• Das scheint die Webseite der beauftragten Malerin zu sein.

    http://revival-der-waende.de/revival-der-waende.de/index.php


    Zwischen dem, was sie bislang überwiegend gemacht hat (einschließlich der Gestaltung von Kinderzimmern im Comic-Stil oder im Stil von Buchillustrationen sowie Scheinmalereien für ein Jazzacusi oder ein Badezimmer), und der gehobenen Freskomalerei des Historismus liegen für mich Welten. Auch ihre Ergänzungen und Rekonstruktionen anderswo überzeugen mich nicht.


    http://revival-der-waende.de/revival-der-wa…lerei/index.php

    http://www.ariane-bothe-stadelmann.de/revival-der-wa…tauro/index.php

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ok, nun sehe ich das Problem. Hier wurde eine Malerin mit Schwerpunkt Ornamentik für figürliche Malerei angestellt (die sie schlichtweg nicht kann). Sie hat ein Bild mit einem Faltenwurf auf ihrer Seite (wohl mit Gouache) und man erkennt: sie arbeitet hierbei nicht nach Beobachtung, sondern ausschließlich nach „Gefühl“. Das Kinderzimmer mit dem Tiger ist farblich dermaßen misslungen, dass es dem Auge fast wehtut, bunt, aber flach- ohne Gefühl für Räume. Ich sah das Landschaftszimmer der Buddenbrooks zwar nie, aber in etwa so stelle ich es mir vor. Man muss nach Sichtung dieser Seite leider konstatieren: sie war eine Fehlbesetzung und heillos mit der Aufgabe überfordert. Und das mache ich ihr nicht zum Vorwurf, sie bekam einen Auftrag, den sie nie hätte erhalten dürfen, und gab ihr Bestes. Aber dafür braucht es routinierte Maler und Zeichner, die nicht zwingend auf Wandgestaltung und Dekorationsmalerei spezialisiert, aber mit Öl und einer Leinwand souverän umgehen können.

  • Wobei man bei Ornamentik weniger falsch machen kann, als bei einer so komplexen Figurengruppe. Dass sie sich selbst als „Illusionsmalerin“ (immerhin rein handwerklich eine Königsdisziplin: ein falscher Strich oder unstimmige Farbe und die Illusion ist missglückt) bezeichnet, halte ich angesichts ihrer Arbeiten auch für bedenklich. Hier wurden die Kunsthistoriker angeführt und ihre hohen Maßstäbe- hat denn keiner von den Experten diese Seite gegoogelt? Auf der sich übrigens keine Zeichnungen finden (wie entstanden hier also die Vorstudien?) Für mich nicht nachvollziehbar, da es so dermaßen viele Talente in Tschechien und Polen gibt, dass diese Wahl umso befremdlicher erscheint. Es sollte auch nicht darum gehen eine 1:1 Kopie zu gestalten (was unmöglich ist), sondern eine anspruchsvolle Interpretation. Um interpretieren zu können, braucht es aber ein hohes Können. Wenn jemand z.B. nach viel Übung seinem Lehrer halbwegs fehlerfrei Beethovens Mondscheinsonate am Klavier vorspielen kann, heißt das noch lange nicht, dass er es variieren und interpretieren kann. Wo dies fehlt, wächst Druck und Befangenheit beim Künstler und er versucht dann zwecks Kompensation, so exakt wie möglich zu arbeiten, wie jemand, der ein Bild durchpaust- weil eine souveräne Herangehensweise eben aufgrund der eigenen handwerklichen Grenzen nicht möglich ist. Jedenfalls hätte man bei der Zusage für ein solches Werk umsichtiger vorgehen können und sollte es vor allem künftig tun.

  • Wenn jemand z.B. nach viel Übung seinem Lehrer halbwegs fehlerfrei Beethovens Mondscheinsonate am Klavier vorspielen kann, heißt das noch lange nicht, dass er es variieren und interpretieren kann. Wo dies fehlt, wächst Druck und Befangenheit beim Künstler und er versucht dann zwecks Kompensation, so exakt wie möglich zu arbeiten, wie jemand, der ein Bild durchpaust- weil eine souveräne Herangehensweise eben aufgrund der eigenen handwerklichen Grenzen nicht möglich ist. Jedenfalls hätte man bei der Zusage für ein solches Werk umsichtiger vorgehen können und sollte es vor allem künftig tun.

    Du sagst es. In diesem Sinne halte ich auch die neuen Deckenfresken in Bruchsal für sehr gelungen: die von Wolfram Köberl im Marmorsaal und im Fürstensaal sogar noch mehr als die von Karl Manniger im Treppenhaus. Man merkt, wie frei und souverän Köberl aus Johannes Zicks Geist heraus malte - ohne Angst und Befangenheit. (Hierzu gibt es übrigens eine sehr schöne Korrespondenz mit @Oktavian' innerhalb dieses Strangs ab Nr. 1359.)
    Und eben Handwerker mit dieser Souveränität künftig besser zum Zuge kommen zu lassen, das wollte ich mit dieser ganzen Diskussion anregen. Weil das nämlich auch unserem Anliegen dient, mehr als Leute zu beschäftigen, die der Aufgabe nicht wirklich gewachsen sind und den Rekogegnern in die Hände spielen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Would you like some tea?

    Hab schon, danke. *Fenchel-Anis-Kümmel schlürf* ^^

    Du könntest aber die Farbe deiner Signatur mal bitte ändern. Du weißt schon, die "verbotenen", forumsinternen Farben: grün, blau und rot.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Hab Köberls Arbeiten mal gegoogelt- sie gefallen mir persönlich nicht so gut, zumindest farblich- ABER er ist ein Könner, die Beurteilung und Kritik der Arbeiten beschränkt sich lediglich auf subjektive Geschmacksfragen, ohne dass man die Qualität bemängeln kann. Und hier liegt eben der Unterschied zu der hier besprochenen Grisaille: nicht Geschmacksfragen sind es, die wir hier besprechen, sondern die äußerst schlechte Umsetzung, die Geschmacksfragen gar nicht erst zulässt.

    Ich fand einen Grisaille-Maler aus Frankreich, der schon diverse Arbeiten rekonstruierte. Er hat diesen typischen französischen Stil drauf, der beinahe skizzenhaft die Lichter betont, aber dennoch mit diesen kleinen und mit Bedacht eingesetzten Mitteln eine starke Räumlichkeit schafft:

    http://demeurespeintes.blogspot.com/2011/11/grisailles-i.html?m=1

    Und der war innert 2 Minuten per Google gefunden...

  • Ja, ein guter Mann. Er war mir auch sofort aufgefallen. Unter Nr. 1.765 hatte ich genau dasselbe Bild als gelungenes moderne Beispiel angeführt.

    Von Köberl gefallen mir manche Arbeiten auch nicht so sehr, etwa die Fresken in Gföhl oder Bach. Aber die in St. Anna im Lehel und Bruchsal fallen ganz ander aus:








    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Eben, der jeweilige Stil (der auch etwas „wild“ ausfallen kann) des Künstlers darf durchaus sichtbar sein und man sollte ihm auch Freiheiten zugestehen, diesen ausleben zu können. Weil genau das das Original auszeichnet: die Unbefangenheit eines Könners. Was mir persönlich wesentlich lieber ist, als der zum Scheitern verurteilte Versuch einer exakten Kopie, der bestenfalls steril und seelenlos, schlimmstenfalls aber qualitativ äußerst ungelenk und zaghaft ausfallen kann.

  • Gut, ich nehme mein vorschnelles Urteil zu Köberl zurück (diese Abbildungen fand ich nicht, schon gar nicht in der Auflösung). Hier sieht man, wie man ein Maximum an Farbigkeit rausholen kann, ohne die Einheitlichkeit der Komposition zu zerstückeln oder die Räumlichkeit zu gefährden/„verflachen“. Interieur und Fresko verschmelzen geradezu, ohne dass man auf den ersten Blick sagen könnte, wo das eine endet und das andere beginnt. Ich denke grad wieder an das Tigerbild und die „Illusion“- Welten!

  • Hier noch als Nachtrag St. Anna im Lehel, auf dieses Bild hatte mich seinerzeit @Oktavian dankenswerterweise hingewiesen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Beeindruckende Beispiele nachgeschaffener Barockmalerei, die Ihr da gefunden habt. Eure Argumente kann ich gut nehmen, lerne gerade viel durch Euren Austausch dabei, lese und schaue mit höchstem Interesse!!!
    Aber wie wäre es jetzt mal mit einer Grisaille aus Mitte +/- 19.Jahrhundert. Ein Verlgeichsbild muß her... !

  • Hallo Seinsheim und East_Clintwood...

    ihr hattet leider meine Frage bisher noch nicht beantwortet.

    Wieviele denkmalpflegerische Rekonstruktionen ex nihilo (!) habt ihr bisher betreut?

    Danke!

  • Keine, Oktavian, obwohl ich mehrere Kollegen habe, die das ständig tun und mit denen ich mich darüber auch austausche.
    Doch was ist der Zweck Ihrer Frage?

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Oktavian, anstatt deine Frage zu wiederholen, könntest du ein Vergleichsbild (Grisaillemalerei aus dem 19. Jh.) auftreiben und hier verlinken? Oder gibt es Ausschnitte, wo man das Original erkennen kann? Ich finde die Diskussion sehr interessant, bis an den Mangel, dass hier fast nur barock nachempfundene Grisaillemalereinen als Vergleich herangezogen wurden. Das ist nicht statthaft.

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (6. Februar 2019 um 01:07)

  • Danke, @Riegel für Dein Interesse an dieser Diskussion. Ich würde Dir aber widersprechen. Natürlich ist der Vergleich mit Grisaiillen aus Barock und Klassizismus statthaft - ein Vergleich ist ja keine Gleichsetzung. Zum einen zeigt der Vergleich, worauf es bei guten Grisaillen ankommt, und zwar stil- und epochenübergreifend. Aber natürlich wäre es wünschenswert, auch originale Grisaillen aus dem 19. Jh. zu präsentieren.
    Ich kenne gute Grisaillen aus dieser Zeit, sie sind Welten von denen im Kleinen Ballsaal entfernt. Aber es nicht leicht, auf Anhieb gute Abbildungen zu finden.
    Hier ein erster Versuch: Turmsaal im Hamburger Rathaus. Ich werde mich weiter bemühen...

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich wundere mich ehrlich gesagt nicht....

    Ich finde, um solche fundamentale Kritik an einem solch umstrittenen und zudem hochkomplexen Vorhaben wie einer denkmalpflegerischen Rekonstruktuion äußern zu dürfen/können, wie du es hier tust, sollte man wenigstens in einem einzigen (!!!) Fall einmal das gesamte schwierige Prozdere miterlebt und mit durchgemacht haben haben....

    Das heißt im Einzelnen:
    - Planungen bei sehr oft unzureichenden Dokumentationen zu errstellen
    - ein oftmals widerstrebender, extrem aufs Geld schauender Bauherr (wer möchte es ihm verdebnkenß ER bezahlt!), der zudem sehr eighene Vorstellungen vom Aussehen und der Funktion des Endergebnisses hat (notabene: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing)
    - eine mehr als kritische Öffentlichkeit aus dem Bereich der Arichtektur, Denkmalpflege, Kunstgeschichte (notabene für alle, die so großzügig mit Krititk um sich schmeißen: Der Feind liest hier permanent mit! Die 19.Jh.-Räume im Nordflügel des Dresdner Schlosses werden genau mit denselben Argumenten, wie man sie hier vorbringt, aktuell verhindert. Also dort doch besser Glas und Stahl???)
    - Teilweise extreme zeitliche Zwänge
    - Bildkünstler, die alle (verständlicherweise) SEHR ihren eigenen Kopf haben (ich weiß wovon ich rede) und die man nur mir sehr viel Liebe, Diplomatie und Überzeugungskreft dazu brinen kann, ihren eigenen Personalstil aufzugeben und sich der historischen Vorlage anzupassen.
    usw. usf.

    Hast Du so etwas schon mal gemacht??? Wenigstens in einem einzigen(!) Fall?????? Dann weißt du - wüßtest du - , wovon ICH rede. (!!)

    Und bevor du solche fundamentale Kritik wie hier angesichts dieser absolut großartigen Raumreko vorbringst, soltest du selbst wenigstens einmal eine einizige Rekonstruktion mit dem Gewicht deiner gesamten Persönlichkeit durchgestanden haben (und das heißt heutzutage nicht auch persönliche Beleidigungen und Angriffe zu überleben).

    Und wenn nicht: Dann besser schweigen.....Hier im APH die enter-Taste drücken kann jeder....

  • Oktavian, anstatt deine Frage zu wiederholen, könntest du ein Vergleichsbild (Grisaillemalerei aus dem 19. Jh.) auftreiben und hier verlinken? Oder gibt es Ausschnitte, wo man das Original erkennen kann?

    Ja, die gibt es, aber die könntet ihr einmal bitte unter der Adresse SLUB -> Deutsche Fotothek Dresden -> Kleiner Ballsaal selber finden.
    Und ihr würdest festellen, dass man auf dem Foto nicht sehr viel mehr sieht, als das, was als Reko erscheint, nämlich Engel mit breigen Gesichtern und Flügeln, die nicht klar von den Gewändern abzusetzen sind.

    Wo kein Kläger, da kein Richter

    Sorry, aber ich bin gerade einfach nur noch sauer.....