Das Dresdner Schloss

  • Auf ein Detail, das mir in den aktuellen Ausschreibungsunterlagen aufgefallen ist, möchte ich unbedingt noch hinweisen. Aber gleich vorab, mir liegt es fern, hier Gerüchte in die Welt zu setzen – aber es könnte ja sein, vielleicht…


    Zur gedanklichen Anbindung zunächst ein Zitat von Frau Pohlack (frühere Landeskonservatorin von Sachsen). Es ist enthalten in der hervorragenden Abhandlung über die Säle im Nordflügel, erschienen 2019 als Arbeitsheft 28 des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen. Man muss dazu wissen, dass zu diesem Zeitpunkt intern darüber diskutiert wurde, ob die beiden Räume rekonstruiert werden sollen (nachdem das eigentlich 10 Jahre vorher seitens der sächsischen Regierung schon mal beschlossen war).

    Quote

    Für die Paradesäle des 19. Jahrhunderts im Nordflügel, deren architektonische Gestaltung und museale Präsentation lagen die Wettbewerbsergebnisse bereits 2010 vor. Die Planungsleistungen waren ausgeschrieben, die restauratorischen Untersuchungen und Dokumentationen erfolgt. Mit dem bisherigen Gesamtkonzept und der denkmalpflegerischen Zielstellung wurde mit der Restaurierung bzw. der Rekonstruktion der Innenarchitektur Otto von Wolframsdorfs gefolgt, eine spätere Ergänzung der Bilderzyklen von Eduard Bendemann bliebe möglich, auch andere technische Präsentationsmöglichkeiten wurden besprochen. Alles war auf gutem Wege – bis der Bauherr 2011 eine „Entschleunigung“ der Baustelle beschied. Dies betraf auch die genannten Paradesäle im Nordflügel.


    *Andere technische Präsentationsmöglichkeiten* - Damit ist die Licht-Projektion der Gemälde mittels elektronischer Geräte gemeint. Ich kann mich noch gut an damalige Visualisierungen erinnern (die Links sind leider nicht mehr aktiv).


    In beiden Decken ist mir nun sofort ins Auge gestochen, dass jeweils 2 Öffnungen für Beamer vorgesehen sind: im Propositionssaal in der Nordwest- und in der Südostecke:


    Planausschnitt für die Decke des Propositionssaales:


    Quelle: SIB, Ausschreibungsunterlagen


    Da entsteht natürlich die Frage: Wofür braucht es in diesen Räumen Beamer an der Decke, und wie gesagt als Permanentinstallation. Funktionell sind diese Säle nicht als Orte für Veranstaltungen gedacht, wo man eventuell Beamer einsetzen würde (falls doch, dann vielleicht mal als seltene Ausnahme). Ob das also nicht vielmehr die Technik für die „Anstrahlung“ der Gemäldeflächen ist?

    Ich kenne mich mit den technischen Möglichkeiten heutiger Beamer nicht wirklich aus. Wären 2 „Sende“-Positionen überhaupt ausreichend, um den gesamten Raum entsprechend abzudecken?


    Quote from Elias J.

    Schade das das Turmzimmer ab nächstes Jahr April geschlossen wird

    Es gibt noch eine weitere aktuelle Ausschreibung, nämlich für die zugehörigen Gerüstbauarbeiten. Deren geplanter Starttermin ist mit 20. März angegeben. Vorher muss außerdem noch der Rückbau der bisherigen Einbauten erfolgen. Soll heißen – Es wird wohl deutlich eher als April geschlossen.

  • Es war Mitte August, als die Madrider Manufaktur *Real Fabrices de Tapices* via FB mitteilte, dass nunmehr 90 % der Wandteppiche für das Residenzschloss Dresden fertig seien. Dieser Tage hatte die Firma wieder einmal hochkarätigen Besuch und bei solchen Anlässen gibt es üblicherweise Führungen für die Gäste. Das nachstehend verlinkte Foto zeigt eine der Stationen des aktuellen Rundgangs (wie gesagt – wenige Tage alt).

    Klick


    Im Januar 2022 war Säule Nr. 10 begonnen worden (von insgesamt 12). Dann dürfte die auf dem aktuellen Foto abgebildete Säule wohl Nr. 11 sein. Der Fertigungsstand der vielen anderen Teile ist mir nicht bekannt. Das auf dem folgenden Kurzvideo (30 sek) gezeigte, relativ kleine Balustradenstück hatte 3 Monate Arbeit gekostet.

    Klick



    Anderes Thema. Ich habe nun doch noch 2 der alten Visualisierungen der beiden Säle im Nordflügel gefunden (von etwa 2008/2009). Vor allem auf der für den Großen Ballsaal ist die lichttechnische Anstrahlung der Gemäldefelder eindeutig auszumachen. Offenbar war aber nur der Friesbereich dafür vorgesehen.

    Klick


    Es gibt m.W. nur 2 historische Bilddokumente, die den Großen Ballsaal im Zustand aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigen – ein sw-Foto von etwa 1875 und ein Aquarell eines unbekannten Künstlers.

    Foto von 1875

    Aquarell


    In den 1880er Jahren kam es zu größeren Umbauten in beiden Sälen – die Decken wurden erhöht. Im Falle des Großen Ballsaal bestand der Grund darin, dass man auch in diesem Saal eine Musikempore wollte, wie in dem 1868 realisierten Kleinen Ballsaal.

    In diesem Zusammenhang ein kleines interessantes Baudetail: Besagte Musikempore war (u. a.?) über den Altan zugänglich. Hier ein kurzer Auszug aus der Autobiografie von Prinz Ernst Heinrich von Sachsen (jüngster Sohn des letzten sächsischen Königs, geb. 1896):

    Quote

    Am Abend kurz vor Beginn des Hofballs stieg ich hinauf in den ausgebauten Dachboden des Schlosses bis zum offenen Übergang über die Loggia des Großen Schlosshofes.

    Dort schlug mir die kalte Winterluft entgegen, der Schnee knirschte unter meinen Füßen, und der Mond beleuchtete schemenhaft den ganzen großen Schlosskomplex. Am Ende des Übergangs öffnete ich eine kleine Tür und befand mich plötzlich mitten unter der Militärkapelle des 2. Grenadierregiments., die in dieser Empore zum Tanz aufzuspielen hatten. Von hier aus konnte ich den Großen Ballsaal ausgezeichnet sehen.

    Hier zu sehen: Altan, 3. OG, dort die rechte kleine Tür: Klick

    Blick auf die Musikempore im Großen Ballsaal: Klick



    Und noch eine kleine Info zu den anstehenden Bauarbeiten im Nordflügel. Jetzt ist auch die Ausschreibung für die Abbrucharbeiten angekündigt worden („Abbruch- und Demontagearbeiten Depots“). Beginn ist nicht angegeben, aber das geplante Ende: 10. März 2023. Also ich denke mal, das Turmzimmer wird spätestens Ende Januar / Anfang Februar für den Besucherverkehr gesperrt werden. Wer also noch mal rein will, sollte das bald tun.

  • Das ist mir und der Aufsicht auch noch nicht ganz klar. Angeblich gehören die zum Raum und stehen im Zusammenhang mit dem Musikerker.

    Ein Schild zur Erklärung war noch nicht angebracht.

    Schöne Städte werden letztlich auch glückliche Städte sein.

  • Vielen Dank!

    Ich hätte noch zwei Fragen:

    Konntest du etwas erfahren zur Aufhängung des wiedergefunden Speisesaal-Gobelins?

    Stimmt das, bzw. woher weisst du, dass es nähere Erklärungen zum Juwelenschmuck erst am 10.1. gibt?

  • Gibt es einen link oder Bilder zu den gobbelins?

    Schöne Städte werden letztlich auch glückliche Städte sein.

  • Pauken? Sind diese dort temporär oder länger, und welchen Bezug haben sie zu den Räumen?

    Das silberne Paukenpaar mit dem getriebenem vergoldeten Wappen fertigte der Dresdner Goldschmied Johann Jacob Irminger (1635-1724) für August den Starken. Anlass war die Vermählung des Kurprinzen Friedrich August II. mit der Erzherzogin Maria Josepha von Österreich im Jahr 1719. Die Lieferung des Hofsilberarbeiters Irminger umfasste zwei Paar Silberpauken und 12 Paar Silbertrompeten für insgesamt 4350 Taler. Sie wurden von den Hoftrompetern und Hofpaukern verwendet und im Oberhofmarschallamt verwahrt.

    In Eckparadesaal standen bestimmt auch nicht durchgängig vier Paucken, da immer nur zwei gleichzeitig benutzt wurdenund in der Online Collection selbst steht, dass sie Pauken im Oberhofmarschallamt verwahrt wurden.

    Ich gehe davon aus dass die Pauken ein kleiner Vorgeschmack auf die Dauerausstellung "Hofjagt, Feste und Maskeraden" sein dürfte, die in die beiden jetzt zu rekonstruierenden Räume kommt, wobei dann auch die passenden erhaltenen Trompeten ausgestellt werden. Das hier erwähnte paar wurde übrigens erst 2014 vom Haus Wettin für die Rüstkammer erworben.


    An der Stelle wo jetzt die beiden Pauken-Paare stehen, hätte ich mir die in den 90er Jahren erworbenen Teile vom "doppelt vergoldeten Tafelservice" August des Starken von 1719/30 ideal vorstellen können. Dies hätte auch thematischen Bezug, da hier doch auch gespeist wurde. Die im Grünen Gewölbe verwahrten Teile sind auch nicht ausgestellt.

    https://skd-online-collection.…seum/Details/Index/117098 https://skd-online-collection.…seum/Details/Index/117096

  • BautzenFan berichtete vor ein paar Wochen darüber. In etwa im Sommer.

    Einfach hier im aph ein paar Seiten vorblättern....

    War großartig, dass der wiederauftauchte.

  • Eine interessante Doku über den Wiederaufbau der Schlosskapelle.


    External Content youtu.be
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  • Ich kann 2 neue Ausschreibungen für die beiden aktuellen Bauprojekte im Nordflügel vermelden.


    1. Natursteinwerkarbeiten Schlosskapelle – Los 1, Wandarchitektur


    Auszug aus dem LV

    Quote from SIB

    Der Wiederaufbau des Dresdner Schlosses als Monument Sächsischer Geschichte sieht auch die Wiederherstellung der Schlosskapelle vor. Die im Zuge der bauarchäologisch begleiteten Enttrümmerung aufgefundenen originalen Bauteile, weitere Befunde am Bau sowie die vorhandenen Archivalien ermöglichen die Rekonstruktion.

    […]

    Es ist vorgesehen, die ehem. Schlosskapelle des Dresdner Schlosses weiter auszubauen. Damit sollen die immer noch vorherrschenden provisorischen Funktionen und die ungestaltete Erscheinung überwunden werden indem vor der künftigen öffentlichen Nutzung ein nachhaltiger Zustand erreicht wird. Alle Raumoberflächen bleiben materialsichtig [Anm.: also wohl auch das Gewölbe, oder?].


    Auszug aus der Ausschreibungsbekanntmachung:


    Bisheriger Zustand der Westempore:


    Von Derbrauni - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28324336


    Plan für die Westemporen


    Quelle: SIB, Ausschreibungsunterlagen



    2. Lieferung von Eichenschnittholz für den Propositionssaal


    Auszug aus dem LV


    Hier sind noch einmal die Visualisierungen. Es waren ja 3 Varianten in der Diskussion. Welche tatsächlich realisiert wird, weiß ich nicht. Aber da im Text auch explizit *bildhauerische Zierelemente* genannt sind (als Erläuterung für den Holzlieferanten, für was das Holz gedacht ist), dürfte wohl Variante 1 schon mal ausscheiden.

  • Also ich glaube, das war jetzt missverständlich rüber gekommen. Ich hatte einen Link gesetzt, der diese genannten 3 Varianten zeigt. Bislang erschien dieser Link als blaue Zeile - jetzt kommt stattdessen ein Vorschaubild. Selbiges Vorschaubild zeigt Variante 3 (die mit den partiellen Vergoldungen). Aber wie gesagt, ich wollte gar kein Bild zeigen, sondern den Link - und der öffnet alle 3 Varianten.

  • Ah.... Interessant. Danke.

    Die beiden ersten Varianten sind, wen ich es recht sehe, eher moderne Interpretationen (mit vielen zeitgenössischen Profilen und Details) , (sehr) kritische Rekonstruktionen und dürften deshalb ausscheiden.

    Also bleibt nur die jeweils malereilose, sonst aber exakte historische Reko, und zwar mit oder ohne Vergoldungen. So hätte ich es mir auch gedacht.

  • Dresden ist ja an sich nicht für seine architektonischen Schätze aus der Spätgotik berühmt. Viel mehr als eine Erkerkonsole und eine weitestgehend historistisch überformte mittelkleine Kirche war da nicht. Dass sich in dieser Stadt jetzt ein spätgotischer Sakralraum findet und noch dazu so einer, das muss man erst mal behirnen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Und wieder gibt es eine neue Ausschreibung für die Schlosskapelle. Die konkrete Maßnahme ist zwar "eigentlich" gar nicht sooo interessant - es geht um die Elekroanlagen, aber das LV hat es in sich. Hier habe ich zum ersten Mal eine detaillierte Beschreibung des anvisierten Ausbauzustandes gefunden:


    Ein paar Fotos von 2011, als man gerade mit dem Einbau des Schlingrippengewölbes begonnen hatte:






  • Sehr erfreulich, aber steht das nicht im Widerspruch zu dieser Meldung?:

    Quote from SIB

    Alle Raumoberflächen bleiben materialsichtig

    Das heißt doch dass man die rohen Betonwände sichtbar lassen will, oder? :crying:

    .

    "80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wiederholen Politiker jedes Jahr die Worte 'Nie wieder'. Und nun sehen wir, dass diese Worte wertlos sind." (Wolodymyr Selenskyj)

  • Nein, das steht dazu nicht im Widerspruch.

    Erst einmal geht es um die möglichst vollständige Wiederherstellung/Rekonstruktion der Architektur.

    Und da fehlen bisher noch bzw. müssen hinzukommen eben noch Altaer, Schütz-/Klengelempore und Orgel.


    Die Farbe kann ganz zum Schluss kommen oder auch wegbleiben. Die ist am schwierigsten zu rekonstruieren.