Hat Canaletto getrickst?
Von B. Klemm
Neumarkt. Es gibt neuen Streit über die Frage: Soll an der Stelle des seit 200 Jahren verschwundenen Gewandhauses wieder ein Gebäude entstehen?
Die Bilder von Bernardo Bellotto, auch als Canaletto bekannt, gelten als wichtige Quelle beim Wiederaufbau des Dresdner Neumarktes. Stadtplaner und Denkmalschützer haben schon so manche Gestaltung und Farbgebung anhand der Canaletto-Veduten entschieden. Der Künstler arbeitete mit einer „Camera obscura“. Mit diesem, einem Fotoapparat ähnlichem Instrument, erzeugte er wirklichkeitstreue Bilder. Allerdings erlaubte die „Camera“ nur relativ kleine Ausschnitte, die der Maler dann zusammenfügte. Dabei bildete er die Wirklichkeit jedoch nicht sklavisch genau ab, sondern nutzte die künstlerische Freiheit.
Bei der Analyse des Neumarktbildes kommt der Dresdner Kunsthistoriker Th. Liebsch zu einer verblüffenden Entdeckung: „Schon Canaletto muss das Gewandhaus gestört haben.“ Wahrscheinlich hat der Maler den Neumarkt aus einem Fenster im erste Obergeschoss vom Dinglingerhaus ( Neumarkt 18 ) betrachtet. Während auf der linken Bildhälfte die räumlichen Beziehungen zwischen der Gemäldegalerie (Johanneum), Bürgerhäuser und Frauenkirche realistisch dargestellt wurden, kommt es in der rechten Bildhälfte zu einer starken Abweichung. Um den Neumarkt optisch größer zu gestalten, rückte Canaletto das Gewandhaus weiter nach Süden, so Liebsch. Andere Kritiker gehen davon aus, dass Canaletto nur für den Einzug des Königs – schließlich sein Auftraggeber – mehr Raum benötigte.
etwas gekürzt aus http://www.sz-online.de
In Computersimulationen zeigt St. Hertzig, wie stark ein Gewandhaus – erst recht der moderne Entwurf von St. Braunfels aus dem Wettbewerb „Atelier Neumarkt 2000“ – den Platz dominiert.
Canaletto:
Realität: