosskapelle eine schlicht-moderne Ausstattung erhalten soll? Was ist mit dem privaten Spender?

    Fazit: Das Schloss bleibt spannend.

    Es wird langsam ernst mit einem weiteren Reko-Highlight barocker Innenräume (nach dem historischen Grünen Gewölbe). Die DNN melden heute:

    Zitat

    Landesbibliothek digitalisiert historische Dias vom Dresden-Schloss

    Dresden. Die Sächsische Landesbibliothek digitalisiert derzeit historische Farbdias aus den Jahren 1943 bis 1945 für die Rekonstruktion der Paradezimmer des Dresdner Schlosses. Beteiligt an dem Projekt sind nach Angaben der Einrichtung vom Montag die Deutsche Fotothek und das Zentralinstitut für Kunstgeschichte München. Die Aufnahmen wurden kurz vor der Zerstörung des Residenzschlosses im Zweiten Weltkrieg erstellt. Sie werden im Farbdiaarchiv zur Wand- und Deckenmalerei in München und Marburg aufbewahrt...

    Der ganze Artikel:
    http://www.dnn.de/aktuell/content/28769.html

    Diese Digitalisierung ist eine wichtige Vorarbeit für die Wiederherstellung in situ (zur maßgerechten, räumlichen Projektion auf die jeweiligen - teilweise gewölbten - Wand-/Deckenflächen).
    In der schon mehrfach zitierten filmischen Dokumentation hatte man eines dieser Farbdias mit dem Deckengemälde (Herkules besiegt das Laster) schon mal in den dazugehörigen Raum gezaubert:

    Bildquelle:
    Filmische Dokumentation (VHS)
    „Das Dresdner Schloss – Monument Sächsischer Geschichte und Kultur; Von der Ruine zum Richtfest“; herausgegeben vom sächsischen Ministerium für Finanzen

    Pressemitteilung des Sächsischen Finanzministeriums von heute:

    Zitat


    Baubeginn für hochwassersicheres Depot im Albertinum

    Unter Leitung des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) haben die Bauarbeiten für das hochwassersichere Depot im Albertinum begonnen. Nach Einbau eines Gerüstes im Innenhof erfolgt jetzt die Montage der Träger für den Stahlbau.
    Ziel ist die Errichtung hochwassergeschützter, zentraler Depot- und Werkstattflächen für die Staatlichen Kunstsammlungen. Das Berliner Büro Staab Architekten gewann den Architektenwettbewerb für das neue Zentraldepot. Es wird wie eine Arche in 12 m Höhe über dem Innenhof des Albertinum entstehen. Diese Arche ist als eine Art raumhaltiges Dach konzipiert. Durch die zweigeschossige Überdachung des Innenhofes findet dort zudem ein Foyerbereich mit Kasse und Garderobe Platz. Außerdem werden die schon bestehenden Depots saniert. In den Neubau sowie die Sanierung der Depots investiert der Freistaat Sachsen 20,5 Millionen Euro.
    Von Septemer 2004 bis August 2006 erfolgte bereits die Sanierung der Fassaden und der Fenster. Ab Juli 2007 schließt sich die Sanierung der Ausstellungsflächen des Albertinum an.
    Der Abschluss der Baumaßnahmen ist für Ende 2008 vorgesehen. Insgesamt investiert der Freistaat Sachsen 36 Millionen Euro in das Albertinum.

    Und dazu auch ein Beitrag des Lokalfernsehens:
    http://www.dresden-fernsehen.de/default.aspx?I…ews=85238#video

    Wichtige Nachricht für alle schloss-interessierten Dresdner und Randdresdner. Am 11. Juni lädt der Schütz-Verein zu einem Vortrag über die Schlosskapelle ein. Sehr zu empfehlen angesichts dieses Referenten:

    11. Juni 2007 in der Schlosskapelle im Residenzschloss
    18.30 Uhr: Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Magirius, öffentlicher Vortrag mit Lichtbildern zur Geschichte der Schlosskapelle (freier Eintritt)

    Die Vortragsdauer dürfte „gnadenlos“ auf eine Stunde begrenzt sein, da sich 19.30 Uhr die Mitgliederversammlung des Vereins anschließt (gleiche Örtlichkeit). Magirius wird es sich vermutlich nicht nehmen lassen, auch über die Gründe zu sprechen, warum die Nachwende-Bauherren von dem ehemals angedachten, maßgeblich von ihm mit entworfenem Reko-Vorhaben erst einmal Abstand genommen haben und wie er die weiteren Chancen sieht.


    Die Ziele des Dresdner Heinrich-Schütz-Vereins

    Zitat

    (Quelle HP):

    Dresden besitzt keine originalen Erinnerungsstätten an Heinrich Schütz, der hier zwischen 1615 und 1672 als kurfürstlicher Kapellmeister gewirkt und weit über die Elbestadt hinaus Spuren hinterlassen hat: als erster deutscher Komponist von europäischer Bedeutung.
    1672 starb Heinrich Schütz und wurde in der alten Frauenkirche (Anm.: Vorgängerbau der Bährschen Kirche) beigesetzt. Die Nachwelt bezeichnete ihn als seines Jahrhunderts bedeutendsten Musiker, ja als „Zierde Deutschlands“.
    Das Erinnern an diesen großen Komponisten macht sich der Verein "Heinrich Schütz in Dresden e.V." zur Aufgabe. So regte er in Zusammenarbeit mit der Stiftung Frauenkirche die Gedenktafel an. Er setzt sich für die Rekonstruktion der Schlosskapelle als Wirkungsort des Hofkapellmeisters wie für den Nachbau der dortigen Fritzsche-Orgel ein, unterstützt eine Dauerausstellung zu Leben und Werk im neu zu errichtenden Schütz-Haus am Neumarkt und veranstaltet Konzerte wie Vorträge.

    Und noch ein Vorblick auf eine weitere Veranstaltung des Vereins (Kammermusik und Vortrag von Prof. Greß über die Rekonstruktion der Fritzsche-Orgel):

    Zur Fritzsche-Orgel noch folgende Anmerkungen.
    Diese Renaissance-Orgel des berühmten Orgelbauers Fritzsche wurde 1612/14 in der Schlosskapelle Dresden eingebaut. 1737 – aufgrund der Auflösung der Schlosskapelle – wurde die Orgel in die damals neu gebaute Friedrichstädter Pfarrkirche (nach Umbenennung seit 1883 Matthäuskirche) umgesetzt. Der Bau wird übrigens Pöppelmann zugeschrieben, dort liegt auch seine Gruft. 1768 erhielt die Kirche auch den ursprünglich aus der alten Frauenkirche! (Vorgängerbau der Bährschen Kirche) stammenden Altar, der bis dahin seit Abbruch der alten Frauenkirche in der Annenkirche gestanden hatte. Der Altar wurde mit der gesamten barocken Innenraumgestaltung der Matthäuskirche in der Bombennacht vernichtet. Die Orgel hatte man aber vermutlichl schon viele Jahre vor dem Krieg ersetzt. Ob noch Teile existieren, ist mir nicht bekannt. Aber das kann man sicher bei diesem Greß-Vortrag am 6. November erfahren.


    Mathias
    Vielen Dank für Deine Ergänzungen. Ich hatte früher immer gedacht, dass es den besagten Musikern bei den Reko-Bestrebungen um die Aura eines – in mehrdeutigen Sinne – heiligen Ortes geht. Aber es geht natürlich auch um die Akkustik. Dieser Gesichtspunkt trug ja auch wesentlich zu der Entscheidung bei, die Semperoper im Innern weitgehend originalgetreu wieder aufzubauen.

    Zitat von "Restitutor Orbis"

    Es sind übrigens auch weiterhin alle eingeladen, unter http://forum.dnn-online.de/showthread.php?t=52&page=3\r
    forum.dnn-online.de/showthread.php?t=52&page=3 mitzudiskutieren, besonders wenn man dort Beiträge wie den folgenden liest:


    :augenrollen:

    Besonders lesenswert sind dort die Beiträge dieses Herrn Peter Schewe (siehe Zitat von Restitutor). So heißt übrigens der Landesvorsitzende (für das Land Sachsen) des Bundes Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure. Es könnte natürlich theoretisch sein, dass sich jemand nur so genannt hat, aber ich denke, das passt schon zusammen (oben genannte Verbands-Funktion und die Statements im DNN-Forum). Was ist das nur für eine arrogante, abgehobene Truppe. Ich musste immer wieder an Mjölnirs Report von der ersten Podiumsdiskussion denken (von Mitte Mai), wo er diesen Klüngel so treffend beschreibt.

    Exilwiener
    Meine volle Zustimmung – zu jedem einzelnen Satz.

    Im voran gegangenen ersten Beitrag zur Schlosskapelle war die Episode von der „konspirativen“ Pfeilerstabilisierung (März 1965) geschildert worden, mit der die drohende Einsturzgefahr der Südwand abgewendet werden konnte und hier möchte heute ich mit Teil 2 anschließen. Der Zerstörungsgrad im Nordwestflügel des Schlosses kurz nach der Bombardierung stellte sich ähnlich dar wie im nordöstlichen Trakt: Die Zwischendecken bis einschließlich der Trennebene 1./2. OG waren durchgebrochen. Im Februar 1966 stürzten dann auch die Erdgeschossgewölbe im Bereich der Schlosskapelle ein – der besagte Pfeiler jedoch hielt und mit ihm die Südwand der Kapelle – mehr als 20 Jahre. Eine kurze Zustandsbeschreibung für die Situation kurz nach der Bombennacht führt aus, dass im gesamten Schloss alle Kellergewölbe erhalten blieben, allerdings wird – in der betreffenden Quelle - allein das Kellergewölbe unterhalb der ehemaligen Schlosskapelle als sehr schwer brandgeschädigt bewertet. Dabei dürfte es sich um Gemäuer aus der Mitte des 16. Jahrhunderts handeln, denn der westlich des Hausmannsturmes befindliche Teil des Nordflügels (mit dem Bereich Schlosskapelle) entstand als „Neubau“-trakt bei der großen Schlosserweiterung unter Kurfürst Moritz.
    Wie bereits in Teil 1 erwähnt, musste die Südwand aus statischen Gründen im Rahmen des Wiederaufbaus abgebrochen werden. Das nächste Foto veranschaulicht die begonnenen Arbeiten im Inneren des Raumes, erste Schalbretter für die Emporenpfeiler sind montiert. Der Kameramann blickte in Richtung Osten auf die Westwand des Hausmannsturmes. Die Aufnahme dürfte entweder 1987 oder spätestens 1988 entstanden sein.


    Bildquelle: Nr. A (Angabe am Schluss)

    Der Rohbau der Schützkapelle war so etwas wie ein Lehrobjekt (Lehrlingsausbildung), hier ging es daher ziemlich gemächlich voran, wobei anzumerken ist, dass der Baufortschritt aus wirtschaftlichen Gründen ab 1988 insgesamt ziemlich ins Stocken geraten war. Die folgende Aufnahme ist zeitlich nach dem Oktober 1988 einzuordnen (weil der nordwestliche Eckturm bereits seine Haube hat), vermutlich wurden die Szenen in der ersten Jahreshälfte 1989 gedreht. Der Blick geht in Richtung Westen, die hier schon wieder aufgebaute Südwand liegt links im Bild, hinter ihr sieht man den nordwestlichen Wendelstein (noch ohne Haube) – dies nur zur Orientierung.


    Bildquelle: Nr. A

    Das nächste Bild zeigt die rohbaufertige Kapelle und damit den Zustand, wie sich der Raum weitgehend auch heute noch darstellt. Unmittelbar oberhalb der hier ersichtlichen Raumdecke befindet sich der Propositionssaal. Dieser Saal im 2. OG konnte erstmalig im Oktober 1991 öffentlich besichtigt werden, der Rohbau im Bereich Schlosskapelle war im April 1991 abgeschlossen.


    Bildquelle: Nr. A

    Fortsetzen möchte ich mit einigen Ausführungen zur Bauhistorie der Innengestaltung, das ist wichtig für das Verständnis der ehemals geplanten Rekonstruktion.

    Zitat

    Kurzer Auszug aus: Heinrich Magirius: Die Hofkapelle

    Im Schlossentwurf von 1549 wies man der Kapelle ihren Raum im Nordflügel zwischen Hausmannsturm und Westflügel zu, beschränkte seine Höhe aber im Unterschied zu der dreigeschossigen Torgauer Kapelle (Anm. 1) auf zwei Geschosse. Der Grund dafür ist leicht einzusehen: Man wollte die Folge repräsentativer Räume im zweiten Obergeschoss durch die Kapelle nicht unterbrechen (Anm. 2). Auffällig an der Baugeschichte ist, dass man sich mit dem Innenausbau der Kapelle Zeit gelassen hat. Erst nach der Fertigstellung des Erweiterungsbaus im Äußeren 1551 ging man an den Innenausbau.
    …1554 wurde am Altar gearbeitet und die Kapelle bereits genutzt, aber wahrscheinlich erst 1555 geweiht.
    …Der zweigeschossige Saal von 13 Meter Breite war durch Wandpfeiler in vier Joche unterteilt und nur 19 m lang. Im Westen war er um das Tiefenmaß der Herrschaftsempore von drei Metern und im Osten um reichlich 5 Meter oberhalb des erdgeschossigen Sakristeianbaus erweitert.
    …In Emporenhöhe ermöglichten Öffnungen in den Wandpfeilern einen Rundgang. Im Widerspruch zur Wandarchitektur (Anm.: kraftvolle Renaissanceformen) war das Rippennetz, das alle Raumteile in einer dichten und reichen Figuration überzog (Anm.: Schlangen, die von Engeln „gefangen“ geführt wurden), spätgotischen Traditionen verpflichtet.
    …In diesem Raum formierte sich der Klangkörper der Hofkapelle, der Vorläufer der heutigen staatskapelle, hier wirkten viele bedeutende Hofkapellmeister, unter ihnen Heinrich Schütz, der bedeutendste deutsche Komponist des 17. Jhd.
    …Schütz war es, der seinen Einfluss auf die Erneuerung des Raumes 1661/62 dahingehend geltend machte, dass vor dem Orgelchor eine Holzempore auf roten Marmorsäulen errichtet wurde, die mit ihren Dockenbrüstungen beiderseitig in den Raum vorschwang. Darauf fanden zwei Orgelpositive Platz. …Die große Orgel mit ihrem reichen Prospekt und bemalten Flügeltüren war schon 1612/14 gebaut worden.


    Anm. 1:
    Die Torgauer Kapelle, wenige Jahre vor der Dresdner erbaut und geweiht von Luther persönlich, war der erste protestantische Kirchenneubau in Deutschland und galt als bauliches Vorbild für die Hofkapelle des sächsischen Kurfürsten.

    Anm. 2:
    Das 2. OG war seit Erstehung des Moritzbaues traditionell die „Repräsentations- und Festetage“.

    Bei dem Umbau 1662 war auch ein neuer Altar aufgestellt worden. Der erste Altar (der mit dem mysteriösen Nachkriegsschicksal) wurde in die Schlosskapelle Torgau umgesetzt.
    1737 kam es aus den bekannten Gründen (das sächsische Herrscherhaus war zum Katholizismus übergetreten) zur Auflösung der Hofkapelle, die danach völlig umgebaut wurde. Ihr zweite Altar gelangte in die Dresdner Sophienkirche.

    Zu vorhandenen Originalstücken schreibt Magirius (gleiche Quelle wie oben):

    Zitat

    Aus der Ruine des Turmes der Sophienkirche wurden 1962 (Anm.: Notbergung kurz vor der Sprengung) zwei wertvolle Altarbehänge geborgen, die wohl aus der Hofkapelle stammen. Im Zuge des Wiederaufbaus des Schlosses wurden Reste der Rippen und Teile von den Schlangenleibern, die am Gewölbe angebracht waren, gefunden.

    Die Innenansicht der Hofkapelle im Zustand nach dem Umbau von 1662 ist durch 2 historische Abbildungen überliefert (jeweils Blick von Westen):


    Bildquelle: bildindex der Kunst und Architektur

    Ich empfehle hierzu unbedingt die vergrößerte Ansicht:
    http://www.bildindex.de/bilder/MI09542g09a.jpg

    Bildbeschreibung:
    Im Vordergrund um das Notenpult Heinrich Schütz im Kreise seiner Kantorei, im Hintergrund oben die beiden Musikeremporen und die große Renaissance-Orgel von Gottfried Frizsche aus dem Jahr 1612.

    Die zweite historische Darstellung stammt aus dem 18. Jahrhundert:


    Bildquelle: bildindex der Kunst und Architektur


    Kommen wir nun zu den ehemals bestehenden Rekonstruktionsabsichten. In der offiziellen Verlautbarung las sich das so:

    Zitat

    Quelle: Baubroschüre – Das Dresdner Schloss / Sicherung der Bausubstanz
    herausgegeben vom VEB Gesellschaftsbau

    Sowohl aus der Bausubstanz des Schlosses, der denkmalpflegerischen Zielstellung als auch der Nutzungskonzeption ist ablesbar,
    - […],
    - dass die denkmalpflegerische Zielstellung sowohl den Wiederaufbau der Baufassung vor der Zerstörung 1945 als auch die Wiedererrichtung im 19. Jahrhundert nicht mehr vorhandener, baugeschichtlich bedeutsamer Räume, wie z.B. des Riesensaal und der Schützkapelle, beinhaltet, deren Rekonstruktion aufgrund vorhandener Dokumente und weniger Befunde am Bau möglich ist, ohne die Identität im Detail zu erreichen,
    - […].

    Zum gleichen Thema die Ausführungen der Dresdner Denkmalpfleger:

    Zitat

    Quelle: Denkmalpflegerische Aspekte bei der Sicherung des Dresdner Schlosses, abgedruckt in: Mitteilungen des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen, Sonderheft 1997
    (offenbar ein Nachdruck, der Artikel muss schon in den 1980er Jahren geschrieben worden sein)

    Die Schlosskapelle war zunächst aus denkmalpflegerischer Sicht nur als Raumvolumen wiederherzustellen beabsichtigt. Die Forderung der Musikwelt (Anm.: dazu komme ich noch) nach einem Kammermusiksaal, den räumlichen und akustischen Bedingungen, unter denen Heinrich Schütz einen wesentlichen Teil seines geistigen Werkes aufgeführt hat, führten zu dem Versuch, die Kapelle als Innenraum von 1556 wiedererstehen zu lassen. Im Sinne eines Abbildes wird dies, gestützt auf drei Aufmassgrundrisse kurz vor dem Abbruch 1737, zwei historische Innenraumdarstellungen, das große Schlossmodell (Anm.: dies ein historisches Modell) und wenige archäologische Anhaltspunkte bis auf die Gewölbe annähernd gelingen. Die Gewölbe sind wahrscheinlich nur als Analogien möglich.

    Die folgende Abbildung zeigt ein Baumodell (so etwa sollte es werden), das aus den 1980er Jahren stammt:


    Bildquelle: Nr. B

    Eine Schnittdarstellung aus den Projektierungsunterlagen:


    Bildquelle: Nr. B

    Und hier noch eine Detaildarstellung des Baumodells (mit den von Magirius beschriebenen Säulen der Musikempore):


    Bildquelle: Nr. A


    Aufgrund heftigster Disneylandvorwürfe ab Mitte der 1990er Jahre wurde das Reko-Vorhaben erst mal – wohl für lange Zeit – auf Eis gelegt. Gemäß Syndram soll die Schlosskapelle nach den aktuellen Planungen eine schlicht-moderne Innengestaltung erhalten. Aber die oben genannte „Musikwelt“ hat nicht aufgegeben und kämpft weiter. Zum Beispiel fand im Jahr 2000 in der Kapelle eine Veranstaltung statt, die von namhaften Kammermusikern und Musikexperten organisiert worden war und im Programm wie folgt beschrieben wurde (neben 2 Fachvorträgen von Magirius und Greß, dem „Orgelpapst“ – letzteres keinesfalls spöttisch gemeint) gab es natürlich auch Kammermusik an diesem Abend:

    Zitat

    Eine Veranstaltung im Juni 2000 zur Vergangenheit und Zukunft der alten evangelischen Schlosskapelle

    Bereits seit den frühen achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts (Anm.: =seit den frühen 1980er Jahren) besteht der Plan, beim Wiederaufbau des Residenzschlosses den Bauzustand des Nordflügels vor der Aufhebung der evangelischen Schlosskapelle im Jahr 1737 mit der Renaissance-Orgel Gottfried Fritzsches von 1612 und den beiden Musikeremporen zu rekonstruieren.
    Anliegen der Veranstaltung war es, über die Bedeutung dieses Projektes und die Möglichkeit seiner Realisierung zu informieren.

    Die Herrschaften sind nach wie vor aktiv und haben mittlerweile auch eine Homepage zum Thema Schützkapelle (hatte Harmonica mal verlinkt). Der interessanteste Teil davon ist leider noch „in Bearbeitung“.
    Immerhin - der Rohbau war nach der alten Planung erfolgt, so dass für eine spätere Rekonstruktion in dieser Hinsicht keine Hindernisse bestehen (anders als beim Riesensaal).


    Bildquellen:

    A. Filmische Dokumentation (VHS)
    „Das Dresdner Schloss – Monument Sächsischer Geschichte und Kultur; Von der Ruine zum Richtfest“; herausgegeben vom sächsischen Ministerium für Finanzen

    B. Baubroschüre 1989
    „Das Dresdner Schloss – Sicherung der Bausubstanz“, herausgegeben vom VEB Gesellschaftsbau Dresden

    Zitat von "saibo"

    Weiss jemand was heute in Dresden los ist? Habe gerade auf der Webcam gesehen, dass vor der Frauenkirche eine große Openair-Bühne aufgebaut wurde.

    Ab 11.00 Uhr fand ein Festgottesdienst unter freiem Himmel statt.

    Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, wir sollten zur Meinungsäußerung jede Plattform nutzen, die die Dresdner erreicht:

    Umfrage beim Lokalfernsehen:
    Dies ist der aktuelle Stand von heute früh (in Klammern jeweils die Werte von Samstag Abend):

    Teilnehmer: 373 (228)
    Der moderne Entwurf sollte verwirklicht werden: 12% (12%)
    Die Fläche sollte freibleiben: 58% (57%)
    Bloß nicht! Keine modernen Bauten am Neumarkt: 25% (26%)
    Ist mir egal: 5% (5%)

    Der Link:
    http://www.dresden-fernsehen.de/default.aspx?I…&showNews=82537
    Übrigens können dort auch Meinungen gepostet werden.

    DNN-Leserforum
    Youngwoerth hat im Forum der DNN (online-Version) eine Diskussion eröffnet, bei aber bislang das "Meinungsbild" verzerrt ist.
    http://www.dnn.de
    dort im Menüfeld Forum

    Die Kostenangabe von 700.000 € für die Ausgrabungen auf der Gewandhausfläche kommt mir ebenfalls sehr „abenteuerlich“ vor. Ich habe mal die diesbezügliche Position aus dem Sächsischen Haushaltsplan (Einzelplan 14) für das Schloss rausgesucht:
    Ostflügel, archäologische Grabungen: abgerechnet 375.100 €

    Die Grabungsfläche „Ostflügel Schloss“ ist etwas kleiner als das betreffende Areal des Gewandhauses – Dies aber nur, wenn man den Bereich der Englischen Treppe „weglässt“. (Dieser Bereich wurde bereits in einer der früheren Ausgrabungskampagnen untersucht, wie umfassend und ob 2003 dann noch einmal tiefgründig - weiß ich nicht).
    ABER: Die archäologischen Arbeiten im Ostflügel erfolgten definitiv vor Beginn der Bauarbeiten, die 2004 begonnen worden sind. Und damit dürften die Feldarbeiten hier doch spürbar teurer gewesen sein als im Bereich Gewandhaus. Dazu muss man sich nur mal die Gegebenheiten verdeutlichen (Ausführung innerhalb einer Ruine, wenn man hier die Keller frei schachtet, macht das spezielle Sicherungsmaßnahmen erforderlich):

    Ostflügel Schloss (Gotische Halle)
    http://www.neumarkt-dresden.de/schloss/images…02-gewoelbe.jpg
    http://www.neumarkt-dresden.de/schloss/images…ss/gewoelbe.jpg

    Gewandhaus
    http://www.neumarkt-dresden.de/baubilder/bild…der-03-07/4.jpg

    Ich konstatiere:
    Bei der Maßnahme Ostflügel war vermutlich eine etwas kleinere Grabungsfläche abzuarbeiten, es lagen aber erheblich schwierigere und damit kostenerhöhende Vor-Ort-Bedingungen für die Feldarbeiten vor (Transportlogistik zum Wegschaffen der ausgeräumten Erde, erschwerter Einsatz von Technik etc.). Wie kommen dann die Profis von Wessels auf eine erheblich größere Summe – im Vergleich mit den Untersuchungen am Ostflügel?