Potsdam - Alter Markt und Nikolaikirche

  • Also ich hätte nichts gegen einen Austausch. Aber sicher würde das wieder, wie alles, was zur Stadtverschönerung beiträgt, auf heftigen Gegenwind stoßen.
    Aber so häßlich ist der Schinkelsche Kuppelbau ja auch nicht. Vielleicht sollte man sich damit abfinden. Es gibt sicher schlimmere Bausünden, die erst mal gegen schönere Gebäude ausgetauscht werden sollten.

  • Die Nikolaikirche unter Friedrich II. war ein alter, aus der Zeit seines Vaters umgebauter einfacher Bau, der wohl für Sohn Fritz zu shlicht war. So ließ er davor das 'Mäntelchen' als Fassade errichten, nach der Fassade der römischen Kirche Santa Maria Maggiore.

    Das Vorbild in Rom:


    Wegen Baufälligkeit wurde die Potsdamer Kirche abgerissen und Schinkel entwarf die neue Kirche. Wegen zu hoher Kosten wurde aber zuerst eine abgespeckte Variante errichtet:


    Erst nach Schinkels Tod erfolgte der Ausbau zur noch heute existierenden Version:


    also nichts geschah ohne trifftigenGrund.

  • Na das mit dem Abriss der Schinkelschen Nikolaikirche war von mir auch nur als zynischer Scherz gemeint....

  • ...Wegen Baufälligkeit wurde die Potsdamer Kirche abgerissen ...

    Was hier alles postuliert wird... die war nicht "Baufällig", sondern ist abgebrannt, bei Klempnerarbeiten im oder am Kirchturm, soweit ich mich erinnere. Mehrere Jahre stand dann noch Friedrichs Vorhemdchen auf dem Alten Markt -ohne Kirche dahinter- herum. Dann wurde auch das abgerissen und wiederum über Jahrzehnte war da ein Rasenplatz. Davon gibts übrigens ein Bild und deren Repros im Potsdam Museum zu erwerben.

    Grüße
    Luftpost

  • Ich fand auch die Kritik an der Abrißentscheidung der Stadt überzogen. Schliesslich ist in Potsdam in jedem Winkel ein Schinkel - da kommt es auf einen mehr oder wenigen nicht an.

    Die Kompromißentscheidung die neue Nikolaikirche mit Vorhemdchen als Synagoge zu errichten, für die sunnitische Moschee vom Kanal das Pumpenhaus an der Neustädter Bucht auszubauen und das Grundstück der Synagoge hinter dem neuen Einsiedler für den Neubau einer ev. Kirche zu nutzen ist richtig. Die Sprecherin der EKBO sagte doch richtig: Nach der Rekosntruktion der Garnisonkirche haben wir Platz genug - wozu dann noch St. Nikolai?.

  • Nur ein kurzer Exkurs - gibt es eigentlich Pläne / Zeichnungen des geplanten Theaters auf dem Grundstück des Potsdamer Schlosses, dessen Rohbau nach der Wende gleich wieder abgerissen wurde? Schön zu erkennen auf dem Luftbild.

  • Bitte: hier das Foto 1989 während des Beschlusses, den Rohbau wieder abzureißen, und das Modell des geplanten Baus. Späte DDR-Postmoderne und quer über Barberini, Humboldtsraße und Schloßgrundstück.

  • Die DDR hat Kriegsruinen abgeräumt. Die eigentliche Zerstörung erfolgte im Zweiten Weltkrieg. Im übrigen hatte ich hier auch schon kundgetan, dass ich mich über den Wiederaufbau des Stadtschlosses und anderer Bauten am Alten Markt freue. Mir geht es tatsächlich um eine differenzierte Sicht auf die Vergangenheit.

  • Rastrelli, ich sagte ja schon einmal, daß das Schöne an lokalen Diskussionen ist, daß man es überprüfen kann. Du reproduzierst hier entweder vorsätzlich oder fahrlässig-naiv SED-Propagande der feinsten Sorte. Aus Potsdam kannst du nicht kommen - so platt würedn das nichtmal Sozialisten behaupten weil sie wissen, daß es unwahr ist.

    Der SED-Magistrat hat eben nicht nur "Kriegsruinen abgeräumt", sondern in der Mitte viele wiederaufbaufähige, teilweise sogar noch genutzte und noch völlig intakte Gebäude gesprengt um ein "sozialistisches Zentrum" mit Aufmarschstrecke nach Vorgaben aus Berlin zu errichten. Das geht aus den Akten des Politbüros einwandfrei hervor.

    Die Liste der nutzbaren und reparierbaren Gebäude haben die DDR-Denkmalpfleger selbst verfasst (siehe Dokument unten) und die Stadtverwaltung hat sich mit Rückendeckung aus Berlin aus rein politischen Gründen darüber hinweg gesetzt. Die FDJ zog im Wahn los und sägte die Bittschriftenlinde um.

    Das war kein Aufräumen der Kriegsruinen sondern eine systematische Aktion gegen die barocke Stadt und den "Geist von Potsdam" - fast 20 Kilometer barocke Fassaden wurden abgebrochen, beileibe nicht nur zerstörte. Was ist denn mit dem Stadtschloß? Mit der Fassade des Palastes Valmarana? Mit dem Palast Burlington? Mit den Bauten an der Breiten Straße, wo heute das Studentenwohnheim steht? Mit den Bauten auf dem heutigen Areal der IHK? Das stand doch überwiegend noch und wurde genutzt. Nein, es handelte sich hier um klare, vorsätzliche Kulturbarberei.

    Die Einschätzung des Instituts der Denkmalpflege der DDR aus den 1950er Jahren (der politischen Rechtsaussen-Lastigkeit wohl unverdächtig). Zur Lesbarkeit sei ggf. das Verzeichnis des Koll. Arlt empfohlen, das die politischen Straßennamen entsiegelt. Hier das Dokument:

    Quelle: Bundesarchiv, SED-Akten, Politbürositzungen

  • Konstantin hat vollkommen recht.
    Rastrelli,ich empfehle ihnen mal das Buch von Siegfried Lieberenz und Rainer Lambrecht.
    ,,BEVOR DER ABRISSBAGGER KOMMT"Eine Fotodokumentation zu Gebäuden,die in Potsdam zwischen 1950 und 2000 abgerissen wurden.
    Es war also nicht nur der Krieg der das Stadtbild geschunden hat. :(

  • ... Ich sprach von "Nazidiktatur" und "Regime" und meinte damit die große Politik, die damals bekanntlich von einem gewissen Adolf H. bestimmt wurde. Und bei "Zerstörung" dachte ich natürlich nicht an irgendein städtebauliches Kleinklein, sondern an den Zweiten Weltkrieg.

    ...

    Ich meinerseits empfinde es immer wieder erstaunlich, wie die unbeabsichtigten Folgen oder die billigend in Kauf genommene Zerstörung im Krieg höher gewichtet wird, als die vorsätzliche, völlig beabsichtigte Zerstörung zu DDR-Zeiten. Meiner Meinung nach sind das zwei unterschiedliche Qualitäten.

    Oder will jetzt Rastelli auch noch behaupten, dass die Nazis die Zerstörung Polsdams willentlich betrieben, obwohl sie doch, nach linker Ideologie, sich als die Erben Preussens ausgaben...

    Um noch mal ein anderes Bild zu gebrauchen: im deutschen Strafgesetzbuch ist die billigende Inkaufnahme mit Todesfolge Totschlag. Jedoch der Tod mit Vorsatz Mord.

    Und dann noch andererseits selbst wissentlich oder unwissentlich weiterhin DDR-Propaganda bezüglich angeblich abgeräumter Kriegsruinen weiter verbreiten.

    Luftpost

    4 Mal editiert, zuletzt von Luftpost (20. März 2019 um 19:40)

  • ...und wieder einmal fühle ich mich genötigt, den DDR-Denkmalschützern der 50er Jahre Respekt zu zollen (Danke für das Dokument, Konstantin!)

    Was da insbesondere in Berlin und Potsdam oft geleistet und gewagt wurde, um gegen den Willen und die Macht der neuen Herren wertvolle Architektur zu retten, finde ich beeindruckend. Es hätte mehr Erfolg verdient gehabt!

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • @Spreetunnel Danke für das Update um das ich gebeten hatte bevor das hier mit dem Herrn Rastrelli etwas eskaliert ist. :kopfschuetteln:

    Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben aber die Brauerstraße 1 kann ganz gut passen, wenn man bei der Fassade nicht auf den letzten Metern noch ganz gravierende Fehler im Bezug auf Plastizität und Materialität macht. Brauerstraße 2 hat mir in der Visualisierung schon ganz gut gefallen. Hoffentlich wird die leicht klassizistische Fassade von Stella auch so umgesetzt. Ab Brauerstraße 3 kann man das vergessen.

    Im Allgemeinen bin ich aber etwas erstaunt wie langsam es da vorran geht. Das der Innenausbau lange dauert ist ja klar. Aber ich hätte erwartet, dass man mit den Fassaden schon weiter wäre.

    Wenn es jemand kann, dann ist es keine Kunst. Und wenn es jemand nicht kann, dann ist es erst recht keine Kunst!

  • Am Alten Rathaus ist schon vor einiger Zeit der störende Schriftzug im Architrav wieder entfernt worden:

    Das Bild ist von mir und darf verwendet werden.