Gibt es auch eine Plastikfenster-Lobby? Bin gerade durch Frankfurt/M. gefahren und sehe überall die gleichen weißen Plastikfenster - egal ob Neu- oder Altbau. Einen einzigen Altbau habe ich gesehen mit charakteristischen braunen holfzfarbenden Fensterrahmen.
Frankfurt a. M. - sonstige Meldungen
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Nicht nur das. Überhaupt sind die ganzen Gründerzeitsanierungen – wohlgemerkt die professionellen, nicht die von Privatleuten, die meist eh einer Entkernung gleichkommen – von erschreckend mieser Qualität. Bedenkt man, dass die Gründerzeitler hier sowohl zahlenmäßig wesentlich geringer vertreten als auch qualitativ weit schlichter waren / sind als z.B. in Dresden, München, [lexicon='Leipzig'][/lexicon] oder Berlin, so fragt man sich, wieso dieser ohnehin so exklusive Markt dadurch noch weiter geschmälert wird. Mir ist (bis aufs Westend, aber das ist ein Thema für sich) praktisch kaum ein Beispiel bekannt, wo man mal Details wie Fenster, Dachgauben, Eingangsbereiche, Stuck etc. mal *wiederhergestellt* hätte (zur Verteidigung: was in Städten in den neuen Bundesländern nur vergammelt war, hat man hier natürlich in den großen 1960ern und 1970ern gnadenlos rausgerissen), was z.B. in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] eine Selbstverständlichkeit ist. Dabei könnte sowas doch gerade bei dem überblähten Wohnungsmarkt ein Alleinstellungsmerkmal sein...
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Quote from "Wikos"
Gibt es auch eine Plastikfenster-Lobby? Bin gerade durch Frankfurt/M. gefahren und sehe überall die gleichen weißen Plastikfenster - egal ob Neu- oder Altbau. Einen einzigen Altbau habe ich gesehen mit charakteristischen braunen holfzfarbenden Fensterrahmen.
Naja, holzfarben muß es ja aber auch nicht immer und überall sein, oder? An vielen Altbauten gab es doch schon im ursprünglichen Zustand weiße Fensterrahmen. Und Kunststoff hat eben - das muß ich bei aller Vorliebe für natürliche und traditionelle Baustoffe einräumen - gleich zwei erhebliche Vorteile gegenüber Holz: Die Fenster sind um einiges billiger, und sie brauchen nicht nach ein paar Jahren gestrichen zu werden. Nicht jeder Hauseigentümer ist steinreich, und an Altbauten fallen eben auch noch ganz andere Instandhaltungskosten an.
Wichtiger als das Material der Fenster ist die Form: Es gibt viel zu viele Altbauten mit Ganzglasfenstern oder - bei Gründerzeitlern sehr häufig - mit Fenstern, die nur ein Oberlicht und sonst keine Gliederung haben. Ein Fenster, das die gleiche Gestalt hat wie das historische Vorbild, also zwei Flügel, die sich auch wirklich öffnen lassen plus Oberlicht (eine "T-Form") oder mit Fensterkreuz oder Sprossen (nicht aufgeklebt, sondern echte) kann meinetwegen auch aus Kunststoff sein. Das ist dann natürlich nicht die beste Lösung, aber eben die zweitbeste. Von weitem ist der optische Gesamteindruck intakt, und die Bewohner haben es einigermaßen ruhig und warm. Wer schon mal in einem Altbau mit schönen, aber klapprigen Originalfenstern aus der Kaiserzeit gewohnt hat (und zwar im Winter an einer lauten Straße), der weiß, wovon ich spreche.
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Quote from "Schloßgespenst"
Wer schon mal in einem Altbau mit schönen, aber klapprigen Originalfenstern aus der Kaiserzeit gewohnt hat (und zwar im Winter an einer lauten Straße), der weiß, wovon ich spreche.
"IhrTischler machts persönlich."
Fenster einrichten und anschließend Dichtungsstreifen bei Innen- und Außenfenstern wirkt Wunder und kostet kein Eckhaus. Unschlagbarer Vorteil der Holzkastenfenster: Bauphysik und man kann sie immer wieder Instandsetzen. Wenn ein Plastikguckloch einmal hin ist, dann hilft nur noch der komplette Tausch.
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Quote from "Schloßgespenst"
Wieder einmal ist eine Villa vom Abriß bedroht:
Allerdings wird es dem abrißfreudigen Eigentümer offenbar diesmal nicht ganz so einfach gemacht:
Wahnsinn - wenn man bedenkt, daß in der Spekulanten-Ära für viele tausendmal schönere und wertvollere Villen die Abbruchgenehmigungen ohne wenn und aber verteilt wurden...
So, der Abriss hat wohl jetzt begonnen. War wohl doch nicht so schwer für die Investoren sich durchzusetzen... -
Wirklich? das ist mir entgangen - darüber stand meines Wissens nichts in der FAZ. Kann ja wohl nicht wahr sein...
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Frankfurt/M. 2010 – eine Bestandsaufnahme:
Bei der Vielzahl der Meldungen zu [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] wird es gerade für Außenstehende immer schwieriger einen Überblick über das Baugeschehen zu bewahren. Deshalb habe ich eine kleine Bestandsaufnahme zu den Bauaktivitäten der letzten Monate gemacht, hoffentlich ohne zu sehr ins Detail zu gehen.
Altstadt
Der Wiederaufbau der Altstadt zwischen Dom und Römer soll laut Michael Guntersdorf, Geschäftsführer der städtischen Dom-Römer GmbH der Stadt am Ende etwa 30 Mio. kosten (Quelle: Altstadt soll nur 30 Mio. kosten, FNP, 05.06.10) – ein Schnäppchen, wenn man zurückliegende Projekte in der Stadt betrachtet. Angestrebt wird demnach „ein hochwertiges innerstädtisches Wohnquartier“, mit 14 bis 15 Rekonstruktionen. Interessenten für das Baugebiet gibt es genug. Ob einige dabei nur auf Zuschüsse schielen, oder ein ernsthaftes Interesse haben Frankfurt/M. ein historisches Gesicht wiederzugeben, bleibt abzuwarten.Während der Betonklotz „technisches Rathaus“ abgeräumt wird und ein hoffentlich baldiger Baubeginn für das Altstadt-Projekt erwartet wird, gibt es gleichzeitig andere Bauaktivitäten mit zweifelhaftem Charakter. So soll ein weiterer Betonklotz am Römer – das historische Museum geschliffen werden. Dafür soll 2012 ein schon heute umstrittener Neubau entstehen - der nicht historischen Proportionen entsprechende Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs wird wohl nur noch leicht überarbeitet werden.
City
Ein anderes Projekt in der Frankfurter Innenstadt ist derweil fast vollendet: Das Palais Quartier beinhaltet nicht nur die Rekonstruktion des historischen Thurn und Taxis Palais, sondern vor allem ein mit viel Bauvolumen ausgestattetes Büro- und Geschäftszentrum. Der Stadtsilhouette wurde dabei u.a. ein 135 Meter hohes Bürohochhaus zugefügt. Auch sonst wird auf dem Areal nicht zimperlich mit dem gewachsenen Stadtbild umgegangen. So wurde u.a. das Rundschau-Haus, ein nachkriegsprägender Bau, abgerissen. Richtig ärgerlich wird der Blick auf Bauprojekte, die nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen, aber nach und nach auch die letzten historischen Spuren von Frankfurt/M. mit renditeträchtigen massig-einfallslosen Baukörpern übertünchen. Mal baut eine Bank in der historischen Alten Rothofstraße einen zu groß geratenen Anbau mit einer grenzenlos langweiligen Lochfasse, ein anderes mal beweisen Gartenbauer ihre Kreativität indem sie bei der überflüssigen Umgestaltung des Goetheplatzes anstatt ortstypischen Bessunger Kies grauen Kies verwenden - Geschichtsbewusstsein Note 6. Überhaupt: Man fragt sich wo Gestaltungssatzungen und Denkmalpfleger in Frankfurt/M. bleiben?Verlustreiches Bauen in Frankfurt/M.
Die Liste der zuletzt abgebrochenen historischen Bauten in Frankfurt/M. wird immer länger: Für ein Hotelprojekt Ecke Ludwigstrasse /Mainzer Landstrasse 117-119 fallen zwei Gründerzeitler, die Villa Kennedyalle 121, die Freiherr-vom- Stein-Schule in Frankfurt- Sachsenhausen und die 1884 erbaute „grüne Villa“ an der Eckenheimer Landstraße/Ecke Zeißelstr. im Nordend, das ex-Jugendzentrum in der Bleichstraße 8-10, das alte Druckereigebäude der Otto Wendorff GmbH in der Schulstr. 37 in Sachensachsen – alles das wurde in letzter Zeit abgebrochen. An den Häusern Schellingstr. 12 und Mauritiusstraße 20-28 wurde bei der "energetischen Sanierung" der Häuser der Fassadenschmuck abgeschlagen. Und im Juni 2010 wurde die 1928 erbaute Villa Hirsch im Frankfurter Westend in der Friedrichstr. 64 abgerissen. Als nächstes steht auf der Abrissliste die Villa Helfmann am Untermainkai 34. Auch hier wird Ersatz geschaffen mit einem belanglosen und austauschbaren Neo-klassischen-Moderne-Bau. Während auf der einen Seite fleißig historische Bausubstanz vernichtet wird, wird gleichzeitig versucht belanglose Nachkriegsbauten im Frankfurter Westend mit pseudohistorischen Fassadenelementen aufzuwerten.Einige umstrittene Projekte feierten zuletzt Grundsteinlegung: Die Doppel-Wolkenkratzer der EZB mit Eingriffen in die historische Großmarkthalle und ein Hotelprojekt am historischen Schopenhauer-Haus. Die Verantwortlichen der jeweiligen Projekte müssen sich die Frage gefallen lassen, ob die Projekte dem historischen Umfeld angemessen sind. Quo vadis [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon]?
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Domturm wieder geöffnet
Am 22. August wird der Domturm wieder geöffnet. Karten gibt es beim Küsterhäuschen am Zugang. Der Turm war immerhin 13 Jahre wegen Sanierungsarbeiten gesperrt!
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Quote from "Wikos"
An den Häusern Schellingstr. 12 und Mauritiusstraße 20-28 wurde bei der "energetischen Sanierung" der Häuser der Fassadenschmuck abgeschlagen.
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Das ist auch so ideologischer Wahn; anstelle erstmal einen Pullover anzuziehen, wird das Gesicht des Hauses für eine äußerst teure und letztlich fragwürdige Maßnahme geopfert.
Da wäre es doch am besten, man verlegt die Behausungen gleich unter die Erde; das spart eine Menge an Heizkosten und Aufwand an Fassadenschnickschnack. -
Wikos: ganz herzlichen Dank fuer die Zusammenfassung.
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Gibt tatsächlich auch positive Entwicklungen in Frankfurt. Ich verweise mal auf diesen Beitrag im DAF.
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Ja, davon war in der FAZ vor einigen Monaten in einer Randnotiz die Rede; ich habe mir das Gebäude daraufhin mal von außen angesehen (und fotografiert) und bin gespannt auf das Resultat. Wenn es doch in Ffm viel häufiger solche Eigentümer gäbe...
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Das Bild habe ich im Stern entdeckt, Jim Morrison auf dem [lexicon='Römerberg'][/lexicon]. Die Ostzeil noch mit 50iger Jahre Bebauung.
Foto: Stern - Michael Ochs Archives/Getty Images
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Die Stadt lässt zur Zeit die Braubachstraße 34 (links) und 30-32 (lila Anstrich, rechts) sanieren. Das Vorhaben lief letzte Woche zunächst mit dem Ausräumen an. Der Geschäftsbetrieb im Erdgeschoss wird laut Aushang fortgesetzt.
Ein Foto von letzter Woche Montag (27. Juni)
Bild ist von mir (und leider verwackelt ). -
Panoramio - Photo of Häuser aus verschiedenen Zeiten an der Peterstrasse.
Was schützt der Denkmalschutz überhaupt noch?
QuoteDie Aushöhlung hat Methode: In Frankfurt ist ein einmaliger Bau der Biedermeierzeit vom Abriss bedroht
"Frankfurt ist jetzt nicht nur eine der reichsten, sondern auch eine der schönsten Städte Deutschlands." So schrieb Johanna Schopenhauer, die Mutter des Philosophen, 1815 in ihrem Reisetagebuch. Ihre Begeisterung hatte sich an den Neubauten entzündet, die nach der Niederlegung der Stadtmauern 1806 entstanden waren - feinster dezenter Klassizismus, der in Gestalt von noblen Mietshäusern und Villen entlang baumbestandener Boulevards und begrünter Wallanlagen die Altstadt säumte. Der Zweite Weltkrieg, der überhastete Wiederaufbau und diverse Spekulationswellen haben davon kaum etwas übrig gelassen - nun droht dem letzten Rest die Verstümmelung.
Betroffen ist ausgerechnet ein Bau der frühesten und schönsten Phase dieser Glanzzeit: Um 1820 als Mietshaus "für begüterte Stände" gebaut, steht er am nördlichen Innenstadtrand, an der Petersstraße, damals eine Promenade, heute, wie die sie kreuzende Bleichstraße, eine Autorennstrecke namens Cityring.
Welcher Raser achtet auf Architekturschönheit, welcher Passant würde, umtost von Motorenlärm und Abgasen, in Muße architektonische Schönheit anschauen? Mit anderen Worten: Das Haus ist gleichsam unsichtbar geworden. Damit entgeht einem nicht nur Schönheit, sondern auch ein fesselndes Kapitel deutscher Architektur- und Sozialgeschichte: Auf den Aufschüttungen des einstigen Walls errichtet, stand und steht das Haus am Eingang zur Innenstadt als point de vue des klassizistischen Frankfurt. Dementsprechend repräsentativ wendet sich die Schaufront der Petersstraße zu. In der Mitte sitzt das monumentale Eingangsportal, nach griechisch antikem Vorbild gerahmt von Pilastern und bekrönt von einem vorspringenden waagerechten Gesims. Links und rechts, über einem umlaufenden Sandsteinsockel, unter dem die halbrunden Luken des hochsitzenden Kellergeschosses angeordnet sind, öffnen sich je zwei Fenster. Darüber, auf drei Geschossen, folgen fünf Fensterachsen. Im ersten, der Beletage, tragen sie vertikale Vorsprünge, sogenannte Attiken. Das flach geneigte verschieferte Walmdach sitzt samt Gauben über einem kräftigen Traufgesims.
Schaut man auf die nördliche Langseite des Hauses, tritt einem die Bauwut der Gründerzeit entgegen: Dreiergruppen von Fenstern setzen jeweils auf halber Geschosshöhe an, endend in einem zusätzlichen "Dach auf dem Dach". Das Ganze ist ein neues Treppenhaus samt Mansarde, eingesetzt, als die Etagen in Kleinwohnungen unterteilt wurden.
Das alte Portal ist seither vermauert; in seiner Mitte sitzt ungelenk ein Zusatzfenster. Ob man all dies Bereicherung oder Verunstaltung nennt, steht dahin; aufschlussreich für den sozialen Wandel um 1880 ist der Eingriff allemal - und er suchte immerhin ästhetisch Anschluss.
Erst unsere Zeit verstümmelte das Denkmal hemmungslos. Trotz frischem Verputz spricht alles von Amortisierung: Außer den mittleren sind die Fenster der Schaufront vermauert, seitlich sieht man banale Ganzglasfenster anstelle von Sprossen, die einstigen Klappläden fehlen. Dass die Baulichkeit trotzdem noch immer ein hochrangiges Denkmal ist, liegt an einem grazilen Nebenbau. An der Nordseite des Hauses, mit direktem Kontakt zu den Wallanlagen, ist er das letzte Exemplar jener Miniaturhäuser, die zu den anspruchvolleren Wohnbauten des Klassizismus ursprünglich so sicher gehörten wie der neoantike Zierrat.
Diese Häuschen dienten als Remisen für die Kutschen und Reitpferde der Begüterten; oft wohnten dort auch Kutscher, Bedienstete und deren Familien. Den Blicken der flanierenden Bürger ausgesetzt, oft an die eleganten Sommersitzen reicher Frankfurter in den Wallanlagen grenzend, wurden sie als idyllisch in Grün gebettete Biedermeierhäuschen gestaltet. So auch das Kutscherhaus der Petersstraße, das sein wohlproportioniertes Walmdach und die reizvolle obere Fenstergliederung bewahrt hat.
Viele dieser Nebenbauten verschwanden im neunzehnten Jahrhundert zugunsten der Wallanlagen, einige überlebten als Garagen und Autowerkstätten. So auch unser Biedermeierhäuschen, das, trotz brachialer Schaufenster und Werkstatttüren, von Spaziergängern in den Wallanlagen oft als unerwartetes Relikt Alt-Frankfurts bewundert wird.
Seit Frankfurt alle Mühen daranwendet, zwischen Dom und Römer mit Rekonstruktionen und modernen Varianten der verbrannten Bürgerhäuser an die verlorene Stadtschönheit anzuknüpfen, glaubte man den kleinen Bau in Sicherheit. Ein Irrtum. Das neue Frankfurter Baufieber bedroht nun auch dieses einzigartige Ensemble: Das Kutscherhaus, so heißt es, soll Luxusappartements weichen, die neben dem denkmalgeschützten Haus geplant sind.
Richtig gelesen: Das Mietshaus von 1820 steht unter Denkmalschutz, der zugehörige Anbau nicht - man hat ihn 1985, als das neue Denkmalinventar erstellt wurde, schlicht vergessen. Doch auch unter Schutz wäre sein Bestand fraglich: Denn im bauwütigen Frankfurt, wie in vielen deutschen Städten, ist Denkmalschutz zur Lappalie abgesunken: Ob bei Straßenbauarbeiten im Zentrum mittelalterliche Mauerzüge entdeckt werden, in Baugruben für Neubauten staufische Fundamente auftauchen oder historische Fragmente im Wege stehen - das Neue genießt absoluten Vorrang, die Relikte der Vergangenheit werden entweder dokumentiert und dann beseitigt oder wie Nippes an den Rand geschoben.
Als Kollateralschäden eines gewinnbringenden Baubooms bleiben solche Vorgänge meist unbeachtet. Zudem werden sie derzeit übertönt vom lautstarken Streit um den denkmalgeschützten Bundesrechnungshof, der seit zehn Jahren leer steht und bis vor kurzem auf den Umbau zum Hotel wartete. 1953 gefeiert als "glückliche Entsprechung zur Paulskirche", stellt sich die Baugruppe nun als - seinerzeit vertuschter - Pfusch dar, der den Schludereien an Hamburgs Elbphilharmonie kaum nachsteht. Deshalb drängt nun der neue Besitzer, den Denkmalschutz zwecks Abriss aufzuheben.
Mag sein, dass das in diesem Fall sogar sinnvoll wäre. Doch mittlerweile wird schon das benachbarte, ansehnliche Fünfziger-Jahre-Ensemble der Degussa abgerissen. Das Bauerbe einer ganzen Generation verschwindet. Was nutzt es da, für ein winziges Biedermeierhäuschen - noch liegt kein Abrißantrag vor - einzutreten? "Man sieht, dass gebildete, die Kunst liebende Menschen hier wohnen, die ihre Reichtümer auf würdige Weise anzuwenden wissen." Mit diesen Sätzen endet Johanna Schopenhauers zweihundert Jahre altes Lob des klassizistischen Frankfurt. Es liest sich heute wie die Nachrichten von einem anderen Stern.
DIETER BARTETZKO
Text: F.A.Z., 03.09.2011, Nr. 205 / Seite 35 -
Mit dem Denkmalschutz ist es schon merkwürdig. Wo er schützen soll versagt er, oder wird kurzer Hand aufgehoben, und an anderer Stelle blockiert er positive Veränderungen.
Quote(...) Zudem werden sie derzeit übertönt vom lautstarken Streit um den
denkmalgeschützten Bundesrechnungshof, der seit zehn Jahren leer steht
und bis vor kurzem auf den Umbau zum Hotel wartete. 1953 gefeiert als
"glückliche Entsprechung zur Paulskirche", ...Quote(...) Doch mittlerweile wird schon das benachbarte, ansehnliche
Fünfziger-Jahre-Ensemble der Degussa abgerissen. Das Bauerbe einer
ganzen Generation verschwindet. (...)Was soll man dazu sagen? Ich werde wohl nie verstehen, warum diese banalen und augenkrebserregenden Nachkriegszweckbauten überhaupt unter Schutz gestellt werden/wurden. So wird die Beseitigung und Verbesserung des Stadtbildes nur unnötig erschwert. Und die Aussage, daß hier das Bauerbe einer gesamten Generation verschwindet, ist ja wohl mehr als lächerlich. Das ganze Land (Deutschland) wurde nach dem Krieg von dieser genannten Generation neu aufgebaut. Zeugnisse dieser Zeit gibt es also wie Sand am Meer. Bis dieses prachtvolle Bauerbe tatsächlich als "bedroht" eingestuft werden kann, müssen mindestens noch 50 Jahre vergehen. Natürlich sollte man sich Bauwerke aus jeder Epoche bewahren. So finde ich auch den Erhalt einiger Luftschutzbunker, als Erinnerung an die Zerstörung, sehr sinnvoll. Doch es lässt sich alles übertreiben. Wenn man ehrlich ist, sind die Häuser aus der direkten Nachkriegszeit nicht mehr als schnell dahingefummelte Notbauten und Platzhalter. Vier Wände und ein Dach. Davon genügen einige wenige Originale zum Gedenken an diese Zeit. - Schade ist es hingegen um die wirklich schützenswerten Bauten, die man zu Recht mit dem Begriff "Baukunst" betiteln kann. Einer Kunst, die es nicht mehr zu geben scheint.
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Saxonia: Und wieder verschwindet ein Stück Frankfurt. Die profitneurotische Abrisswelle nimmt einem jede Vorfreude auf die geplanten Altstadt-Nachbildungen.
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Ich zitiere mal aus einem Interview mit dem kommenden Frankfurter Planungsdezernenten Olaf Cunitz (Grüne). Quelle ist die Tageszeitung Offenbach-Post vom 7.9.2011 (leider nicht online):
QuoteMit Blick auf den Bundesrechnungshof habe ich große Hofnung, dass eine Lösung möglich ist, die der architektonischen Bedeutung des Ensembles Rechnung trägt und es nicht zu einem Abriss kommen wird.
Hier ist also keinesfalls ein Freund von Stadtreparatur oder gar Rekonstruktion unterwegs. Nur damit das deutlich ist.
Außerdem:
QuoteWas macht ihrer Meinung nach gute zeitgenössische Architektur aus?
Wenn die Stadtverordneten über die Architektur diskutieren, dann sprechen sie meist von ihrem Architekturgeschmack. Deshalb verfolge ich das immer mit Distanz. Ich bin kein Architekt und könnte auch nur sagen, ob mir ein Gebäude gefällt - wie etwa der Opernturm - oder nicht. Die Politik ist gut beraten, in bauästhetischen Fragen auf Expertengremien wie den Städtebaurat zu hören. Da sollte die Politik sich etwas zurücknehmen.Man bemerke: Davon, auf den Bürger zu hören, ist nicht die Rede. Es sollen wieder mal die "Experten" aus der Architektenschaft bestimmen, die ja nun für genug Bausünden der vergangenen Jahrzehnte verantwortlich sind. Und nicht einmal ein eigenes ästhetisches Urteilsvermögen billigt Cunitz sich und anderen Politikern zu. Da fragt man sich, ob er das im sonstigen Leben auch so hält: Welches Auto er kauft, überlässt er nicht seinem Gefallen, sondern dem Rat des Autohändlers. Welche Nahrungsmittel er essen soll, dürfte der "Experte" an der Supermarktkasse am besten beurteilen können. Die Farbe der eigenen Unterhosen überlässt er womöglich am besten dem Urteil des "H&M"-Verkäufers. Und wie er seine Wohnung einrichten soll? Vermutlich weiß Cunitz auch das nicht, sondern fragt am Info-Schalter von "Ikea" nach. Ach nein, das wäre dem "grünen" Lifestyle nicht mehr exklusiv genug, also sicherheitshalber mal bei Ron Arad anrufen und nach Expertenrat fragen, welche Wohnzimmerstühle man wählen soll.
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Hier ist also keinesfalls ein Freund von Stadtreparatur oder gar Rekonstruktion unterwegs.
Wäre auch das erste Mal.Vielleicht kannst Du ihm noch persönlich mitteilen, was Du von seinen Äußerungen hältst:
olaf.cunitz@gruene-frankfurt.de
Telefon dienstlich: +49 (0)69 92034780
http://www.facebook.com/olaf.cunitz.gruene?v=wall/ -
Kennt jemand dieses Objekt und wie dah das vorher aus?
https://aph-bilder.de/images/wgfag_offenbachbs7bx.jpg
(C) WGF AG
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