• Um nochmal zurück zu den - herrlichen - Fotos zu kommen: Wirken auf mich fast wienerisch (von der Höhe, der Art des Dekors); und es ist schön zu sehen, wie aufmerksam saniert und gepflegt diese Häuserzeilen werden. Ich schätze mal, das darin Wohnungen für die Besserverdienenden liegen - in Wien sind viele Gründerzeitviertel ja hauptsächlich Arme-Leute bzw. Ausländerviertel...

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • Zitat von "Roverandom"

    Um nochmal zurück zu den - herrlichen - Fotos zu kommen: Wirken auf mich fast wienerisch (von der Höhe, der Art des Dekors); und es ist schön zu sehen, wie aufmerksam saniert und gepflegt diese Häuserzeilen werden. Ich schätze mal, das darin Wohnungen für die Besserverdienenden liegen - in Wien sind viele Gründerzeitviertel ja hauptsächlich Arme-Leute bzw. Ausländerviertel...

    In Görlitz gibts nicht so viele Besserverdienende. Die Kaufkraft ist eine der geringsten in Deutschland und AFAIK hält die Stadt den traurigen Rekord der höchsten Kinderarmut im Land.
    Nein, die meisten dieser Wohnungen kann sich ein normaler Facharbeiter leisten (und in der Region bekommen die auch nur 7-10€/h!)... schau Dir die davor parkenden Autos an, das sagt einiges.
    Bei so einem Überangebot an hochwertigem Wohnraum verfallen halt die Preise.

    PS: Bei Immobilienscout bekommst Du einen Übersicht über die Mietangebote.

  • Zitat von "Roverandom"

    Um nochmal zurück zu den - herrlichen - Fotos zu kommen: Wirken auf mich fast wienerisch (von der Höhe, der Art des Dekors); und es ist schön zu sehen, wie aufmerksam saniert und gepflegt diese Häuserzeilen werden. Ich schätze mal, das darin Wohnungen für die Besserverdienenden liegen - in Wien sind viele Gründerzeitviertel ja hauptsächlich Arme-Leute bzw. Ausländerviertel...

    Roverandom

    Ich nehme einmal an, Du warst noch nicht in dieser Ecke. Bei einem Deiner nächsten verlängerten Wochenenden würde ich an Diener Stelle unbedingt in die Oberlausitz fahren (ca. 4 Stunden Autofahrt von Wien via Brünn und Prag bis an die Grenze zu Zittau, welches in etwa 35 km von Görlitz entfernt ist). Du wirst begeistert sein! Zumindest war ich es, weil ich nicht dachte, dass es in D so eine Dichte an unzerstörten Städten und nicht zersiedelte Landschaften noch gibt. Sollte es wirklich ein Thema werden, dann schreib mir eine Mail, dann gebe ich Dir wichtige Tipps mit.

    Also in Görlitz sind so manche Häuser in einem viel gepflegteren Zustand als in Wien. Vor allem, was die Stiegenhäuser und Entrees der Liegenschaften anbetrifft. Auch die Fassaden werden dort einfach fachgerechter und mit mehr Liebe saniert. Was in Wien fast nie vorkommt sind rekonstruierte Bauteile z.B an Fassaden (Ich kenne in Wien nur ganz wenige Beispiele, wo nachträglich wieder Stuck angebracht wurde).

    Aufgrund der Tatsache, dass wir in Wien eine extrem hohe Dichte an Gründerzeitlern haben, gibt es leider auch das Problem, dass manche Viertel (entlang des Gürtels) in einem nicht besonders guten Zustand sind, obwohl immer mehr saniert wird. Aber, wenn ich mir den 1. Bezirk (teuerster Wohnbezirk und hoher Anteil an Gründerzeit) ansehe oder 3.-9. Bezirk (mehrheitlich gründerzeitlich) oder die Nobelbezirke 13., 18. und 19., dann sind doch auch dort die teuersten und schönsten Wohnungen in Gründerzeithäusern gelegen?

  • @ Karasek:

    Danke für die Hintergrundinfos. Ein Besuch auf "Immobilienscout" war aufschlussreich! Wie anders dagegen die Wiener Situation: große Nachfrage, hoher Zuzug; beschränktes Angebot (gerade bei größeren Altbauwohnungen), steigende Mieten und Preise...

    @ Exilwiener:

    In der Tat, abgesehen von Kurzaufenthalten in Dresden und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] (die auch schon über 5 Jahre zurückliegen) kenn ich die Gegend nicht; aber sie erscheint mir immer "verheissungsvoller"; besonders seit ich hier die Dresdner Thematiken mitverfolge oder mir die Bilder etwa von Pirna ansehe. Mein Eindruck ist, daß trotz der großen Probleme, mit denen Ostdeutschland kämpft, viel Positives in Sachen Stadtbildpflege vor sich geht. Jetzt ist schon klar, daß das Themen sind, die z.B. in Dresden akuter sind als anderswo; aber etwas von dem Engagement, daß dabei zum Vorschein kommt, würd ich mir in Wien wünschen. Wir haben hier zwar keine Rekonstruktionsvorhaben (obwohl mir schon einige Gebäude einfallen, die ich gern wiederhätte :D:D:!::!: ), aber allein die Bedrohung, die Wiens Bausubstanz durch die massive Neu- und Umbautätigkeit erfährt, böte Anlass genug.

    Rekonstruiert wurden einige Fassaden unter Bürgermeister Zilk - damals wurden ja auch wieder die historischen Litfaßsäulen aufgestellt, die jetzt wieder durch absolut unansehnliche Glaszylinder ersetzt werden. Mein Eindruck ist, daß zwar nach wie vor saniert wird (meist in Kombination mit modernem Dachaufbau!), aber leider auch abgerissen - vorallem in den Außenbezirken. Wenn das so weitergeht werden Favoriten oder Ottakring bald ihren Gründerzeitcharakter verlieren.

    Und danke für Dein Angebot bezüglich Reisetipps! Ich werde sicher darauf zurückkommen, obwohl ich fürchte, dieses Jahr geht sich´s nimmer aus :(

    ... und wenn jetzt nicht ganz allgemeine und durchgreifende Maßnahmen angewandt werden, so werden wir in kurzer Zeit unheimlich nackt und kahl wie eine Kolonie in einem früher nicht bewohnten Lande dastehen... (Schinkel 1815)

  • Gang durch ein unsaniertes, im Kern gotisches Görlitzer Hallenhaus an der Ostseite des Untermarktes. So siehts von außen aus (direkt gegenüber der neuzeitlichen Erweiterung des Rathauses).
    PS: die Bilder sind alle online, nur spinnt Imageshack heute scheinbar etwas. Wenn nur ein Defekt- Bildersymbol angezeigt wird Rechtsklick auf das Symbol und im Kontextmenü auf Bild/Grafik anzeigen. Dann gehts AFAIK.


    In der kleinen Eingangshalle:


    Die Treppe hoch und nach oben geschaut:


    Um 180° gedreht, von dort kommen wir:


    Jetzt die nächste Treppe hoch:


    Und wir befinden uns auf dem Podest über der Eingangshalle (das Motiv hat was):


    Rechts von uns zwei alte Türen, allesamt keine 1,7m hoch:



    Der hintere Teil des Haus präsentiert sich mit neuem Mauerwerk. Das hier zu sehende Dach bildet einen zweiten, kleineren Giebel direkt hinter dem großen, vom Markt zu sehenden Giebel:


    Das Haus ist sehr tief, hier ein Saal der in Richtung Osten abgeht:


    Bemalte Decke:


    Zimmer zur Marktseite. Die Wand links stammt aus DDR- Zeiten:


    Decke im Nachbarraum, ebenfalls zum Markt hin:


    Obergeschoss des nach Osten abgehenden Flügels. Scheint sehr runtergekommen gewesen zu sein. Im Hintergrund sieht man polnische Neubauten:


    Moderne Kunst?:


    Dachgeschoss.


    Und fertig.

  • Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Zeitschichten sich hinter den Fassaden der Görlitzer Bürgerhausfassaden erhalten haben - gotische Gewölbe, barocke Deckenmalereien, Balustraden, kostbare Türgewände. Ein Glück für das ganze Land, dass diese reiche Bürgerhauskultur in Görlitz noch für Entdeckungen offen steht!

  • Zitat von "Mathias"

    Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Zeitschichten sich hinter den Fassaden der Görlitzer Bürgerhausfassaden erhalten haben - gotische Gewölbe, barocke Deckenmalereien, Balustraden, kostbare Türgewände.


    Das ist wohl wahr, aber genau diese unwiederbringlichen Spuren der Vergangenheit werden oftmals durch Restaurierungen zerstört. Wie kostbar sind hierbei die alten ausgetretenen Fussböden und Treppenstufen, wie erhaltungswürdig sind die rostigen Türbeschläge oder die abgewaschenen und bröckeligen Mauern und Farbschichten?? Bemalte Decken und Wände erkennt am sofort als wertig an, aber der Rest?
    Orginaler geht es doch wohl kaum noch. Schaue ich mir die Bilder von Karasek an, kommt es mir so vor als könne man mit einem Zeitfenster direkt in die Historie des Gebäudes eintauchen. Man kann sogar den Geruch dieses Hauses erahnen. Bei erfolgten Sanierungen ist dann meist sowas weg.

    Vielen Dank Karasek für diese schönen Einblicke!

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Eine kleine Tour von der Neißeüber den Untermarkt zum Obermarkt und auf einer Nebenstraße zurück.


    Blick rüber nach Polen. Langsam entsteht der Platz neu:


    Nochmal Polen, das kleine rote Haus linksseitig gehörte Jakob Böhme. Die Einfamilienhäuser darüber stören das Bild:


    Durch die Neißestraße:


    Verfall in der Straße rüber zur Peterskirche:


    Untermarkt:


    Ratsapotheke:


    Uhr des Rathauses:


    Verkündigungskanzel und Justitia-Standsäule am Rathaus:


    Corvinus-Wappen:


    Schönhof:


    Zum Obermarkt:


    Abseits besteht weiterhin Sanierungsbedarf:

  • wunderschön.
    die gebäude an sich sowieso. aber auch die sanierungen: kaum störende ladeneinbauten in den erdgeschossen und keine billigen werbetafeln irgenwelcher handy-, mode- und nippes-shops.
    es scheint ein schmaler grat zu sein, einerseits genügend kapital für sanierungen zu binden und andererseits nicht den touri-ausverkauf der stadt zu betreiben. ich kenne keine stadt mit ähnlichen voraussetzungen, in der dies besser gelingt. bstimmt werden mit der zeit viele gäste gerade deswegen nach görlitz kommen. und das wird dann eine ganz besondere klientel sein. hoffentlich.

  • Ein paar Bilder vom Tag des offenen Denkmals. Die Mehrzahl der Objekte hat jedes Jahr auf, deshalb zeige ich die nicht nochmal. Ein paar weitere wurden leider kurzfristig aus dem Programm genommen, und andere waren jetzt nicht sooo sehenswert. Hier ist der Rest.
    PS: man beachte das gemischte Publikum. Also nicht nur alte Leute wie anderswo.

    Los gehts mit einer Fabrikantenvilla von 1896 mit großer holzvertäfelter Eingangshalle, neubarocken Stuckdecken und Wintergarten. Das Haus steht zum Verkauf, wobei die Lage nicht die beste ist, denn man schaut über das ruinöse Fabrikgelände auf die nicht gerade hübsche polnische Seite:

  • Weiter gehts mit dem Tuchmacherinnungshaus von 1726 mit Schaustube und Gesellenherberge:


    Nun ein Privathaus im malerischten Teil von Görlitz, in der Nikolaivorstadt direkt an der Kirche. Ein kleines Handwerkerhaus von 1717 mit erhaltenen Gewölberäumen und Balkendecken. Interessant daran: es gehört einer älteren Dame aus Bremen, die durch Medienberichte über "Pensionopolis" auf Görlitz aufmerksam wurde und hierher zog. Ihre Tochter richtet sich gerade den Dachboden her weils ihr scheinbar so gut gefällt.

  • Jetzt eine Fabrikantenvilla von 1899 mit einem Mix von Neorenaissance und Jugendstil und prächtiger gußeiserner Treppe:


    Ein spätklassizistisches Mietshaus von 1863 mit hoher Durchfahrt und sehr hohen Innenräumen. Es gehört jetzt Holländern:

  • Nun noch ein prächtiges Mietshaus von 1894 in einer der besten Lagen mit polychrom gefassten Stuckdecken und aufwendig ausgemaltener Durchfahrt und Treppenhaus. Das Haus ist gerade in Sanierung und die Malereien werden logischerweise noch wiederhergestellt. Innen gibts viel Stuck und hübsche Türrahmen. 117qm kosten übrigens ca. 900€ warm, was für Görlitz viel ist:


    Fertig.

  • Fantastisch! Genauso hatte ich mir den Tag des offenen Denkmals auch vorgestellt. Leider scheint die Auswahl an Objekten nur in Görlitz so groß zu sein.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • Was wurde eigentlich zu der Villa für Informationen gegeben? Ist denn schon ein Investor in Aussicht? Mich würde vor allem Interessieren, wie mit den Decken verfahren werden soll, werden diese ergänzt oder werden Abdrücke gemacht und danach alles runtergerissen- bei dem Zustand des Unterbaus wäre das wohl das Beste.

    Diese Fabrikantenvilla gibt es übrigens für schlappe 299 000€. Dafür bekommst Du anderswo gerade mal ein Reihenhaus. (Nun gesehen an dem was man reinstecken muss, ist es eigentlich aich nicht worklich ein Schnäppchen...)
    Hat übrigens noch die original Badfliesen:
    http://picture.immobilienscout24.de/files/basic003/1/160/A/434/46474067/B_F_12_basic.jpg?2544053826\r
    picture.immobilienscout24.de/fil ... 2544053826

    Hier gibt es noch Bilder aus der Zeit wo es noch bewohnt war, ich schätze mal Anfang-Mitte der 90er.
    http://picture.immobilienscout24.de/files/basic01/1/160/A/434/46474067/V_S_8.pdf?3686235381\r
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