Dresden, Neumarkt - Quartier VI

  • Danke für die Bilder!

    Aber entschuldigt bitte die Frage, ich dachte, das Dinglinger-Haus ist das Gebäude auf der Ecke Sporergasse/Jüdenhof, nicht Frauenstraße/Neumarkt?! *bin verwirrt* :)

  • Naja, es gibt nun wieder 2 Dinglinger-Häuser.

    Wenn wir von Schatzkunst Dinglingers reden, übersehen wir oft, dass die Werke von einer Künstlerfamilie hergestellt wurden, die aus Biberach stammen.

    - Johann Melchior Dinglinger, (1664 - 1731) der älteste der 3 Brüder Dinglinger gilt als Oberhaupt.
    Er war wohl derjenige, der in der gemeinsamen Werkstatt "den Hut auf hatte". Ihm werden gemeinhin die Entwürfe zugeschrieben und er ist es, der in Verhandlung und Verkauf auftrat, also die PR für Dinglingers machte.

    - Sein Bruder Georg Friedrich Dinglinger (1666 - 1720) war Emailleur.

    - Der jüngste im Bunde der Brüder war Georg Christoph Dinglinger (1668 - 1728).
    Er war Goldschmied, wohl in Arbeitsgemeinschaft und gemeinsamer Werkstatt mit seinem Bruder?
    Er steht aber in der Wahrnehmung komplett im Schatten seines Bruders und hat es heute nicht mal zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag gebracht, während der Emailleur schon wenigstens mit Lebensdaten und in paar Werken verzeichnet ist.
    Die SKD weisen dem "kleinen" Bruder zumindest einige Werke zu.

    Wer weiß mehr?

    Jener "vergessene" Georg Christoph Dinglinger hat 1716 von einem Herrn Thäme das irgendwann zwischen 1711 und 1716 von Pöppelmann am Jüdenhof errichtet und heute Dinglingerhaus genannte Gebäude erworben.


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    Johann Melchior Dinglinger* hatte sein Haus in der Frauengasse 9. Dieses wurde nun ebenfalls rekonstruiert und ist fast fertig.
    Als letztes wird noch eine Kopie des Dinglingerbrunnen im Hof eingebaut.
    (Original an der Wand des Neuen Gewandhauses.)

    Das Gebäude wurde ursprünglich wohl 17oo für J. M. Dinglinger errichtet.
    Es zählte wegen seiner Kuriositäten – einer Sternwarte, Wetteruhr und Feuerspritze – zu den Dresdner Sehenswürdigkeiten.
    Es ist immer wieder zu lesen, dass das Dach des Hauses zunächst als Altan (Dachterrasse) mit Wasserspielen ausgebildet war und diese Dachterrasse die Bewunderung der Dresdener erregte.
    1726 ist das "Flachdach" wohl durch ein Mansarddach ersetzt worden.

    Allerdings ist mir nicht klar, ob es sich um das Dach des Vorderhauses handelt, oder Hinterhaus und Seitengebäude gemeint sind. Jedenfalls entsteht jetzt auf den Gebäuden des Hinterhofes wieder eine Dachterrasse, wenn ich das richtig sehe.

    Wer weiß mehr?

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    Für mich interessante Anekdote:

    Es ist davon die Rede, das Zar Peter der Große mehrfach in Dresden weilte und bei Dinglinger wohnte.
    Wie oft war der Zar in Dresden? Keine Ahnung.

    - Für 1712 ist das wohl tatsächlich belegt. Mit Übernachtung bei Dinglingers.
    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/117646

    - 1711 war Peter I auch schon mal in Dresden. War er da auch Dinglingers Gast?

    - Als er 1698 erstmals in Dresden "vorbei schaute" war ein logieren im Dinglingerhaus jedenfalls unmöglich.

    Wer weiß mehr?


    Im Grünen Gewölbe wird in der Beschreibung zum Medaillon Peter I behauptet, dass er am Jüdenhof übernachtet hätte. Aufgrund der Baudaten ist das ausgeschlossen.


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    *Über J.M.Dinglinger weiß Wikipedia ne Menge mehr.
    "Johann Melchior Dinglinger lernte das Goldschmiedehandwerk in Ulm. Er kam 1692 als Geselle nach Dresden, wo er 1693 in die Goldschmiedeinnung aufgenommen wurde. Im Jahr 1698 wurde er zum Hofjuwelier August des Starken ernannt. Er arbeitete bis zu seinem Tod 1731 in Dresden, war fünfmal verheiratet und hatte 23 Kinder. Sein Grab auf dem alten Johaniskirchhof ist nicht erhalten.
    Dinglinger gilt als einer der bedeutendsten Goldschmiede des Barock. Gemeinsam mit 14 Gesellen schuf Dinglinger in seiner Werkstatt prachtvolle Kunststücke, …. "

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    Wenn man im Petersburger Winterpalast eine Sondereintrittskarte zum "Diamond Room" dazubucht, dann kann man - allerdings unter erschwerten Bedingungen, denn die Russen sind anstrengend und lassen einen hier nicht in Ruhe und frei schauen - einen kurzen Blick auf einige Dinglingersche Perlfiguren und Miniaturen werfen, die den Dresdener Stücken komplett ähnlich sind.
    Sicher 1711 / 1712 erworben.

    Das wäre auch eine lohnende Sonderausstellung der SKD :)

  • Ich kann es mir nicht vorstellen, dass der Investor so viel Geld für einen Brunnen ausgiebt, der ja dann eigentlich im "Verborgenen blühen" würde.
    Natürlich ist der Innenhof ohne den Brunnen nicht vollständig und auch irgendwie "nackt".

  • Diese Befürchtung habe ich auch.
    So eine originalgetreue Kopie in Sandstein würde doch bestimmt einen mittleren sechsstelligen Betrag kosten, den der Investor garantiert nicht zahlen wird.
    Dann bliebe noch die Möglichkeit, den Brunnen am Gewandhaus abzubauen und wieder an seinen Originalstandort zu verbringen. Doch das würde wahrscheinlich große Proteste und endlose Diskussionen auslösen.

  • Ich wäre sowieso für den Originalbrunnen gewesen. Warum sollte man den selben Brunnen zweimal in der Stadt aufstellen.

    Aber wie du schon sagst, da regt sich dann wieder Hinz und Kunz auf.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Ich hatte heute Gelegenheit, in den Innenhof des Dinglingerhauses zu schauen. Er ist wirklich ziemlich klein, so dass ohne Superweitwinkel kaum vernünftige Fotos möglich sind.
    Hier trotzdem ein paar Aufnahmen:

    Die Rückwand sieht leider ziemlich "endgültig" aus, keine Ahnung, ob es noch etwas wird mit dem Brunnen...

    20190413_124333a

    20190413_124338a

    20190413_124349a

    Blick in Richtung Frauenstraße

    20190413_124443a

    Der Nachbarhof von Blobel (mit Blick zum Durchgang)

    20190413_124358a

    20190413_124401a

    Schon alles sehr eng hier... :P

    20190413_124424a

    Viele Grüße
    Bert

  • Also ich finde der Glaubwürdigkeit - halber , sollte der Brunnen am Gewandhaus trotzdem (gegen alle Diskussionen)Rückversetzt werden , als einziges Originalteil des Hauses.

  • Danke für die Innenhofphotos. Was wir ja völlig aus dem Blick verloren haben, ist die Funktion von Innenhöfen als Teilen des Stadtraums - samt der zu ihnen führenden Durchgangspassagen. Am Berliner Schloss wird dies wieder im großen Stil erlebbar sein. Aber denken wir auch an die Höfe der Patrizierhäuser, etwa in Nürnberg, an die Kreuzgänge der Bettelordenskirchen, an die Cortili in den italienischen Palazzi usf. Auf dem berühmten Rom-Plan von Giambattista Nolli (1748) ist die Funktion des Hofes als eines öffentlichen Raumes deutlich zu erkennen. Zur Stadtqualität gehören auch mehr Innenhöfe à la Dinglingerhaus.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich finde man sieht schon das Platz für den Brunnen gelassen wurde.
    Das Fenster im 1.OG wurde extra nicht bodentief ausgeführt.
    Der Regenwassereinlauf sieht ganz unten auch nur provisorisch aus mit diesem Bogen da.

    Ich bleibe auch dabei, dass wenn dann der Brunnen vom Gewandhaus versetzt werden sollte. Eine Kopie würde bloß wieder enttäuschen.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Ich finde man sieht schon das Platz für den Brunnen gelassen wurde.
    Das Fenster im 1.OG wurde extra nicht bodentief ausgeführt.
    Der Regenwassereinlauf sieht ganz unten auch nur provisorisch aus mit diesem Bogen da.

    Ich bleibe auch dabei, dass wenn dann der Brunnen vom Gewandhaus versetzt werden sollte. Eine Kopie würde bloß wieder enttäuschen.

    Bis das in Dresden diskutiert und durchgesetzt würde, wäre das Haus wahrscheinlich schon wieder sanierungsbedürftig.
    Es wird schon so sein, dass der Brunnen aus "Kostengründen" wegfällt.

  • Ja, das sieht leider fertig so aus. Es wurde auch schon gepflastert und die Wand gestrichen. Wenn da noch der Brunnen hin sollte, dann hätte man diese Bereiche vorerst ausgelassen.

  • Naja dann ist es jetzt erstmal wie es ist , aber aber Dauer muss eine Regelung getroffen werden zwischen dem Hotel Gewandhaus die einen gleich wertigen Ersatzbrunnen in ähnlicher Gestaltung erhalten wenn dem Rückbau des Brunnens zugestimmt wird , es kann ja nicht sooo Kompliziert sein den Brunnen von der Wand zu lösen … und ein paar Meter weiter wieder aufzustellen , ansonsten ist die USD oder Patrizia Immobilien AG ein Witz , etwas Idealismus muss schon erbracht werden …

  • Das wichtigste ist doch, dass der Dinglingerbrunnen existiert, dass er gepflegt wird und dass jeder, der ihn in Dresden sehen will, auch sehen kann. Das ist der Fall.


    Dresden, Dinglingerbrunnen am Gewandhaus (Foto: Dguendel, September 2014, CC-BY-SA-3.0)

    Am Gewandhaus hat der Dinglingerbrunnen einen guten Platz gefunden. Das Arrangement mit der Rahmung des Fensters entspricht genau dem Original. Die ursprüngliche Aufstellung im Dinglingerhof war sehr beengt. Das hatte natürlich auch seinen Reiz: der Brunnen als Endpunkt eines intimen Innenhofes. Ob der Brunnen im jetzt rekonstruierten Innenhof den richtigen Platz hätte, ist nach den Bildern schwer einzuschätzen. Ich gebe Treverer recht, der Hof sieht schon zu fertig aus. Sollte der Brunnen aber doch umziehen, würde das Gewandhaus keinen Ersatz benötigen, denn dort war vorher ja kein Brunnen. Es gibt ein Beispiel für den Umzug eines Kunstwerks dieser Größenordnung, das in Dresden lange Zeit an einer anderen Stelle stand: das Portal der Schlosskapelle.

  • Es geht sicher bald los mit der Tür, ein Balken ist ja schon drin... :D

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    Ich finde die Schirme nicht zu störend, im Winter hat man dann eh wieder freie Sicht. Und Grün gibt's keins, also machen Sommer-/Winterbilder keinen Unterschied. ;)

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