Posts by Ostsiedler87

    Ich kann tegula nur beipflichten. Die Kieler Innenstadt ist ein ziemlich hoffnungsloser Fall. Altbausubstanz ist kaum noch vorhanden und konzentriert sich auf die Dänische Straße. Das Rathaus und das Opernhaus leiden jeweils ein wenig unter dem vereinfachten Dach nach offensichtlichen Kriegsschäden. Dieses historische Ensemble birgt damit noch das größte Potenzial.

    Ansonsten leidet die verunstaltete Stadt neben der grässlichen Nachkriegsarchitektur auch an ihren Leerständen und der Ungepflegtheit des öffentlichen Raums. Die Holstenstraße als wichtigste Einkaufsstraße ist einfach nur zum Vergessen. Der Kleine Kiel Kanal war eine große und umstrittene Investition, die aber kaum zur Aufwertung der Innenstadt beigetragen hat, zumal dort viel Beton und billige Oberflächen verbaut wurden. Das Wasser der Förde zieht die Menschen natürlich an, aber sie ist leider industriell geprägt. Potenzial hat sicherlich die Kiellinie, die die nächsten Jahre umgebaut werden soll. Doch die befindet sich außerhalb der Innenstadt.

    Für eine der letzten Brachflächen der Altstadt, das in unmittelbarer Umgebung des Wenigemarkts gelegene Quartier an der Kürschnergasse, hat es einen Architektenwettbewerb gegeben:

    https://architekten-thueringen.de/aktuell/n/___w…furt-24673.html

    Natürlich hat mal wieder ein moderner Entwurf gewonnen. Bei mir meilenweit gewonnen hätte der dritte Platz von Eingartner Khorrami Architekten - ein schöner traditioneller Entwurf, der den Genius Loci aufgreift. Leider wieder eine verpasste Chance, ähnlich wie beim Neubau neben dem Dom.

    Ich scheine erhört worden zu sein: Offenbar hat sich der Investor für den von mir ebenfalls favorisierten dritten Platz von Eingartner Khorrami Architekten entschieden (siehe hier).

    Damit bleibt Erfurt in der Nähe der Krämerbrücke ein modernistischer Entwurf erspart. Stattdessen entstehen an der Kürschnergasse drei kleine erfurttypische Altstadthäuser und ein klassizistisch anmutender Kopfbau, den die Fachjury so kritisiert hatte ? Jetzt dürfen wir gespannt sein, wie die Neubauten am Ende tatsächlich wirken. Derzeit bearbeiten wohl die Archäologen das Quartier.

    In der Nähe vom Hauptbahnhof wird am Schmidtstedter Ufer als Eingang in die sog. ICE-City ein Hochhaus für ein Vier-Sterne-Hotel der Atlantic-Gruppe entstehen (später soll auch auf der gegenüberliegenden Seite des Flutgrabens an der Stauffenbergallee ein zweites, noch größeres Hochhaus gebaut werden).

    Gestern wurde der Sieger des Architektenwettbewerbs gekrönt. Gewonnen hat der Entwurf des Wiener Büros Delugan Meissl. Hier eine Visualisierung, mehr Bilder folgen sicherlich in den nächsten Tagen auf den bekannten Plattformen.

    Auf dem ersten Blick handelt es sich um eine banale Glaskiste. Auf dem zweiten Blick sieht man, dass es ein Holzbau werden soll, der das Motiv des örtlichen Fachwerkstils, der Thüringer Leiter, aufgreifen soll. Die Architekten sollen sich von der Krämerbrücke inspiriert haben. Die großzügige Treppe soll zudem an die Erfurter Domstufen erinnern.

    Es wird also ein moderner Bau entstehen, der aber historische, ortstypische Gestaltungselemente aufgreift. An sich also ein ganz sympathischer Ansatz. Ob die Holzkonstruktion brandschutzrechtlich machbar ist, wird sich aber erst noch zeigen müssen. Man darf auf die weitere Planung und natürlich Ausführung gespannt sein. In zwei Jahren soll schon Baustart sein.

    Ob und wie sehr das Hochhaus das mittelalterliche Stadtbild beeinträchtigen wird, vermag ich nicht zu sagen. Übrigens entstehen auch am nördlichen Juri-Gagarin-Ring in noch größerer Nähe zum Altstadtkern zwei Hochhäuser (siehe hier), die meines Wissens bereits im Bau sind.

    Ich muss noch einmal meinem Ärger über die Juryentscheidung für die Wiederbebauung im Bereich der Kürschnergasse Luft verschaffen:

    Beim hervorragenden dritten Platz von Eingartner Khorrami wird kaum etwas bemängelt, außer: „Die klassizistisch anmutende Fassadengestaltung des neuen Kopfbaues wird jedoch kritisch hinterfragt.“ Eine nähere Begründung halten diese Modernisten offenbar nicht für erforderlich. Jedenfalls wird eine Überarbeitung des Entwurfs gefordert, um die Fassade in eine „zeitgemäße Architektursprache“ zu übersetzen.

    Was habe ich diese Phrasen satt! Vom modernistischen Wettbewerbssieger, der wenigstens mit seiner Kleinteiligkeit und seinem Detailreichtum punkten kann, wird übrigens eine „Reduzierung der Fassadenelemente“ gefordert.

    Was für eine katastrophale Jury! Das Büro einer der Fachpreisrichter, Frau Osterwold, zeichnet sich übrigens für den Neubau neben dem Dom (Domstraße/An den Graden) verantwortlich. Passt irgendwie ins Gesamtbild.

    Einfach alles sehr, sehr ärgerlich. Erfurt bleibt eine schöne Stadt, aber die wenigen Baulücken könnten viel besser und harmonischer geschlossen werden. Leider setzt die Stadt konsequent auf moderne Entwürfe, um einen Kontrapunkt zu setzen. Das Denkmalschutzamt schweigt.

    Weitere Quellen:
    https://www.wettbewerbe-aktuell.de/ergebnis/wohne…e-erfurt-110496
    https://www.competitionline.com/de/beitraege/180724

    Für eine der letzten Brachflächen der Altstadt, das in unmittelbarer Umgebung des Wenigemarkts gelegene Quartier an der Kürschnergasse, hat es einen Architektenwettbewerb gegeben:

    https://architekten-thueringen.de/aktuell/n/___w…furt-24673.html

    Natürlich hat mal wieder ein moderner Entwurf gewonnen. Bei mir meilenweit gewonnen hätte der dritte Platz von Eingartner Khorrami Architekten - ein schöner traditioneller Entwurf, der den Genius Loci aufgreift. Leider wieder eine verpasste Chance, ähnlich wie beim Neubau neben dem Dom.

    Woher kommt das? Allgemeines Desinteresse oder Filz?


    Vermutlich reine Ideologie. Ich zitiere mal aus meinem Beitrag in diesem Strang vom 12.06.2017:

    Quote from Ostsiedler87

    Das Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung strebt bei Neubauten auch in sensibleren Bereichen oftmals ein "einheitliches und zeitgemäßes Erscheinungsbild" an, das sich "als ablesbares Zeugnis der heutigen Entstehungsperiode darstellt und sich deutlich von der umgebenden Bestandsbebauung abhebt"

    Mit dem Quartier am Georgsturm wird eine der letzten großen Brachen in der Altstadt bebaut. Das Projekt sieht vielversprechend aus. Man muss wissen, dass in Erfurt die wenigen Baulücken generell modern und nicht historisierend geschlossen werden - wir können froh über jedes Satteldach sein, das es beim riesigen Neubauquartier neben dem Dom leider nicht gegeben hat.

    Danke für die erste Einschätzung! Wobei GRZ und GFZ ja Gegenstände des Bauplanungsrechtes und insofern Bundessache sind, während die Landesbauordnungen dem Bauordnungsrecht zuzurechnen sind.

    Wo hakt es ggf. beim Bauordnungsrecht? Hier könnte ich, wie gesagt, kurzfristig noch Vorschläge in einen LBO-Reformprozess einspeisen. Und wo schon Bundesrecht angesprochen wird: Geht die 2017 eingeführte Kategorie „Urbanes Gebiet“ in der Baunutzungsverordnung nicht schon in die richtige Richtung?

    Ich weiß ja, dass es vor allem darauf ankommt, die Öffentlichkeit für die Schönheit und Machbarkeit klassischen Bauens empfänglich zu machen. Aber wenn es (städtebaulich) auch an rechtlichen Rahmenbedingungen hapern sollte und nicht nur am Können und Wollen von Architekten und Kommunen (was natürlich das Hauptproblem darstellt), wäre es enorm hilfreich, wenn Stadtbild Deutschland e.V. auch hier Forderungen formulieren könnte, um Verbesserungen zu ermöglichen. Aber ich weiß selbstverständlich um die begrenzten Ressourcen des Vereins.

    Ich arbeite für eine Landtagsfraktion und wäre tatsächlich dankbar für Hinweise, wo genau in den Landesbauordnungen der Schuh drückt. Wo bestehen z.B. Hindernisse für eine geschlossene, parzellierte Blockrandbebauung? Müsste etwas an den Abstandsflächenregelungen geändert werden oder wäre der Hebel woanders anzusetzen?

    Ich bin leider kein Bauexperte, sondern nur architekturinteressiert. Ich hätte aber eventuell die Möglichkeit, Anregungen direkt ans zuständige Landesministerium weiterzuleiten. Für Hinweise und Reformvorschläge - gerne auch per PN - wäre ich dankbar!

    Ja, Lückenschlüsse im Blockrand gibt es selbstverständlich. Es geht mir aber vielmehr um die Planung neuer Quartiere oder gar Stadtteile. Wer wäre eurer Meinung nach für eine politische Diskussionsveranstaltung geeignet, in der man über die Mängel der gegenwärtigen Stadtplanung und über etwaige Hindernisse im Baurecht für neues "gründerzeitliches" Bauen sprechen könnte? Und könnte man vielleicht nicht auch eine Verbindung zum sozialen Wohnungsbau der 1920er/1930er Jahre herstellen, als man ebenfalls noch verstand, durchaus ansprechende und zeitlose Quartiere ohne hohen Kostenaufwand herzustellen?

    Welche Personen oder Institutionen wären geeignete Ansprechpartner? Hintergrund ist die Tatsache, dass derzeit eine verstärkte Bautätigkeit und zugleich ein großes Unbehagen großer Bevölkerungsteile an der heutigen Baukultur festzustellen ist. Ich möchte noch nicht mehr verraten, aber es bestünde die Möglichkeit, eine öffentliche Veranstaltung durchzuführen, in der man darüber spricht, was auf baurechtlichem und stadtplanerischem Gebiet zu tun wäre, um die Schaffung von ansprechendem und günstigem Wohnraum zu ermöglichen bzw. zu forcieren (es geht also nicht um das Thema Rekonstruktionen, aber durchaus um die Rückbesinnung auf die zeitlosen Grundsätze traditionellen Städtebaus).

    Im Feuilleton der WELT (Ausgabe vom 15.08.2018) bin ich auf einen Artikel gestoßen, in dem der Autor am Ende mit Blick auf die Qualität gründerzeitlicher Viertel fragt: "Warum können wir nicht einfach wieder genau solche Stadtteile bauen?"

    Der Architekt Hans Kollhoff antwortet: "Ich sage Ihnen: Nach den heutigen Vorschriften, heutigen Flächennutzungsplänen, Abstandsregeln und Brandschutzverordnungen wäre der erneute Bau solcher Quartiere schwierig bis unmöglich. Es ist ein Witz: Ganz offensichtlich lieben die Menschen solche Quartiere, aber sie werden nicht mehr gebaut."

    Aus gegebenem Anlass suche ich Ansprechpartner zum obigen Sachverhalt. Natürlich liegt es auch am Unwillen der Architekten und Städteplaner, dass gründerzeitliche Strukturen (die geschlossene, parzellierte Blockrandbebauung) nicht wieder neu entstehen. Aber welche weiteren Hürden gibt es im Baurecht oder auch woanders, die einer neuen "Gründerzeit" im Städtebau entgegenstehen? Wer würde sich, außer Herr Kollhoff, ebenfalls für eine Diskussionsveranstaltung o.ä. anbieten? Ich bitte um Vorschläge, gerne auch als PN.

    Möglicherweise eignet sich auch ein Vertreter des Projekts Werkbundstadt in Berlin, das städtebaulich m.E. in die richtige Richtung weist, aber wohl durch ebenjenes Baurecht ein wenig ausgebremst wird. Vielen Dank im Voraus!

    Die Altstadt dürfte mittlerweile fast durchsaniert sein. In den letzten Jahren hat sich einiges getan, vor allem in der Johannes- und Andreasstraße.

    Restliche Brachflächen werden demnächst wiederbebaut, insbesondere der Bereich Weiße Gasse/Georgsgasse im Andreasviertel. Wie es mit der ruinösen Ecke Kürschnergasse/Rupprechtsgasse derzeit ausschaut, weiß ich nicht. Ein aktuelles Bauprojekt befindet sich in der Franckestraße am äußeren Rand der Altstadt zum Juri-Gagarin-Ring.

    Die Michaelisstraße 7 samt Innenhof dürfte erst kürzlich saniert worden sein. Im Hinterhof des Hauses zum Breiten Herd am Fischmarkt, rechts vom Barockpalais, könnten zudem Abriss- und Neubauarbeiten der Handwerkskammer im Gange sein.

    Fast vergessen: Auf dem nördlichen Vorfeld des Petersberges haben die Johanniter mit ihrem Projekt „AndreasGärten“ begonnen. Dadurch wird eine große Fläche, die bisher aus Beton und alten DDR-Baracken bestand, aufgewertet. Umgesetzt wird ein Entwurf von Heine Mildner Architekten aus Dresden.

    Natürlich ist die gesamte Altstadt ein Erlebnis, aber neben den bekannten Sehenswürdigkeiten (wie Anger, Fischmarkt, Wenigemarkt, Augustinerkloster, Krämerbrücke, Alte Synagoge, Domplatz und Petersberg) kann ich besonders das idyllische Viertel hinter der Krämerbrücke entlang der Gera empfehlen.

    Weniger bekannt, weil sehr versteckt ist auch das hübsche Kartäuserkloster an der Kartäuserstraße etwas außerhalb der Altstadt, hinter dem Juri-Gagarin-Ring. Schöne Gründerzeithäuser im Grünen befinden sich am Flutgraben (z.B. Löberwallgraben, Elisabeth- und Pförtchenstraße).

    Bildtechnisch interessant (vieles ist ja hier schon dokumentiert) fände ich den riesigen und leider modernistischen Neubaukomplex am südlichen Domplatz (Ecke Domstraße/An den Graden), der im Rohbau schon stehen sollte und wo vielleicht auch schon die Klinkerfassade fertiggestellt ist. Interessant ist das Projekt im Hinblick auf Raumwirkung und Materialität in direkter Nachbarschaft zum Dom.

    Schönen Aufenthalt in Erfurt!

    Erfurts Altstadt ist mittlerweile so gut wie durchsaniert und weist eine in weiten Teilen geschlossene, historisch gewachsene Bebauung auf. Trotzdem gibt es noch manche Brachflächen und einige Lücken, die zunehmend bebaut werden. Auch wenn das Stadtbild durch die Neubauten nicht akut bedroht sein mag, finde ich einige Entscheidungen des Amtes für Stadtentwicklung und Stadtplanung fragwürdig.

    Als größte Gefahr sehe ich die auch in Erfurt um sich greifende Flachdacheritis. Ich habe mich deshalb am Wochenende mit folgender Nachricht an die Erfurter Stadtratsfraktionen gewandt (Oberbürgermeister, das zuständige Dezernat und die Lokalpresse in CC). Auch wenn ich mir dadurch nicht viel ausrechne, sollten wir doch alle bemüht sein, mit den Verantwortlichen den Kontakt zu suchen und konstruktive Kritik zu äußern. Bürgerpflicht erfüllt.

    Danke für die Vergleichsbilder! Die Fassade soll in den nächsten Wochen wohl noch eine Farbauffrischung erhalten - der Rest soll bleiben. Auch ich frage mich, wie das Denkmalschutzamt hier zustimmen konnte - das muss wohl am Bauherrn liegen. Der Vorzustand war jedenfalls deutlich harmonischer, insbesondere die scheußliche Tür verhunzt alles. Zum Glück richtet sich das Auge des Betrachters vor allem auf die oberen Stockwerke, aber das darf keine Entschuldigung sein!

    Zum Petersberg: Tatsächlich gibt es im Rahmen der Bundesgartenschau 2021 Überlegungen, die Türme der Peterskirche nachzubilden. Allerdings denken die Befürworter an eine moderne Interpretation und lehnen eine Rekonstruktion leider ab, während die Stadt diesem Projekt generell keine Priorität beimisst (hier nachzulesen).

    Für das Dach der Defensionskaserne scheint sich übrigens die CDU einzusetzen. So hat der Haushaltsausschuss des Bundes Fördermittel von 580.000 Euro für eine Dachsanierung bewilligt, ohne dass die Mittel offenbar von der Stadt beantragt worden waren. Die öffentliche Reaktion der Stadt auf dieses Geschenk war sehr verhalten, klar - man will ja schließlich ein supermodernes Glasdach haben! Hoffentlich geht das Ganze noch gut aus...

    Tja, Erfurt will eben neuerdings auch ganz "progressiv" sein!

    Das hat übrigens schon das Haus zum Roten Ochsen am Fischmarkt zu spüren bekommen, eines der schönsten Renaissancebauten Deutschlands, das seit einigen Jahrzehnten die Kunsthalle Erfurt beherbergt und zuletzt saniert wurde. Dabei wurde die Erdgeschosszone durch die Neugestaltung des Eingangsbereichs und den Einbau einer Billig-Tür leider völlig verschandelt - siehe hier.

    Laut TA "sieht Kulturdirektor Tobias Knoblich (den Eingangsbereich) deutlich aufgewertet. Alles Abweisende des früheren Eingangs sei beseitigt, der neue komme transparent, hell und luftig daher." Was für ein Geschwurbel!

    Um auf die Defensionskaserne zurückzukommen - das Dach ist einfach überwältigend und stadtbildprägend, ganz nebenbei auch Hauptbestandteil des Gebäudes. Man müsste mal eine Fotomontage öffentlich zur Diskussion stellen, auf der die Kaserne ohne Dach zu sehen ist - und dann hoffen, dass die Bürger gegen die Pläne ihrer Stadt auf die Barrikaden gehen.

    Der Abriss von innerstädtischen Plattenbauten ist in einer wachsenden Stadt wie Erfurt leider utopisch. Insofern ist ein weiteres Hochhaus am (nördlichen) Juri-Gagarin-Ring zwar nicht schön, aber verschmerzbar. Dieser Bereich liegt außerhalb der Altstadt und mir fehlt ein bisschen Phantasie für z.B. gründerzeitliche Strukturen in dieser Ecke. Dass die Hochhaus-Entwürfe trotzdem hübscher sein dürfen, ist auch wieder wahr.

    Für einen echten Missstand halte ich dagegen die Brachen rund um den (vor einigen Jahren erweiterten) Hirschgarten. Vor allem Richtung Süden klafft eine riesiges "Loch", das den Blick freigibt auf wirklich hässliche Plattenbauten entlang des südlichen Juri-Gagarin-Rings. Hier wäre wirklich Stadtreparatur angesagt und soweit ich weiß, soll die Fläche tatsächlich bebaut werden - allerdings mit einem Parkhaus samt Supermarkt. Ich ahne Schlimmes, das könnte eine scheußliche Flachdachkiste werden.

    Apropos Flachdach: Das Projekt "Wohnen am Dom" ärgert mich ebenfalls sehr, weil hier eine große Chance vertan wurde. Das Flachdach selbst ist einerseits zwar etwas weniger schlimm, weil sich auf der anderen Straßenseite die Kavaten des Doms befinden, die nach oben hin flach ausgebildet sind und höhenmäßig auch nicht vom Neubaukomplex übertroffen werden. Trotzdem wäre ein anständiges Dach eigentlich ein Muss gewesen, allein wegen der Wahrnehmbarkeit vom Domplatz aus.
    Der von Neußer verlinkte Entwurf von Müller/Reimann wäre toll gewesen, zumal hier auch die Straße An den Graden eine altstädtische Anmutung erhalten hätte. Aber dieser Entwurf war schlichtweg politisch nicht gewollt und wir können auch nur spekulieren, wie die Ausführungsqualität ausgesehen hätte.

    Einige Meter weiter, am Mainzerhofplatz gegenüber vom Theater, wird übrigens ab Frühjahr 2017 eine Lücke bebaut. Über den soliden Entwurf kann man eigentlich nicht meckern: http://www.klausschlosserarchitekten.com/eckhaus-mainzerhofplatz/

    Zufällig entdeckt: Bereits vor drei Jahren wurde ein klassizistischer Neubau namens "Stadtpalais" am Carl-Hermann-Gosling-Platz in der Weststadt fertiggestellt: http://www.noz.de/lokales/osnabr…lery&0&0&426492

    Auf dem ersten Blick ist der Neubau von einem sanierten Altbau kaum zu unterscheiden. Respekt! Solche Beispiele sollten noch mehr Schule machen, zeigt sich doch, dass sich selbst in eher mittelmäßigen Städten wie Osnabrück zeitlos und schön bauen lässt.

    Das Brühl ist halt geprägt von Neubauten, die seit der Jahrtausendwende auf einer riesigen Industriebrache entstanden sind. Dafür ist das Viertel sogar relativ gelungen. Natürlich hat man diese Glaskästen und 2000er-Investorenarchitektur. Andererseits hat man auch wertvolle Altbauten erhalten und integrieren können.

    Von den Kubaturen her passen Alt und Neu ganz gut zusammen. Das moderne Brühl bildet insgesamt einen strengen Gegensatz zur kleinteiligen Altstadt, der aber nicht störend ist, weil es sich eben um einen ganz anderen Stadtraum handelt.

    Insbesondere auch durch die jüngsten, architektonisch teils gar nicht so schlechten Neubauten entlang der Maximilian-Welsch-Straße ist hier die Reurbanisierung, zumindest räumlich, ganz gut gelungen.

    Eine architektonische Katastrophe sind für mich weniger die Büro- und Hotelbauten hinter dem Dom als vielmehr die grässlichen Wohnneubauten im Bereich der Kupferhammermühlgasse (hinter dem Theater und neben der Martinskirche). Zum Glück sind diese Bauten "nur" von der Bonemilchstraße aus gut einsehbar und ansonsten eher versteckt.