Potsdam - nicht gebaute Architekturvisionen von Friedrich Wilhelm IV.

  • Guten Tag zusammen,

    ich denke folgendes Thema könnte alle Architekturliebhaber in Potsdam interessieren.

    Der König Friedrich Wilhelm IV. hat eine Reihe an sehr beeindruckenden architektonischen Visionen entwickelt, die durch die Baumeister Schinkel, Persius, Stüler oder Hesse ausgearbeitet wurden. Doch viele dieser Visionen wurden nicht ausgeführt.

    Zu diesen Visionen gibt es zahlreiche Skizzen und Zeichnungen. Doch wäre es nicht interessant, diese beeindruckenden Bauwerke virtuell erlebbar zu machen?

    Die bisher nur als Skizzen oder Zeichnungen vorliegenden architektonischen Ideen möchte ich zu einem 3D Modell überführen, um dieses aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, aber sich auch in diesem virtuellen Modell bewegen zu können.

    Zwei der bisher nicht gebauten Visionen habe ich in letzter Zeit virtuell rekonstruiert, auf Grundlage der vorliegenden königlichen Skizzen und Entwurfszeichnungen Schinkels. Hierbei handelt es sich um das Schloss Belriguardo und die reduzierte Endfassung des Friedrichsdenkmals auf dem Mühlenberg. Dazu folgen separate Beiträge.

  • (Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt, © Martin Pawlik Architektur)

    Schloss Belriguardo, Potsdam

    Schon in jungen Jahren sah König Friedrich Wilhelm IV. auf dem Tornow, einem Teil der Insel Hermannswerder in Potsdam, einen gewaltigen Schlossbau vor. Er beauftragte den Architekten Karl Friedrich Schinkel damit, aus den vielen königlichen Ideen und Skizzen, einen architektonischen Entwurf auszuarbeiten. Es sollte ein Bauwerk im Stil eines griechischen Tempels auf hohem Sockelgeschoss werden. Die Ausrichtung des Schlosses war zum Schloss Sanssouci orientiert, die durch eine Allee und große Terrassenflächen betont werden sollte.

    Die Zeichnungen, in Form von Grundrissen, Schnitten und Ansichten, fertige Schinkel im Jahr 1823 an. Doch der Entwurf wurde nie realisiert. Das gigantische und beeindruckende Projekt des Königs und der elegante Entwurf Schinkels blieben Visionen und wurden auf den vielen Skizzen und Zeichnungen bis in unsere Zeit erhalten.

    Heute, genau 200 Jahre später, besteht unter Architekturliebhabern der Wunsch, die zweidimensionalen Pläne des Schlosses Belriguardo räumlich erlebbar zu machen.

    Nun habe ich mit den heutigen Mitteln das Schloss auf dem Hermannswerder, nach den Entwürfen Schinkels, virtuell nachgebaut. Die 200 Jahre alten Skizzen und Zeichnungen wurden zu einem plastischen virtuellen Modell, um ein besseres Verständnis für diese Vision zu schaffen. Nun besteht die Möglichkeit, den Entwurf aus allen Blickwinkeln zu bewundern, hindurch zu schreiten und in Richtung Sanssouci zu schauen.

    Visualisierung, Martin Pawlik Architektur

  • (Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt, © Martin Pawlik Architektur)

    Skizze FWIV, Plansammlung SPSG

    Friedrichsdenkmal auf dem Mühlenberg, Potsdam

    FWIV hat ab 1826 auf dem Mühlenberg in Potsdam einen gigantischen Tempelbau vorgesehen, als Ehrendenkmal für Friedrich den Großen. Doch nach der Finanzkriese und dem Tod des Architekten Ludwig Persius beschäftigte sich der König 1846 mit einer reduzierten Fassung des Friedrichdenkmals. Aber auch dies wurde nicht umgesetzt.

    So habe ich diese Vision, anhand weniger kleiner Skizzen des Königs, als 3D Modell nachgebaut.

    Die Skizzen habe ich ausgewertet, mit verwandten Projekten verglichen und auch mögliche Vorbilder aus der Antike und Renaissance, die er vielleicht dafür im Sinn hatte, herangezogen.

    Der nächste Schritt war es, das richtige Größenverhältnis zu ermitteln. Dann wurde die gesamte Architektur des Tempels über die Verhältnisse der Säulenordnung bis in das letzte Detail und Profil adaptiert. Mit diesen Ergebnissen begann ich damit die Skizze zu einem virtuellen 3D Modell umzuwandeln. Der Tempel samt Unterbau wurde entsprechend modelliert. Anschließend wurde die Umgebung mit Vegetation, Tageszeit, Wetter und Personen angefertigt.

  • Snork November 9, 2023 at 11:00 PM

    Changed the title of the thread from “Nicht gebaute Visionen FWIV” to “Potsdam - nicht gebaute Architekturvisionen von Friedrich Wilhelm IV.”.
  • Sieht wirklich großartig aus. Sehr schönes Projekt. Die Bauvorhaben waren mir bis jetzt unbekannt. Sind die Skizzen Schinkels online einsehbar? Wenn ja, wäre ich für einen Link dankbar.

    Darf man fragen, warum du den Tempel auf dem Mühlenberg als Pseudoperipteros interpretiert hast? Nur weil die Strichführung der Säulen in der Zeichnung weniger Kontrast hervorriefen? Oder gab es da noch andere Gründe?

  • Sieht wirklich großartig aus. Sehr schönes Projekt. Die Bauvorhaben waren mir bis jetzt unbekannt. Sind die Skizzen Schinkels online einsehbar? Wenn ja, wäre ich für einen Link dankbar.

    Darf man fragen, warum du den Tempel auf dem Mühlenberg als Pseudoperipteros interpretiert hast? Nur weil die Strichführung der Säulen in der Zeichnung weniger Kontrast hervorriefen? Oder gab es da noch andere Gründe?

    Vielen Dank! Schinkels Zeichnungen wie auch die Skizzen von Friedrich Wilhelm IV sind alle sehr gut online einsehbar:

    Schinkel:

    Das Erbe Schinkels - Der Onlinekatalog

    Friedrich Wilhelm IV:

    https://vikusviewer.fh-potsdam.de/fw4/

    easydb - SPSG Online-Bestandskataloge

    Den Tempel auf dem Mühlenberg habe ich aus drei Gründen als Pseudoperipteros ausgebildet:

    1. Es gibt noch eine zweite Skizze des Königs, welche die Situation besser darstellt, wo deutlich erkennbar ist, dass die vordere Hälfte freigestellte Säulen hat, die hintere nicht.

    (Plansammlung SPSG)

    2. Bei der Ausbildung eines Peripteros wäre bei diesen Größenverhältnissen die Cella zu klein, um im Inneren noch eine Skulptur aufzustellen. Eine größere Tempelbreite wäre notwendig, z.B. als Hexastylos (6-säulig). Hier war ein Tetrastylos (4-säulig) angedacht.

    3. Habe ich mich mit mehreren Tempeln ähnlicher Gestalt beschäftigt (Podiumstempel), wie z.B. Maison Carree in Frankreich oder Tempel des Portunus in Rom. Vielleicht waren dies auch die Vorbilder vom König, die er gewiss kannte. Somit flossen diese "verwandten" Bauwerke mit in die Auswertung ein.

  • Zum Schloss Belriguardo ergänze ich, zu den Zeichnungen Schinkels (wenige Skizzen gibt es ebenfalls im Kupferstichkabinett), noch die Vielzahl an Skizzen von FWIV in der Plansammlung SPSG (ich hoffe der Link geht, ansonsten nach Belriguardo suchen):

    easydb.museum

  • Die "Märkische Allgemeine" titelt:

    "Beeindruckendes Video: Potsdams ungebaute Schlösser in 3D - ein Architekt baut sie virtuell nach".

    Leider hinter der Bezahlschranke. Das Video würde ich gerne einmal sehen.

    Potsdams ungebaute Schlösser in 3D – ein Architekt baut sie virtuell nach  (maz-online.de)

    Wissen allein bringt nichts. Nur das angewandte Wissen verändert die Dinge.