Görlitz (Galerie)

  • Bei Görlitz bergen historische Aufnahmen nicht übermäßig viele sentimentale Aspekte, da so vieles zum Glück noch erhalten ist.
    Die folgenden fünf ausgezeichneten NPG-Fotografien aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jhdts. möchte ich dennoch hier teilen:

    Das Beste natürlich zum Schluss.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Leider muss ich zum ersten Foto Einspruch einlegen ;) Dieses Foto zeigt das östliche Ufer der Neiße. Also heute Polen. Und hier hat sich doch sehr viel verändert. Ebenso wie das naheliegende Wohngebiet "Töpferberg", heute "Postplatz". Aber hier entwickelt sich wenigstens was...

    Ich schätze mal, dass das so um 1900 war. Rechts die Dreiradenmühle. Foto von der damaligen hölzernen Altstadtbrücke aus.

    Ähnliche Ansicht. Auch die Westseite sieht heute nicht mehr ganz so aus.

    Hier die Altstadtbrücke aus Holz, dahinter das Wehr und rechts die Mühle.

    So gemütlich und romantisch das alles aussieht, Details darf man gar nicht ansehen. Da gabs wohl viel Elend.

    Fotos: Robert Scholz, Görlitz

    In den 1950er Jahren wurde die Zeile fast restlos abgeräumt. Heute sieht es nun so aus. Das Foto ist von 1987. Das ehemalige Silo stammt aus dem Jahr 1938.

    Foto: Rapp, Gunter, 1987

  • Mit dieser Zeile hat Görlitz eines seiner Wahrzeichen verloren - wenig wurde so oft abgebildet wie diese Häuser.
    zB im großen Kurt Hielscher Photoband über Deutschland.
    Auch in Hermann Schreibers Buch Unvergessener Deutscher Osten befindet sich ein Bild der wohl bereits verfallenden Häuser:"Blick über die Neiße auf den heute polnisch verwalteten Teil der Stadt Görlitz". Bei vielen Menschen der früheren Generationen wird dieser Blick eines der ersten Sachen sein, die sie von Görlitz mitbekommen oder aufgeschnappt haben.
    Den beinahe schon pc-Verweis auf das omnipräsente "Elend" vermag ich nicht zu teilen. Es waren ursprünglich gewerblich genutzte Häuseln, Gerbereien. Gerbereien waren niemals Nobelquartiere. "Schöner Wohnen" stand da niemals auf dem Programm. Die eigentlichen Wohnhäuser waren straßenseitig.
    Für Städte am Fluss sind solche malerischen Hinterhäuser oft typisch. Auch in Waidhofen/Ybbs gab es so etwas hinter der Zeller Hochbrücke:
    http://www.ebay.de/itm/131464-Wai…I0AAOSw34FVAvdD

    Auch das ist schon Geschichte. Die heutige Zeit kennt keinen Humor und keine Liebe.

    Hier ein paar Photos aus der SZ, wo, wie ich meine, in bester journaillistischer Manier einiges durcheinandergebracht wird.

    http://www.sz-online.de/nachrichten/da…er-3444390.html

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    Einmal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (19. Mai 2017 um 14:33)

  • Durchaus naheliegend, dass die Gerber aus der eigentlichen Stadt hinaus auf das spärlich besiedelte östliche Neißeufer "verbannt" wurden. Sonderlich beliebt war das Gewerbe ja nie.

  • Die Gerber waren, um ihr Handwerk betreiben zu können, auf viel Wasser angewiesen (Herstellung der Gerberlohe, auch "Lohkäs" genannt). In einer Zeit, in der es noch keine Wasserleitungen gab, hätte man das viele Wasser schwerlich mit Eimern herbeischleppen können. Ein Transport des Wassers mittels Fuhrwerk und Fässern, wäre wohl zu teuer und zu umständlich gewesen. Deshalb befanden sich die Gerbereien an Bachläufen oder Flüssen, wo genug frisches Wasser zur Verfügung stand.

    Die Gerberei ging einher mit sehr starken Geruchsbelästigungen. An den bestialischen Gestank kann ich mich aus meiner Kindheit noch erinnern, die Gerberei war nicht weit von unserem Haus entfernt (zur Klarstellung, dies war nicht in Görlitz). Wegen der starken Geruchsbelästigungen waren die Gerber zwar an Flüssen oder Bächen, aber eben auch möglichst am Stadtrand angesiedelt. Vermutlich wird man am Westufer der Neiße in Görlitz den Gestank der Gerbereien, die am Ostufer des Flusses betrieben wurden, auf Grund der Entfernung für gewöhnlich wohl eher nicht wahrgenommen haben, außer vielleicht bei starkem Ostwind.

    2 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (19. Mai 2017 um 16:03)

  • Die eigentlichen Gerberhäuser befanden sich rechts von der Altstadtbrücke, hinter der Heilig-Geist-Kirche, die mit dem Bau der neuen Brücke abgerissen wurde. Insofern hat die SZ eigentlich nichts Falsches berichtet. Welche Gewerbe links der Brücke ausgeübt wurden, ist mir nicht bekannt. Da die Gerber viel Wasser brauchten, wage ich zu bezweifeln, dass auch hier Gerber arbeiteten. Das dritte Foto gibt über die Arbeit der Gerber ein wenig mehr Einblick.


    Fotos: Robert Scholz, Görlitz

  • Ein paar aktuelle Bilder muss ich doch noch beisteuern.


    Die Bilder sind ganz aktuell. Von hier aus gesehen, völlig unverdächtig. Die Dächer wurden neu eingedeckt...


    ...und nun schauen wir genauer hin: Die beiden Dächer wurden schon z.T. geplündert.


    Hier und bei den folgenden Bildern wird das immer deutlicher. Insofern stimmen die Fotos von fusajiro nicht mehr mit der heutigen Wirklichkeit überein.


    An einen Sturmschaden kann ich einfach nicht glauben. Schade drum...


    Fotos: Autor, 28.05.2017

  • Die Vorher-Nachher-Vergleiche mag ich ja besonders: Hier die Fleischerstraße 15 im Wandel der Zeiten.


    Links steht hier noch ein Gebäude.
    Foto: Robert Scholz, Görlitz, ca. 1900


    Das Erbe der DDR. Wann das links stehende abgerissen wurde, ist leider nicht bekannt.
    Foto: private Sammlung, ca. 1992


    Und so stellen wir uns eine gelungene Restaurierung vor. Was das alles gekostet haben könnte, ist nicht bekannt.
    Vielleicht wird irgendwann die Straßenzeile komplettiert
    Foto: Autor, 28.05.2017

  • Die Volksbücherei wurde 1905 erbaut. Link zur Homepage der Bücherei. Bis 2007 konnte man sie so noch bestaunen. Leider ist dieser Standort heute durch einen Zaun versperrt. Deshalb konnten die folgenden Fotos nur von der anderen Straßenseite "geschossen" werden


    Foto: Robert Scholz, 1908


    Hier die sicherlich notwendige Erweiterung der Bücherei.


    Das Original...


    ...und die Erweiterung. Ich finde, das ist eine sehr gewagte Lösung, will sagen: gefällt mir nicht.


    Fotos: Autor, 31.05.2017

  • Noch einmal ein schöner Vorher-Nachher-Vergleich zum Genießen:

    Blick von der Altstadtbrücke zum Renthaus und zur Peterskirche, 1912. Rechts sind noch Gebäude der Vierradenmühle zu sehen, die später abgerissen wurden.

    Quelle: Robert Scholz, Görlitz, 1912, rest.

    Fast der gleiche Blick von der Altstadtbrücke. Nun kann mal jeder die Veränderungen der vergangenen 105 Jahre suchen... ;)

    Foto: Autor, 28.05.2017

  • Kürzlich waren wir in Görlitz und haben einige Fotos geschossen. Die Motive sind ja teilweise schon bekannt, aber der herrlich blaue Himmel verlockte einem zum Fotografieren:











  • Die ehemalige Synagoge war ja schon mal ein Thema. Inzwischen ging es auch hier voran. Ich habe mir das mal am 11.05. angesehen und war angenehm überrascht. Wer sich im Inneren umschauen will, muss sich mal bei Google umsehen, wann wieder eine Führung stattfindet (normalerweise sonntags).


    Foto. vermutl. R. Scholz, 1910

    Hier einige interessante Informationen.


    Fotos: Autor, 11.05.2018


    Von Hans Peter Schaefer, http://www.reserv-a-rt.de - Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1342198

    Der Förderkreis bietet interessante Zusatzinformationen

  • Zurück aus Görlitz von meiner Verwandtschaft. :) Ein paar Impressionen.


    Fotos von mir, ©Ludolf


    Eine Frage bitte zu diesem Bild: Sowohl in Görlitz in diesem (ich glaube Metzgerladen) als auch im benachbarten Zittau habe ich in einem alten Laden "Grüß Gott!" gelesen.

    Als ich oben noch in der Olau wohnte und immer wieder mit "Grüß Gott" grüßte, glaubten alle, dass ich aus Bayern bin. Ist das "Grüß Gott" eigentlich aufgrund der sozialistischen Diktatur mit der Zeit abhanden gekommen und können sich zB Deine Großeltern noch daran erinnern, dass in dieser Gegend früher anscheinend auch ganz normal mit "Grüß Gott!" begrüßt wurde? Im nicht allzu weit entfernten Prag wurde ganz normal mit "Grüß Gott!" eingetreten. Ich weiß OT, aber immerhin hat mich Dein Foto wieder auf diesen Gedanken gebracht. Kulturgeschichte wird immerhin von vielerlei Faktoren bestimmt.

  • Mein Opa kommt aus Pampitz, Kreis Brieg, Schlesien. Ich müsste ihn fragen, aber generell würde ich sagen, haben sie in der Aussprache einige Sonderheiten. Mein Opa rollt z.B. das "R" immer extrem. Ich glaube das sind schlesische Eigenarten, die auch aus Zeiten des österreichischen Schlesiens übertragen wurden. Dazu zählt vielleicht auch das "Grüß Gott". Ich glaube mich zu erinnern, dass ihm das durchaus nicht so fremd war. In DDR-Zeiten wurde das sicherlich weniger gern gehört. Das kann durchaus eine Erklärung sein.

    Görlitz und Schlesien haben ja eine besondere Geschichte, die sich auch exemplarisch am Familiennamen meiner Görlitzer Verwandten sehen lässt...

    Die gesammte "*********" stammt aus dem "Rätoromanischen" Teil der Schweiz rund um Chur.


    Zu Zeiten der Herrschaft der Maria Theresia wurden seinerzeit für die
    Ostprovinzen Siedler angeworben. Da in der Schweiz die Calvinisten mit
    rüden Methoden die katholische Bevölkerung zum Glaubensübertritt
    zwangen, folgten viele Katholiken dem Ruf der Östereichischen Kaiserin.
    Das ist der Grund, daß die Herkunft der ******-Namensträger fast
    ausschließlich in Schlesien zu finden ist.

  • Das Oberlausitzische und das Schlesische weisen durch ihre lange Zugehörigkeit der Länder zu Böhmen und Österreich durchaus einige oberdeutsche Einflüsse auf. "Grüß Gott" würde ich dazu zählen. Oberlausitzisch (typisch ist das "amerikanisch" rollende R) ist aber dennoch ein mitteldeutscher Dialekt. Ich kann mich durchaus erinnern, gerade unter älteren Evangelen im Erzgebirge noch "Gott zum Gruße" gehört zu haben. Das dürfte aber in weiten Teilen des industrialisierten Sachsens schon Anfang des 20. Jahrhunderts aus der "Mode" gekommen sein.
    Es gab ja bedingt durch die spezielle Geschichte der Oberlausitz auch im Görlitzer Raum immer einige Katholiken, im nahen Böhmen natürlich ohnehin. Möglicherweise hat sich deshalb der Gruß vergleichsweise lange gehalten. Heute halte ich es aber auch für unüblich. Wurde dort noch nie so begrüßt.

    3 Mal editiert, zuletzt von Saxonia (16. Juli 2018 um 21:10)

  • Interessant ist das mit dem amerikanischen "r" auch deshalb, weil es auch im Siegerland und dem angrenzenden Gebiet des Westerwalds sowie der Teile Hessens um Haiger eine Gegend gibt, in der das "r" so seltsam gerollt wird, nicht italienisch, sondern eben englisch. Meine Frau dachte zu Besuch auf einer Hochzeit vor Jahren, huch, sind aber viele Amerikaner hier, aber die Leute sprechen da so, wiewohl es sich wie bei fast allen Dialekten mit der jüngeren Generation wohl verlieren wird.

    Zur Inschrift "Grüß Gott": Es gibt diese sogar in Bremen, mehrfach, v.a. bei Häusern aus der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg im späten Jugendstil. Ich würde daraus also nicht unbedingt schließen, dass dies in der entsprechenden Gegend dann ein gängiger Gruß gewesen wäre. Zumindest für Bremen kann man das wohl ausschließen. Vielleicht eine kleine Mode oder eben aus Bayern zugewanderte Laden-/Hausbesitzer, die ein Stück Heimat mitbringen wollten?