Quote from "Thomas Filip"Display MoreErstens: Ich halte die Bebauung des Gewandhaus-Areals ebenfalls für einen Fehler.
Zweitens: Ich halte die Weltuntergangs-Szenarien, die deswegen hier entworfen werde, für völlig daneben. Schaut bitte nach Pakistan oder in die von Hurrikanen verwüsteten Karibik-Regionen - DAS sind Katastrophen!! Ich finde, die Diskussion ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Hier geschieht ein Wiederaufbau eines alten Stadtzentrums in insgesamt sehr begrüßenswerter Manier. Streitpunkte bleiben - aber das neue Stadtzentrum Dresdens wird so oder so ein Taum. Wir reden hier über Detailfragen der Stadtplanung.
Drittens: Mit einem Gewandhaus werden wichtige Blickbeziehungen nicht erlebbar sein, aber das Projekt Neumarkt "scheitert" damit nicht. Wie kann man nur so borniert sein, immer wieder das "Scheitern" auszurufen. Ich kann nur sagen: Deutschland, Deine Pessimisten.
Viertens: Ich halte es für einen Glücksfall, dass Herr Prisco in die Vorauswahl gekommen ist. Wir haben gesehen, dass das Gespann Prisco/von Döring in der Lage und fähig ist, z.B. schlechte Ergebisse von Architektur-Wettbewerben zu überarbeiten und eine insgesamte sehr harmonische Symbiose von rekonstruierten und neu entworfenen Gebäuden zu schaffen. Einzige Ausnahme: Die Dächer an der Ecke Töpferstraße/An der Frauenkirche. Der Rest des Quartiers ist absolut vorbildlich bebaut!! (Die sterile Wirkung der Fassaden zur Töpferstraße her rührt einzig daher, dass man mit der Bauplane natürlich nicht die Matrialität der Fassaden wiedergeben kann - und die trägt doch entscheidend zur Wirkung bei. Siehe den wirklich hervorragend gelungenen Bau von W&P über der Tiefgarageneinfahrt!!)
Fünftens: Ein "Gegenspieler" zur Frauenkirche wird nur dann entstehen, wenn die Gebäudemasse des Gewandhaus NICHT gegliedert wird, also tatsächlich EIN einziges Gebäude hier entworfen wird. Das halte ich aber - mit Blick auf Prisocs bisherige Arbeit - für unwahrscheinlich. Wenn die Baumasse des alten Gewandhauses hingegen in mehrere Baukörper gegliedert wird, wird der massive Eindruck weichen. Sollte hingegen - als einzige denkbare Alternative, etwa wegen der vorgeschriebenen Erhaltung der Kellergewöble - das alte Gewandhaus tatsächlich originalgetreu rekonstruiert werden, halte ich auch das nicht für eine Katastrophe. Der Platz würde anders wirken als vor 1945, aber der Bauzustand der Dresdner Neumarktes vom Vortag der Bombardierung ist eben nicht sakrosankt.
Sechstens: Man kann der Stadt nicht einfach nur Geldgier vorwerfen. Der Kulturpalast bleibt stehen - das ist beschlossene Sache. Das wäre übrigens auch der Fall, wenn die Kollhoff-Pläne realisiert worden wären! Und auf einem so kleinen Areal ließe sich wohl kein schlüssiges wirtschaftliches Gesamt-Konzept verwirklichen - und das braucht man eben heutzutage, ob wir das nun einsehen oder nicht.
Fazit: Optimal wäre es, das Areal nicht zu bebauen, aber wenn es eben doch kommt, geht damit weder der Neumarkt noch die Welt unter. Dann muss, wie ein Vorredner sehr treffend sagte, das Beste daraus gemacht werden. Immerzu das Scheitern zu proklamieren, halte ich für wenig hilfreich.
P.S. Im übrigen steht auf dem QV (ehemals Adler Real Estate) jetzt die Bautafel der Baywobau, bis 2007 soll dort gebaut werden. Was ich sehe, stimmt mich positiv - eine differentierte Dachlandschaft OHNE Flachdächer, und - soweit ich erkennen kann - nur historische Fassaden.
Ich gebe dir im Prinzip recht. Ich könnte auch mit Glaskuben am Neumarkt leben. Davon würde die Welt auch nicht untergehen, oder mit der Ruine der Frauenkirche.Aber es geht doch hier um etwas ganz anderes, um mehr. Man möchte dieser geschundenen Stadt ein Stück Identität wieder geben. Und die letzte Chance dazu ist der Neumarkt, mit seinen barocken Fassaden, seiner säschsischen Kleingliedrigkeit, den Traufhöhen und Mansarddächern. Und mit diesem Ziel wurde doch auch die GHND gegründet. Nur man fragt sich mittlerweile was hat die GHND denn von dem, was sie ursprünglich wollte, erreicht? Gescheitert ist nicht der Neumarkt, der wird immer existieren egal wie er bebaut wird, sondern die GHND, die ihre Ziele nicht durchsetzen kann bzw. konnte. Wenn man ehrlich ist, dann geht es doch nur noch um Schadensbegrenzung und faule Kompromisse. Der große Wurf ist misslungen. Man hätte durch den Bürgerentscheid die große Chance dazu gehabt, demokratisch über ein klares und eindeutiges Konzept abzustimmen. Schade. Die Trauer und Resignation überwiegt, wenn man weiss, was mit einem klaren politischen Willen und öffentlicher Unterstützung möglich gewesen wäre.
Und was nun am Qartier VI ablaufen wird ist doch schon abzusehen. Prisco wird die von der Stadt geforderten fassaden vorbildllich rekonstruieren und für die restlichen Gebäude einen architekturwettbewerb ausschreiben, zu dem nur modernistisch bauende Architekten eingeladen werden und in der Jury sitzen dann wieder nur Lobbyisten der Moderne. Was dabei rauskommen wird ist doch wohl klar. Ich erinnere nur an den Bachmann-Entwurf. Keine guten Aussichten.