Beiträge von Restitutor Orbis

    Zitat

    (mei) Hildesheim. Einige sind bereits Architekten [...] Auch der wiederentstandene historische Markt sei im Gesamtkonzept gute denkmalpflegerische Arbeit. Mit dem Wettbewerbsentwurf und -modell für den neuen Zuckerhut zeigen sie sich aber gar nicht einverstanden [...] "Altes muss nicht neu gebaut werden."

    Ja, das ist mal wieder typisch: Die Rekonstruktion, die bereits 20 Jahre alt ist (der Marktplatz) ist natürlich ganz wunderbar und geht völlig in Ordnung, weil sie ja schon wieder selbst mittlerweile historisch geworden ist. Die neue Reko (Zuckerhut) muss hingegen verhindert werden, weil man "Altes nicht neu" bauen müsse.

    Ob diesen Leuten klar ist, dass sie in den 80ern vermutlich gegen die Marktplatz-Reko polemisiert hätten, die sie jetzt so toll finden?

    Das war doch mal wieder einen Eintrag auf dem Blog von "Stadtbild Deutschland" wert:

    Zitat

    Christian Thomas blamiert sich, so gut er kann

    Ihnen wäre es lieber, man würde an einem zentralen Platz in Ihrer Heimatstadt im Krieg zerstörte Fachwerkhäuser rekonstruieren, anstatt einen Lokschuppen zu bauen? Dann sind sie vermutlich ein Rassist. Die Schlussfolgerung hat zwar nichts mit Logik zu tun, aber viel mit dem journalistischen Niveau der Frankfurter Rundschau. Dort findet Architekturkritiker Christian Thomas, man dürfe einen Architekten nicht dahingehend kritisieren, dass sein Entwurf "nicht aus Frankfurter Bewusstsein" stamme.
    Muss man es sich eigentlich als gefallen lassen, von einem Mann als Rassist beschimpft zu werden, dessen intellektuelle Fähigkeiten sich darin erschöpfen, bei einer Podiumsdiskussion kleine fiese Seitenhiebe auf die vermeintlich anspruchslosen, alles knipsenden japanischen Touristen zu verteilen? Vermutlich nicht.

    Tatsächlich ist Thomas schon in der Vergangenheit immer wieder durch flache Pöbeleien aufgefallen, die er anscheinend für einen ausreichenden Ersatz für mangelnde fachliche Fähigkeiten hält. Während aber bei einem Marcel Reich-Ranicki oder einem Henryk Broder verbale Bissigkeit in intellektueller wie in humoristischer Hinsicht hohen Unterhaltungswert aufweist, wirkt Thomas' beleidigtes Geblaffe allenfalls anödend. So bezeichnet Thomas den Architekten Wolfgang Ranz als "Impertinenzler", um zu beweisen, dass er einen Begriff verwenden kann, den jeder zweite Rundschau-Leser erst im Wörterbuch nachschlagen muss - wo er allerdings lediglich das Wort "Impertinenz" finden wird, da "Impertinenzler" eine alternative Wortschöpfung auf dem sprachlichen Niveau von "Unverschämtler" oder "Frechler" darstellt. Substanziell jedenfalls hat Thomas' Rekonstruktivistenschelte wenig zu bieten. Und ganz ehrlich: Man würde sich auch nicht mehr wundern, wenn er die Befürworter des Wiederaufbaus eines historischen Treppenhauses als "behindertenfeindlich" bezeichnen würde.


    http://www.stadtbild-deutschland.de/rubriken/blog/index.php\r
    http://www.stadtbild-deutschland.de/rub ... /index.php

    Zitat von "HalleLuja"

    ich frage mich: wenn das "Historische Museum der Stadt Frankfurt" kein "Heimatmuseum" sein soll, welches Museum ist dann eigentlich eins? :lachen:


    Gute Frage. Wikipedia definiert "Heimatmuseum" folgendermaßen:

    Zitat

    Ein Heimatmuseum oder Stadtmuseum ist ein Museum, welches die historische Entwicklung eines Ortes und seiner oft als "Heimat" charakterisierten Region anhand von zusammengetragenen Exponaten und Dokumenten darstellt.

    Hatte jemand schon auf den Artikel hier hingewiesen:

    Zitat

    „Alles, was man in Berlin anfasst, wird zur Bulette“, soll Werner Düttmann, Stadtplaner und in den sechziger Jahren Senatsbaudirektor, einmal resignierend gesagt haben. Die kritische „Plattform Nachwuchsarchitekten“ hält den Spruch für hochaktuell. Der Zusammenschluss von Architekten sieht allerorts Neubauten „ohne viel Rücksicht auf die Umgebung hingeklotzt“, wie das wegen Form und Farbe vielgescholtene Alexa-Einkaufszentrum am Alex, das (nach einer Umfrage bei Architektur-Ausstellungsbesuchern in Köln) den Plattformpreis für die fragwürdigste Berliner Architektur erhielt. Kandidaten für diese „Auszeichnung“ sind laut Architektenplattform die O2-Arena, das Möbelhaus Kraft am Sachsendamm und das Motel One am Bahnhof Zoo.

    [...]

    Es gebe aber auch gute Architektur, die sich strengen Vorgaben widersetze, Paradebeispiel sei der Museumsanbau von Ieoh Ming Pei am Deutschen Historischen Museum oder der David-Chipperfield-Galeriebau gegenüber dem Neuen Museum an der Museumsinsel.

    [...]

    Die US-Botschaft zeige beispielsweise eine banale, undifferenzierte Fassade und auf der Rückseite eine verunglückte, städtebauliche Kante. Der einzige Clou am Platz sei hier der Bau der DZ-Bank des Architekten Frank O. Gehry. Das Haus öffne zeige sein aufregendes Innenleben, gewähre Einsichten.

    Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/Architektur-Alexanderplatz;art270,2600864\r
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/Archi ... 70,2600864

    Zitat

    Lässt die Quellenlage keine seriöse Rekonstruktion zu, ist das Zitat erwünscht, der Neubau in den alten Proportionen, die Wahrung des Parzellenzuschnitts. Die Architekten Jo. Franzke, Stefan Forster, Michael Landes und Karl Dudler haben einen Stadtraum der Erinnerung entworfen, ein Innenstadtquartier, das sie anhand alter Pläne und historischer Fotos entwickelten. Es soll keine Ansammlung von Knusperhäuschen werden, sondern eine Annäherung an die Geschichte. Vielleicht wird es die neue Mitte.

    Bei solchen Formulierungen kriege ich schon gleich wieder offene Füße :augenrollen: Forster, Landes und die restlichen Jungs von der "Wir sind die Superschlauen"-Truppe arbeiten schon am Geniestreich, der die Altstadt-Reko überflüssig machen soll.

    Vielleicht, zur Verdeutlichung, ein Auszug aus dem Streitgespräch zwischen Gerkan und Ingenhoven aus der genannten SPIEGEL-Ausgabe:

    Gerkan: [...] Ich baue in China vor allem aus baukulturellen Gründen, denn es ist ja unbestritten, dass das Land mit Abstand den größten Freiraum für avantgardistische Architektur bietet.

    Ingenhoven: Das ist ein Punkt, auf den ich gerne antworte. Man kann doch nicht sagen: Weil man sich in Ländern wie China nicht so wie in Deutschland mit Bezirksvertretungen oder Senatsbaudirektoren herumschlagen muss, repräsentiert das, was dann dabei rauskommt, gleich die bessere Qualität und die größere Freiheit.

    Gerkan: Aber Herr Ingenhoven, wenn wir nun ausgerechnet nicht für China und nicht für Vietnam bauen dürften, dann dürften wir für die halbe Welt nicht bauen. Denn so viel blütenweiße Demokratien gibt es gar nicht. Und sollen deutsche Architekten - und zwar nur die, weder die Industrie noch der Handel, noch der Mittelstand, noch Ingenieure - sollen die sich allen Ernstes die Hälfte der Erdkugel versagen? Ist diese Forderung nicht absurd?

    Ingenhoven: Man kann nicht einfach sagen, was die Industrie macht, das machen wir auch. Man kann nicht sagen, die Hälfte der Welt besteht nicht aus ganz lupenreinen Demokratien, und deswegen bauen wir dann gleich für die ganz Schlimmen. Lassen Sie uns mal wegkommen von China: Es kann doch nicht wahr sein, dass deutsche Architekten in Libyen die neue Regierungshauptstadt Gaddafis bauen...

    [...]

    Gerkan: [...] Meiner Meinung Meinung nach gibt es in China heute den höchsten Grad der freien Entfaltung für jedes Individuum seit Menschengedenken, trotz aller noch verbliebenen unschönen Dinge.

    Ingenhoven: Ja, aber wir müssen jetzt aufpassen. Ich wollte mich nicht hergeben zu einer Anti-China-Debatte, und Sie müssen auch keine Pro-China-Debatte führen. Es geht doch nicht darum, ob man in China einen Wohnblock bauen kann. Es geht doch darum, ob man für nichtdemokratische Staaten Repräsentationsbauten errichtet. Ich muss nicht unbedingt das Parlament eines diktatorisch regierten Landes wie Vietnam bauen, und ich muss auch nicht unbedingt am Platz des Himmlischen Friedens das chinesische Nationalmuseum bauen, wie Sie das tun, Herr von Gerkan. Ich glaube, dass man sich bei gewissen Projekten entscheiden muss. Ich weiß, dass Vietnam viel Sympathie genießt, viele Menschen machen da tolle Urlaube. Trotzdem ist es ein Einparteien-Regime, es gibt keine freie Presse, es gibt nur eingeschränkte Religionsfreiheit - das sind keine Kleinigkeiten!

    Johan, ich sehe da allerdings schon einen Unterschied: Mit dem Bau bestimmter Gebäude gibst du einem Unrechtsstaat die Möglichkeit, sich vor der Weltöffentlichkeit positiv zu repräsentieren. Das ist für mich was anderes als wenn du ein T-Shirt kaufst, das in einer Diktatur gefertigt wurde.

    Und irgendwie reden sich die Architekten, die in China bauen, die Dinge einfach schön. Beispiel aus dem SPIEGEL SPECIAL zum Thema "Architektur und Design": Da kommt mal wieder Meinhard vor Gerkan zu Wort, der sich ja bereits in einem anderen Interview darüber gefreut hat, in einem Staat bauen zu können, wo er nicht auf lästige Bürgerinitiativen Rücksicht nehmen muss. In der Spiegel-Sonderausgabe sagt er:

    Zitat

    Der chinesischen Regierung muss man zugutehalten, dass sie in der Lage war, 1,3 Milliarden Menschen zu mehr Wohlstand zu verhelfen, zu mehr Freiheit, zu mehr Bekenntnis zum eigenen Staat.

    Findet Herr von Gerkan. Amnesty International hingegen findet etwas anderes:

    Zitat

    Im Berichtszeitraum war eine Zunahme an Repressalien, Inhaftierungen und Gefängnisstrafen, die sich gegen Rechtsanwälte und Journalisten richteten, zu verzeichnen. Tausende von Personen, die ihren Glauben fernab der staatlich zugelassenen Kirchen praktizierten, sahen sich Schikanen ausgesetzt. Viele von ihnen wurden in Haft genommen oder zu Freiheitsstrafen verurteilt. Abermals verhängten und vollstreckten die Behörden im Berichtsjahr mehrere tausend Todesurteile. Wanderarbeitern aus den ländlichen Gebieten wurden ihre Grundrechte vorenthalten. Die Volksgruppe der Uiguren war in Xinjiang weiterhin massiven Repressionen seitens der Behörden ausgesetzt, ebenso wurden in Tibet und anderen tibetischen Siedlungsgebieten die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit nach wie vor in gravierender Weise beschnitten.


    Quelle: http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/51a43250d61caccfc1256aa1003d7d38/1d063d69fdd93369c12572ff004510ad?OpenDocument\r
    http://www2.amnesty.de/internet/deall.n ... enDocument

    Im tagesanzeiger hat man es erkannt, was hinter der Kritik steckt:

    Zitat

    Die amerikanische Botschaft in Berlin: «Beleidigend billig»
    Zum US-Nationalfeiertag wurde die neue US-Botschaft in Berlin eingeweiht. Deutschland stöhnt über die Architektur und meint die US-Kultur
    [...]
    Die neue Botschaft wurde in den letzten Tagen kübelweise mit Häme übergossen. «Den Allerweltsneoklassizismus eines solchen Baus hätte man in irgendeiner Stadt im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten auch schon 1986 prämiert und würde ihn auch heute wählen, um irgendwelche Plätze zu zieren. Es müssen wohl doch die absolute Unentschlossenheit und Einfallslosigkeit sein, der völlige Mangel an Mut zum Risiko und das Fehlen jeglichen Gespürs für die Spezifik des Pariser Platzes, die den Botschaftsbau nicht zeitlos unauffällig, sondern beleidigend billig und kraftlos wirken lassen», urteilte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung». Und die «Süddeutsche Zeitung» erklärte ihren Lesern, der Eingang sehe aus, «als wollte hier einer Riesenburger grillen». Das deutsche Feuilleton ist sich einig: Die Botschaft beweist, dass die Amerikaner kulturlos, ignorant und paranoid sind.

    Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/varia/904875.html

    C. Siegel: Eine Architektur für unsere Zeit

    Interessanter Artikel:


    Vollständiger Artikel hier:
    Umbau-Verlag

    Mal wieder ein Preis für Chipperfield...

    Zitat

    Das Hamburger Empire Riverside Hotel ist eine architektonische Meisterleistung. So sieht es die Jury des "Royal Institute of British Architects (RIBA)", welche jährlich mit den RIBA Awards die höchsten britischen Architekturpreise verleiht. Am 27. Juni wurde der RIBA European Award an das Empire Riverside Hotel und dessen Architekten "David Chipperfield Architects" verliehen.


    Den Artikel gibt es hier (mit Foto des Hotels):
    http://www.lifepr.de/pressemeldunge…oxid-52417.html

    Interview in der FAZ mit Massimiliano Fuksas, nach dessen Plänen ein Mammuteinkaufszentrum an der Zeil entsteht.

    Auszug:

    Zitat

    Ich liebe mein Projekt. Es ist sehr sexuell.

    :schockiert:

    Quelle: http://www.faz.net/s/RubFAE83B7DDEFD4F2882ED5B3C15AC43E2/Doc~E7F63FA2E364E45EDB3685A51480F2269~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed\r
    http://www.faz.net/s/RubFAE83B7DDEFD4F2 ... googlefeed

    ....


    Na ja, eigentlich wollte ich ja auch das hier präsentieren:

    Zitat

    Das rekonstruierte Stadtpalais ist Teil des Geländes. In Mainz verbinden Sie ein Gebäude mit der rekonstruierten Fassade der Markthäuser. Wie stehen Sie zum Thema Rekonstruktion? Ist das keine Absage an die moderne Architektur?

    Das Projekt in Mainz ist sehr interessant. Nur durch die Verbindung von Neuem und Altem war es möglich, ein Stück Gegenwartsarchitektur in die Innenstadt zu bringen. Ich bin ein überzeugter Gegenwartsarchitekt. Die Architektur muss zeigen, wozu wir heute in der Lage sind.

    Die lebhafte Rekonstruktionsdebatte, etwa um die Frankfurter Altstadt, zeigt das Bedürfnis vieler Menschen nach „alter Architektur“. Sie versprechen sich von ihr, dass sie Identität und eine Art Heimatgefühl stiften kann.

    Ich habe dieses Bedürfnis noch nie verstanden. Man darf sich nicht vom Zeitgenössischen und vom heutigen Frankfurt abwenden. Seit mutig und schaut dem Jetzigen direkt ins Gesicht. Sie müssen das Leben von heute entdecken. Was ist die Inspiration der Stadt? Diese Stadt hat einen fantastischen Fluss, wunderschöne Natur, wunderschöne Vororte. Die Türme sind nicht schlecht. Wir können damit gut leben. Sie können spazieren gehen und sich inspirieren lassen. Sie können eine wundervolle Wanderung machen, Frankfurt ist voll von Kultur und Musik. Sie brauchen nicht die Vergangenheit. Sie brauchen das Heute. Und noch viel mehr als das: Sie brauchen die Zukunft. Wir brauchen die Vergangenheit nicht. Manche Leute wünschen sich, so zu leben wie im vorletzten Jahrhundert. Mit Pferdekutschen. Wir müssen aber die Stadt der Gegenwart bauen.

    Und wieder mal ein Architekt, der intellektuell auf höchstem Niveau zu argumentieren weiß... :gg:

    Aber immerhin ist er praktisch veranlagt:

    Zitat

    Wir wollen eine hübsche Toilette haben. Denn die Leute legen viel Wert auf gute Toiletten.