Potsdams historische Mitte - Allgemeines und Stadtpolitik

  • @youngworth: Du hast völlig recht. Ich habe ähnliches zum Beispiel auch in Lübeck oder auch in braunschweig beobachtet, der erwartete städtebauliche Höhepunkt als folgerichtige Steigerung der Randbezirke im Zentrum der Stadt bleibt aus, weil er weggebombt wurde.

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    @johan
    Natürlich war schon in der Vergangenheit sanssouci Potsdams Aushängeschild.
    Dennoch hat youngwoerth mit seiner These grundsätzlich Recht.
    Jedoch waren Schlösser und Gärten schwieriger zu zerstören als dichtbebaute Innenstädte, zudem hätte man dort kaum Menschen getötet.

    Na, dann stimmt nicht die Theorie. Falls die Theorie war die wichtigste Baudenkmäler zu zerstören dannt hat man seine Ziele verfehlt. War die Ziel am meisten Menschen zu töten...ja, dann haben wir ein andere Theorie. Die These gilt nur falls in facto die wichtigste Baudenkmäler zerstört wurde.

    Zitat von "youngwoerth"

    Da lege ich bekanntlich sowieso keinen Wert drauf. Für mich ist ein architektonisch hochwertiges Innenstadtzentrum mit einer positiven, noblen und urbanen Atmosphäre wichtiger als kunsthistorisch bedeutende Schlösser in der Peripherie. Ich lebe in der Stadt, und nicht im Schloß. Ich betrachte Städte immer mit der Frage im Hinterkopf: Wie wäre es, hier zu leben?! Die Potsdamer Stadtviertel und Seen haben es mir diesbezüglich durchaus angetan. In seiner Gesamtheit betrachtet allerdings finde ich in Freiburg eher die Lebensqualität, die ich suche. Auch ohne Sanssouci.

    Ja, aber jetzt redest du über ein völlig andere Thema. Du redest jedes über positiven, noblen und urbanen Atmosphäre. So was du eigentlich sagen wolltest; die zweite Weltkrieg hat die positivisten, noblesten und urbanen Stadträume zerstört. Dass ist doch ein völlig andere These. Du meinst jetzt dass man Architektur auf Wohnqualität beurteilen soll?

    Ich will bei deine These bleiben, dass nur die Kunsthistorische wichtigste Baudenkmäler zerstört wurde. Dass du keine Wert auf Sanssouci liegt macht dich aber zu eine Minderheit.

  • @johan: youngworth hat Recht! Es ging darum Deutschland u.a. auch kulturell in die Steinzeit zurückzubomben, dazu sollten auch die kulturellen Zentren, also auch die Stadtzentren zerstört werden, was auch mit Erfolg geschehen ist.Das dieses oder jenes Gebäude auch wichtig ist und unzerstört blieb, ist Glück. Einerseits Glück, weil es im Krieg verfehlt wurde und Glück, weil sich nach dem Krieg die Blöcke entzweiten und man Deutschland jeweils brauchte, und so die gemeinsame Zerstörung des Landes beendetet worden ist.
    Um Details kann man sich streiten, vom Prinzip her hat youngwoerth recht.

  • Was mich wirklich erstaunt, ist der Umstand, dass Potsdam erst so spät an der Reihe war und es beinahe geschafft hätte, unbehelligt zu bleiben.
    Auch so wurde die Altstadt nur zur Hälfte zerstört, Sanssouci, als Kulturdenkmäler von Weltrang sicherlich auch ein zerstörenswertes Ziel für diese Barbaren, blieb völlig verschont.
    Warum eigentlich, wenn man bedenkt, mit wieviel Aufwand das benachbarte Berlin in allen wesentlichen Bezirken plattgemacht wurde?
    Weiß jemand vielleicht Näheres?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nach dem Krieg wurden aber häufig gerade die besonders herausragenden Denkmäler wiederhergestellt. Insofern sind die deutschen Städte mit etlichen Spitzenbauten versehen, leider mit viel banaler Füllmasse.

    Auch gut dieser Originalext dazu:

    Zitat

    Zentralbild-Dörries Qua-Qu 24.8.1956 Richtkrone auf der Potsdamer Nikolai-Kirche Am 22.8.1956 wurde die Richtkrone über der Stahlkuppel der Potsdamer Nikolai-Kirche aufgezogen. Das 18 Meter hohe Stahlgerüst, das einen Durchmesser von etwa 50 Metern hat, war in dreimonatiger Arbeit montiert worden. Für den Wiederaufbau der 1945 durch einen Terrorangriff anglo-amerikanischer Bomber zerstörten Kirche hat die Regierung bisher 140000 DM zur Verfügung geestellt. Bis 1960 sind weitere 325000 DM an staatlichen Zuschüssen vorgesehen. UBz. Blick auf den Turm der Kirche mit der neuen Kuppel.

  • unify: das widerspricht dem nicht, sondern unterstreicht meine These nur. Wären die wichtigen Baudenkmäler nicht wiederhergestellt worden, wären die Eindrücke, die youngworth und ich schilderten, nur noch offensichtlicher

  • Zitat

    Auch so wurde die Altstadt nur zur Hälfte zerstört, Sanssouci, als Kulturdenkmäler von Weltrang sicherlich auch ein zerstörenswertes Ziel für diese Barbaren, blieb völlig verschont.
    Warum eigentlich, wenn man bedenkt, mit wieviel Aufwand das benachbarte Berlin in allen wesentlichen Bezirken plattgemacht wurde?
    Weiß jemand vielleicht Näheres?

    In der DuMont-Kunst-Reiseführer von Christiane Petri (1. Auflage 2000) steht dazu dieser Abschnitt mit den vielsagenden Worten:

    Zitat

    Dass die Stadt Potsdam weltweit als Stätte des Preußentums par excellence galt, wurde ihr in der Nacht des 14. April 1945 zum Verhängnis. Ein Luftangriff der Royal Air Force legte weite Teile des historischen Kerns in Trümmer. Die Bombardierung geschah - eine Ironie der Geschichte - auf den Tag genau 200 Jahre nach der Grundsteinlegung von Sanssouci. Der Krieg war längst entschieden, die Kapitulation der Deutschen nur noch eine Frage der Zeit. So war es in erster Linie eine Strategie, mit der die Stadt Friedrichs des Großen und damit der preußische Militarismus demoralisiert werden sollte.
    Innerhalb von 20 Minuten gingen 1750 t Spreng- und Brandbomben auf Potsdam nieder. Die Stadt loderte auf - 3576 Menschen fanden den Tod. Stadtschloss, Garnisonkirche, Nikolaikirche, Heiliggeistkirche, Altes Rathaus, Großes Militärwaisenhaus, Neustädter Tor, Berliner Tor und Kellertor sowie Tausende von Bürgerhäusern wurden zu Ruinen. Der Schwerpunkt der Zerstörung lag in der Altstadt und in der ersten Stadterweiterung. Anders als von den Engländern beabsichtigt, blieben jedoch die Parkgebiete Sanssouci, Neuer Garten und Babelsberg verschont.

    Zum 1. von mir kursiv geschriebenen Satz dringt sich der Frage auf: wieso musste etwas demoralisiert werden, was längst geschlagen und, was das Preußentum selbst angeht, schon in der Wilhelminischen Zeit oder spätestens in den 20er und 30er Jahren untergegangen war?
    Aus dem 2. Satz kann man schließen: die Zerstörung Sanssoucis war von den Bombern beabsichtigt, kam aber irgendwie nicht zustande.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat von "youngwoerth"

    Ich sag ja, es wurden auch in Potsdam wie üblich die imposanten und repräsentativen Gebiete zerstört - die komplett erhaltene Brandenburger ist dagegen m.E. nun mal höchst langweilig und als Zentrum für diese einstige Größe ebenso ungeeignet wie die Prager Straße für Dresden. (Beide Zentren repräsentieren jeweils nicht das, was die Vorkriegsstadt ausmachte - und was die Stadtviertel oder Schlösser auch heute noch versprechen)

    Wir empfehlen hier mal von Hans Werner Mihan: "Die Nacht von Potsdam". Dann wird endlich dieser unsägliche Versuch beendet, die Bombardierung der Potsdamer Mitte umzudeuten.
    Niemand bestreitet, dass ein Denkmal für Arthur Harris in London nicht erträglich ist, aber ein Versuch der Umdeutung der Geschichte ist an dieser Stelle nicht haltbar.
    Worüber diskutieren wir denn hier? Über die Gründe der Bombardierung von Städten im 2. Weltkrieg?
    Diskussionen über den Sinn von Rekonstruktionen an der einen oder anderen Stelle sind richtig und wichtig, aber wir sollten doch bei der Wahrheit bleiben was den Grund für Angriffe auf die Städte betrifft.

    Zitat von "ursus carpaticus"

    Natürlich zielte die Bosheit der Städtezerstörer und Zivilistenmörder darauf, in erster Linie auf die wertvollsten Teile zu zerstören, das war in Potsdams großer Altstadt, eben zu groß, um mit einem Schlag komplett plattgemacht zu werden, eben die Gegend um den Altmarkt.

    Wie oben erwähnt, ist dies nicht haltbar und auch nicht belegbar.
    Wie der DuMont-Kunst-Reiseführer von Christiane Petri (1. Auflage 2000) diese Behauptung belegen möchte ist interessant zu erfahren, auch diese Behauptung ist nach den Belegen von Mihan (unseres Wissens) nicht haltbar.

  • @bildung: der grund der bombardierung lag in der zerstörung deutschlands. das Land sollte umgepflügt, und in die Steinzeit zurückversetzt werden.

  • Ich weiß nicht, über was für exzellente Quellen das Potsdamer Bildungsbürgertum verfügt, aber irgendwie scheint es mit der Zerstörung ohnehin keine Probleme zu haben. Naja, freie Sicht für freie Bürger.
    Ich hab nur irgendwo (ich glaub in Der Brand) gelesen, dass die Vollzugsmeldung des kommandierenden Bomberarschloches nach London war: Die Stadt Potsdam gibt es nicht mehr, was eher nach der gängigen Motivierung klingt.
    Der Dumont-Text klingt zwar plausibel, jedoch sind derartige Passagen eher journalistisch vereinfacht und erklären nichts. Gerade, weil Potsdam eine symbolische Stätte des Preussentums war, erscheint der Umstand, dass mit der Zerstörung bis April 45 zugewartet wurde, erstaunlich. 1945 wurden noch unzählige Städte in Schutt und Asche gelegt, ohne dass diease eine derart verwerfliche Geschichte gehabt hätten.
    Meine Frage war nicht, warum dieser Angriff erfolgte, sondern: warum erst jetzt.
    Dazu kommt, dass dieser vereinzelte Angriff offensichtlich nicht ausreichend war, um die hehren Ziele zu erreichen. Das Denkmalgebiet Potsdams ist einfach zu groß, da hätte es schon einen Aufwand à la Dresden bedurft.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Anscheinend ist es wirklich schwierig, mich zu verstehen. Vielleicht liegt es auch an der Sprachbarriere, Johan?

    Zitat von "Johan"

    Ich will bei deine These bleiben, dass nur die Kunsthistorische wichtigste Baudenkmäler zerstört wurde.


    Wann habe ich das gesagt?

    Zitat

    Dass du keine Wert auf Sanssouci liegt


    Und wann habe ich das gesagt? Sanssouci ist fantastisch für einen Tagesausflug und Potsdam profitiert von seinen erhaltenen Schlössern. Aber bringen mir Sanssouci oder einzelne wiederaufgebaute Kirchen wie der Kölner Dom die Lebensqualität, die mir eine komplexe Innenstadt vermitteln kann, in der ich mich täglich aufhalte, in der ich einkaufe, in der ich mich mit Freunden treffe, in der ich lebe? Also, meine von Dir mißverstandene These lautet: Oft wurden gerade die prachtvollsten Lebensadern unserer deutschen Städte getilgt, urbane Ensembles schmuckvollster Profanbauten, der großflächige repräsentative Glanz- und Höhepunkt aller umgebenden Stadtviertel und Schloßanlagen. Dass Letztere genau wie manch kostbare Einzelbauten erhalten sind oder wiederaufgebaut wurden, tröstet mich nur ein wenig.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    Ich weiß nicht, über was für exzellente Quellen das Potsdamer Bildungsbürgertum verfügt, aber irgendwie scheint es mit der Zerstörung ohnehin keine Probleme zu haben. Naja, freie Sicht für freie Bürger.
    Ich hab nur irgendwo (ich glaub in Der Brand) gelesen, dass die Vollzugsmeldung des kommandierenden Bomberarschloches nach London war: Die Stadt Potsdam gibt es nicht mehr, was eher nach der gängigen Motivierung klingt.
    Der Dumont-Text klingt zwar plausibel, jedoch sind derartige Passagen eher journalistisch vereinfacht und erklären nichts. Gerade, weil Potsdam eine symbolische Stätte des Preussentums war, erscheint der Umstand, dass mit der Zerstörung bis April 45 zugewartet wurde, erstaunlich. 1945 wurden noch unzählige Städte in Schutt und Asche gelegt, ohne dass diease eine derart verwerfliche Geschichte gehabt hätten.
    Meine Frage war nicht, warum dieser Angriff erfolgte, sondern: warum erst jetzt.
    Dazu kommt, dass dieser vereinzelte Angriff offensichtlich nicht ausreichend war, um die hehren Ziele zu erreichen. Das Denkmalgebiet Potsdams ist einfach zu groß, da hätte es schon einen Aufwand à la Dresden bedurft.

    Es mag erstaunlich sein oder nicht, fakt ist, der Potsdamer Hauptbahnhof war zerstört, er war vorher markiert auf Luftbildern, in diesem Umkreis sind die meisten Beschädigungen. Dies war das Ziel dieses Einsatzes. Es gibt auch gar keinen Grund Bombardierungen ziviler Einrichtungen zu rechtfertigen, ist doch logisch. Nur vergeßt nie das Verursacher-Prinzip.

  • Leute, jeder, der sich nach diesem Beitrag nicht an die Aufforderung des Moderators hält, zum Thema zurückzukehren, bekommt eine Verwarnung, das ist garantiert. Das Bombenkriegthema ist sowas von ausgelutscht, ich kann es nicht mehr sehen.

  • "Anscheinend ist es wirklich schwierig, mich zu verstehen. Vielleicht liegt es auch an der Sprachbarriere, Johan?"

    Neh, ich finde dass du bist einfach sehr persöhnlich. Ich sehe nicht wirklich ein wie du definiert schöne urbane Räume. Viele die Bewertungen sind eher bezogen auf wo du wohnen willst als die Architektur in Abstraktum. Die Problem liegt wahrscheinlich dass wir nicht in die gleiche Stadt wohnen will. Manche finde New York und Shanghai als gelungene Urbane Weltstadträume und wurde dann Freiburg, Brighton und sogar Berlin als kleine Dörfer bezeichnen. Also wenn man sich zu weit von die Abstraktum Architektur entfernt desto mehr ausgeliefert wird die Diskussion zu subjektive Erlebnisse.

    Zitat von "Johan"

    Ich will bei deine These bleiben, dass nur die Kunsthistorische wichtigste Baudenkmäler zerstört wurde.


    "Wann habe ich das gesagt?"

    Folgendes hast du geschrieben: "Ich sag ja, es wurden auch in Potsdam wie üblich die imposanten und repräsentativen Gebiete zerstört - die komplett erhaltene Brandenburger ist dagegen m.E. nun mal höchst langweilig und als Zentrum für diese einstige Größe ebenso ungeeignet wie die Prager Straße für Dresden. (Beide Zentren repräsentieren jeweils nicht das, was die Vorkriegsstadt ausmachte - und was die Stadtviertel oder Schlösser auch heute noch versprechen)"

    Also du macht hier ein These dass die imposanten und repräsentativen Gebiete immer zerstört wurde. Sanssouci ist ja letztendlich die imposante und repräsentativen Gebiet in Potsdam. Ich finde diese Thesis viel zu generell.
    Ubrigens wurde Kolner Dom nicht wiederaufgebaut, es wurde sogar nicht zerstort.

    Und dass wollte ich sagen: deine Beurteilung von Städten ist nicht basiert von Architektur in Abstraktum sondern auf deine Empfindung von Städten. Weil du und ich und wahrscheinlich die meisten andere Menschen verschiedene Empfidungen von Städten haben, werden solche Diskussionen immer in subjektive Erklärungen enden: ich finde dass toll, du findest dass toll und er findest dass toll. Punkt!

    Deswegen ist es einfacher über Architektur eher als Prinzip in Abstraktum als persöhnliche empfindung zu diskutieren. Wenn ich Freiburg oder Augsburg oder Lübeck oder Potsdam oder York oder Canterbury oder alle andere halbzerstörte Städten ist es ja besser beim Architektur zu bleiben.

  • @johan
    "Ich sag ja, es wurden auch in Potsdam wie üblich die imposanten und repräsentativen Gebiete zerstört - die komplett erhaltene Brandenburger ist dagegen m.E. nun mal höchst langweilig
    johan, das ist ein Disput um Worte. Youngi meinte hiermit eher Straßenzüge als Bauwerke, bzw dass eher die großbürgerliche Quartiere als die kleinstädtische Vorstadtbebauung zerstört wurde. Tatsächlich ist der diesbezügliche Verlust wirklich beträchtlich, wenngleich meiner meinung nach auch hier mehr als in anderen Städten erhalten geblieben ist.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Johan, wie die These gemeint war, hatte ich Dir doch im Anschluß erklärt - na wenigstens ursus hat's kapiert. :gg:

    Zur Abstraktion von Architektur: Da wir hier ganze Städte beurteilen, und nicht nur einzelne Fassaden von einzelnen Gebäuden, ist die Fehlbeurteilung in der abstrakten Variante m.E. vorprogrammiert. Wenn Du einzelne Fassaden der Kaiser-Joseph-Straße isoliert betrachtest, und anhand dessen Freiburg beurteilst, wirst Du zu einer völlig anderen Schlußfolgerung kommen, als wenn Du diese Stadt ganzheitlich erfasst. Und ich finde, nur die ganzheitliche Betrachtung wird einer Stadt gerecht. So subjektiv diese Betrachtung auch sein mag, es sind meist deutliche Tendenzen zu erkennen: So wird die urbane Atmosphäre oder liebevolle Gestaltung des Stadtraumes in Freiburg genau wie die positive Gesamtwirkung der Stadt sehr häufig hervorgehoben, in Braunschweig aber nicht (obwohl sich dort durchaus auch viele schöne Fassaden finden lassen).

    Also gleich noch eine weitere These von mir: Will man eine Stadt beurteilen, dann sollte man deren Architektur nicht isoliert betrachten. Eine architektonisch schöne Häuserzeile in einer grauen Betonfußgängerzone (was Du, Johan, in Oldenburg direkt vor Deiner Haustüre studieren kannst :zwinkern: ) wirkt völlig anders, als dieselbe Zeile am Bodenseeufer mit hübsch beschnittenen Platanen davor. Blättert dann im ersten Fall noch Putz von der Fassade, und haben sich Dönerläden und Casinos in den Erdgeschossen eingemietet - im zweiten Fall aber findest Du noble Cafes mit Außenbestuhlung davor, auf denen sich freundlich wirkende Leute unterhalten - dann haben wir zwar dieselbe Architektur, aber zwei völlig unterschiedliche Stadträume, zwei völlig unterschiedliche Städte, und letztlich zwei subjektive - aber solange sie dies alles berücksichtigen, ehrliche subjektive Beurteilungen dieser Städte. (Im Falle der isolierten, abstrakten Architekturbetrachtung empfände ich eine Städtebeurteilung als unehrlich)

    Und schließlich kann sich jeder durch einen Besuch vor Ort sein eigenes Bild machen und zu einem anderen Urteil kommen. Vielleicht gefällt dem Ein- oder Anderen ja die Stadt mit der Betonfußgängerzone besser! 8)

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Dieses Bild gibt mir Rätsel auf, es zeigt den Wilhelmplatz /Platz der Einheit, aber ohne Datumsangabe. Es scheinen noch keine Kriegsschäden vorhanden zu sein, aber aus irgendeinem Grund fehlen bereits die vier Türme des Postgebäudes links im Bild. Der Platz selber scheint auch in eine einzige Wiese ohne Wege zurückversetzt zu sein. Leider habe ich keine Bild parat von den vier Turmen, sie sahen aus wie geschwungende Kuppeln.


    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bund…er_Einheit).jpg

    Die Post nach 1945 und heute, ich dachte immer, die Türme wurden erst beim Aufbau weggelassen.

    Platzgestaltung 1776

    Platz der Einheit 1963, andere Seite.

    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bund…der_Einheit.jpg

  • Ich halte es für möglich, daß die Nazis diese, aus ihrer Sicht unpreußische, unsachliche und monarchistisch-dekadente Architektursprache in "ihrem" Potsdam nicht mehr dulden wollten.

    Ja, du hast richtig gelesen - die Nazis haben im Zeichen des Heimatschutzes und ihres harten Klassizismus so einiges an ideologischer Tiefenarbeit getan, was später den Entstuckungs- und Versachlichungsmaßnahmen zugute kam. Zumindest haben sie es geschafft, auch die Mitte der Gesellschaft von der Richtigkeit der Versachlichung gebauter Umwelt zu überzeugen.

    Übrigens wollten sie auch den Berliner Dom "erden". Dieser Umbau wäre für den Gesamteindruck ähnlich rabiat gewesen wie jener in den Soebzigern durch die SED....

    Nein, die werden gedünstet

  • Also verstehe ich dass die Nazi's damit anfingen Deutschland zu versächligen: Kuppel-abschlag, entstuckung, NS-Bauten der neue Sächligheit, Tabula Rasa in der Berliner Mitte, Haus des Fremdenverkehrs: da müssten auch vieles für weichen, oder? Aber wenn man die Bilder von der Tauentzien Strasse um 1900 vergleicht mit den Bildern rund 1930 dann sind viele Bauten schon sächliger geworden!!! Die versachligung ist rund 1925 eingegangen und heute noch immer nicht beendet.
    Dann nach 1945 das "Neue" Deutschland in Ost und West mit nach allen Bombardements noch mehr Tabula Rasa, noch mehr Stuckabschlag, Verweigerung um Türme, Türmchen, Kuppel und Kuppelchen, Laternen, Dachgauben, Erker, Steildächer wiederherrzustellen (Motivation: war auch zu teuer). Alles verlief ideologisch eigentlich genau gut so: schöpfung von Brachen, Breiten Verkehrsschneissen, Grüne Wiesen, Neuordnung usw. Das Endeffekt ist heute wirklich grandiös: überall ist dieser Versächligung spürbar und sichtbar. Fast jedes Gebäude hat es getroffen. Gratuliere diese Hart-liner des neuen sächligen Funktionalismus. Und wirklich phantastisch wie de Deutsche Städte heute aussehen. Raum überall!!! Die einmalige geschlossen Strassenfronten sind überall gesprengt!!! Hura! Wir können damit ganz zufrieden sein. Die Bauten allen funktional und brauchen wenig Pflegung weil sie so "einfach" sind. Herrlich. Schau mal nach Potsdam, Dresden und Berlin. Das "steinerne" Berlin besteht kaum noch mehr. Glas und Beton haben gesiegt über Stuck, Putz, Sandstein, Ornamenten, Statuen, Pilaster, Gauben. Die geschlossen Stadt: eine offene Stadt geworden. :D