Dresden, Neumarkt - Quartier VI

  • Mit diesem Quartier (und dem noch ausständigen HSR) wird der NM als Platz sozusagen abgeschlossen, dh die derzeitige, "offene", eigentlich ein Idealbeispiel des realsozialistischen Städtebaus darstellende "Platz"anlage, hier eher ein unfreiwilliges Provisorium, wird bald der Vergangenheit angehören. Man sollte es daher noch eifrig knipsen.
    Das Zusatzgeschoss in zentraler Lage wird der NM mE problemlos verkraften, der Vorgängerbau war auch nicht gerade ein Highlight. Einen perfekten harmonsichen Stadtraum wird der NM mE nicht abgeben- ich fürchte, dass der Platz zu unregelmäßig und im W (gegen Q VI zu) zu sehr ausufernd und leer wirken wird. Auch die Baumfront dürfte da nicht viel dran ändern und nur wenig überzeugen. DAS große städtebauliche Erlebnis wird er wohl über die Einbettung der FK hinaus nicht werden. Der Verlust des Altmarkts als agorales Zentrum wird nicht kompensiert werden können, und damit wird der Dresdner Altstadt, zwar wieder immerhin als solche erkennbar und sogar der Rede wert, etwas Unfertiges und Unbefriedigendes anhaften.
    Zum Ch.-haus heißt es:

    Zitat von SZ

    Noch wird verhandelt

    Weiß nicht, ob bzw inwieweit man diesen oberflächlichen, von wenig Sachkenntnis getragenen und wohl eher unfreiwillig-kryptischen Zeilen Hoffnung abgewinnen kann.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Einen perfekten harmonsichen Stadtraum wird der NM mE nicht abgeben- ich fürchte, dass der Platz zu unregelmäßig und im W (gegen Q VI zu) zu sehr ausufernd und leer wirken wird. Auch die Baumfront dürfte da nicht viel dran ändern und nur wenig überzeugen.

    Soll an dieser Stelle nicht das Hotel Stadt Rom errichtet werden? Bzgl der Unregelmäßigkeit des Neumarkts stimme ich Dir zu: Eine vollständige Rekonstruktion wäre wesentlich harmonischer und daher überzeugender gewesen. Keiner würde auf die Idee kommen, die Mona Lisa mit modernistischen Krakeleien zu ergänzen.

    Auch hätte der Abriss des Kulturpalastes dem Neumarkt gut getan. Denn so haben wir nur eine Reihe rekonstruierte Häuser um die Frauenkirche herum. Diese ermöglichen nicht ein längeres Schlendern durch das alte Dresden, da man direkt auf den sozialistischen Horror stößt, der sich hinter den Rekonstruktionen verbirgt. Dadurch fehlt dem Projekt Gravitas sowie Großzügigkeit und es wirkt gekünstelt.

    2 Mal editiert, zuletzt von porc (15. Juni 2016 um 21:25)

  • DAS große städtebauliche Erlebnis wird er wohl über die Einbettung der FK hinaus nicht werden. Der Verlust des Altmarkts als agorales Zentrum wird nicht kompensiert werden können, und damit wird der Dresdner Altstadt, zwar wieder immerhin als solche erkennbar und sogar der Rede wert, etwas Unfertiges und Unbefriedigendes anhaften

    Oh - wie gnädig ist doch dein Urteil für das, wofür andere sich hier (und damit meine ich die reale Welt, nicht die virtuelle im Netz) in den letzten 20 Jahren schier kaputt gemacht haben.....Vielen Dank!

  • Oktavian, nicht ärgern darüber. Hier herrscht offensichtlich eine Devise, die auch in fast allen anderen Strängen greift, und diese Devise heißt: "Und es soll an Österreichs Wesen Deutschland noch einmal genesen." Wenn man das erst einmal gerafft hat, lebt sich´s schon viel leichter, auch wenn aus den Tiefen der Karpaten regelmäßig ein Geräusch herauskommt, als wie wenn man auf der tiefsten Saite vom Violon herumschrubbt.

  • ...ist schon recht...... :D
    Gerade in der Refugees-Welcome-Angelegenheit kann ich ja auch nur einstimmen in den Chor "Felix Austria" - ich liebe Österreich.....

  • Also das "Au petit bazar" kommt also tatsächlich nicht als Reko. Das betrübt mich zutiefst; sehr enttäuscht von Hr. Blobel, der das alte Dresden ja noch sah und auch nie vergessen konnte...... :( .

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"

  • Zitat von Oktavian

    Oh - wie gnädig ist doch dein Urteil für das, wofür andere sich hier (und damit meine ich die reale Welt, nicht die virtuelle im Netz) in den letzten 20 Jahren schier kaputt gemacht haben.....Vielen Dank!

    Keiner macht den NM-Gedanken bzw das faktisch Erreichte schlecht. Ich habe nur geschrieben, dass der NM als zentraler, agoraler Platz einer sächsischen Großstadt leider nicht besonders geeignet erscheint. Es ist etwa kaum ein Zufall, dass die nunmehr in Frage stehende QuVI-Front vergleichsweise wenig abgebildet worden ist - sie zählte nicht zu den DDner Highlights. Wie die Baumgruppe zeigt, wird dieses Problem auch von anderen so empfunden - etwas scheint an dieser Stelle einfach zu fehlen. Eine Kritik am Wiederaufbaukonzept bzw an der Umsetzung ist daraus nicht abzuleiten (und ganz sicher nicht so gedacht). Im Gegenteil: es war gewagt, kühn, gut und richtig, ein großer Wurf, den "Neumarkt" über den eigentlichen Platz hinaus als großes, de facto die halbe Altstadt umfasstenden Areal abzustecken. Und es war zweifellos richtig, auf den Wiederaufbau von Gewandhaus (in welcher Form auch immer) bzw Hauptwache zu verzichten, wenngleich diese Bauwerke sicherliche ihre platzgestalterische und -formende Funktion hatten.
    Lange Schwafelei, kurzer Sinn: Nach dem sich nun abzeichnenden Abschluss des NMs (HSR fehlt allerdings noch) sollte das Bewusstsein reifen, dass DD den Altmarkt BRAUCHT, und dass diese kalte, leere Fläche nicht so bleiben sollte. Der NM ist nur nicht allein kein Ersatz, ich denke, dass zwei mow aneinander grenzende kahle, ausufernde Platzflächen (überhaupt im Zusammenspiel mit der überaus leeren Willsdruffer Straße) im Stadtgefüge eine unbefriedigende Wirkung haben werden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ja ja, alles was recht ist, aber was sollte denn mit dem Altmarkt noch großartig geschehen? Dieser ist völlig fertig gebaut (mir gefällt er ja auch nicht). Weder wird man die 50er-Jahre- noch die Nachwendebauten abreißen oder die Wilsdruffer verengen - das ist vom Tisch (ich betone leider)

    Dass der NM-Wiederaufbau mehr als den eigentliche Platz betrifft, ist kein klug gereifer Entschluss, sondern fußt in der Tatsache, dass diese gesamte Fläche über die DDR-Zeit leer geblieben ist und man immer schon wusste, dass wenn überhaupt, dann nur dort je etwas wie "Wiederaufbau" geschehen würde.

    Und die Baumpflanzung am bzw. statt Gewandhaus hat man ganz bestimmten Leuten in der GHND zu verdanken. die Politik schloss sich dem dann nur noch an.....

  • Realistische Gegebenheiten sind eine Sache, aber an diesen wird sich niemals etwas ändern, wenn man kein Problembewusstsein schafft.


    Zitat von oktavian

    Dass der NM-Wiederaufbau mehr als den eigentliche Platz betrifft, ist kein klug gereifer Entschluss, sondern fußt in der Tatsache, dass diese gesamte Fläche über die DDR-Zeit leer geblieben ist und man immer schon wusste, dass wenn überhaupt, dann nur dort je etwas wie "Wiederaufbau" geschehen würde.

    Ja, aber man hat eben viel gefordert und viel erreicht. Ich kann mich noch gut errinnern, wie utopisch mir das vorkam, als ich 2005 in DD war und dort die Informationsschriften der GNMD gelesen habe.


    Zitat von oktavian

    Ja ja, alles was recht ist, aber was sollte denn mit dem Altmarkt noch großartig geschehen?


    Natürlich wird sich in nächster Zeit nichts ändern. Aber DD ist immerhin eine Kulturstadt, die von der Schönheit lebt, und irgendwann wird sich irgendwer vielleicht doch irgendwie zu fragen beginnen, ob denn alles wirklich so unveränderlich ist und warum die Stadt eigentlich auf einen zentralen Altstadtmarkt wie zB Warschau verzichten muss...
    Abgesehen davon gäbe es auch andere Ideen außer Abriss. Da die heutige Platzausdehnung ohnedies ahistorisch ist, kann man sich mE auch ahistorische Gestaltungsmöglichkeiten überlegen. Ich würd den Neptunbrunnen aus der Friedrichstadt hin transferieren, und nicht nur das.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich würd den Neptunbrunnen aus der Friedrichstadt hin transferieren, und nicht nur das.

    Oh je oh je oh je....
    Sorry, Ursus, aber du hast - sorry - keine Ahnung.
    Der Neptunbrunnen ist ein Gartenbrunnen, der in eine Gartenanlage und mit einer Wand im Rücken gehört. Die historische Brunnenanlage - dies sollte mittlerweile bekannt sein - ist nicht mehr transportabel, da zu lavede, außerdem jüngst hervorragend restauriert und in der Friedrichstadt existiert außerdem noch das orig. Brunnenhaus dazu

    Sei mir nicht böse: Ich mags nicht, wenn man hier vieles - nicht alles - , was eben (mit viel "Blut, Schweiß und Tränen" - um es mit Churchill zu sagen - und ich füge hinzu: auch mit ein paar Menschenopfern) geworden ist, dauernd schlecht redet, aber dann mit völlig aus der Luft gegriffenen Luftnummern zu brillieren versucht....

    Die Forderungen der GHND wurden eben nicht aus der Luft gegriffen, sondern man bestätigte und verfeinerte nur das stadteigene Konzept, an dem die Stadt Dresden ca. seit 1975 für diesen Platz arbeitete.
    Selbst die GHND - bitte glaub mir das - hätte nicht bei Null anfangen können. Das wäre sonst, wie wenn man ex nihilo die Reko der historistischen Prager Straße (aber bitte wenn, dann komplett) fordern würde. Das macht niemand, das will niemand, da das alles ein klein bisserl unrealistisch.....

  • Mein Wunschtraum wäre es, das Neumarktgebiet in die noch unbebaute Fläche gegenüber von dem Polizeipräsidium auszubreiten. Dort könnte man sogar das Haus Schiessgasse 24 neben dem Kurländerpalast rekonstruieren!

  • Ja, davon träumen auch noch andere - und diese Vorstellung ist auch halbwegs realistisch. Bebaut wird diese Fläche mittelfristig auf alle Fälle! Die Frage ist nur wie und womit.....

  • Mir schwebt schon seit Monaten eine Idee vor, den Altmarkt zu verbessern. Allerdings unter der Prämisse, daß die stalinbarocksche Ost- und Westbebauung erhalten bleibt, in Summa wird dann zwar etwas entstehen was dem Gedanken an ein Forum näher denn als einen ursprünglichen Altmarkt kommen wird, aber dennoch einen geschlosseneren harmonischen Eindruck machen wird. Ich werde sehen ob ich das dieses Wochenende visualisiert bekomme, aber Vorweg meine Idee kurz in Worten skizziert:
    Rekonstruktion des Altstädter Rathauses, nicht an der orginalen Westseite, sondern transloziert mittig an die Nordseite , vor den Kulturpalast, den Kulturpalast verdeckend. Die Wildsruffer Straße macht entweder in einem Schlänker vor dem Rathaus entlanggeleitet, oder eine Spur geht vor und eine hinter dem Rathaus entlang. Um dem Altstädter Rathaus die Breite zu geben, die es bräuchte um sich an der Nordseite behaupten zu können, baut man ihm links und rechts zwei Flügel an, ähnlich, wie es schonmal war:
    http://www.verschwundene-bauwerke.de/__we_thumbs__/…napothekesw.jpg
    nur diesmal beidseitig..und stilistisch etwas besser angepaßt. Die Fassaden der Südseite des alten Marktes sind dann den Stalinbarockbauten anzupassen, hier könnte sich auch gerne ein Nöfer austoben. Es würde ein sehr nobler, eleganter Platz entstehen, geradezu weltstädtisch. Nur mit dem eigentlichen Altmarkt hätte es dann nicht mehr viel zu tun, nicht weniger aber als es die jetzige Situation hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (17. Juni 2016 um 18:09)

  • Mein Wunschtraum wäre es, das Neumarktgebiet in die noch unbebaute Fläche gegenüber von dem Polizeipräsidium auszubreiten. Dort könnte man sogar das Haus Schiessgasse 24 neben dem Kurländerpalast rekonstruieren!

    Ja, davon träumen auch noch andere - und diese Vorstellung ist auch halbwegs realistisch. Bebaut wird diese Fläche mittelfristig auf alle Fälle! Die Frage ist nur wie und womit.....


    Ich hab diese Fläche auch in meinen Überlegungen zum Promenadenring einfließen lassen und mir dazu Gedanken gemacht und dabei erfahren, dass der derzeitige Parkplatz dem Freistaat gehört und der dem Vernehmen nach NIE und keinesfalls auf solche Flächen verzichten will und wird. Besonders nicht, da es sich um Flächen für die Parkplatzsituation des Polizeipräsidiums handelt. Scheinbar ist der Freistaat mit allen Vertretern manisch in Sachen Parkplätzen... was meiner Meinung nach schon in der Stellplatzpflicht bei Neubauten abzulesen ist.

    Ich denke, dass diese Fläche nur dann bebaut wird, wenn der Kaufpreis gradezu lächerlich hoch ist, damit sich der Freistaat drauf einlässt und dann wird aus dem Grundstück so viel Rendite geschlagen, wie es möglich ist, was per so schon ne attraktive Bebauung oder gar Rekonstruktion ausschließt. Geschweige denn ne Grünfläche lässt.

    Von Seiten der Stadt, hätt das Gelände schon längst nen B-Plan. Denen sind aber dahingehend die Hände gebunden. Wenigstens scheint der Standort des GHND-Pavillons dort die nächsten 5 jahre gesichert.

  • Und hat der Freistaat Sachsen diese Freifläche rechtmässig erworben oder nur von der Stasi geerbt?
    Das waren doch bis 1945 mehrere bebaute Grundstücke. Gibt es keine alten Vorbesitzer, die dort Flächen zurückklagen könnten?

  • Bei einer aufrichtigen Beschäftigung mit der Geschichte kann eine Beantwortung der gestellten Fragen schon nur als wenig hilfreich erscheinen. Die Frage nach den rechtmäßigen Besitzverhältnissen der Grundstücke sollte sich gar nicht erst stellen, da sich diese bei einer Beschäftigung mit der Geschichte von selbst beantwortet. Da nicht alle Fragen, die hier gestellt werden, die Vollendung des Neumarkts beschleunigen, ist es von Vorteil, sie erst gar nicht zu stellen.

  • Naja - bis auf das eine von Oktavian genannte Haus gab es auf dem Grundstück nur noch ein schlichtes Eckgebäude zur Landhausstraße. Alles andere war spätes 19. und frühes 20 Jh. in meines Wissens nichtssagender Form. Lag einfach daran, dass es sich um eine Fläche parallel zum Festungswall handelte, wo sich der Schießplatz befand (daher "Schießgasse"). Später gab es noch Stallungen etc.. Zu einer geordneten Bebauung ist es wohl hier nie so richtig gekommen. Daher gibt es auch kaum historisches Bildmaterial. Wenn eine Bebauung anstünde, müsste sich die Architektenschaft erstmal Gedanken machen, in welcher Formensprache auch immer. auf die Historie kann man sich bis auf ein oder zwei Häuslein hier nicht beziehen.