Hallo zusammen,
gestern tagte mal wieder der "Gestaltungsrat", der sich immer mehr zur Absegnungsorganisation von neuen städtebaulichen Verunstaltungen mausert. So wurde gestern das wieder vorgelegte Projekt des Wiederaufbaus der in den 80er Jahren abgerissenen Holländer-Häuser neben der Französischen Kirche vorgelegt. Nachdem es beim erstem Mal beim Gestaltungsrat durchgefallen war. Zitat Märkische Volksstimme, sorry Allgemeine: "Zu kleinteilig, zu verspielt, fünf verschiedene Architekturstile, lautete die Kritik. Bauherr und Architekt müssten „fast auf null zurück“."
So, nun soll also noch das Staffelgeschoß vom Würfel entfernt werden... Dann ist es der große Wurf: ein einfacher Würfel. Schafft meine vier-jährige Tochter auch als Gebäude zu entwerfen. Nochmal aus der gleichen Zeitung: "Die Rückseite zum Klinikum hin sei aber nach wie vor zu unruhig, dafür sei nun der Innenhof besser aufgebaut, Architekt Hans-Herbert Knopf habe „einen Raum entstehen lassen“. Von einem Staffelgeschoss auf einem modernen Kubus an der Rückseite oder dessen Position auf einem Sockel riet der Rat dennoch nachdrücklich ab."
In der PNN liest man dann noch, was sonst noch alles vom "Gestaltungsrat" an Moderne abgesegnet wurde: eine "Villa" in der Villengegend Berliner Straße, die ebenfalls aus wunderbaren Würfeln übereinander gewürfelt wurde. Weiterhin Würfel im Weltkulturerbe der 2. Barocken Stadterweiterung und mal nicht Würfel sondern miteinander verbundene !Quader! auf dem Areal des vor 2 Jahren abgerissenen ehemaligen Hans-Otto-Theaters, welches zuvor bereits ein altes Tanz- und Ausflugslokal "Zum Alten Fritz" war (bereits 1847! umgebaut, März 2010 abgerissen). Aus der Abrissphase habe ich hier noch einige Fotos geschossen, die den letzten Zustand, mit noch nicht einmal ausgeräumter Bühnentechnik zeigt.
Das Vordergebäude wird wohl stehen bleiben. Wenn man nach den groben Modellen aus der Zeitung auf vorhandene Baustrukturen schließt. Was nicht heißt, dass deren Innenleben, welches sehr viele Überraschungen vor hält, ebenfalls erhalten bleibt:
Eine Tür, die nur zu öffnen ist, wenn man zuvor die Holzabdeckung entfernt, die eine Treppe frei gibt.
Der Weg in das Untergeschoß.
Rückseite des Vorderbaus. Die riesen Freifläche war ursprünglich mit 3-geschossigen Hofbauten überbaut, die nur einen schmalen Durchweg zum eigentlichen Theatersaal frei ließen. Heute findet sich hier eine riesige Brache, auf der zukünftig quer gelegte Gebäuderiegel stehen sollen. Die räumliche Tiefe, die die ursprünglichen Baumeister schufen, und direkt vom Park Sanssouci einzusehen ist, ist sodann aufgehoben. Die großen Gebäude, die damals hier standen, standen mit dem Giebel zum Park. Nun gibt es also 100-Meter Riegel mit Flachdach. Welch grandiose Entwicklung.
Der Seitenflügel ist bereits abgerissen. Auch die ehemalige Spielstätte des Hans-Otto-Theaters existiert nicht mehr.
Der Zuschauerraum war mit blau angestrichen und hatte gelbe oder goldene Sterne.
Die Bühne.
Blick auf das Vorderhaus.
Und hier nicht das Hans-Otto-Theater, sondern der sogenannte "Schirrhof", das Gebäude ist zugehörig zum Weltkulturerbe des Parks Sanssouci. Im Schirrhof wurden zu Königs Zeiten die Pferde angeschirrt. Heute dient der der Schlösserverwaltung. Auch dieses Gebäude wird immer mal wieder von der Parkverwaltung als Abrisskandidat gehandelt.
Grüße aus der Moderne(n) Stadt Potsdam, Hauptstadt der kleinen DDR
Luftpost