• Ich möchte nachfolgend auf einige Einzelmaßnahmen in den Paraderäumen eingehen, die noch nicht fertiggestellt sind.

    1. Supraportenrahmen im Eckparadesaal
    So sieht das bislang aus (alle 3 Rahmen fehlen noch, beispielhaft hier die Supraporte über der westlichen Tür an der Südwand, d. h. wenn man davor steht - rechts von den Öfen):


    Von SchiDD -Staatliche Kunstsammlungen Dresden, CC BY-SA 4.0, (Bildausschnitt)
    https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=82636177

    Es gibt im EPS drei Supraporten, zwei an der Südwand über den Türen zum 1. Vorzimmer und zur nördlichen Retirade, eine über der Tür zum Propositionssaal. Einer dieser 3 Rahmen wird restauriert, ist also Alt-Bestand, zwei werden rekonstruiert. Dazu hieß es im Ausschreibungstext:

    Zitat von SIB

    Das Ziel ist die Restaurierung eines vergoldeten Supraportenrahmens (verm. 19.Jh., Größe ca.130 x 195 cm) nach einem vorgegebenen Restaurierungskonzept und die Rekonstruktion von zwei Rahmen nach dem vorhandenen Original und historischenAufnahmen.
    Die Untersuchung und Dokumentation des Erhaltungszustandes des vorhandenen Originals sowie die Konzepterstellung sind erfolgt. Zur Restaurierung und Rekonstruktion ist die koordinierte Zusammenarbeit einer/eines Restauratorin/Restaurators, einer/eines Holzbildhauerin/Holzbildhauers und einer/eines Vergolderin/Vergolders notwendig.


    Über die Gründe, warum diese Rahmen noch nicht fertig sind, kann ich nur Mutmaßungen anstellen. Die Ausschreibung dafür erfolgte bereits im Frühjahr 2017, mit folgenden Terminangaben:
    Beginn der Ausführung: 02.09.2017
    Fertigstellung der Leistungen: 18.12.2018

    In Analogie zu etlichen anderen Ausschreibungen für vergleichbar hochkarätige Arbeiten in den Paraderäumen ist vorstellbar, dass sich schon die Auftragsvergabe erheblich verzögert hat (Auswahl geeigneter Restauratoren, die fachlich, terminlich UND preislich akzeptiert werden). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass schon von vornherein fast anderthalb Jahre für die Ausführung vorgesehen waren, eine mehrmonatige Verzögerung (oder mehr?) bei der Ausführung ist dann durchaus denkbar.


    2. Tapetenleisten im Eckparadesaal
    Diese, die Samtflächen rahmenden Leisten (Rokoko) sieht man auf dem nachstehend verlinkten historischen Foto („Umrahmung“ des Samtbereiches ganz links im Bild, Foto aber unbedingt vergrößern):
    http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/…katalog_0008179

    Zum Leistungsumfang vermeldete der Ausschreibungstext:

    Zitat von SIB

    Der Eckparadesaal (EPS) ist der Auftaktraum der Paraderäume des Westflügels im zweiten Obergeschoss des Dresdner Schlosses, welche gegenwärtig rekonstruiert werden. Die Rekonstruktion umfasst eine Wandbekleidung in Form von textilen Wandbehängen aus rotem Samt mit Tressenbesatz, welche von den zu vergebenden Leisten gerahmt werden. Die zu vergebenden Leistungen umfassen die Herstellung und Lieferung der Leistenrahmung und des sich aus der Leistenrahmung entwickelnden Schnitzwerkes in Form von Eckgesprengen, Mittel- und Winkelstücken in Rokokoformen nach bauseitig zur Verfügung gestellten Modellvorlagen und Planungsunterlagen (20 Eckgesprengen, 24 Mittelstücken, 6 Stück zweiteiligen Eckstücken sowie 68 m profilierten Tapetenleisten sowie 16,5 m Viertelstableisten) inkl. Kreideschnitt. Kreidegrund und Vergoldung werden bauseitig ausgeführt und sind nicht Gegenstand der hier zu vergebenden Leistung. Die Leistenrahmungen werden nach historischem Vorbild aus Lindenholz geschnitzt.


    Tag des Vertragsabschlusses: 28.05.2019
    Gesamtwert des Auftrags (ohne MwSt.): 52.543,46 EUR
    Der Zuschlag wurde erteilt an Stephan Thürmer aus Dresden, Bildhauer und Restaurator im VDR.

    Bei der beauftragten Firma handelt es sich (ist zu vermuten) um einen Ein-Mann-Betrieb (kleiner Einschub: das ist selbstverständlich nicht abwertend gemeint, man lese es als *klein, aber fein*). Auch wenn vielleicht – zumindest zeitweise - weitere Mitarbeiter an der Ausführung beteiligt werden, bleiben die künstlerisch anspruchsvollsten Arbeiten doch sicher vollständig in der Hand des Meisters. Und hieraus ergibt sich nun die Rätselfrage: Wie lange braucht ein Einzelkämpfer für die Abarbeitung eines fachlich sehr anspruchsvollen Auftrags im Wert von 52.000 Euro (Netto)? Damit meine ich aber natürlich die Frage, wann wir diese Tapetenleisten zu sehen bekommen werden. Der Vertrag wurde Ende Mai abgeschlossen, d.h. vorher wird noch nichts bzw. noch nicht viel passiert sein. Das war vor 4 Monaten. Nun ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die Leisten vor dem Einbau noch vergoldet werden, sicher auch keine Arbeit für nur wenige Tage. Außerdem sind auch im EPS noch nicht alle Samtbahnen fertig. Möglicherweise wird daher auch die Anbringung der Tapetenleisten etappenweise erfolgen.


    3. Gravuren auf den Türschlössern
    Hierzu ist zunächst anzumerken, dass die Mehrzahl der Türen überhaupt noch fehlt. Die folgenden 3 Aufnahmen zeigen das Türschloss an einer Tür im Audienzgemach:


    © Frank Florian Steinauer


    © Frank Florian Steinauer


    © Frank Florian Steinauer

    Zur Erinnerung folgende Eckdaten aus dem Ausschreibungsanzeiger:

    Gravuren für 9 Blendplattenpaare und Ziselierungen für Beschlagteile der Doppelkastenschlösser
    In 3 Räumen erhalten die Türschlösser Gravuren:
    Eckparadesaal: Schlosskästen mit Rittermotiv
    1.Vorzimmer: Schlosskästen mit Rittermotiv
    Audienzzimmer: Schlosskästen mit Adlermotiv
    Wert des Auftrags (ohne MwSt.): 45.585,00 EUR


    Den Zuschlag erhielt der Dresdner Graveurmeister Matthias Köhler.

    Auf den fertigen Anblick bin ich sehr gespannt, denn ich habe davon noch keine Abbildungen gesehen. Aber darauf werden wir wohl noch ein Weilchen warten müssen, die Auftragsvergabe ist noch ziemlich frisch (Tag der Bekanntmachung über die Vergabe war am 27.06.2019).


    4. Bettknöpfe des Paradebettes
    Wie hier bereits mehrfach berichtet wurde, ist einer dieser beiden Bettknöpfe (Bekrönungselemente auf dem Baldachin) erhalten geblieben. Aktuell ist er im PSZ (in Nähe des Bettes) in einer Vitrine zu sehen.


    Von SchiDD -Staatliche Kunstsammlungen Dresden, CC BY-SA 4.0,
    https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=82737586

    Ausschnitt aus dem voran stehenden Foto (gleiche Quelle):

    Das ist aber hoffentlich nicht die Endfassung, denn der originale Bettknopf sieht so aus: Klick


    @Däne
    Rastrelli hat völlig recht: Es gibt keine Überlegungen betreffs einer Rekonstruktion des Gobelinsaales, auch nicht als langfristige Option. Wie auch, die SKD sind nicht im Besitz der Gobelins. Ich habe bislang nur in Erfahrung bringen können, dass wohl doch nicht alle Exemplare verbrannt sind. Aber wie viele noch existieren und wo, weiß ich leider nicht.

    3 Mal editiert, zuletzt von BautzenFan (3. Oktober 2019 um 12:24)

  • BautzenFan hat oben die Paradeaufnahme des Paradeschlafzimmers von SchiDD gebracht. Dann ergänze ich mal das Pendant des Audienzgemachs:

    Audienzgemach (Foto: SchiDD, 30. September 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Was wir hier sehen (beide Räume) ist die Königsklasse der Raumkunst. Mir persönlich fehlt auf beiden Bildern - von den Restarbeiten, die noch erledigt werden müssen, abgesehen - nichts. Man kann solche Räume auch anders dekorieren, mit Säulen und viel plastischem Schmuck zum Beispiel. Ein Interieur im Schlüterstil ist für viele Menschen sicherlich leichter zu verstehen. Aber es ist nicht wertvoller oder besser. Ich bitte euch, genau hinzusehen. Es gibt keine glatten roten oder grünen Wände. Wir sehen Wandbehänge aus Seidensamt. Als raumgliedernde Elemente wurden kostbarste textile Pilaster eingesetzt. Im Audienzgemach sind es sogar Originale. Sie haben eine tolle Ausstrahlung, auch wenn sie nicht mehr so golden leuchten wie ursprünglich. Dazu die Deckenmalereien, die hervorragend gelungen sind.


    Deckengemälde im Audienzgemach (Foto: SchiDD, 30. September 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Die ursprünglichen Gemälde von Silvestre waren Meisterwerke und sie sind kongenial rekonstruiert worden. Mich beeindruckt an der Gestaltung der beiden Räume die Noblesse und die Tatsache, dass der Dekor nicht vom Wesentlichen ablenkt, aber auch nicht verengend darauf hinführt. Das Wesentliche sind das Paradebett und der Audienzstuhl. Diese Räume müssen eine gewisse Großzügigkeit ausstrahlen. Sie dürfen nicht mit Möbeln vollgestellt werden. Die Angehörigen der Hofgesellschaft standen in der Regel. Stehempfänge kennen wir ja heute noch. Einige kostbare Möbel stehen am Rande. Zu beachten sind auch die sehr schönen Supraporten. Ich liebe ja die Malerei und habe deshalb bei den Filmberichten und den Fotos besonders auf die Gemälde geachtet. Und was ich da sehen konnte, hat mich begeistert.

    Im ersten Bild des Audienzgemachs sehen wir das sächsisch-polnische Wappen in den Eckkartuschen der Hohlkehlen. Unter den Kartuschen hängt das Kleinod des Polnischen Weißen Adlerordens. Über den Wappenkartuschen die polnische Krone, und über dieser leiten die polnischen Adler zum Mittelfeld des Deckenbildes über. Darin zeigt der den Herkules begleitende Genius auf seinem Schild ebenfalls das sächsisch-polnische Wappen.


    Ausschnitt aus dem Originalgemälde (Farbaufnahme um 1942/44)

    Auch am Turm der Hofkirche prangt das sächsisch-polnische Wappen, von der Krone überhöht.

    Katholische Hofkirche, Wappenrelief am Turm (Foto: Andreas Praefcke, Juni 2012, CC-BY-3.0)

  • Rastrelli hat natürlich recht, zu viele Möbel beeinflussen negativ den imposanten Raumeindruck. Ja, ich weiß, das die Hofgesellschaft stehen mußte. Trotzdem hätte ich mir paar historische Stühle/Sessel schon gewünscht...
    Vielleicht hätte man diese dann z. B. wie auf den Kupferstichen zu sehen, vor dem Paradebett platzieren können, als würde jeden Moment die hochherrschaftliche Gesellschaft eintrudeln und intime Gespräche führen. Wir würden natürlich aussen vor bleiben....

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Florentinus hat mir eine aktuelle Sammlung von sehr interessanten Zeitungsberichten über die Paraderäume zukommen lassen – recht herzlichen Dank, habe mich riesig gefreut. Einen dieser Artikel (sehr lang, sehr informativ und auch sehr wohlwollend, was die Bewertung des Projekts betrifft) möchte ich mit einigen Zitaten vorstellen. Er stand in der Druckausgabe der FAZ vom 30. September 2019.

    Zum Anfang des Artikels wird darüber berichtet, dass der sächsische MP Michael Kretschmer bei seinem Besuch der Paraderäume am 28. September ankündigte, dass „für die Bauarbeiter ein Fest ausgerichtet wird“. Der Autor bewertet dies als „richtigen Instinkt“ und fügt an, dass – ginge es gerecht zu, dieses Fest größer werden müsste als der Festakt im Staatsschauspiel.

    Zitat aus der FAZ vom 30. September 2019

    Zitat von FAZ

    Jeder einzelne Zentimeter der meterhohen Bahnen [Anm.: die Stücke sind 3,30 m hoch und 60 cm breit] erfordert indes einen Tag Handarbeit. Die noch fehlenden neun Tapisserien werden deshalb im Appartement erst einmal durch einfarbig und bewusst leicht unscharf reproduzierte Textildrucke ersetzt, bis dann im Laufe der nächsten Jahre die Nachlieferung erfolgt. Dem Staunen über die entfaltete Pracht der Neueröffnung tut das keinen Abbruch, womöglich vermehrt es den Reiz eines Besuchs noch: Es wird spannend sein, die Vollendung der Paraderäume zu begleiten. Mag sein, dass sie länger dauern wird als die Fertigstellung des Schlosses selbst.

    Wenn hier im Text davon die Rede ist, dass noch neun Tapisserien fehlen, dann sind damit nur die vertikalen Stücke gemeint. Insgesamt handelt es sich um 32 Einzelstücke,man darf die horizontalen Teile nicht vergessen:

    Zitat von Real Fábrica de Tapices

    Von den 32 Wandteppichen, die die Kommission nach monatelangen Forschungen und Farbtests an die königliche Fabrik vergab, wurde ein erstes Paar Torsionssäulen an die sächsische Regierung geliefert. Jede Säule wird in sehr feiner Qualität mit Seiden-, Gold- und Silberfäden hergestellt. Die Fertigstellung durch zwei Meister dauerte 14 Monate. Der Rest des Auftrags wird voraussichtlich bis 2022 abgeschlossen sein.
    (HP der Manufaktur, übersetzt mit Google-translater)
    Quelle: https://realfabricadetapices.com/continuan-los-…acio-de-dresde/

    Den Unterschied zwischen den Webteppichen aus Madrid und den interimsweise aufgehängten Textildrucken sieht man sehr schön auf diesem Foto (man beachte hier auch den Spiegelaufsatz, dazu später mehr):

    Von SchiDD -Staatliche Kunstsammlungen Dresden, CC BY-SA 4.0,
    https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=82737590

    Hier muss ich kurz abschwenken, der gleiche Türdurchgang wie auf dem voran stehenden Foto ist auf dieser Aufnahme von 1991 zu sehen (Standort des Fotografen war ebenfalls im 1. VZ):

    Der am weitesten gediehene Wandbereich im 1. VZ (was die Webtextilien angeht):


    Weiteres Zitat aus der FAZ (Ausführungen zum Turmzimmer):

    Zitat von FAZ

    Hier ist noch am meisten zu vollenden: Viele Konsolen wurden nicht rechtzeitig fertig, und am Oberrand der Holzvertäfelung sind statt noch fehlender Schnitzornamente auf Plexiglas gedruckte Abbildungen davon angebracht. Und trotzdem bietet das Kabinett ein grandioses Entree; man wünschte sich nur, die auf beiden Seiten angrenzenden großen Räume – Ball- und Thronsaal im 19. Jahrhundert [Anm.: letzterer = Propositionssaal] – würden auch noch rekonstruiert, wie es vor Jahren vorgesehen war. Aus finanziellen Erwägungen sollen hier aber erst einmal Ausstellungsräume entstehen.


    Betreffs des letzten Satzes aus obigen Zitat hoffe ich doch sehr, dass der Autor hier nicht ganz *up to date* ist.
    Zur Veranschaulichung der genannten „Fehlpositionen“ im Turmzimmer:


    © Frank Florian Steinauer


    Weiteres Zitat aus der FAZ:

    Zitat von FAZ

    Letzterer (die Rede ist vom Thronsessel im Audienzgemach) hatte sich übrigens erhalten, weil man ihn der Wettiner-Familie nach deren Abdankung im Rahmen der „Fürstenabfindung“ von 1924 ausgehändigt hatte. 1999 kauften ihn die SKD für das im Wiederaufbaubefindliche Schloss zurück. Schon ein paar Jahre früher waren im Kunsthandel zwei Spiegelaufsätze aus dem ersten Vorzimmer aufgetaucht und ebenfalls erworben worden, womit die erhaltenen Rahmenreste ergänzt werden konnten.


    Spiegelaufsatz aus dem 1. VZ

    Zitat von SKD

    Dieser Spiegelaufsatz gehört als Bekrönung auf einen Spiegelaus dem Ersten Vorzimmer der Paradeappartements im Dresdner Schloss. Er ist ein eindrucksvolles Beispiel für die hohe Qualität des Pariser Kunsthandwerk um1700 sowohl was den Entwurf als auch die Ausführung angeht. Die Beschläge aus vergoldeter Bronze sind von vorzüglicher Qualität. Spiegelrahmungen und Bekrönungen dieser Machart waren um 1700 sehr begehrte Luxuswaren zur Dekoration von repräsentativen Räumen. Spiegel galten zu dieser Zeit als Luxusschlechthin, da ihre Produktion immer noch große Schwierigkeiten darstellte und sie daher exorbitant kostspielig waren.
    Quelle: https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/854996

    Wie im FAZ-Textgenannt, sind es 2 Spiegelaufsätze, der über dem Kaminspiegel befindliche war auf einem Foto weiter oben zu sehen, nachstehend noch eine Aufnahme von dem an der gegenüberliegenden Wand (Westwand des 1. VZ). Beide Spiegelaufsätze weisen eine große Fehlstelle auf, die Restaurierung ist offenbar noch nicht abgeschlossen.


    © Frank Florian Steinauer

  • Die Katholische Hofkirche ist eine wahrhaft königliche Kirche.

    Dresden, Katholische Hofkirche, Stiftergruft, die Särge von August III. und Maria Josepha, an der Wand die Kapsel mit dem Herzen Augusts des Starken (Foto: Mogadir, September 2015, CC-BY-SA-3.0)

    Die traditionelle Grablege der polnischen Könige ist die Kathedrale zu Krakau. Eine Beisetzung von August III., gestorben 1763 in Dresden, und Maria Josepha, gestorben 1757 in Dresden, war während des Siebenjährigen Krieges und unter den geänderten Kräfteverhältnissen in den Jahren danach dort nicht möglich. Unter den Grablegen polnischer Herrscher der frühen Neuzeit und ihrer engsten Angehörigen ist die Dresdner Hofkirche nach der Wawelkathedrale aber die prächtigste und bedeutendste.

    Krakau, Kathedrale auf dem Wawel, Sigismundkrypta, August der Starke liegt in dem Holzsarg hinten in der Mitte
    (Foto: Silar, November 2013, CC-BY-SA-3.0)

    August der Starke starb am 1. Februar 1733 in Warschau. Er wurde am 15. Januar 1734 in Krakau beigesetzt. Mit ihm endet die Reihe der Königsbestattungen in der Krakauer Kathedrale. Zwei Tage später, am 17. Januar 1734, wurde sein Sohn August III. in der Kathedrale zum König von Polen gekrönt. Seine Gemahlin Maria Josepha wurde zur Königin gekrönt. Dies war die letzte Krönungszeremonie, die in Krakau stattfand. Maria Josepha ist zudem als die letzte gekrönte polnische Königin in die Geschichte eingegangen.

    Dresden, Residenzschloss, Großes Bilderkabinett (Foto: SchiDD, 30. September 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Die Ausstellung im Großen Bilderkabinett führt Krönungsinsignien beider Herrscher zusammen. Die Figurine bezieht sich auf die Krönung Augusts II. (des Starken) 1697. Die Kronschwerter und Kronfahnen, die wir in der Vitrine dahinter sehen, gehören jedoch zur Krönung Augusts III. 1734. Für beide Krönungen wurden in Dresden Nachbildungen der echten polnischen Krönungsinsignien angefertigt, da unsicher war, ob die Originale zur Verfügung stehen würden. August der Starke gelangte kurz vor der Krönung doch noch in den Besitz der Insignien und konnte diese für die Zeremonie in der Krakauer Kathedrale nutzen. Seine Zweitfertigungen ließ er nach Dresden zurückbringen und nutzte sie dort als Erinnerungsstücke an den großen Tag in seinem Leben. Es waren seine "privaten Regalien". Sein Sohn ließ für sich neue Insignien anfertigen und nahm nicht einfach die Erinnerungsstücke des Vaters. Die Juwelierarbeiten führte Johann Heinrich Köhler aus. Für die Königin waren in Dresden ohnehin keine Stücke vorhanden, da Christiane Eberhardine sich aus den polnischen Angelegenheiten heraus und am lutherischen Glauben festgehalten hatte.

    Warschau, Muzeum Narodowe (Nationalmuseum), Krönungsmantel Augusts III., 1734 (Foto: anonym, public domain)

    Der Haupttteil der Insignien der Krönung von 1734 wurde 1924 im Rahmen der Fürstenabfindung den Wettinern überlassen. Diese verkauften die Stücke umgehend. Zum Glück gab es damals wieder einen polnischen Staat. Über einen Zwischenhändler gelangten die Objekte 1925 ins Warschauer Nationalmuseum. Ein Teil der Objekte (ob auch der Mantel ist mir nicht bekannt) wurde im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland verschleppt, 1945 von der Roten Armee nach Moskau gebracht und erst 1960 an Polen zurückgegeben. Das war später als die Rückgaben an die DDR.

    Nach dem Tod Augusts des Starken brach der Polnische Thronfolgekrieg aus. Die echten Krönungsinsignien wurden versteckt, sodass sie nicht zur Verfügung standen. Die Krönung Augusts III. erfolgte mit seinen mitgebrachten Insignien. Da er sich mit Österreich und Russland verständigte, konnte er sich in Polen durchsetzen. Aufbewahrt wurden die Objekte bis zur Fürstenabfindung in Dresden.


    Warschau, Muzeum Narodowe, Krönungsmantel Augusts III., 1734 (Foto: anonym, public domain)

    Der Mantel ist aus dunkelblauem Samt mit Palmettenmotiven in Goldstickerei sowie Saum und Kragen aus Hermelin.


    August III. in polnischer Adelstracht mit den Krönungsinsignien, Gemälde von Louis de Silvestre, um 1737, mehrere Fassungen: Dresden, Residenzschloss, Fürstengalerie, Warschau, Schlossmuseum Wilanów (von dort die Reproduktion oben) und andere

    Das Bildnis in polnischer Tracht existiert in mehreren Fassungen. Die Fürstengalerie des Dresdner Schlosses wird von vielen Besuchern leider wenig beachtet. Dabei hängt dort vermutlich die wichtigste Fassung dieses Staatsportraits. Für die Warschauer Residenz wurde natürlich auch eine Fassung benötigt. Besser als auf den Fotos des originalen Mantels ist hier zu erkennen, dass der Samt des Mantels dunkelblau ist. Auf dem Tisch liegen Krone, Zepter, Reichsapfel und Krönungsschwert. Auf der Brust des Königs erkennen wir den Orden vom Goldenen Vlies als Zeichen seiner engen Verbindung mit den Habsburgern. Am Schulterband trägt er das Kleinod des Polnischen Weißen Adlerordens. Mit diesem Orden, den sein Vater einst stiftete und dem er nun selbst als König vorsteht, verbindet sich "August der Sachse" (wie er in Polen genannt wird) mit dem polnischen Hochadel.

    Warschau, Muzeum Narodowe, Krönungsinsignien Augusts III. (Foto: Muzeum Narodowe w Warszawie, public domain)

    Warschau, Muzeum Narodowe, vorn Krone, Reichsapfel und Zepter für August III., dahinter Krone, Reichsapfel und Zepter für Maria Josepha (Foto: Muzeum Narodowe, public domain)

    Die Krone Augusts III. wird statt eines Kreuzes durch einen Saphir gekrönt. Die übrigen Klunker sind Halbedelsteine oder Imitate. Die Krone wurde nur zur Krönung mit echten Edelsteinen besetzt. Diese kamen danach wieder ins Grüne Gewölbe zurück. Dies gilt auch für die heute noch in Dresden befindliche Krone Augusts des Starken. Die Edelsteine, mit denen sie nur zur Krönung besetzt war, befinden sich im sächsischen Kronschatz, der im Juwelenzimmer des Grünen Gewölbes aufbewahrt wird. Die Krone für die Königin ist wesentlich kleiner als die Krone für den König. Sie ist mit Perlen und Bergkristallen besetzt.

    Das Krönungsschwert für August III., eine Nachbildung des legendären Szczerbiec, wird seit 1817 in der Schatzkammer der Kathedrale auf dem Wawel aufbewahrt.

    Die Kronfahnen und Kronschwerter (unter dem Zitatlink eine Abbildung des polnischen Kronschwerts) verblieben nach der Fürstenabfindung in Dresden. Ihre Verwendung bei der Krönungszeremonie wird folgendermaßen beschrieben:

    Bei der Krönung Augusts III. am 17. Januar 1734 in der Kathedrale des Hl. Stanislaus in Krakau wurden dem König durch zwei Kronfähnriche die „Hauptfahnen“ und durch zwei Kronschwertträger die bloßen Kronschwerter von Polen und Litauen beim Einzug und Auszug vorangeführt. Neben den Kronschwertern sind auch Kronfahnen von 1734 (Rüstkammer, Inv.-Nr. D 0022, D 0023) erhalten. August III. hatte diese, wie auch die Reichskleinodien, deren Originale aus dem Kronschatz nicht zur Verfügung standen, für die Krönung neu fertigen lassen.

    Aufgrund der wechselvollen Geschichte Polens änderte sich die Zusammensetzung des polnischen Kronschatzes im Laufe der Zeit. Besonders verheerend wirkte sich die Plünderung durch die Preußen Ende des 18. Jahrhunderts aus. Da so vieles verloren gegangen ist, sind die augusteischen Krönungsinsignien heute von unschätzbarem Wert für die polnische Geschichte. Die Krönung Augusts des Sachsen und seiner Frau Maria Josepha am 17. Januar 1734 ist nicht nur die letzte Krönung auf dem Wawel gewesen. Sie ist heute die materiell am besten dokumentierte Krönung eines polnischen Königs überhaupt. Die Museen in Warschau, Krakau und Dresden bewahren den vollständigen, tatsächlich bei der Krönungszeremonie verwendeten Schatz auf. Das ist einmalig. Da sich die Krönungsinsignien für August den Starken und August III. stark ähneln - sie gehen schließlich auf dieselben Vorbilder zurück -, finden wir heute im Großen Bilderkabinett des Dresdner Schlosses zudem ein fast vollständiges polnisches Krönungsinventar vor. Es fehlen die Insignien für die Königin, da die lutherische Christiane Eberhardine nie gekrönt wurde, sowie möglicherweise eine Nachbildung des Krönungsschwertes Szczerbiec. Das Schwert mit dem Adlerknauf, das der König an seiner Seite trägt (auf den Bildnissen und bei der Krönungsfigurine), ist seine persönliche Prunkwaffe, ein Accessoire zur Kleidung, und gilt nicht als Zeremonialschwert. Dem mittelalterlichen Szczerbiec vom Aussehen her vergleichbare Schwerter sind im Bestand der Rüstkammer jedoch vorhanden.

    Die Krönungsinsignien der beiden sächsischen Augusti sind Nachbildungen gewesen. Die Originale von Krone, Zepter und Reichsapfel sind heute jedoch verloren. Sie wurden auf Befehl König Friedrich Wilhelms III. von Preußen 1809 zerstört. Die Metallteile wurden zur Münzgewinnung eingeschmolzen. Die Krone Augusts des Starken ist heute die älteste erhaltene Nachbildung der zerstörten eigentlichen polnischen Königskrone, der "Korona Chrobrego". Die Kronschwerter Augusts III. sind freie Nachbildungen der beiden "Grunwald-Schwerter". Diese waren Erinnerungsstücke an den Sieg über den Deutschen Orden im Jahre 1410. Die Grunwald-Schwerter erschienen den preußischen Plünderern wertlos und wurden in Krakau zurückgelassen. Sie sind jedoch seit Mitte des 19. Jahrhunderts verschollen. Die Regalien von August II. und August III. sind also sämtlich Nachbildungen heute verlorener Stücke.

    Baulich wird die "Sachsenzeit" in Warschau heute vor allem durch den sogenannten Sächsischen Flügel des Königlichen Schlosses repräsentiert.

    Warschau, der Sächsische Flügel des Königlichen Schlosses (Foto: A. Savin, Juli 2013, Bildausschnitt von Bosyantek, CC-BY-SA-4.0)

    Wir Deutschen denken ja eher an das zur Rekonstruktion vorgesehene Sächsische Palais. Dessen Aussehen wurde im 19. Jahrhundert jedoch stark verändert, und nicht nur äußerlich, sondern auch durch die damalige Nutzung wurde das Sächsische Palais faktisch russifiziert.

    Warschau, der Sächsische Flügel des Königlichen Schlosses, das sächsisch-polnische Wappen am Giebel des mittleren Risalits

    (Foto: Szczebrzeszynski, August 2010, public domain)

    Die zur Weichsel hin gelegene Fassade des Stadtschlosses wurde in den Jahren 1740 bis 1747 unter der Leitung von Gaetano Chiaveri, Carl Friedrich Pöppelmann und Johann Christoph Knöffel gestaltet. Den Giebelschmuck fertigte Johann Georg Piersch. Wir finden am Giebel eine von der polnischen Krone überhöhte Kartusche mit dem sächsisch-polnischen Wappen, unter der das Kleinod des Weißen Adlerordens hängt. Diese Gestaltung kennen wir bereits aus dem Audienzgemach des Dresdner Schlosses.

  • Ein Blick in das Zweite Vorzimmer des Paradeappartements:

    Zweites Vorzimmer, Südostecke (Foto: SchiDD, 30. September 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Das Gemälde von Louis de Silvestre zeigt den Empfang des Kurprinzen (in Rot) durch Ludwig XIV. von Frankreich in Fontainebleau. Es hing bereits 1719 beim Empfang Maria Josephas in diesem Raum. Über den Bildlink kann man das Foto stark vergrößern und das Gemälde dann eingehend studieren. Die provisorische Lösung der Wandbekleidung finde ich gut so. An der Südwand, die bei dieser Enfilade die wichtigste ist (Blickrichtung Audienzstuhl), sehen wir die fertige Wandbekleidung. Für das Wandfeld links kann man sich die analoge Gestaltung im Kopf ergänzen.

    Erste Retirade, Blick nach Süden (Foto: SchiDD, 30. September 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Die hofseitig gelegenen Retiraden werden in umgekehrter Richtung gezählt - vom Paradeschlafzimmer aus, zu dem die Tür im Hintergrund führt. Die Retiraden sind baulich fertig. Die hellblaue Wandbespannung gefällt mir sehr gut. Das Design der Vitrinen wurde gut an die barocke Umgebung angepasst. Das Gemälde links ist aus vielen Geschichtsbüchern bekannt. Nun kann man es endlich im Original sehen. Es ist das Doppelportrait zur Allianz zwischen August dem Starken und Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1728), gemalt von Silvestre.

    Zweite Retirade, Blick nach Süden (Foto: SchiDD, 30. September 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Die Retiraden waren nicht Teil der Protokollstrecke und sind deshalb im Kupferstichwerk von 1728, das den Empfang Maria Josephas im Jahre 1719 dokumentiert, nicht erfasst. Die Entscheidung, diese beiden Räume sowie die hinter dem Audienzgemach gelegenen beiden Bilderkabinette nicht historisch genau zu rekonstruieren, lässt sich gut begründen. Mir gefallen die beiden Ausstellungsbereiche wirklich sehr gut.

  • Da hab ich gleich mal eine Frage zu dem Bild über der Tür von der Retirade zum Paradeschlafzimmer.
    bleibt das so oder ist das nur ein Provisorium?
    Das sieht schon etwas unbeholfen aus, da es so übersteht.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Nach dem von George Orwell verlinkten FAZ-Bericht scheint es in den nächsten Jahren keine Rekonstruktion des Propositionssaals und des Großen Ballsaals zu geben:

    ... Und trotzdem bietet das Kabinett ein grandioses Entree; man wünschte sich nur, die auf beiden Seiten angrenzenden großen Räume – Ball- und Thronsaal im neunzehnten Jahrhundert – würden auch noch rekonstruiert, wie es vor Jahren vorgesehen war. Aus finanziellen Erwägungen sollen hier aber erst einmal Ausstellungsräume entstehen.

    Weiß jemand genaueres ???

  • Liebe Leute, ihr überschätzt mal wieder das FAZ-Feuilleton. Herr Platthaus war offensichtlich zur Eröffnung der Paraderäume in Dresden und hat mit schnell erworbenem Grundwissen einen gut lesbaren Text gebastelt. Positiv an dem FAZ-Beitrag ist, dass er so positiv über das Projekt berichtet. Der Text enthält aber einige Fehler.

    Beispiele: Behauptet wird, die Sgraffiti im Großen Schlosshof seien bereits verschwunden gewesen, als August der Starke geboren wurde. Das ist falsch. 1670 waren sie noch da.

    Behauptet wird, die Konzeption, verschiedene Zeitschichten im Schloss sichtbar zu machen, gehe auf Dirk Syndram zurück. Falsch. Die Wiederaufbaukonzeption wurde in den 60er bis 80er Jahren vom Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Dresden, entwickelt. Der Fehler lässt sich leicht erklären: Herr Platthaus hat die Führung mit Syndram mitgemacht und weiß daher, dass Syndram eine wichtige Rolle spielt. Die Experten des Landesamtes für Denkmalpflege hat er nicht getroffen, also schreibt er das Konzept ohne großes Nachdenken Syndram zu.

    Gezeigt wird ein Foto des Südflügels. Dazu wird behauptet, dort lägen die Paraderäume. Falsch. Die Paraderäume liegen im Westflügel, von dem es viele gute Fotos gibt. dpa hat aber eine Meldung mit dem Foto des Südflügels in Umlauf gebracht, und das wurde dann ungeprüft so übernommen. Beide Flügel haben Neorenaissancefassaden und werden von Ecktürmen begrenzt. Genauer schaut da bei den Medienhäusern keiner hin.

    Behauptet wird, zum Glück sei der Audienzstuhl 1924 an die Wettiner abgegeben worden und dadurch sei er erhalten geblieben. Falsch. Man hatte Glück, dass man ihn (wenn es denn so stimmt) für viel Geld zurückkaufen konnte. Hätte man den Stuhl in Staatsbesitz belassen, wäre er wahrscheinlich im Kunstgewerbemuseum erhalten geblieben, wie andere Möbel auch.

    Behauptet wird, die Kosten für die Paraderäume liegen bei 40 Millionen Euro. Falsch. Kunstministerin Stange, die die genauen Zahlen nicht kannte, hatte das so in der Pressekonferenz gesagt. Diejenigen, die Ahnung haben, Herr Nickol vom Baumanagement und das Finanzministerium, nennen eine Zahl um 35 Millionen Euro.

    Behauptet wird, die Vollendung der Paraderäume dauere vielleicht länger als der restliche Schlosswiederaufbau. Dies ist nicht anzunehmen. Am längsten wird die Herstellung der Blumenpilaster in Madrid dauern. Die Manufaktur dort gibt einen Abschluss 2022 an. Der Wiederaufbau des Schlosses soll insgesamt 2023 abgeschlossen sein (ohne Schlosskapelle). Das ist also danach.

    Behauptet wird, die Textilarbeiten würden aus finanziellen Gründen so lange dauern. Falsch. Es liegt an den begrenzten Fertigungskapazitäten.

    Zu den beiden Sälen im Nordflügel: Hier waren schon immer Ausstellungsbereiche geplant ("Hofjagd, Feste und Maskeraden"). Der Kompromiss von 2009 sah vor, beide Säle in der historischen Raumfassung ohne Wandmalereien wiederherzustellen. Meines Erachtens ist immer noch anzunehmen, dass es so kommt. Rosemarie Pohlack wünschte sich eine Komplettrekonstruktion der beiden Säle. Das würde aber die Ausstellungskonzeption erschweren. Syndram und Ackermann äußerten sich im Kontext der Eröffnung der Paraderäume allgemein rekonstruktionsfreundlich. Zudem solle die Festetage ein stimmiges, prachtvolles Ganzes bilden. Dass man mit den beiden Sälen etwas ganz Schreckliches anstellt, ist daher nicht zu erwarten. Zumal eine innenarchitektonische Neuplanung Zeit kosten würde.

    @Chris1988
    Mir war auch aufgefallen, dass das eine Bild über der Tür für den Platz eigentlich zu groß ist. Ich weiß dazu aber nichts Näheres.

    Nachtrag: Hier noch ein recht guter FAZ-Artikel von Falk Jaeger (2018) zum Wiederaufbau des Dresdner Schlosses insgesamt. Es geht um die Frage, wie weit man rekonstruieren darf. Er begrüßt die "Kurskorrektur" nach 1995 (Verzicht auf Reko von Riesensaal und Torhaus). Jaeger meint, die Sgraffitodekoration des Großen Schlosshofs sei "leider" schon zu weit gediehen und nicht mehr aufzuhalten gewesen. Das ist allerdings etwas albern. Es wäre leicht möglich gewesen, die Arbeiten zu stoppen und die fertigen Sgraffiti wieder zu beseitigen. Hier war einfach das Rekonstruktionskonzept so überzeugend, ebenso die ersten Arbeitsergebnisse der Künstler, dass man das Projekt weiterverfolgt hat.

    2 Mal editiert, zuletzt von Rastrelli (5. Oktober 2019 um 13:27)

  • Zitat von Rastrelli

    Jaeger meint, die Sgraffitodekoration des Großen Schlosshofs sei "leider" schon zu weit gediehen und nicht mehr aufzuhalten gewesen. Das ist allerdings etwas albern. Es wäre leicht möglich gewesen, die Arbeiten zu stoppen und die fertigen Sgraffiti wieder zu beseitigen. Hier war einfach das Rekonstruktionskonzept so überzeugend, ebenso die ersten Arbeitsergebnisse der Künstler, dass man das Projekt weiterverfolgt hat.


    Das ist nicht albern, genau so war es – sehr erfrischende Ehrlichkeit von Herrn Jaeger.
    Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Realisierung dieser Fassadengestaltung sehr glücklichen Umständen zu verdanken haben, die nur in einem kleinen Zeitfensterwirksam waren.
    Ein kurzes Zitat aus dem Buch von Syndram/Ufer: „Die Rückkehr des Dresdner Schlosses“

    Zitat von Syndram/Ufer

    Während, im Laufe des Jahres 1991, …

    [Anm.: jetzt kommt eine lange Aufzählung der damals – kurz nach der Wiedervereinigung – auch in Bezug auf die Schlossbaumaßnahmen laufenden fundamentalen Umstrukturierungen:
    So wurde die vor Ort tätige Bautruppe des VEB Gesellschaftsbaus von der Baufirma „Heilit + Woerner Bau AG“ übernommen, die am Schloss wirkenden Planer des VEB Gesellschaftsbaus wurden dabei in ein Ingenieurbüro (AIT)ausgegliedert, die analog für das Schloss zuständige Aufbauleitung des Rates des Bezirkes wurde in das neu gebildete Staatshochbauamt (heute S.I.B.) überführt.
    Also während dieser heißen Umbruchphase – und nur in einer solchen Phase, mit ihren noch nicht ganz eingespielten Zuständigkeiten, Weisungsbefugnissen etc. und überhaupt den allgegenwärtigen gesellschaftlichen Umbrüchen war so etwas wohl möglich -]

    löste der Leiter Erich Jeschke [Anm.: langjährig für die Schlossreko zuständig und damals gerade frisch in das neue Staatshochbauamt eingegliedert]im März einen Auftrag aus, der für das Erscheinungsbild des Schlosses langfristige Folgen hatte. Er veranlasste im Mai [Anm.: 1991], dass im großen Schlosshof am Giebel des Westflügels mit der Sgraffito-Malerei begonnen wurde. „Gegenüber dem sich gerade neu bildenden Finanzministerium [Anm.: dem neuen Bauherrn] hatte Jeschke ein verblüffendes Argument“, sagt Werner Schmidt (ehemaliger Direktor SKD). „Für die Arbeiten war das Geld aus den Fußballspielen da. Und Jeschke argumentierte, die Spender wollen das so und nicht anders.


    Die letzten beiden Sätze erfordern eine Erklärung, die – ich will das ausdrücklich betonen, so nicht explizit bei Syndram/Ufer steht, aber meiner Meinung nach sehr nahe liegend ist (ich kann und will den beiden Autoren natürlich nichts in den Mund legen).
    Man muss dazu die Vorgeschichte rauskramen – die Geschehnisse Ende 1989 und 1990. Die DDR war am Ende, am Schloss lief – aus wirtschaftlichen Gründen – nicht mehr viel. So konnte zum Beispiel die Dacheindeckung des Westflügels im Frühjahr 1990 nur dank der Spende einer westdeutschen Bank (Bayrische Wechsel- und Hypothekenbank) erfolgen. Im Dezember 1989 fand der spektakuläre Kohl-Besuch in Dresden statt, der dort seinen sehr bewegenden Redeauftritt an der Ruine der Frauenkirche hatte. (Wer sich erinnert oder altersabhängig erinnern kann: Auf dem noch weitgehend unbebauten Neumarkt ein Meer von Deutschlandfahnen und die Menge skandierte schon nicht mehr *Wir sind das Volk*, sondern *Wir sind ein Volk*.) Am Abend fand eine Zusammenkunft mit sächsischen Kulturrepräsentanten statt und dabei fragte Kohl die einzelnen Verantwortlichen, was jetzt in den jeweiligen Kulturbereichen am dringlichsten wäre (bezüglich notwendiger Unterstützungen). Werner Schmidt (wie gesagt damals Direktor SKD) sagte darauf spontan: Der Wiederaufbau des Schlosses. Mit diesem Hintergrund kam es dann in den folgenden Monaten zu diversen, tatkräftig von Kohl unterstützten Benefizaktionen, u. a. im März 1990 zu einem hochkarätigen Fußballspiel, bei dem zum Beispiel Sparwasser (Schütze des Siegtores 1:0 beim WM-Spiel 1974 DDR/BRD), Fritz Walter, Kohl natürlich und Beckenbauer anwesend waren. Diese Aktionen spielten insgesamt 1,5 Mio DM ein, die für das Schloss Verwendung fanden.

    Wenn Jeschke damals bei seiner Auftragsauslösung – superclever, wie ich finde – argumentierte: „Die Spender wollen das so und nicht anders“ – meinte er damit letztlich die „höchste Obrigkeit“ nicht zuletzt in Person des Bundeskanzlers. Warum ich clever sage: Diese Argumentation erfolgte gegenüber dem (Zitat) „sich gerade neu bildenden Finanzministerium“, und damit hatte der Mann wohl darauf gesetzt, dass die betreffenden sich hier auch von folgender Überlegung leiten lassen: In solchen Umbruchzeiten kann man hoch steigen aber auch tief fallen, wäre also nicht sehr klug, jetzt seinen obersten Dienstherren bei so einer „Nebensächlichkeit“ zu verärgern.

    Es ist im Rückblick schon ziemlich „verwunderlich“, warum man in einem relativ kurzen Zeitraum ab 1991 gerade bei der Ausführung der Sgraffiti ein so forsches Tempo anschlug – Der Feinschliff an der Außenfassade des Westflügels, immerhin die Schaufront zum Theaterplatz, erfolgte beispielsweise um einiges später als die Sgraffitogestaltung an der hofseitigen Giebelfront dieses Flügels. Und überhaupt, 1991 war der weitaus größte Teil des Schlosses noch eine Ruine. Ein wichtiger Beweggrund war dabei sicherlich, dass man vollendete Tatsachen schaffen wollte. Man musste die Fassadenbemalung ja bei weitem nicht fertig stellen, es reichte ja ein solcher Umfang, der eine Weiterführung unumgänglich machte. Und der altbewährte Gesichtspunkt – Lasst Bilder sprechen – dürfte wohl auch eine Rolle gespielt haben. (ein „Sprechen“ nicht in Richtung der Dogmatiker oder der Pfennigfuchser im Finanzministerium, sondern in Richtung derer, die dieses Schloss mit ihren Steuern bezahlen). Wer damals die Schlossstraße entlang ging, konnte praktisch immer eine Traube von Menschen sehen, die an der Baulücke am Ostflügel (Kranschneise) standen und fasziniert auf die Sgraffiti starrten (die hofseitige Westfassade war von dort aus gut einzusehen – auf den Hof selbst kam man ja nicht).

    Erst im Jahr 2007 fiel dann die Entscheidung, die Sgraffito-Ausmalung weiter zu führen. Und die war nicht selbstverständlich. Dazu ein kurzes Zitat von Frau Pohlack, aus einem 2008 erschienenen Fachartikel:

    Zitat von Rosemarie Pohlack

    Es ist ein großer Gewinn, dass es inzwischen gelungen ist, die vor Jahrzehnten getroffene Entscheidung für die Sgraffitodekoration erneut zu bestätigen.

    Quelle: Zum „Weiterbauen“ am ehemaligen Residenzschloss Dresden
    Veröffentlicht im Jahrbuch 2008 „Mitteilungen des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen

    Also ich denke schon, das Pendel wäre vermutlich anders ausgeschlagen, wenn man nicht so zeitig schon so weit gewesen wäre.

  • WIESO hat eigentlich das Paradebett nicht diese typische Einzäunung wie in Versailles oder auch anderen barocken Schlössern üblich?

    Oder hatten diese mit Einzäunung mehr als nur einen repräsentativen Charakter?

  • Das Paradeschlafzimmer wurde niemals in der gleichen Art und Weise genutzt wie jenes in Versailles, wo sich allmorgendlich und allabendlich der halbe Hofstaat versammelte, um dem König zu assistieren und zuzuschauen. Da machte eine Umzäunung Sinn, damit noch etwas Abstand vom Gedränge herrschte. Szenen wie diese haben sich nicht in Dresden abgespielt, das Paradeschlafzimmer wurde womöglich sogar überhaupt nicht als Schlafzimmer genutzt, es galt vor allem der Repräsentation. Jemand der König sein wollte, musste einfach solche Paraderäume inklusive eines Schlafzimmers vorweisen können.

  • August der Starke bewohnte vor 1719 seine privaten Gemächer im 1. Obergeschoss des Südflügels. Ab 1719 bezog er die neuen Privatgemächer im 1. Obergeschoss des Georgenbaus.

  • Zitat von VanWuerzburg

    August der Starke bewohnte vor 1719 seineprivaten Gemächer im 1. Obergeschoss des Südflügels.

    Es handelte sich um die so genannten "Pfälzischen Zimmer". Über die Inneneinrichtung ist aber wohl nicht allzu viel bekannt.

    Noch einige Fotos von den Paraderäumen:

    Obige Wand (Mittelteil der Südwand EPS) im Rohbau-Zustand (etwa 1991):


    Quelle: Schnappschuss aus der filmischen Dokumentation *Von der Ruine zum Richtfest*, herausgegeben 1994 vom Sächsischen Finanzministerium

    Eine der Tapetentüren (Ostwand der 2. Retirade)

    1. Vorzimmer (hier zu sehen einige der interimsweise aufgehängten Textildrucke - anstelle der Webteppiche, die noch in Madrid gefertigt werden)

    Geborgener originaler Türflügel des Turmzimmers:

    Einer der originalen Muschelblaker aus dem EPS:

    Originales Exponat aus dem PSZ (Toilettenkoffer mit Tisch), dieses und sein baugleiches Pendant werden in ca. 4 Wochen erst mal wieder entnommen und bis zum Frühjahr 2020 restauriert:

  • Ich möchte einige interessante Fotos vorstellen, und zwar für den so genannten Vorraum im EG Ostflügel. Zur Erinnerung zunächst der Lageplan (dort: VR = Vorraum):

    Über besagtenVorraum wird man – vom Großen Schlosshof kommend – in den Ausstellungsbereich zur Schlossgeschichte gelangen (mit Gotischer Halle und Zugang in die Kemenate).
    Die nachstehend verlinkten Fotos zeigen den IST-Zustand des Vorraumes:
    Fotoserie Vorraum

    Im ersten und zweiten Foto seht Ihr die Ostwand des Raumes – mit 2 Türen. Und hier die zugehörige Außenansicht (der rosafarbene Pfeil im Grundrissbild markiert dieTüren zur Schlossstraße).


    Der in diesem Beitrag von mir verwendeten SIB-Dokumente (Fotos, Texte) sind im Rahmen der Vorbereitung einer Vergabe veröffentlicht worden. Der SIB sucht auf diesem Weg Firmen, die die Rekonstruktion der Gewölberippen fachgerecht ausführen können.

    Zitat von SIB

    Für den Marktüberblick werden Firmen oder Handwerker gesucht, die bereits eine vergleichbare Leistung unter ähnlichen Bauzuständen in den letzten 10 Jahren erbracht haben. Sind im Rahmen dieses Markterkundungsverfahrens Bekundungen erfolgt, wird die Eignung geprüft. Es ist beabsichtigt mit geeigneten Firmen die Leistung in einer freihändigen Vergabe zu vergeben. Der Ausführungszeitraum ist für das I. Quartal 2020 angedacht.


    Zum Leistungsumfang wird ausgeführt:


    Die folgende Visualisierung (Quelle: HP von Peter Kulka) zeigt den herzustellenden Zustand. Das ist etwa die gleiche Blickperspektive wie im 3. Foto der oben verlinkten Fotoserie (Blick auf die Westwand des Raumes). Man hat so also den Vergleich IST/ Plan:
    Visualisierung