Beiträge von klingentor

    Zitat von "wildermann"

    Die sind überhaupt nicht geschützt. Weshalb man in Pompeii lieber darauf verzichtet weiter auszugraben - um es vor Kunsträubern sicher zu wissen.
    Mit den Eintrittsgeldern der Touristen läßt sich der Kulturerhalt alleine nicht bewerkstelligen und die Kommunen in Kampanien, der Basilikata und Apulien sind notorisch klamm - die Wirtschaft findet nämlich weiter nördlich statt.

    Na ja, gerade in Süditalien ist in vielen Gegenden der Tourismus der einizig funktionierende Wirtschaftszweig und an einem historisch begründeten Wirtschaftsgefälle ändert die UNESCO in der Tat nichts von heute auf morgen.

    Zitat von "wildermann"


    Etwas widersprüchlich - wenn das Welterbeetikett verliehen wird, kommen doch mehr Touristen - so wird doch für Dresden argumentiert


    Der Welterbetitel ist natürlich mitnichten eine conditio sine qua non für funktionierenden Fremdenverkehr. Das hat hier auch niemand behauptet.
    Und viele Orte, die von der UNESCO nicht "behelligt" wurden (Rothenburg o.d.T., Neuschwanstein etc...) ziehen Fremde an. Aber, und das ist hier ja wohl die Frage, wenn man sich um den Titel bemüht und diesen erhalten hat, dann handelt es sich sicherlich um ein Gütesiegel, das klug eingesetzt den Fremdenverkehr beflügelt und das wirtschaftliche Entwicklung nicht behindert , sondern lediglich zu klugem, bewusstem, welterbeschonendem Wirtschaften verpflichtet.
    Das eine schließt das ander nicht aus. Das zeigen doch beispielsweise die von Dir genannten prosperierenden norditalienischen Regionen. Das Veneto gedeiht, ohne dass die UNESCO hier wöchentlich die Rote Liste zücken muss.

    Zitat von "wildermann"


    Als nächstliegender Ort Prag - zwischen Wenzelsplatz und Karlsbrücke
    eine Kitschbude an der anderen, die Dinge feilbieten, die z.T. nur entfernt oder überhaupt nichts etwas mit Prag und Böhmen zu tun haben - zu 90% von Russen betrieben werden und häßlich sind. Kein Prager möchte mehr dort gern wohnen - das Prag Kafkas und Kischs gibt es nicht mehr. Wer auf sich hält zieht auf die Kleinseite..

    Hat eigentlich nichts mit der Streitfrage hier nicht direkt zu tun: das Angebot des "lokalen Einelhandels" unterliegt noch nicht der Beurteilungder UNESCO und wenn durch Auswüchse des Tourismus der Welterbegegenstand nicht beeinträchtigt wird, dann handelt es sich allenfalls um Fragen des Geschmacks und mann muss damit leben. Wenn allerdings kommerzielle Interessen das Welterbe in Gefahr, dann bietet doch gerade die mit der Roten Liste winkende UNESCO dagegen einen gewissen Schutz

    Zitat von "wildermann"


    Weiter: Italien - bei 80 % aller Weltkulterbstücken fährst Du durch grottenhäßliche Vorstädte, Gewerbegebiete usw. und auf dem Rückweg mußt Du da wieder durch. Ja südlicher Du kommst, umso mehr siehst Du, daß die Kommunen kein Geld haben, um das Erbe zu erhalten - also laßt man es lieber weiter unter der Erde, wie in Pompeii. Von der Unesco gibts zwar Titel - aber kaum Geld...

    Geschützt sind ja auch die Altstädte und nicht die Peripherie und die Gewerbegebiete...und in Pompei setzt man Prioritäten und verwendet die verfügbaren Mittel für die Instandhaltung der ausgegrabenen Quartiere der Stadt

    Zitat von "wildermann"

    ...die Bodenseeregion hat es sich nach reiflicher Überlegung verkniffen, sich zu bewerben - gibt es deshalb jetzt weniger Gründe Konschdanz, Meersburg, Salem oder Lindau zu besuchen ? Auf der Insel Reichenau findet auch keiner etwas daran auszusetzen, daß ein Großteil des Welterbes unter Gewächshausglas vesteckt ist. Eigentlich müßten die die Dinger abreißen.


    die Region hat es sich wohl verkniffen, weil die Bewerbung m.E. chancenlos gewesen wäre, weil zu spät. Der Bodensee ist eine Region mit massivem Siedlungsdruck, dem ohne erkennbaren Widerstand nachgegeben wird. Und diese Zersiedelung wird der Region mittelfristig massiv schaden und den Reiz beeinträchtigen. Bei Meersburg und Lindau hält der Denkmalschutz noch dagegen, Konstanz ist dabei umzukippen. Urlaub am Bodensee wird in ein paar Jahren unattraktiv sein.Ich bin überzeugt, hätte die Region früh den Welterbestatus erlangt, dann wäre eine sensiblere regionale Entwicklung efolgt.

    Also liebe Dresdner, lasst uns Euer Elbtal und stellt die Brück sonstwo hin...

    [quote="wildermann
    Noch eine Bemerkung zu der Unesco-Weltkulturerbenliste : ein paar dieser Erbstücke habe ich besucht: Paradiso und Inferno liegen meist in unmittelbarer Nachbarschaft und die Kommunen suchen händeringend nach Sponsoren um il paradiso erhalten zu können.[/quote]

    Hättest Du für diese Annahme ein paar konkrete Beispiele?

    In diesem Zusammenhang sollte man auch mal den Blick auf positive Beispiele richten. Maulbronn verzeichnet seit Vergabe des Welterbetitels enorme Besucherzuwächse. Alles Menschendie dort Eintritt zahlen, Souvenirs kaufen, essen, trinken, Parkgebühren löhnen etc.

    Man sollte aufhören den Welterbetitel als Strafe zu betrachten. Der Titel wird auf Antrage vergeben, es gibt bestimmte Regeln und wenn man sich daran hält, dann ist der Titel ein Privileg, das zu nichts anderem verpflichtet als zum verantwortungsvollen, bewussten Umgang mit dem jeweiligen Bauwerk, dem städtischen Gefüge oder der Naturlandschaft.

    Zitat von "Stefan"


    sie seien ausdruck einer modernen, zeittypischen
    architektursprache...

    nicht weiter problematisch an einem ort, der ohnehin
    von nachkriegsbauten geprägt wird...siehe königstraße
    in stuttgart. dort mag diese architektur sicher zur
    verbesserung beitragen, nicht jedoch am neumarkt!

    Gerade die Königstraße in Stuttgart ist ein Beispiel für die fehlende Nachhaltigkeit der "zeittypischen" Architektursprache: hier werden inzwischen ständig die "zeitgemäßen" Bauten der 60er bis 80er Jahre rückgebaut und abgerissen und durch nun aber definitiv zeitgemäße Glaskästen ersetzt, die dann wahrscheinlich in 10 bis 20 Jahren wieder ersetzt werden. Nichts ist für die Ewigkeit, aber das ist schlicht Ex-und Hopp-Architektur. Und genau diese Wegwerfkisten zieren künftig das Neumarkt-Ensemble. Was soll das?

    Zitat von "Schloßgespenst"

    Aber hier am Neumarkt sind es gekünstelte Kontraste vom Reißbrett ohne Sinn und Zweck.

    Sinn und Zweck dürfte sein, den Disneylandvorwurf zu konterkarieren, denn unsere Architekten und Planer fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Man wir dann von kühnen, spannungsreichen Kontrasten und Zitaten faseln, blubb, blubb, blubb...

    Ich bin fast soweit, hinsichtlich des Dresdner Neumarkts von einer verpassten Chance zu sprechen. Durch den Kontrast historisierender und modernistischer Architektursprache entsteht mal wieder der deutschlandübliche Eindruck architektonischer Zerissenheit. Ich dachte die modernen Bauten würden sich den historischen Fassaden der Leitbauten stärker unterordnen. Warum wollen unserer Stadtplaner und Architekten immer Kontraste, warum kann es nicht einmal ein harmonisches Ensemble sein?
    Was man hier in Dresden sieht ist doch das übliche Durcheinander. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Während die alten Fassaden etwas Zeitloses ausstrahlen, handelt es sich bei den modernen Kästen um die übliche zeitgeistige Wegwerfarchitektur. In spätestens 15-20 Jahren werden die Ersten den Abriss fordern.

    Zitat von "Reinhard"

    Wer nur ein nostalgisches schönes Land will, ohne auf die wirtschaftliche Effektivität zu achten, der wird am Ende gar nichts bekommen.

    Wenn man man dieser Logik mit aller Konsequenz folgen würde, dann dürfte so etwas wie Venedig schlicht nicht existieren.

    Nein, nein, man muss sich schon die Mühe machen, die unversehrte Schönheit einer Stadt als wirtschaftlichen Wert an sich anzuerkennen und entsprechend Nutzen daraus ziehen.

    Gerade die Beiträge von karasek und die Reaktionen darauf zeigen, dass es nicht um "bashing" geht, sondern darum zu diskutieren, wie es mit der dörflichen Baukultur hierzulande bestellt ist.
    Un da sieht es vielerorts unsäglich aus. Wobei nicht nur die Fenster das Problem sind. Als da noch wären: Riffelglas- und Kunststofftüren, Wintergärten, gekachelte Sockelgeschosse, Eternitverkleidungen, bayerische Holzbalkons, Sichtbetonkreissparkassen in der Ortsmitte und so weiter und so fort. In vielen Dörfern ist die alte Bausubstanz fast komplett hinwegmodernisert worden und man befindet sich in Obi-Land.

    Deinen Einwand zu den Elsaßdörfern kann ich sogar m.E. teilen. Gerade die Dörfer an der Weinstrasse werden auf Teufel komm raus aufgehübscht. Da wäre weniger oft mehr.

    Das mit Dänemark überrascht mich. Hätte ich anders erwartet.

    Riegel

    Vielen Dank für die Mühe. Sehr interessant. Wie sehr freigelegtes Fachwerk doch den Eindruck ändert. Aber wie gesagt, bitte keine Fachwerk um jeden Preis. Tübingen ist nicht Quedlinburg. Verputztes Fachwerk sollte in seiner Historizität respektiert werden.

    Ich denke, dass wir es zunehemend mit einem architektonischen Pluralismus zu tun haben werden. Der Markt wird es regeln.
    Und wo es eine Nachfrage nach traditionellem Bauen und Rekonstruktion gibt, werden auch all die Patzschkes und Kriers dieser Welt viel stärker als bisher zum Zuge kommen. Der totalitäre Alleinvertretungsanspruch, der Modernisten wird beseitigt werden.
    Wir brauchen einen wirklichen Wettbewerb zwischen architektonische Konzepten und Stilen. Und ich bin ziemlich sicher, dass die Modernisten hier unterliegen würden.

    Freiburger preisen ihre Stadt immer in den höchsten Tönen. Als Außenstehender kann ich das dortige Lebensgefühl nicht beurteilen (besser als in Stuttgart ist es sicherlich... :) ). Aber mit APH-Augen betrachtet ist die Stadt für mich immer eine Enttäuschung gewesen. Stellenweise ganz hübsch (Kajo, Münsterplatz). Aber als Ensemble doch sehr durchwachsen, mit vielen nicht zu übersehenden Bausünden (um den Bahnhof herum die deutschlandübliche Hässlichkeit). Leider hat man mit den Elsässer Nachbarstädten immer Beispiele vor Augen, wie man es hätte besser machen können. Colmar beispielsweise ist auch nicht frei von Bausünden und hat trotzdem Altstadtcharme.

    Du hast Recht, Altstadtensembles in der Größenordnung von Wien, Salzburg, Graz, aber auch Innsbruck findet man hierzulande eigentlich nicht.
    Sicherlich war der Zerstörungsgrad der österreichischen Städte geringer und die wirtschaftliche Dynamik in der Nachkriegszeit weniger stark ausgeprägt. Entscheidend ist aber, dass Österreich weitaus traditionsbewusster war. In Deutschland gab es den unbedingten Willen mit allem Althergebrachten zu brechen, während Österreich in den Nachkriegsjahren nicht nur in der Architektur und Denkmalpflege, sondern auch in anderen Bereichen der Kultur Traditionen gepflegt hat.
    Allerdings ist scheint sich nun in Österreich ein Paradigmenwechsel anzubahnen. So lassen beispielsweise die brutale Zerstörung der historisch Dachlandschaft in Wien (Stichwort: modernistische Dachaufbauten auf Gründerzeitlern) und die epidemieartige Verschandelung Voralbergs durch öde modernistische Holzkisten lassen das Schlimmste befürchten.

    Sehr schöne Bildergalerie. Eichstätt beeindruckt an vielen Stellen mit einem gediegenen, geschlossenen barocken Stadtbild.
    Man muss allerdings auch dazu sagen, dass sich die Eichstätter auch der architektonischen Moderne ausgesprochen zugewandt zeigen. Überall in der Stadt, finden sich die Spuren der Nachkriegsmoderne des Architekten und Diözesanbaumeisters Karljosef Schattner. Schattners Bauten gelten als Aushängeschild und Sehenswürdigkeiten ersten Ranges und er wird vielfach sogar in einem Atemzug mit Gabrieli genannt. Dank Schattner gilt Eichstätt als Mekka für Freunde moderner Architektur und für fast jeden Architekturstudenten ist eine Exkursion dorthin ein Muss.
    Ich persönlich hätte auf die diversen modernen An- und Umbauten an Uni- und Kirchengebäuden verzichten können.
    Die Ära Schattner hat leider zur Folge, dass man in Eichstätt modernistischen Experimenten gegenüber nicht unaufgeschlossen ist.
    Mich persönlich hat der hässliche, aschgraue Neubau (Studentenwohnheim?) im Herzen der Altstadt, direkt an der Altmühlbrücke am meisten gestört.

    Zitat von "Miwori"

    Die Reduzierung auf "Barock" wird der Stadt nicht gerecht.
    Außerdem stimmt es überhaupt nicht.
    Die Bauten am Theater- und Schloßplatz sind größtenteils 2.Hälfte 19, Jahrhundert. Die Entdeckung des Waldschloßchenblicks fällt ins Zeitalter der Romantik. Und im Weltkulturerbegebiet kann man die barocken Elemente an einer Hand abzählen.

    Ih habt vollkommen Recht.
    Nur wenn man sich die verengte, von kulturhistorischem Wissen vollkommen losgelöste Denke der Stadtmarketingstrategen zu eigen macht, dann kommt um die gängigen Schlagworte hinsichtlich der "Marke" Dresden nicht herum: "Sächsische Barockmetropole" und "Elbflorenz".
    Ist mir allemal lieber als "AMD-Chip-Florenz" oder "Gläserne Manufaktur-Metropole"