Beiträge von Nibelgauer

    Kleiner Tipp, wer sich nicht siebeneinhalb Stunden der Veranstaltung durchschauen möchte: Der Vortrag von Prof. Tubbesing (5:25:39). Er leitet sehr schlüssig her, warum eine Neubebauung des Molkenmarktes sich (zwar nicht durchgehend, aber immerhin in Teilen) einfach an den seit dem Mittelalter überkommenen Stadtstrukturen orientieren MUSS. Das macht definitiv gute Laune - allein schon wg. den vielen schönen Beispielen, die er an die Wand wirft (von Münster, über Dresden, über Frankfurt - bis Lübeck).

    Eher demotivierend dagegen die anschließende Podiums-Diskussion, wo Hr. Kühne, der wohl an verantwortlicher Stelle in dem Planungsprozess viel zu sagen hat, ausführt (über 20 Min.?) warum das ganze Projekt von vorne bis hinten ganz vielen Zwängen unterliegt - nicht zuletzt wg. dem Gott-gegebenen Fakt, dass offenbar v.a. öffentliche Wohnungsbauträger hier zum Zug kommen sollen - obwohl sie (so sehe ich die Quintessenz seiner Ausführungen) keine Ahnung haben, wie man städtebaulich anspruchsvoll baut ...

    Hm ... Ich denke, wir überschätzen hier möglicherweise ein bisschen die Bedeutung, die die Verantwortlichen vor Ort, dem Wert unserer geliebten Schlossfassaden zubilligen. Ich kann's nicht beschwören, vermute aber, dass diese Fort-Knox-würdige Überwachung weniger zum Graffiti-Schutz als viel mehr zum Schutz der Ausstellungsstücke IM Gebäude aufgestellt wurde .... Schließlich sind das Objekte von z. T. unschätzbarem Wert - und ggf. will man v.a. vermeiden, dass da ähnliches wie in Dresden passiert ... oder wie nicht weit weg mit der ehemals größten Goldmünze der Welt, die dort entwendet und wenig später eingeschmolzen wurde - auch weil dort vermutlich zu wenig Kameras aufgestellt waren ...

    Zitat

    Das Humboldt Forum in den Händen von Reaktionären und Planlosen

    Zitat

    Das Humboldt Forum im Berliner Schloss, immerhin das aktuell wichtigste deutsche Kulturprojekt, hat mit seinen Geldgebern zu kämpfen. Darunter: AFDler und Neo-Nazis

    Wow … Allein schon Überschrift und Teaser bei dem Artikel im Standard sind ein Knaller. In der Stiftung Humboldt-Forum arbeiten einige renommierte Kultur-Institutionen zusammen, u.a. die SPK, die Humboldt-Uni, das Ethnologische Museum, die Stiftung Humboldt-Forum … usw. Die Akteure dieser Einrichtungen begreifen sich explizit als weltoffen, fortschrittlich und alles andere als (extrem) rechtsstehend … Diese versammelte Mannschaft mal so eben als „reaktionär“ und „planlos“ zu beschimpfen ist schon ein starkes Stück.

    Ich denke, diese Herr-/Frauschaften sind entsprechend ihres Selbstbilds alle naturgemäß hoch empfindsam, was Kuppelspruch, Kuppelkreuz, Bödecker-Engagement usw. angeht – und zucken entsprechend sofort zurück, wenn irgendjemand in diese Kerbe haut. Angesichts solcher Artikel könnte ich mir aber nun gut vorstellen, dass denen nun tatsächlich das „Zäpfle steigt“ (wie man bei uns im Schwäbischen sagt) – und der Eindruck wächst, dass da jemand gewaltig überdreht. Mir fehlt die Fantasie, dass die das ernsthaft auf sich beruhen lassen – und vermute, dass entsprechend nun auch sehr ernsthafte Gespräche mit der PR-Abteilung des Hauses darüber geführt werden, wie auf solche unsachliche Gemeinheiten reagiert werden kann …

    Auch der Teaser von dem Artikel ist inhaltlich Stuß: Der Autor möchte auf den Förderverein einprügeln – nennt aber das Humboldt Forum IM Berliner Schloss, das angeblich mit seinen Geldgebern kämpfe. Das HF im Schloss wird doch vom Förderverein gar nicht finanziert …

    Und zuletzt (es gäb ja noch vieles ...): Was soll der Versuch, den Bau des alten Schlosses mit dem Hinweis auf Sklaverei als mutmaßliche Geldquelle zu desavouieren? Auch wenn dieser Vorwurf der Wahrheit entspräche: Würde dies als Messlatte an die Schlossbauten des europäischen Absolutismus angelegt werden, müsste man moralisch jeden dieser Bauten zur Disposition stellen – denn letztlich war ALLES was damals gebaut wurde mit dem gebaut, was auf verschiedenen Wegen irgendwelchen armen Seelen abgepresst wurde … mithin Leibeigenen, deren Lebenssituation sich von echter Sklaverei nur marginal unterschied …

    Ich glaube nicht, dass die trotz Bombenschäden immer noch vorhandenen Stüler'schen Karyatiden wegen Kostenersparnis abgebrochen wurden.

    Das ist ein wichtiger Punkt. Sicherlich nicht, denn soweit ich weiß wurden damals enorme Summen investiert.

    Ein Wiederherstellung wäre sicherlich möglich gewesen - wenn man es gewollt hätte.

    Im Ganzen finde ich die Chipperfieldsche "Teil-Rekonstruktion" gar nicht so schlecht - ehrlich gesagt. Es stimmt schon: Diese uralten Objekte ergeben im Zusammenspiel mit den versehrten Überbleibseln der ursprünglichen Gestaltung (zum Teil) eine eigenartig stimmige Atmosphäre - ganz so als ob das Museum selbst ein archäologisches Ausgrabungsobjekt ist.

    Einerseits. Andererseits ist mir da vieles zu dogmatisch ... Bei mir ist es sicher schon einige Jahre her, dass ich drin war und ich weiß noch, dass ich ständig hin- und hergerissen war, zwischen: "Wow ... Das Ambiente ist einzigartig" und "Mannomann ... Müssen die wirklich jeden Wasserschaden zum bewahrenswerten Heiligtum erklären?" ....

    Ganz übel finde ich tatsächlich den oberen Abschluss des Treppenhauses. Ich kann's zur Not verstehen/nachvollziehen, dass die großformatigen Fresken an den Seitenwänden nicht rekonstruiert wurden. Aber für die Stülersche Konzeption und den räumlichen Gesamteindruck war doch diese abschließende Korenhalle mit den Karyatiden ganz oben enorm wichtig ... Warum um Himmels Willen wurde darauf verzichtet, diese wieder herzustellen?

    Zumal das m. W. ja ohnehin nur Repliken der Originale in Athen waren, die man ohne Probleme relativ einfach nochmals replizieren hätte können ... Aber wenn das stimmt, was 05hamburg schreibt und die Figuren sogar erhalten waren - dann ist das ja noch schwerer nachzuvollziehen!

    Weiß jemand, ob die Figuren irgendwo im Museum aufgestellt sind? Mir sind sie bei meinem Besuch damals nicht aufgefallen ....

    Jedenfalls: An der Stelle fände ich es gut, wenn da mittelfristig nochmals nachgebessert werden könnte ... Im Gesamteindruck würde ich dem Haus dann anstatt einem 50:50 eher ein 70:30 geben .... (dem Haus! Die Ausstellungsobjekte sind natürlich unbestritten absolute Weltklasse ...)

    Zitat von Hr. Lederer (Quelle, Stern) zu dieser Thematik:

    Zitat

    „Es spricht nichts dagegen, dass Menschen, die über Geld verfügen, es auch für gute Zwecke geben. Aber es ist für mich immer noch ein Problem, dass die Situation der Kulturhaushalte in der Bundesrepublik Deutschland so ist, dass vielfach nicht darauf verzichtet werden kann, dass sich private Unternehmen oder auch Einzelpersonen mittels Kultursponsoring auch zu Marketingzwecken im Kulturbereich engagieren, wo die Inanspruchnahme privater Gelder schon eingepreist und vorausgesetzt wird.“

    Kann es sein, dass hier der Kultursenator einer westlichen/europäischen Hauptstadt allen Ernstes implizit verlangt, dass sich private Geldgeber aus der Förderung von (öffentlich wirksamer) Kunst und Kultur heraushalten sollen?

    Ist das nicht ein bissel ... wirklichkeitsfremd?

    Kann es sein, dass er hier außerdem übersieht, dass ganz viele Kulturleistungen der Menschheit ohne privates Mäzenatentum überhaupt nicht zustande gekommen wären? Kann es wirklich sein, dass er nicht versteht, dass es eine Bereicherung ist, wenn Kunst und Kultur nicht nur vom Staat bzw. aus von ihm kontrollierten Fördertöpfen bezahlt werden, da dies zu einer Verbreiterung dessen führt, was Künstler schaffen, wenn sie eben NICHT dem entsprechen müssen, was Kultursenatoren gerade so gut finden ...

    Ojeoje ...

    Insgesamt hab ich den Eindruck, dass einige Dinge in Berlin seit der letzten Wahl in die richtige Richtung gelaufen sind. Aber dass die Linke nach wie vor den Posten des Kultursenators besetzt ist ein Problem ... Wahrscheinlich sieht sich Herr Lederer v.a. als Kämpfer vieler armer "kleiner" Künstler, für deren Finanzierung sich der Staat besser einsetzen sollte ... Ist ja gut. Im Subtext hat das, was er äußert, aber einen staats-dirigistischen, anti-freiheitlichen Grund-Tenor, der mir ziemlich unsymphatisch ist ...

    Ich hab mir die Ausstellung jetzt letzte Woche auch endlich mal anschauen können. Es ist leider wahr: Gebäude und Ausstellungsstücke an sich sind grandios und für sich genommen eindeutig schon eine Berlin-Reise wert – aber die Form der der Präsentation ist außerordentlich schwach – v.a. die 2-3 Räume, in denen die afrikanischen Kunstobjekte präsentiert werden. Aktuell werden die Objekte in dieser Raumfolge als eine Art Beigabe zu einem Museum über deutsche Kolonialverbrechen missbraucht. Dabei kommt keiner auf seine Kosten. Menschen, die die Stücke in ihrer Kunstfertigkeit auf sich wirken lassen wollen, fühlen sich durch diese komischen „Beute-Schaukästen“ und die allgemein lieblose Darstellung irritiert. Menschen, die was über die Hintergründe, die echte Bedeutung des Gezeigten, ihre Einbettung in die Kultur der Herkunftsgesellschaften erfahren wollen, finden dazu wenig bis nix – sofern sie nicht gründlich danach suchen (wer macht das schon?). Und diejenigen, denen noch nicht ausreichend darauf hingewiesen wird, dass das ihrer Einschätzung nach das alles doch ohnehin widerrechtlich ausgestellt, da zusammengeraubt sei, kann man es ohnehin nie recht machen … Unterm Strich: Ich seh’s mal positiv: Da haben die Humboldt-Leute noch riesige Chancen auf Optimierung …und ich zähl einfach darauf, dass sie das in den kommenden Jahren auch noch hinkriegen. Denn so wie es jetzt gemacht ist, ist es so offensichtlicher Krampf, dass sich Verbesserungen geradezu aufdrängen. Die erste Gelegenheit dazu bietet sich, wenn der ganze Ost-Teil des Schlosses ins Museum integriert wird …

    Um es klar zu sagen: Dieser Krampf ist bestimmt nicht deswegen entstanden, weil da „dumme“ Leute am Werk sind … Es ist sicherlich auch dem eigentlich braven Impuls geschuldet, es allen Recht machen zu wollen. Und der durch feuilletonischten Dauerbeschuss ausgelösten enormen Unsicherheit der Museumsmacher, die dort allerorten fühlbar ist … Ich denke, die müssen vielleicht erstmal ein Stückweit zu sich selbst finden, Versagensängste abbauen und eine eigene selbstbewusste Philosophie entwickeln, die sie dann aber auch durchziehen sollten …

    SchortschiBähr: Die alte Calwer Passage aus den 70er Jahren ist denkmalgeschützt und steckt da immer noch drin. Der grässliche Bau drumrum ist weggerissen worden - die tatsächlich erhaltenswerte Passage ist aber "konserviert" worden - und wird "reintegriert". Der Neubau ist ein typisches Stuttgarter Ding ... Das ist irgendwie besser als das was weggerissen wurde- aber leider eben weit unter dem, was tatsächlich möglich wäre und auch nötig wäre um diesen Ort Rotebühlplatz zu einem lebenswerteren Ort zu machen. Die Begrünung an sich finde ich nicht schlecht ... Das macht das Ganze zumindest .... interessant. Wobei es aktuell noch eher traurig ausschaut. Die ersten Bäumchen sind auf dem Bau bereits gepflanzt und es sieht eher so aus als hätten die Bauarbeiter die Richtbäumchen auf dem Dach vergessen ... Ich hoffe, da kommt noch was dazu. Würde mich aber auch nicht wundern, wenn man die Begrünung in 1-2 Jahren wieder abräumt. Es ist ein beliebter Trick bei Stuttgarter Architektur-Wettbewerben, schöne Visualisierungen mit Fassaden-Begrünungen zu machen, um erstmal zu gewinnen und gute Presse zu kriegen - und es dann bei der Realisierung wieder zu streichen, weil es eben technisch doch nicht realisierbar sei ...

    Wie schon mal beschrieben, halte ich die Forderung, die Ausstellungsstücke im Humboldtforum ausführlich zu erklären, für legitim - und m. E. sogar wünschenswert. Es ist doch gut, wenn man erfährt, was diese Dinge ursprünglich für die Menschen, die sie hergestellt haben, bedeutet haben.

    Auch die Geschichten, die dahinter stecken, wie das alles nach Deutschland gekommen ist, halte ich für spannend und lehrreich. Insofern ist im Prinzip völlig in Ordnung was Hr. Aly da fordert. Wenn das was verpasst wurde, kann (sollte) es ergänzt werde

    Ich werde das Gefühl aber nicht los, dass er da immer wieder über seine Rolle als Historiker hinausgeht und einem einen moralischen Kompass an

    den Kopf wirft, den er für sich selbst zusammengebaut hat.

    Das zeigt mir, wenn er so Worte wählt wie "begaffen". Wenn ich als "normaler" Museumsbesucher einfach nur unbeeinflusst von Informationen die Konstruktion dieses Bootes bewundern möchte, bin ich in seinen Augen also eine Art tumber Gaffer? Eine solche Zuschreibung finde ich als völlig unangemessen. Es ist doch nun mal meine persönliche Freiheit, mit den mir zur Verfügung gestellten Informationen so umzugehen, wie es meinen Bedürfnissen entspricht.

    Wenn ich diese Dinge nur anschauen will, ist das meine Freiheit. Wenn ich tiefer in die Informationen eintauchen möchte ebenso. Wenn jemand über 100 Jahre nach diesen Ereignissen aufgrund der erfahrenen Geschichten partout Schuldgefühle empfinden möchte - auch das ist in Ordnung.

    Aber das sollte das Museum - und auch die ihm zuarbeitenden Historiker - doch bitte jedem einzelnen überlassen.

    Vor allem: Man kann hinsichtlich des dem eigentlichen Pellerhaus aufgestülpten Mayerbau ja meinetwegen schon geteilter Meinung sein. Man kann mit viel Toleranz ertragen, dass manche die Fassade wirklich für ein relevantes und interessantes Zeitzeugnis der Wiederaufbaujahre ansehen. Ein bissel was hat das Ding, wenn man den Egidienberg hochblickt tatsächlich - auch wenn es mich schüttelt, es zuzugeben ...

    Aber was die BDA-Leute bei dieser Veranstaltung von sich gegeben haben ist doch ganz objektiv gesehen kompletter Schmarren.

    Am meisten regen mich diese Zitate auf:

    (Sie) ... mahnen, dass "die hochwertige Architektur des Nachkriegs-Pellerhauses und dessen anerkannte Wertschätzung als Denkmal von nationaler Bedeutung eine qualitätsvolle und sensible Beantwortung der städtebaulichen Fragen erfordern."

    "Man könne den notwendigen Treppenturm am Pellerhaus errichten, aber keine weitere Umbauung."

    Haben die sich überhaupt mal das Drumm von der Seite angeschaut?

    Es ist doch offenkundig, dass die Mayers damals ihre Kiste in der Erwartung auf das Pellerhaus gebaut haben, dass da links eines Tages wieder eine Häuserreihe anschließen soll. Da gibt's ein paar winzige Öffnungen - ansonsten ist das eine geschlossene (Brand-)Wand!

    Hätten die Mayers ihr Gebäude so errichten wollen, dass es künftig nach links abschließt, hätten sie die dort doch vermutlich/möglicherweise - hmmm - Fenster eingebaut, oder?

    Zumal dort ja der weltbekannte Peststadel-Pocket-Park liegt, auf den sie eine mögliche Aussicht künftigen Bewohnern/Nutzern sicher gerne ermöglicht hätten ... wenn sie es denn beabsichtigt hätten!

    Als ich dort letztens durchlief sind mir zwei Jungs begegnet, die sich den Fußball hin und hergekickt haben.

    Keine Frage: Die sollen da weiter kicken dürfen - können sie aber auch noch wenn das Schwarze Pellerhaus da wieder hingestellt wird. Das würde

    höchstens 20% von der Fläche wegnehmen ... also noch mehr als ausreichend Platz für städtebauliche Pocket-Park-Fantasien des BDA ...

    Hoffentlich läuft die Veranstaltung am 4. Oktober ein bissel fundierter ab ...

    Und welche Generation soll das sein?

    Die heutige Klima-Protest-Jugend?

    Ehm ... Tja, Mattielli. Die Generation, der nihilistischen Schwarzseher wird das schwerlich in die Hand nehmen können.

    Allein schon aufgrund des zumeist fortgeschrittenen Alters dieser Herrschaften kann das nix werden ...

    Also werden es wohl die jungen Klimahelden richten müssen. Ich kenne ein paar von der Sorte und bin deswegen ganz optimistisch.

    Die haben viel Energie ....und Zeit ... Irgendwann hat sich das mit dem Klima erledigt - entweder so oder so. Und dann haben die sicher noch genug Kraft für das Schloss ...:wink: Lass uns einfach in 40 Jahren nochmals schauen, ob sie's geschafft haben, o.k.?

    Du hast danach auch nichts verpasst.

    Lieber Rastrelli, ich mag ja sonst eigentlich gern, was du schreibst. Aber damit hast du Unrecht. Ich fand in dem Video die Darstellung des Konzepts, wie durch Zugehen auf die Menschen, von deren Vorfahren diese Dinge gemacht wurden, die Hintergründe, Geschichten, Bedeutungen, die dahinter stecken, ans Licht gebracht werden, durchaus interessant. Ganz ehrlich: Ich find das sogar richtig gut, was die vorhaben. Man kann natürlich so wie andere große europäische "Völkerkunde"-Museen das tun einfach nur die kulturellen Einschätzungen aus europäischer Sicht auf Alu-Schildchen schreiben und daneben hängen und ansonsten einen Mantel des Tot-Schweigens darüber breiten ... Da ist es doch viel besser, in Erfahrung zu bringen und zu erzählen, was diese Dinge früher tatsächlich bedeutet haben, was sie "erlebt" haben, wie sie nach Deutschland gekommen sind ... usw. In meinen Augen machen diese "Kontextualisierungen" (unschönes Wort, ich weiß ...) das Ganze erst richtig interessant. Was in unseren Augen möglicherweise zunächst nicht mehr ist als ein hübsch gestalteter "Staubfänger" (böse gesagt) , erwacht dann erst zum Leben - wird dadurch m. E. wertvoller, meinetwegen "ehrlicher". Wenn dabei rauskommt, dass aus dem einen oder anderen Objekt unten "Blut raustropft" (Zitat: Frau Savoy) - ja, mei dann ist es so ... peinlich ist mir das nicht, es löst auch keinen Schuldkomplex aus - denn wie gesagt: Das ist weit über 100 Jahre her, die tatsächlich Schuldigen ebenso wie die Unschuldigen sind schon lange tot und so laufen die Dinge eben, seit es Menschen gibt, die in Nationen leben und sich ab an und die Köpfe einschlagen ... Juckt es einen Ami, dass aus seinem Land "unten Indianerblut raustropft". Ich hab noch von keinem gehört, der deswegen die Prärie an die Indianer zurückgeben möchte ... Und: Wenn wir tatsächlich das eine oder andere von den 500.000 Objekten im Besitz des Museums tatsächlich an die "Herkunftsvölker" oder deren Nachfahren zurückgeben (oder Völker, die glauben die Nachfahren zu sein ...) - ist das wirklich so schlimm? Sind wir dann wirklich die Doofen? Ich glaub nicht, dass dieses Museum irgendwann komplett leer sein wird und der Wind durchpfeift ... Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Die Leute von dort kommen zu uns - schaffen hier neue Kunstwerke, die dann z. T. auch hier ihr neues Zuhause finden werden ...

    Und zuletzt: Was ich besonders sehenswert fand war dieser nette alte Herr aus Ozeanien. Der hat mit ein paar Sätzen die ganze von Hr. Aly aufgebrachte Schärfe rund um die Geschichte des Luf-Boots in Luft aufgelöst. Er sei richtig stolz, dass die Deutschen in diesem Museum dieses alte Boot von seinem Volk zeigen. Er würde es sich da gerne mal ansehen - und ansonsten uns bitten, dass wir weiter gut drauf aufpassen ... :smile:Und die Papua-guineische Regierung hat sich wohl ähnlich geäußert. Das find ich Klasse - und so kann's ja auch mal laufen. So ist allen gedient - und solche Geschichten machen - wie gesagt - in meinen Augen die Dinge eher wertvoller. Mich freut's jetzt jedenfalls noch mehr drauf, wen ich zum ersten Mal in ein paar Wochen da rein gehen werde und mir endlich die alten Kähne anschauen kann ...

    O.K. Noch was inhaltliches:

    Bemerkenswert finde ich tatsächlich die geäußerte Ansicht, dass natürlich das Wettbewerbs-Ergebnis bezüglich der Bebauung des Königsufers weiterverfolgt werden soll (in Abstimmung mit dem LfD). Ausgeschlossen sei nun v.a. die Bebauung des eigentlichen Platzes .... Das lese ich so, dass durchaus südlich der Verkehrsschneise noch gebaut und weiter geplant werden soll/kann ... was sich hie und da ja schon anderes angehört hat. Platz freihalten, Königsufer trotzdem bebauen ... Das wäre zumindest mal eine einigermaßen verdaubare Perspektive ...

    Insgesamt ist das aber selbstverständlich viel zu vage, als dass man die Sache auf sich beruhen lassen könnte. Deswegen drücke ich unbedingt dem Bürgerbegehren der GHND die Daumen!!

    Ach, Exilwiener …. Im Prinzip kannst du dir die Zeit für die Lektüre sparen. Die Bürgermeisterin erklärt wortreich und sinngemäß:

    • Dass man sich nicht so aufregen soll.
    • Dass alles seine Ordnung hat
    • Dass das LfD (nach ausgiebiger Prüfung selbstverständlich) autonom entschieden hat
    • Dass natürlich von keiner Seite Einfluss genommen wurde
    • Dass hier das eine Angelegenheit zwischen Ämtern ist, Volksvertreter nicht involviert waren und das insofern ja auch nicht undemokratisch sein kann. Schließlich hat das Volk (bzw. irgendeine Vertretung desselben) da eh nix mitzureden (War das jetzt polemisch? … sorry)
    • Dass man sich nicht so aufregen soll.

    Die Frage, was aus dem Kaufhof-Parkhaus bzw. aus der von ihm überbauten Fläche wird, ist fast noch wichtiger als das Thema Züblin-Parkhaus (s.o.) im Leonhardsviertel, da es hier um die absolute Kernaltstadt geht - ein Areal, das direkt an das erhalten Viertel an der Geißstraße anschließt. Hier zeichnet sich ebenfalls ein Horror-Szenario ab - nämlich die Ersetzung des Baus durch einen Verwaltungsbau des Stuttgarter Rathauses ... Das sind so ziemlich die übelsten Vorbedingungen für eine entstehende Architektur, die man sich vorstellen kann ... Gottseidank sind dazu die letzten Messen noch gelesen. Solang diskutiert wird, besteht noch Hoffnung.

    Dabei halte ich es für ausgeschlossen , dass die Staat dieses Filetgrundstück tatsächlich für eine Verwendung zur Verfügung stellt, die dem Jugendrat so vorschwebt ... Das scheint mir eine typische Stuttgarter Diskussion zu sein. Man spricht viel über Kreativität, moderne Ideen usw. ... Aber am Ende macht man das, was am meisten Profit verspricht bzw. am wenigsten koschtet. Zudem scheinen mir die Ideen vom Jugendrat nicht so richtig ausgereift zu sein ... Das ist eine riesen Fläche - und darauf ein Begegnungszentrum für Jugendliche? Hm ... O.K. Man könnte da ein Café hinstellen, ein paar Bänke ... Und der Rest: Einfach unbebaut lassen? Einsäen? Bäume pflanzen?

    Mittlerweile hab ich einen Artikel gefunden, der ein bisschen die Diskussion zum Züblin-Parkhaus wiedergibt. Wenn ihr Euch für Stuttgarter Lokalpolitik interessiert: :wink: Link

    Ansonsten gibt's leider nicht so tolle Nachrichten von dem Parkhaus hinter der Leonhards-Kirche.

    Eigentlich war geplant dieses Monster, das die zwei besterhaltenen Altstadt-Reste (Bohnenviertel und Leonhardviertel) zerteilt relativ zeitnah abzutragen und neu zu überplanen.

    Entsprechend regten sich da natürlich ganz leise Hoffnungen, dass bei diesen Neuplanungen auch Aspekte wie "Kleinteiligkeit", "Altstadttauglichkeit" usw. eine Rolle spielen könnten ...

    Leider haben nun einige Architekten die absolut "hippe" Idee aufgebracht, man könnte doch - tataaaaa - das Parkhaus einfach stehen lassen - und dort (Sozial-)Wohnungen, Büros, Kneipen usw. "implantieren". Das wäre doch viel nachhaltiger, moderner, umweltschonender als einfach plump abzureißen ... Dem Vernehmen nach findet diese absurde Idee in der Stadtverwaltung wohl aktuell immer mehr Anhänger ...

    Das ist - m.E. wirklich - eine abseitige Vorstellung - und v.a. rücksichtslos: Die Planer, die das durchziehen möchten sind natürlich begeistert und freuen sich mutmaßlich schon über mögliche Architektur- oder Klimaschutzpreise. An die armen Menschen, die da drin ggf. wohnen müssten, denken sie m. E. aber eher sekundär. Zudem: Der Aufwand, um diesen Klotz bewohnbar zu machen, wäre meiner Einschätzung nach so extrem, dass man damit locker das Doppelte an Wohnungen auf der gleichen Fläche mit NORMALEN Häusern realisieren könnte - sofern man sich traut wieder bis an den Blockrand vorzurücken - und dann wären immer noch ein paar Sportplätze und Basketballplätze für die Kids drin ...

    (Dazu gab's vor ca. 3 Wochen einen Artikel im Regional-Teil der StZ ... Ich find ihn im Netz aber leider nicht mehr. Sorry!)

    Naja, Petersburg … Es gibt bei den Schwaben eben „solle und solle“ (solche und solche).

    Dem eher pietistisch angehauchten Menschenschlag nördlich des Albtraufs im ehemaligen Altwürttemberg ist eine gewisse Neigung zum Modernismus und zur Abrissfreude von Altbeständen („Was wellet ihr denn mit dem alte Dreck??“) nicht abzusprechen. In den unter Napoleon durch die Württemberger dazu erworbenen oberschwäbischen und v.a. katholischen Kolonien ist man dagegen eher dem Genuss und der Lebensfreude zugeneigt. Kein Wunder, denn dort ist man ja auch dem Himmel schon ein paar hundert Meter näher – und eher sicher, dass man es auch ohne übertrieben gottgefälliges Arbeiten dort hinein schafft … so tendenziell! (Sorry, liebe Unterländler ... Ja, ich weiß, Ausnahmen bestätigen die Regel ... Aber so im Großen und Ganzen ist das meine Erfahrung der knapp 35 vergangenen Jahren, in denen ich zwischen den beiden Welten pendle ...)

    Konkret in Stuttgart kommt noch dazu, dass man meiner Einschätzung nach an dem gewaltigen Minderwertigkeitskomplex leidet, dass man mit unserer Schwaben-Metropole was Weltläufigkeit, Bekanntheit und Schick anbelangt ständig mindestens eine altwürttembergische Meile hinter der bayrischen Schwestermetropole zurückhängt … Das möchte man natürlich ausgleichen und somit wenn möglich jeglichen Verdacht vermeiden, in irgendeiner Form hinterwäldlerisch zu sein - was z. T. erklärt, warum hier Bestrebungen nach einem Bauen nach menschengerechtem, ästhetischen, an die Historie angelehnten Maßstäben einen extrem schweren Stand haben (s.o.). Leider …

    Deutschland ist seit 1945 mental ein megakaputtes Land und wird gerade "auf links gedreht" bis zum get no.

    Ich glaube, da überdrehst du ein bissel. Ich halte unser Land für deutlich weniger dysfunktional als vor 45 ... nicht nur mental, sondern auch moralisch (zumindest wenn wir die 12 Jahre direkt davor anschauen ... als für meinen Geschmack alles in bisschen zu arg nach rechts gedreht war ... vorsichtig gesagt). Ich kann auch nicht erkennen, das derzeit irgendwas "auf links gedreht" wird. Aber ich weiß schon: Darüber gehen die Meinungen im Forum hier sehr auseinander. Deswegen lass uns darüber nicht streiten.

    Generell: Ich geb ja zu, dass bei mir solche Entscheidungen und Entscheidungs-Begründungen wie vom LfD ebenso gegen den Strich gehen. Mir wird's da ganz akut speiübel (buchstäblich). Trotzdem: Ich glaub, wir müssen verstehen, dass es eben tatsächlich Leute gibt, die aus tiefer, innerer Überzeugung raus solche Bau-Ensembles tatsächlich toll und und schützenswert finden. Ich glaube nicht wirklich, dass uns die Leute im LfD quälen wollen. Die haben halt ihre Überzeugungen - die uns zwar nicht passen. Aber ich würde aus einer solchen Entscheidung jetzt auch nicht den gesellschaftlichen Megatrend herauslesen ... Im übrigen: Hier in Stuttgart haben sie vor einigen Jahren die denkmalgeschützten Flügelbauten des Bonatz-Bahnhofs abgerissen - aus sozusagen übergeordnet städtbaulich-planerischem Interesse raus (Stuttgart 21). Insofern seh ich zumindest für den Durchbruch der Rähnitzgasse gar nicht so schwarz ... Ich könnte mir gut vorstellen, dass das eines Tages trotzdem möglich sein wird. Wenn der Denkmalschutz dann mit der zerstörten Symmetrie argumentiert, kann man ja empfehlen den gleichen Durchbruch auch auf der Gegenseite zu schaffen ... Dann ist die "Harmonie" wieder hergestellt floet:)

    Zitat: "Allerdings, so stellte Aaron Schirrmann vom Studio Malta nüchtern fest: In Stuttgart gibt es eine Tradition, im Zweifelsfall abzureißen.”

    Das stimmt. So oft hat galt das in den letzten Jahrzehnten für Vorkriegsbauten ... Jetzt gilt es Daumen drücken, dass diese "Tradition" nicht ausgerechnet bei diesem betonierten Furunkel unterbrochen wird ...

    Also, irgendwie ist das eine witzige Geschichte ... So hat sich dieser zunächst unsympathische, da oberlehrerhaft „edukatorische“, Von-oben-herab-Ansatz des Künstlers/der Künstlerin komplett ins Gegenteil verkehrt. Die eigentliche Intention mit dieser Installation war ja, dem Betrachter entgegenzuschreien: Hallo? Alles Fake! Was du dummer Touri da schön findest, lässt sich ganz billig und seriell reproduzieren und wenn du so was schön findest, bist du halt ein armer Wicht, der nicht begreift, dass Architektur eben nicht nur Fassade, sondern der Raum, die Menschen und die Nutzung dahinter ist usw. usw. bla bla … Und jetzt? 99% der Menschen, die ohne Erklär-Bär die beiden Gebilde im Hof des Stadtschlosses stehen sehen, halten sie für eine Art Werbe-Hinweis, sich unbedingt während des Besuchs der Stadt auch noch die barocken Schlösser-Highlights im Sanssouci-Park anzuschauen. Und witzigerweise taugen sie dafür offenbar tatsächlich gar nicht mal schlecht – und können insofern wegen meiner auch gerne stehen bleiben. Aber unterm Strich ist das doch v.a. ein prima Lehr-Beispiel dafür, wie „pädagogische Ansätze“ in der Kunst eben häufig (Gottseidank) in die Hose gehen ...