Dresden, Neumarkt - Quartier VI

  • Mein Anliegen ist es, klarzumachen, dass die "Blobelbude" dem gesamten Rekogedanken deutschandweit einen Bärendienst - im Negativen - erwiesen hat.

    Viel zu hoch angehängt. Der Bau hat ja selbst regional außerhalb engster Architekturkreise (wie hier im APH) kaum Diskussionen ausgelöst, geschweige denn überregional oder gar national. Interessiert keinen Menschen. Wie thommystyle auch schon richtig anmerkte, dafür ist der Bau zu unbedeutend. Bei der Frauenkirche oder dem Berliner Stadtschloss wäre das freilich eine ganz andere Nummer gewesen.

    Ich weiß noch, was hier für ein Aufhebens um die verdoppelte Neorenaissance-Fassade im Quartier III-1 gemacht wurde (hier links zu sehen, Eckhaus Neumarkt 4). Da wurde auch der Untergang der Reko-Bewegung herbeigeredet. Wer redet davon heute noch? Ganz ehrlich, sowas interessiert am Ende praktisch niemanden mehr, solange das Resultat stimmig genug erscheint.


    Überdies: Nochmal einen Riesendank allen Beteiligten (auch dir Oktavian!) für den unermüdlichen Einsatz für das bei allen Widrigkeiten dennoch gelungene Ergebnis im Q-VI. Das ist einfach trotz allem viel viel besser als 99,9% der sonstigen Bautätigkeit in Deutschland, ach weltweit. Insofern alles meckern auf hohem Niveau - sehr hohem sogar.

  • Dass der Blobel-Bau anstelle des ursprünglichen Eckbaus errichtet wurde, ist sehr ärgerlich. Allerdings muss man ihn nicht zwingend als Konkurrenz zur Rekonstruktion sehen, obwohl ich diese Befürchtung verstehen kann. Da er für sich genommen recht ordentlich ist (sieht man von dem dummen Dachaufbau und dem Glasdach am Übergang zum Nachbarbau ab), könnte er auch als Vorlage für eine neue Art des Bauens in der Stadt dienen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Fotos vom 10./11.11.2018

    Hier ein paar Bilder vom Wochenende von mir. Da ich nur wenig Zeit zum Rumlaufen hatte, musste ich fast alles Samstagabend bei Dunkelheit fotografieren, aber das ist ja auch mal was anderes. :D


    Abb.1: Die jetzt geschlossene Westseite des Platzes. Ich war schon einige Male in Dresden, habe aber nun zum ersten Mal den (bis auf das Hotel Stadt Rom) geschlossenen Platz gesehen. Ich muss sagen, es ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Der Platz hat genau die richtigen Proportionen und strahlt eine stimmige Geschlossenheit aus. Die relativ wenigen modernen Bauten fallen aus meiner Sicht nicht übermäßig störend ins Gewicht.



    Abb.2: Die Seite nochmal etwas näher gesehen. Das Blobel-Haus und die eine Zwischenachse fielen mir weniger störend auf als ich erwartet hatte. Dennoch ist die Dachlandschaft natürlich sehr schlecht gelöst. Anstatt des Staffelgeschosses hätte es m.E. unbedingt ein Mansarddach sein müssen. Immerhin könnte man das irgendwann später noch umbauen, sprich vorblenden.



    Abb.3: Nochmal näher durch den Bauzaun fotografiert.



    Abb.4: Desgl. von der anderen Seite.



    Abb.5: Nördliche Gebäudeecke mit Ladeneinbauten.



    Abb.6: Ladenfenster im Detail



    Abb.7: Laden von "A. Lange & Söhne". Die Läden im nördlichen Gebäudeteil sind bereits eröffnet und zugänglich.



    Abb.8: "Johannas Colonialwaren". Wie vielen Häusern des Neumarktgebiets nette kleine Läden und wenige Ketten - so zumindest mein Eindruck.



    Abb.9: An der Fassade des südlichen Gebäudeteils wird noch gebaut: Sandsteinsockel.



    Abb.10: Blick in die entgegengesetzte Richtung: Die Frauenkirche durch die neuen Bäume gesehen. Pflasterung und Möblierung des Baumbereichs auch schon so gut wie fertig.


    Und jetzt noch zwei Bilder vom frühen Sonntagmorgen, ca. 7 Uhr:


    Abb.11: Die "Blobel-Seite" vom Balkon des Hotels De Saxe gesehen, in dem ich "residierte" ;) . Eigentlich nicht schlecht, aber wie gesagt - die Dachlandschaft mach viel kaputt. Von hier fällt besonders dieser zusätzliche Pavillon ganz oben sehr unangenehm auf.



    Abb.12: Und als besonderes "Schmankerl" zum Schluss. Ein Neumarktpanorama, das ich aus mehrere Fotos zusammengesetzt habe. :koenig: Von hier sind die schönen Proportionen des Platzes besonders gut zu erkennen. Die kleineren Nebenplätze (Jüdenhof und "Frauenkirchhof"), sowie die vielen einmündenen Gassen machen den Platz extrem spannend. Man entdeckt immer wieder neue Sichtbeziehungen und Stadträume. Viel besser geht es nicht!

    Ich muss sagen, dass mich Dresden immer wieder begeistert. Eine wunderschöne Stadt! Wenn ich nicht in Lübeck wohnen würde, würde ich in Dresden wohnen wollen. :thumbup:

    Alle Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Hallo Frank,

    danke für die echt tollen Fotos.
    Schade dass Du Dich nicht gemeldet hast. Man hätte sonst ja mal was trinken gehen und über Lübeck reden können.... :)

    Zitat von Frank1204

    Eine wunderschöne Stadt! Wenn ich nicht in Lübeck wohnen würde, würde ich in Dresden wohnen wollen.

    Und das ist natürlich genau die richtige Einstellung....

  • Bei den märchenhaften Bildern sollte man ab sofort nicht mehr von Dresden als Elbflorenz, sondern von Florenz als Arnodresden sprechen. Denn die schönere Stadt liegt jetzt eindeutig an der Elbe.

  • Bei den märchenhaften Bildern sollte man ab sofort nicht mehr von Dresden als Elbflorenz, sondern von Florenz als Arnodresden sprechen. Denn die schönere Stadt liegt jetzt eindeutig an der Elbe.

    Bei aller Liebe zu Dresden, aber das ist doch eine reichlich gewagte Behauptung. Was du schon mal in Florenz? Kennst du dessen Schönheit und Kunstschätze?


    Von Giorgio Galeotti - Eigenes Werk, CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51305737
    .

  • Ich konnte Namen wie Elbflorenz, Isarathen oder Paris des Ostens noch nie leiden. Sie sind im Grunde kein Prädikat sondern ein Stempel 2. Klasse. Nicht das Original, nur ein Abklatsch. Das wirkliche Prädikat ist doch, wenn Städte mit ihrem Namen ganz und gar für sich selbst stehen.

    Zum Vergleich Florenz und Dresden: Das alte Dresden hätte ich sicherlich schöner gefunden als das alte und heutige Florenz, rein nach meinem persönlichem Geschmack entschieden. Ich ziehe den heiteren, schwungvollen und üppigen Barock der schlichteren, rustikaleren Renaissance vor. Florenz wirkt sehr alt, rustikal, gedrungen, ocker/braun, das ist nicht so ganz mein Fall.
    Die kunsthistorische Bedeutung beider Städte ist wiederum ein ganz anderes Thema. Da besitzt Florenz einen außerordentlichen Stellenwert, an den Dresden nicht ansatzweise heranreicht, auch vor dem Krieg nicht.

  • Naja, solche Namen sind doch immer als Wertschätzung zu verstehen. Zumal dafür häufig Städte herhalten durften, deren Glanzzeit eher in der Vergangenheit lag. Florenz selbst wurde und wird bisweilen ja als "Atene d'Italia", also "italienisches Athen" gepriesen.
    Außerdem geht dieser Vergleich im Falle Dresdens im Wesentlichen ja auf die Kunstsammlungen zurück. Ich denke, da muss sich Dresden vor Florenz nicht unbedingt verstecken. In Sachen Flusslandschaft geht der Punkt m.E. dann eindeutig nach Dresden.

  • Zitat von Frank

    Abb.1: Die jetzt geschlossene Westseite des Platzes. Ich war schon einige Male in Dresden, habe aber nun zum ersten Mal den (bis auf das Hotel Stadt Rom) geschlossenen Platz gesehen. Ich muss sagen, es ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Der Platz hat genau die richtigen Proportionen und strahlt eine stimmige Geschlossenheit aus. Die relativ wenigen modernen Bauten fallen aus meiner Sicht nicht übermäßig störend ins Gewicht.

    Wenn man ein paar Seiten zurückblättert, so war das ja zu Beginn des Jahres auch mein Eindruck. Die modernen Bauten fallen vor Ort wesentlich weniger hart ins Gewicht. Warum die Bilder hier oft einen falschen Eindruck vermitteln, ist mir auch nicht so ganz klar. Ich kann Frank nur zustimmen, die Atmosphäre vor Ort ist wesentlich harmonischer, vielleicht liegt es aber auch daran, dass man von den Rekos einfach so überwältigt ist und der Geist die Fehlstellen vor Ort dann ausblendet :lachentuerkis::lachentuerkis:

    Zitat von Frank


    Ich muss sagen, dass mich Dresden immer wieder begeistert. Eine
    wunderschöne Stadt! Wenn ich nicht in Lübeck wohnen würde, würde ich in
    Dresden wohnen wollen.

    So ging es mir auch. Dresden hat selbst heute noch ein unglaubliches Flair. Ich war nach meinem Dresdenbesuch ja direkt in Leipzig und ich muss trotz aller Dresdner Unzulänglichkeiten sagen, dass ich mich für Dresden entscheiden würde. Ich kann nicht mal genau sagen warum, aber die Atmosphäre ist einfach einmalig, wenn wir nach dem Neumarkt jetzt auch noch Teile des Neustädter Marktes zurück bekommen, dann entsteht hier ein Ensemble von Weltrang wieder.

    APH - am Puls der Zeit

  • Das liegt wohl an der wirklichen Hinwendung der höfischen Prachtbauten zum Fluß. Die Elbe fließt nicht nur einfach durch die Stadt, sondern ist wesentlicher Teil der Gesamtkomposition.

  • Der letzte Kran am Q VI verschwindet gerade. Bis Ende der Woche sollten wo alle größeren Baustelleneinrichtungen verschwunden sein, aber dann kommt ja schon der Weihnachtsmarkt :D

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Und jetzt noch zwei Bilder vom frühen Sonntagmorgen, ca. 7 Uhr:


    Abb.11: Die "Blobel-Seite" vom Balkon des Hotels De Saxe gesehen, in dem ich "residierte" ;) . Eigentlich nicht schlecht, aber wie gesagt - die Dachlandschaft mach viel kaputt. Von hier fällt besonders dieser zusätzliche Pavillon ganz oben sehr unangenehm auf.

    @ Frank - Danke für die wunderschönen Aufnahmen!

    Wenn man sich das Ensemble so ansieht und die bekannte Vorgeschichte einmal für sich ausblendet, käme man nie auf die Idee, dass die Gebäude zeitgleich geplant und errichtet wurden. So etwas scheinbar gewachsen-unorganisches wirkt in Summe überraschend authentisch.

    Einmal editiert, zuletzt von HelgeK (15. November 2018 um 21:27)

  • So etwas scheinbar gewachsen-unorganisches wirkt in Summe überraschend authentisch.

    Oh je.... Man darf sich nur nicht den überraschenderweise viel harmonischeren Ursprungszustand anschauen.

    Der Neumarkt war seit 1760 niemals ein wild wachsendes Bergbauerndorf gewesen, sondern eine Anlage, bei der man mittels strenger Baureglements gerade hinsichtlich der Stockwerks- und Gesamthöhen sowie vor allem der Dachlandschaften auf Einheitlichkeit und Harmonie angelegt war.

    Gerade die Westfront des Platzes hatte ein Konzept bis 1945. Es gibt Bücher dazu. Blobel hat sie niemals gelesen.

    Nein, keinerlei Zustimmung zu Deiner Aussage.

  • HelgeK schrieb ja auch "wenn man die bekannte Vorgeschichte mal ausblendet", d.h. also ohne Vorwissen und neutral, rein empfindend betrachtend sich die Erscheinung anschaut, so kommt er zu dieser Anschauung. Das kann ich durchaus nachvollziehen. So kann ich einen gewissen Frieden mit dieser Platzfront schließen.
    Dass eine nach strengen Bauvorschriften harmonisch gestaltete Gesamtanlage, im Sinne des barocken Gesamtkunstwerkes eine strahlendere und überzeugendere Wirkung entfalten würde ist uns allen ja völlig klar und wäre wünschenswert.

    Es ist nun halt unter den Nachfahren der ursprünglichen Stadtgestalter nach totaler Zerstörung ein baulicher Kompromiss, an dem viele Geister mitwirken und der Ausdruck unterschiedlicher Strömungen in einer zerrissenen Zeit. Dennoch kündet der Platz von einem harmonischeren architektonischen Urbild, im Innen, wie im Außen , als Verheißung einer anzustrebenden Zukunft!

  • Ich finde sogar mit dem ganzen Wissen um die Geschichte des Platzes ist das eine besonders interessante Lösung.

    Barocke Regelmäßigkeit und Gesamtkomposition in allen Ehren, doch gerade eine gewisse Auflockerung dieser Strenge tut hier und da ganz gut. Das zitierte Bild zeigt das exemplarisch. Der Kunsthistoriker mag da toben, der gemeine Altstadtliebhaber frohlockt hingegen.

    Die in der Renaissance entstandenen Häuser und auch die klassizistisch und gründerzeitlich überformten Bauten rund um den Platz folgen ja auch einer anderen Logik.