Posts by singa

    Diese Überbürokratisierung in Deutschland ist einfach nur schrecklich.

    Überbürokratisierung ist eins, aber im Ahrtal schlägt noch die deutsche Vollkaskomentalität voll durch. Alles muss jetzt zu hundert Prozent flutsicher gebaut werden. Neue Brücken (z.B. in Laach, Reimerzhoven) werden mit einer Höhe von 6,50m über dem Fluss geplant, so dass sie auch die am Fluss verlaufende Bundesstraße überspannen müssen. Diese Brücken würden einer vergleichbaren Flut standhalten, dass das Tal bei einer neuerlichen Flut vergleichbaren Ausmaßes trotzdem total am A... wäre, bleibt vollkommen unberücksichtigt.

    Es gibt ein positives Beispiel, das ist die Ahrtalbahn. Da muss man wirklich sagen, die Bahn klotzt richtig ran. Der Wiederaufbau läuft bereits und soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein (einschließlich Elektrifizierung, teilweise zweigleisigem Ausbau und Umrüstung auf ein elektronisches Stellwerk). Das geht nur, weil auf ein Planfeststellungsverfahren in diesem Falle verzichtet wurde.

    Ansonsten wird viel blockiert. Das betrifft Campingplätze, Sportanlagen, den Radweg entlang der Ahr usw. und damit auch wichtige touristische Infrastruktur. Selbst der provisorische Wiederaufbau ist nicht möglich. Alles muss neu geplant und gedacht, mit Gutachten belegt werden. Bürokratie und verkopftes Denken überall. Jeder will mitreden (und mitverdienen). Das Tal wird meiner Meinung nach total kaputt geplant. Die historische Kulturlandschaft und Bausubstanz bleiben dabei auf der Strecke.

    Ein Beispiel: der Fußballplatz in Dernau direkt an der Ahr könnte längst wiederaufgebaut sein. Wird er aber nicht, weil nach neuer Definition bei einer künftigen Überflutung keine Mittel zur Instandsetzung fließen würden. Also wurde ein neuer Standort gesucht: nach mehreren Anläufen hat man jetzt einen Standort in den Hängen oberhalb von Marienthal gefunden. Jeder, der die Gegend kennt, weiß: dort gibt es nur Wein und Wald. Für die Kulturlandschaft eine Katastrophe. Und bis wieder Fußball gespielt werden kann, dauert es wohl noch Jahre (auf dem alten Fußballplatz entsteht übrigens ein Kleinspielfeld). Weil aber z.B. die Campingplätze oder die private Tennisanlage in Altenahr nicht einfach in die Berge verlegt werden können, sieht es mit dem Wiederaufbau düster aus. Und dieses Problem betrifft jede öffentliche und private Infrastruktur am Flußlauf.

    Das Ergebnis ist, dass Gastronomiebetriebe bereits schließen, weil sich der Betrieb aufgrund ausbleibender Gäste nicht lohnt. Urlauber kommen nur noch für zwei Tage, statt wie früher für eine Woche oder länger, weil alles kaputt ist und die Infrastruktur fehlt. Tagesgäste bleiben wegen hoher Spritpreise und Inflation fern. Insgesamt kein guter Ausblick für die Ahr.

    Kaum kommt jemand und möchte aus einer Ruine wieder einen schönen Ort machen, kommen irgendwelche Personen die meinen querschießen zu müssen. In diesem Fall hat sich eine Gruppe der „näheren und ferneren Nachbarschaft der Waldburg“ (NaWa Remagen) gebildet, die in einem offenen Brief an die Remagener Stadtratsfraktionen bzw. den Ortsbeirat die vorgenommenen Rodungen kritisiert.

    Verwendet werden die üblichen Floskeln. In dem Brief ist von „Entsetzen über die sofort in Angriff genommene Zerstörung von Waldfläche“ bzw. „Schnell-Rodungen“ die Rede, die Fällungen seien „offenbar ohne jegliche Prüfung erfolgt, ob sich dort über die Jahrzehnte eine schützenswerte Biodiversität entwickelt hat“. Die Politiker werden nach ihrer Position zum Erhalt und der Pflege des stadtnahen Waldgebietes inklusive Waldburg (ja, die Waldburg wurde offenkundig stets super gepflegt :rolleyes:) gefragt, „um dieses [...] als Klimaschutzwald geltende Gelände als wichtigen CO2-Speicher zu schützen“. Auch sorgt man sich in dem Brief um die „erwartbare extreme (Verkehrs-) Mehrbelastung für AnwohnerInnen“ (darum geht es wohl v.a.).

    Asbeck selbst sagt, er habe 14 Kopfkastanien (auf der Ausflugsterrasse) durch eine Fachfirma „zum richtigen Zeitpunkt ordnungsgemäß“ zurückschneiden lassen. Der Remagener Bauamtschef bestätigt das. Asbeck habe außerdem einige Bäume fällen lassen, um Müll zu entsorgen. Der Rückschnitt sei rechtlich nicht zu beanstanden. Laut Asbeck wurden auch im Innern der Ruine Bäume entfernt, die sowohl die Bausubstanz bedrohten als auch Spaziergänger gefährdeten. Er sei der Pflicht zur Verkehrssicherung nachgekommen.

    Quelle: Bonner General-Anzeiger (€)

    Schade, dass einige Leute nicht sagen können, „wir freuen uns, aber wir haben Angst vor Verkehr, bitte macht ein vernünftiges Verkehrskonzept".

    Nochmal zurück zur Bornheimer Str. 20-22 (Kneipe "Bla" und Nachbargebäude).

    Neben dem "Bla" stand früher noch ein Gründerzeitler, der erst nach dem Bau des Stadthauses abgebrochen wurde, also um 1980. Genau weiß ich das nicht, aber es gibt Bilder von dem Gebäude hier auf der Homepage des "Bla". Ich stelle sie auch nochmal als Deeplink ein:

    Vermutlich 1960er Jahre

    Die Häuser hinten in der Franzstraße wurden wenige Jahre später für den Bau des Stadthauses abgerissen.

    Anfang der 1970er Jahre

    Inzwischen hat der Kfz-Verkehr deutlich zugenommen und das Straßenmobiliar wurde modernisiert.

    Mitte der 1970er Jahre

    Kurz darauf während der Bauzeit des Stadthauses (1973-1978). Die Häuser, die im ersten Bild noch zu sehen sind, sind verschwunden.

    Ich vermute, dass es auch Pläne zum Abriss des Eckhauses gab, die dann aber zum Glück nicht umgesetzt wurden.

    Waldburg-Ruine

    Mal - vielleicht - gute Nachrichten: der Bonner Unternehmer Frank Asbeck (Solarworld) hat vor wenigen Tagen die Waldburg oberhalb von Remagen, ein seit 1970 geschlossenes ehemaliges Hotel und Ausflugslokal, ersteigert. Das einst wunderschöne romantische Gebäude ist mittlerweile durch Verfall und Vandalismus leider nur noch eine Ruine und gilt als 'lost place'. Teile der Anlage hatten bis 2009 unter Denkmalschutz gestanden, wurden dann aber wegen des Verfalls aus der Denkmalliste gestrichen.

    Jetzt gibt es Hoffnung auf einen zumindest teilweisen Erhalt. Laut Bonner GA (€) hat es Asbeck "vor allem der herrliche Turm an der Waldburg" angetan. Den gelte es zu erhalten. Ohnehin wolle der Unternehmer von der Substanz retten, was zu retten sei. Ob das gelingt? Die Stadt Remagen plant den geltenden Bebauungsplan aufzuheben und das Areal der Natur zurückzugeben. Hoffentlich findet man da zusammen.

    Asbeck ist auch Eigentümer des Schlosses Marienfels in Remagen (Vorbesitzer war Thomas Gottschalk) und war zwischenzeitlich auch Eigentümer des Burghofes im Siebengebirge.

    Bilderstrecke im GA

    Zur Geschichte der Waldburg (PDF)

    rottenplaces.de/

    verliebtinkoeln.com/

    Quote from "Palantir"

    Weiß jemand, ob man überhaupt neu bauen müsste?

    Es müsste neu gebaut werden.


    Quote from "Booni"

    Ein Abriss macht aber nur Sinn, wenn hinterher der historische Straßenverlauf wieder zurückkommt und kleinteiligere Bebauung entsteht - und wenn im Bundesviertel kein ebenso brutalistischer Bau entstehen wird.

    Der historische Straßenverlauf kann nicht zurückkommen, weil dem die nach dem Krieg geschaffene Verkehrsachse Berliner Platz - Oxfordstraße - Bertha-von-Suttner-Platz entgegensteht. Städtebauliche oder architektonische Qualität sollte man von einer Neugestaltung ohnehin nicht erwarten, Neubauten in der Bonner Innenstadt bewegen sich in der Regel in einem Spektrum zwischen grauenhaft und noch grauenhafter.

    Im Bundesviertel würde das Stadthaus kaum stören.

    Die Region Peking gehört wie Shanghai oder Guangzhou zu den absoluten Wirtschaftszentren des Landes. Man merkt das an einer unvergleichlichen baulichen Dynamik, Armut gibt es natürlich in Form von Bettlern, Tagelöhnern und auch heruntergekommenen Stadtvierteln, aber andererseits sprießen die Hochhäuser, Stadtautobahnen, Einkaufszentren etc. nur so aus dem Boden. Man spürt den neuen Reichtum überall.

    Die Hochhausviertel sind generell Wohngebiete der Mittelschicht.

    @ Stefan

    ich will mich besser nicht über die politisch Verantwortlichen auslassen. :zwinkern:

    Ich denke aber nicht, dass Betonbauweise, Flachdächer, Fassadenverdoppelung usw. an Quartier III eine Forderung der Gestaltungskommission war?! Ich habe leider nicht erlebt, dass die Rekofreunde sich mit der gleichen Vehemenz gegen die unselige Fassadenverdoppelung eingesetzt hätten, wie sie sich gegen den Böttcherbau engagiert haben. Um nur mal ein Beispiel zu nennen. Das macht sie unglaubwürdig und angreifbar. Schönheit, in diesem Forum über alles zum Wertmaßstab erhoben, lässt sich nunmal nicht quantifizieren. Also muss man anders argumentieren. Und sich gleichzeitig öffnen. Wer sich in seiner subjektiven Meinung unnachgiebig zeigt und keine andere neben sich duldet, braucht sich nicht zu wundern, wenn diese Haltung auf ihn selbst zurückfällt. Ich will den Rekofreunden aber zubilligen, dass die sture und überhebliche Position von Architekten, Stadtplanern und politisch Verantwortlichen ihrerseits militante Gegenreaktionen provoziert. Ich halte es aber für schädlich, sich auf dasselbe Niveau herabzulassen. Diese Situation gegenseitiger Unnachgiebigkeit hat zu der sich abzeichnenden schlechten Entwicklung des Neumarkt-Wiederaufbaus geführt, die ich einfach nicht als Erfolg feiern mag. Ich würde übrigens sehr gerne mehr gelungene Füllbauten sehen, die regionale Bauformen aufgreifen, ohne sich in freier Interpretation auf konkrete Gebäude zu beziehen. Hierzu wäre eine verbindliche Gestaltungssatzung natürlich hilfreich gewesen. Was die Baywobau dagegen veranstaltet zieht die ganze Rekonstrultionsbewegung ins Lächerliche. Das Argument pro Rekonstruktion, einen historischen Stadtraum wiederzugewinnen, wird völlig entwertet. Auch wenn es weh tut, aber wir nähern uns immer mehr dem an, was als billige Schaukulisse für Touristen bezeichnet werden kann.

    @ Booni

    stimme dir voll und ganz zu. Vor allem führen ahistorische Veränderungen - aber auch die Betonbauweise und ähnliche Abweichungen vom Original - viele gute Argumente pro Rekonstruktion, also etwa vergangene Epochen erlebbar zu machen und somit der Rückgewinn eines Stückes Geschichte und Identität, ad absurdum und spielen den Gegnern von Rekonstruktionen in die Hände. Mit dem oberflächlichen "Hauptsache schön" schneiden sich die Rekofreunde letztlich ins eigene Fleisch. Sehr gut hat sich das zum Beispiel in der Frankfurter Debatte um den Wiederaufbau der dortigen Altstadt gezeigt, wo Dresden als abschreckendes Beispiel wahrgenommen und die Position pro Wiederaufbau somit geschwächt wurde.

    Quote

    Und tatsächlich: früher hatte das Köhlersche Haus nur 8 Achsen in der Schumachergasse, jetzt bekommt es satte 15 Achsen!

    Ich denke, es waren auch früher schon mehr als acht Achsen. Auf dem historischen Foto kann man acht Gauben in der obersten Reihe erkennen, wie auf der Rekonstruktionszeichnung. Darunter sind Gauben in dichterem Abstand zu erkennen, die m.E. Rückschlüsse auf die Zahl der Achsen zulassen. Folglich gehe ich davon aus, dass zumindest beim Wiederaufbau von Schütz- und Köhlerschem Haus hier weitgehend löblich gearbeitet wird.

    Ich kann mich den skeptischen Stimmen nur anschließen. Dietze wird doch vor allem wieder billig bauen bei maximaler Flächenausnutzung, d.h. Betonfertigteile, Flachdächer etc. An einige Fassaden werden wieder Barockfassaden angepappt, mehr oder weniger vorbildgetreu; alles wie bei Quartier IV schon gehabt. Die Füllbauten werden offenbar genauso schlecht wie die meisten dieser Gattung bisher, unpassende Materialwahl, modernistische Sperenzchen wie bunte Fensterscheiben usw. sind zu erwarten. Dazu noch ein gläserner Hofeingang. Da passt nach meiner Meinung nichts so richtig zusammen. Wichtiger als auf möglichst viele "Rekos" zu drängen wäre m.E., ein einheitliches harmonisches Erscheinungsbild anzustreben, zumal die meisten "Rekos" diese Bezeichnung nicht verdienen. Deshalb lieber weniger davon. Die Spiegelung der Eckfassade stört das ursprünglich dort vorhandene kleinteilige Erscheinungsbild und führt dazu, dass eine Gesamtwirkung des Platzes entsteht, die es nie gegeben hat. Alle guten Argumente für echte Rekonstruktionen, die Rückgewinnung geschichtlicher Tiefe, historischer Raumwirkung, traditioneller Baukunst etc. wird ad absurdum geführt. Gerade diese Argumente beruhen auf Fakten, gegenüber subjektiven Empfindungen wie dem Gefühl der "Schönheit". Was schön ist und was nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Und somit leistet Quartier III dem Entzug der Argumentationsbasis der GHND und aller Befürworter eines historischen Erscheinungsbildes Vorschub. Es entsteht eine beliebige Fassadenmischung für alle Geschmäcker, austauschbar, ohne tieferen Bezug. Heute Barock oder Glas, morgen vielleicht Dekonstruktivismus, übermorgen irgendwas anderes... Fassaden als belanglose Insignien der modernen Wegwerfgesellschaft. Genau das und nichts anderes verkörpert Quartier III in einer mustergültigen Weise.

    Aktualisierung

    Gespendet haben:

    Harmonica 25 €
    Philon 50 €
    Oliver 10 €
    baukunst-nbg 200 €
    BautzenFan 50 €
    Norimbergus 100 €
    Antiquitus 75 €
    Schloßgespenst 10 €
    Sauerländer 50 €
    Novaearion 10 €
    Mathias 50 €
    spacecowboy 50 €
    Exilwiener 20 €
    singa 20 €
    ----------------------
    Summe: 720 €


    Weitere Zusagen:

    Pilaster 100 €
    Restitutor Orbis 150 €
    sonicted 20 €
    Däne 40 €
    Johan 20 €
    meb 10-15 €

    Schade, dass sich hier alle Welt nur über den Böttcher-Entwurf auslässt! Berechtigterweise zwar, das muss angesichts der banalen Architektur nicht diskutiert werden, allerdings ist der gespiegelte Bau "Neumarkt 4" in diesem Ensemble nicht weniger störend. Auch wenn der vielleicht "schön" sein mag und sich besser einfügend, steht er doch sinnbildhaft für Eines, die Beliebigkeit der Bebauung: alles ist möglich, es gibt keine Regeln!

    Insofern wäre es genauso wichtig, endlich stärker auf die handwerklich und gestalterisch exakte Wiederherstellung der Leitbauten zu achten, andernfalls wird der Neumarkt endgültig zum Jahrmarkt , zwischen abgedroschenster Moderne und Pseudobarock! Den Begriff Disneyland wagt man kaum in den Mund zu nehmen, dennoch ist er hier absolut passend, werden doch lediglich billige Kitschkulissen für die Touristen errichtet. Mit Städtebau hat das alles nichts mehr zu tun.

    Diejenigen, die immer lauthals jubilierten angesichts der pseudobarocken "Pracht" und jeden leisen Anflug von Skepsis an dieser Art der "Rekonstruktion" brüsk als die nicht ernstzunehmende Meinung von Minderbemittelten abtaten (siehe ein paar Beiträge zuvor Schloßgespenst), sollten sich einmal fragen, ob sie mit ihrer eigenen Oberflächlichkeit nicht zu solchen Ergebnissen wie dem Böttcher-Entwurf beitragen. Eigentlich passt diese gläsern-stählernde Provinzmoderne ganz gut zum kitschigen Plastikbarock rundum.