Das Dresdner Schloss

  • Zitat von "Reinhold"

    "Zeitschichten" nannte sich die Ausstellung übrigens. War sehr informativ und sehr gut gemacht. Durch große Glaswände konnte man da die Restaurierung des Grünen Gewölbes beobachten.
    Georg Milbradt meinte zwar die Wiederherstellung der Räume der Belle Etage wäre eine "Generationenaufgabe", aber bei der Englischen Treppe und dem Thronsaal scheint man wohl Ausnahmen zu machen.
    Erstere ist noch recht gut in situ erhalten und zu letzterem habe ich ja schon geschrieben. Zur Zeit präsentiert er sich noch als großer Raum mit nackten Ziegelwänden und Betondecke. Lediglich einige Reste der Marmordekoration sind noch hier und da an den Wänden auszumachen. Aber wie schon gesagt: Die frühere Innenausstattung ist vollständig erhalten und wartetauf ihre Wiederverwendung.
    Ich hoffe ja auch auf eine Wiederherstellung der Deckengemälde Louis de Silvestres. Von denen existieren auch noch alte Farbfotos, die eine Rekonstruktion problemlos ermöglichen sollten.


    Man wollte doch auch den alten Riesensaal rekonstruieren. Was ist denn daraus geworden?

    Und die Rekonstruktion dieses Raumes sollte Pflicht sein:
    http://www.bildindex.de/bilder/MI04521e14a.jpg

  • saibo

    In mehreren Büchern/Reiseführern steht, dass neben dem Thronsaal und dem Schlafzimmer Augusts des Starken auch der große Ballsaal rekonstruiert werden soll. Auch der Riesensaal war ursprünglich als Reko vorgesehen, aber Peter Kulka, der den Ostflügel aufbaut, will ihn wegen finanziellen Engpässen erstmal provisorisch ausstatten.
    Ich denke, man muss da einfach abwarten, einige besonders wertvolle Räume und der große Altan im Schloßhof sollten aber nach und nach schon kommen, jetzt wo man schuldenfrei ist.

  • Zitat

    einige besonders wertvolle Räume und der große Altan im Schloßhof sollten aber nach und nach schon kommen, jetzt wo man schuldenfrei ist.


    Der Meinung bin ich auch - aber soweit ich weiss, gehört das Dresdner Schloß dem Land Sachsen und nicht der Stadt Dresden. Oder ist Sachsen auch schon Schuldenfrei?

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Die Hoffnung ist nicht ganz unbegründet, wenn man sich überlegt, dass das Georgentor, wo die meisten dachten, es wäre alles schon in ordung, derzeit auch seine Schlossgassenfassade wiederbekommt, eigentlich eine Sache die derzeit nicht sooo wichtig war.

  • http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1179731


    Das blieb übrig von der Treppe nach dem Bombenhagel im Februar 1945.
    http://www.sz-online.de/bilder/2006_06/gr_1179731_1.jpg

    Die Englische Treppe im Ostflügel des Schlosses – das ist das Foto von 1930, das in der Fotothek lagert.
    http://www.sz-online.de/bilder/2006_06/gr_1179731_2.jpg

  • Ich verfolge das hochinteressante Forum schon seit geraumer Zeit und möchte mich nun selbst einmal mit ein paar historischen Informationen zu Wort melden.
    Im Spätsommer 1989 wurde in Dresden eine Ausstellung zum Wiederaufbau des Dresdner Schlosses eröffnet, der bekanntlich 1985 begonnen worden war (Titel: Das Dresdener Schloss – Monument sächsischer Geschichte und Kultur). Ausstellungsort waren u. a. die rohbaufertigen Räume des Grünen Gewölbes. (Schon das allein war für mich ein Grund, die Ausstellung zu besuchen). Dazu erschien ein vorzüglicher Ausstellungsführer – mehr eine detaillierte bauhistorische Abhandlung zum Schloss und zu den langjährigen engagierten Bemühungen um seine Rettung. Kurz danach kam die „Wende“ und so liest sich das heute wie ein Vermächtnis der damaligen Dresdner Denkmalpfleger. Ich möchte auszugsweise den Beitrag von Dr. Glaser zitieren, der sich mit der denkmalpflegerischen Konzeption dieses Vorhabens beschäftigt.

    Teil 1
    Dr. Glaser, Institut für Denkmalpflege, Außenstelle Dresden
    Name des Kapitels im o.g. Ausstellungsführer: Die denkmalpflegerische Zielstellung
    An der Baugeschichte des Dresdner Schlosses, dessen älteste erhaltene Bauteile zurückreichen bis in das 1. Drittel des 13. Jahrhunderts, ….ist die Geschichte Sachsens besonders eindrucksvoll ablesbar.
    Aufgabe der Wiederherstellung ist es, die für die jeweiligen Zeiten typischen Grundrissstrukturen, Fassadengestaltungen und Innenräume mit ihren Ausstattungen als Widerspiegelung politischen Anspruchs und sich daraus ergebender Funktion, als Zeugnisse besonderer geschichtlicher und künstlerischer Ereignisse, als hervorragende Leistungen bildender und angewandter Kunst zu erhalten oder wiederzugewinnen!!!.
    Voraussetzung dazu ist die bis zum Hauptsims und in zahlreichen Giebeln erhaltene Rohbausubstanz mit ihren im Wesentlichen wieder verwendungsfähigen Umfassungs- und inneren Querwänden, mit der relativ gut erhaltenen Architekturplastik der Straßenfassaden außer an der Schlossstraße, den nahezu vollständig erhaltenen Kellergewölben und den zu 85% wieder verwendungsfähig erhaltenen Erdgeschossgewölben, mit dem bereits wiederhergestellten Torhaus, den schon interimistisch genutzt gewesenen Erdgeschossräumen im gesamten West- und Südwestflügel, im östlichen Nordflügel und mit dem bis zum Hauptsims schon weitgehend ausgebauten Südflügel.

  • Teil 2
    An Innenarchitekturen blieben erhalten:
    Fünf der acht Räume des Grünen Gewölbes dank der brandschutztechnischen Maßnahmen von 1727 (!); große Teile des Audienzgemaches Augusts des Starken und Teile des Schlafzimmers Augusts des Starken durch Auslagerung im Jahr 1942; Teile des Altars, des Taufsteins, Paramente und liturgisches Gerät der Schlosskapelle durch Verwendung an anderer Stelle; Teile der Wandstukkaturen des Großen Ballsaals an ihrem Ort; des Weiteren Möbel, Beleuchtungskörper und Gemälde aus verschiedenen Räumen durch Auslagerung.
    Bereits wiederhergestellt wurde das gesamte 1. Obergeschoss des Torhauses mit seinen Natursteinfußböden, steinernen Türgewänden und eichenen Türen.
    An historischem Quellenmaterial sind neben zahlreichen schriftlichen Quellen etwa 1.500 !!! Blatt inventarisierte historische Entwurfs- und Aufmasszeichnungen zu Bau und Ausstattung, Gemäldeentwürfe und graphische Darstellungen von Zuständen und Ereignissen von Bedeutung. In speziellen wissenschaftlichen Arbeiten wurden untersucht die Baugeschichte des 16. Jahrhunderts, die Residenzfunktion im 18. Jahrhundert, das Grüne Gewölbe, Abschnitte der Baugeschichte im 19. Jahrhundert. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung der gedachten Nutzung als Museumszentrum ergibt sich folgende denkmalpflegerische Zielstellung:
    ………u. a.
    Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Straßenfassaden in der Fassung von 1901 mit Ausnahme der Schlossstraßenfassade vor dem Riesensaal und über dem Torhaus, die keine Architekturplastik dieser Epoche mehr zeigen und vom Innenraum her (Anmerkung von mir: das zielte auf den Riesensaal) im Sinne des 16. Jahrhunderts neu entwickelt werden müssen.
    Erhaltung bzw. Wiederherstellung aller Gewölbe des Keller- und Erdgeschosses!!!.
    Restaurierung bzw. Rekonstruktion folgender Innenräume:
    Vierjochige zweischiffige gotische Halle im südlichen Teil des Ostflügels und nördlich daran anschließende gotische Einzelräume als letzte gotische Architektur in Dresden.
    Renaissanceräume im 1. Obergeschoss Torhaus.
    Schlosskapelle (!!!) als Hauptwirkungsstätte von Heinrich Schütz.
    Grünes Gewölbe als Gesamtkunstwerk von Architektur und Ausstellungsstücken und als eines der frühesten Museen in Europa.
    Englische Treppe in der Fassung von 1718.
    Riesensaal in der Fassung von 1627 (!!!) als Widerspiegelung des feudalen Ständestaates, politisches Zentrum Sachsens über zwei Jahrhunderte, früheste Wirkungsstätte der Dresdner Staatskapelle.
    Audienzgemach und Schlafzimmer Augusts des Starken als Ausdruck absolutistischen Staatsverständnisses und Spitzenleistung barocker Innenraumkultur.
    Turmzimmer in der Fassung von 1718.
    Großer Ballsaal in der Fassung von 1846 und Kleiner Ballsaal als Ausdruck des Kulturverständnisses der konstitutionellen Monarchie und als herausragende Innenraumkultur des 19. Jahrhunderts.
    Vereinfachte, aber den barocken Strukturen angemessene Rekonstruktion der übrigen Innenräume des 2. Obergeschosses, um den innenarchitektonischen Zusammenhang dieses Geschosses zu wahren, eine barocke Raumfolge von Turmzimmer bis zum Audienzgemach (=Thronsaal) Augusts des Starken zu veranschaulichen (Anmerkung. Und wo bleiben die Brüche?).
    Eine solche denkmalpflegerische Zielstellung ist als Rahmenzielstellung zu verstehen. Sie ist zum jeweils gegebenen Zeitpunkt zu ergänzen und zu vertiefen…

  • Alles sehr beeindruckend und vorbildlich. Aber was wird davon nun letztendlich umgesetzt bzw. realisiert? :?

  • Ich vermute, die mit Ausrufezeichen kenntlich gemachten Räume wie etwa die Schloßkapelle oder der Riesensaal sind Pursiten wie Peter Kulka zum Opfer gefallen.

    Schöner Beitrag, BautzenFan!

  • Saibo hat geschrieben:
    Alles sehr beeindruckend und vorbildlich. Aber was wird davon nun letztendlich umgesetzt bzw. realisiert?

    Hallo Saibo, genau um diese Fragestellung geht es. Nur lässt sich das eben nicht in wenigen Sätzen erschöpfend behandeln, mein Beitrag vom 23.06. war als Einleitung gedacht. Es ist kein Zufall, dass offizielle Verlautbarungen über den Stand der Entscheidungsfindung nur sporadisch tröpfeln und dies auch nur für zeitnah anstehende Baumaßnahmen. In Bezug auf den weiteren Ausbau des Schlosses findet nämlich die gleiche prinzipielle Auseinandersetzung statt wie man sie analog hinsichtlich der Bebauung des Neumarktes verfolgen kann – und der Ausgang ist auch hier offen. Selbstverständlich sind (Teil)-Entscheidungen gefallen, aber da sich die Realisierung schon allein aus finanziellen Gründen über viele Jahre erstrecken wird, kann man nicht davon ausgehen, dass der heutige (meiner Meinung nach zudem immer noch „schwammige“) Entscheidungsstand dauerhaft gültig bleibt. Mit meinem zweigeteilten Beitrag vom 23.06. wollte ich zunächst erst einmal kompakt darlegen, was man wiederherstellen könnte, wenn man mit der „Einstellung“ an die Sache gehen würde, wie sie sich zum Glück bei der Frauenkirche durchgesetzt hat (deren Aufbau mit großartiger, in finanzieller Hinsicht entscheidender, Unterstützung und positivster Anteilnahme aus den Altbundesländern erfolgte). Fortsetzen möchte ich heute mit einem Artikel vom 15.02.1995 aus der Sächsischen Zeitung. Dazu eine mir wichtige Anmerkung: Ich teile wahrlich nicht die infantile Welt-Sicht mancher PDS-Anhänger – Gute Ossis / böse Wessis. Aber in Bezug auf die Grundansichten der Denkmalpflege hat der Autor des Artikels nicht ganz unrecht, wenn er auf diesem Gebiet eine Ost-West-ausgerichtete Grabenstellung analysiert. Das „Infragestellen“ der denkmalpflegerischen Zielstellung für das Schloss, die von den Dresdener Fachleuten bis 1989 in jahrzehntelanger wissenschaftlicher Arbeit aufgestellt wurde, ist westdeutschen Dogmatikern zu „verdanken“.

    Sächsische Zeitung Mittwoch 15.02.1995
    Titel: Vergolden sich die Sachsen nun noch ihre Wüsten?
    Untertitel: Ost-West-Polemik zum Wiederaufbau sächsischer Kulturbauten
    Von Bernd Klempnow

    Darf man Veröffentlichungen in nichthiesigen Tages- und Fachzeitungen glauben, dann stehen Wissenschaftlern in den Altbundesländern angesichts der Wiederaufbaupläne Dresdens „die Haare zu Berge“. Anstatt das wenige verfügbare Geld zur Rettung von authentischer Bausubstanz einzusetzen, schrieb jüngst die „Deutsche Bauzeitung“, gibt man Milliarden für „fragwürdige“ Projekte aus und rekonstruiert „um jeden Preis“: Taschenbergpalais, Schauspielhaus, Kunstakademie, Frauenkirche, Residenzschloss.
    Dabei, mutmaßt man, missdeuten die Sachsen die Leitsätze zum Umgang mit Denkmalen, die „Charta von Venedig“. Gemeint ist der Artikel 9, der eine Rekonstruktion von zerstörten Denkmalen nur als Ausnahme benennt: Ziel ist, „die ästhetischen und historischen Werte des Denkmals zu bewahren und zu erschließen“. Grundlage sind die „Respektierung des überlieferten Bestandes“ und authentische Dokumente. Ergänzungen sollen den Stempel der Zeit tragen.
    Die Vorstellung eines Residenzschlosses etwa im Glas-Metall-Beton-Stil dürfte manchem aufstoßen. Vor allem denen, die die in der schwer getroffenen Stadt leben, die einst als Elbflorenz geadelt wurde und durch militante und nichtmilitante Kulturbarbarei Wunden zugefügt bekam.
    Weniger lehrmeisterliche Experten sprachen zur Tagung der Denkmalpfleger Deutschlands (Sommer 1994 in Meißen) oder beim XXIII. Kunsthistorikertag (Herbst 1994 in Dresden) mit sächsischen Fachleuten über deren Visionen von der Frauenkirche oder der künftigen Schlossgestaltung – auf fachlicher Ebene, ohne Polemik. Denn Stoff für Anregungen gibt es reichlich, erklären sich die Landeskonservatoren Dr. Gerhard Glaser und Prof. Heinrich Magirius für offen. Wer ihre Arbeit verfolgt, weiß, dass sie es nicht nur sagen. Schließlich versuchen sie den nicht unumstrittenen Bau eines Ensembles in seinen bedeutendsten Bauphasen. Doch in Veröffentlichungen einiger nichthiesiger Tages- und Fachzeitungen bekommen Fachfragen weniger Gewicht. „Wo auf Bauphasen mehrerer Epochen oder auf gar nichts Gewisses zurückgegriffen werden kann, wird mit geschmäcklerischer Willkür über kritische Grundfragen entschieden“, weiß die „Deutsche Bauzeitung“ zu berichten.
    In diese Kerbe schlug ein Autorenbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“). Die Dresdner in ihrer Rekonstruktionslust wollten in einem „historischen Disneyland“…“von allem das Schönste“. Man plant beispielsweise anhand von „nur phantasiereich überhöhten künstlerischen Darstellungen“ die Wiederbringung des „Riesensaales“. Dabei liegen im Kupferstich-Kabinett und im Staatsarchiv die Entwürfe für die Ausstattung von Wilhelm Dilich von 1623/50. Die meisten der fachlichen Argumente, die eine denkmalpflegerisch fragwürdige Arbeit bezeugen sollen, sind zu entkräften. Was soll also der Aufwand?
    Die Artikel passen in eine Zeit, wo Politiker im Osten „Speckgürtel“ entdecken und eine Ost-West-Polarisierung begünstigen. Bedauernd stellt man im sächsischen Kunstministerium fest, dass in solchen Beiträgen „ortsfern Themen angeschnitten werden, die hierzulande jahrelang ausführlich behandelt wurden“.
    Neu ist das nicht. Die schärfsten Angriffe gegen einen Wiederaufbau der Frauenkirche kamen aus ferneren Regionen. Ein Münchner Museologe beispielsweise berief sich auf die These des Züricher Professors Georg Mörsch, der Spuren von Krieg und Gewalt als Dokument erhalten haben will. Die Münchner Residenz freilich erstand nach dem Krieg wieder getreulich.
    Der Nebensatz eines Ministerialbeamten aus Bayern erklärt vielleicht manches. Die Sachsen haben sich eine Sempergalerie gezaubert, die schöner sei als die Münchner Pinakothek. Hat man Angst, dass das Aschenputtel Dresden glanzvoller ersteht? Gleiches ist auch von Leihbeamten in hiesigen Ministerien zu hören. Jüngst erst gab es Streit, ob der Schlossgarten seinen ursprünglichen Zaun zurückerhält.
    ….
    Über Bemerkungen, dass die Sachsen nur das Feinste akzeptieren, kann Prof. Hans Nadler nur milde lächeln. Man erlaube sich mit der Wiederherstellung der historischen Ensembles keinen Luxus: „Die Kultur ist unsere Industrie“. Das enorme Wachstum der Tourismusbranche belegt es – Dresden zählt zu den beliebtesten Städtezielen…
    Unverschämt an diesen „Schmähschriften“ findet Prof. Nadler die Forderung nach einem Austausch der hiesigen Fachleute aus den Altbundesländern. Von Ignoranz zeuge der „FAZ“-Satz (Anmerkung von mir: schon damals Bartetzko?), „nur ein unbefangener, auswärtiger Architekt“ könne die Inspiration, den großen Geist für das Schlossvorhaben aufbringen. Im Kunstministerium hält man diese geistige Konstruktion eines Ost-West-Konfliktes als „nicht angebracht“. So zurückgeblieben seien die Denkmalpfleger, die Architekten, die Direktoren der Staatlichen Kunstsammlungen und die Mitarbeiter der Staatshochbauämter wohl nicht, verweist man auf die wiedererstandenen Pretiosen wie Zwinger, Semperoper…
    Was selbstverständlich nicht ausschließt, dass „Ideen von außen jeder Stadt gut tun können“, meint Sachsens Finanzminister Georg Milbradt (Anmerkung: als damaliger F.minister quasi der Bauherr für die Landesimmobilie Schloss). Er kann sich für ein internationales Symposium erwärmen. Und mit ihm die Dresdner Kunstwissenschaftler und Denkmalpfleger.

  • Hallo Saibo, ich habe noch einige Zusatzinformationen zu deinem Beitrag vom 16.06.2005 über das STARCKE-Portal (Durchgang Großer / Kleiner Schlosshof). (übrigens meine Ausführungen zum Thema „Was wird im Schloss rekonstruiert“ werden fortgesetzt, ich möchte aber alle Informationen mit Quellenangaben versehen, nur ist leider mein „Archiv“ bislang nicht sonderlich „geordnet“).

    Quelle Sächsische Zeitung vom 04.12.2001, von Reinhard Delau
    Über die 2001 erfolgten Maßnahmen am Schloss (Auszug)
    Das Starcke-Rundbogenportal ist weitgehend wiederhergestellt. …Die Kartusche mit den Kurschwertern ist neu entstanden, auch die doppelten Wandpfeiler (Pilaster) mussten frisch gefertigt werden. Das schmiedeeiserne Gitter befindet sich wieder über dem Architrav (Anmerkung: das Gitter war nach der Bombardierung geborgen worden). Und über dem mittleren Fenster schaut ein neuer Januskopf in den Großen Schlosshof. Bis auf die beiden Figuren Minerva und Herkules ist das Rundbogenportal wieder komplett…..Das Starcke-Portal ist ein Glücksfall für Dresdens Architektur. Es gehört neben dem Palais im Großen Garten zu den frühen barocken Architekturen der Residenz….Als das Schloss unter Kurfürst Moritz zu einem Renaissanceschloss umgestaltet wurde, erhielt der Große Schlosshof nur 3 Wendelsteine. Die Südostecke blieb leer. Starcke fügte den vierten Wendelstein gefühlvoll ein, indem er die Renaissance-Wendelsteine kopierte.

    Gleiches Thema in einem Aufsatz von Dr. Steffen Delang
    Titel: Das Dresdener Schloss in der 2. Hälfte des 17.Jahrhunderts
    1682/83 veränderte Johann Georg Starcke die Baulichkeiten an der Südostecke des großen Hofes. Dabei entstand in dieser Hofecke der bislang fehlende vierte Wendelstein. Nun erst fand die 1549 gewählte Baukonzeption ihre Vollendung; indem Starcke für den Wendelstein im historisierenden Sinne auf die längst unmodernen Renaissanceformen zurückgriff, zeigte er ein taktvolles Bekenntnis zum Bau des Kurfürsten Moritz.

    Wie verkünden doch unsere Dogmatiker immer? Jeder Architekt baut immer in der Sprache der jeweiligen Zeit, also muss man heute modernistisch bauen. Ergänzungen müssen den Stempel der Zeit tragen.

    Noch eine Anmerkung. In dem schon erwähnten Ausstellungsführer der Schlossausstellung von 1989 findet sich die Information, dass die (fast unbeschädigte) Skulptur des Herkules nach dem Krieg in den Hof der Kunstakademie umgesetzt worden ist, stand dort in einer Nische.

  • Die Stadt Dresden kann sich glücklich schätzen, das nach allen Wirren nach dem Krieg jetzt noch die Gelegenheit besteht tatsächlich die meisten Juwelen der Innenstadt zu retten. Wenn sie weiter so machen, dann wird Dresden wirklich wieder eine wunderschöne Stadt.
    Ich Kann mir gut vorstellen, das Städte wie München neidisch nach Dresden blicken. Spätestens dann, wenn aus dem angeblichen "Disneyland" ein wahrer Touristenmagnet geworden ist.

    Außerdem: Hätte Dresden nach dem Krieg einen größtenteils so vorbildlichen Wiederaufbau wie München erfahren, hätte Dresden München womöglich an Beliebtheit eh überflügelt...

  • Hallo Philipp, hier einige Fakten, die deine Anmerkung zu den Puristen betreffen.

    Universitätsjournal 3/98 der TU Dresden
    vom 17. Februar 1998
    Zwischen Louvre und Disneyland - Querelen um die Konzeption für das Dresdner Schloß (Gekürzt)

    188 Millionen Mark hat er bisher gekostet, der Wiederaufbau des Dresdner Schlosses (Stand 1998). Wenn im kommenden Jahr der Rohbau - allerdings noch ohne Ostflügel - fertiggestellt wird, werden 290 Millionen in dem Bau stecken. Bei diesen Summen sollte man eigentlich meinen, daß schon lange feststeht, nach welchen Plänen das Gebäude wiederaufgebaut und wie es später genutzt wird. Doch weit gefehlt: Zwar existierte schon zu Vorwendezeiten eine »Denkmalpflegerahmenzielstellung«. Doch diese widersprach westdeutschen Gepflogenheiten, welche die Konservierung erhaltener Bausubstanz über die Restauration oder gar Rekonstruktion von Gebäuden stellen. So schien nach der Wende der Ost-West-Konflikt bei den Wiederaufbaubestrebungen vorprogrammiert………

    Von November 1995 bis Juni 1996 arbeitete unter Federführung des Finanzministers und des Ministers für Wissenschaft und Kunst eine international besetzte Kommission von Denkmalpflegern, Architekten und Museologen an einem Gutachten »Museumskonzeption Dresden - Wiederaufbau Dresdner Schloß«, welches sie vergangenes Jahr vorlegten (also 1997). Darin verzichten die Denkmalpfleger auf einige der Forderungen, die kritisiert worden waren. So soll der so genannte Riesensaal nur noch der Raumform nach wiedererstehen. Von einer Rekonstruktion der Raumstruktur der Renaissancezeit - die den Abriß der Ostwand von 1898 bedingen würde - nehmen sie Abstand. (Anmerkung von mir unten) Auch die Nachbildung der Schloßkapelle im Stil des 16. Jahrhunderts wird seitens der Denkmalpfleger nicht mehr gefordert, bleibe aber - wie sie in ihrem Teil des Gutachtens formulieren - »weiterhin zu diskutieren«.
    Vor allem in diesen Hinweisen auf künftigen Diskussionsbedarf zeichnet sich für Falk Jaeger (Anmerkung: einer der Wortführer der Kritiker) ein Scheitern des Gutachtens ab. »Über die strittigen Punkte, den Riesensaal, die Schloßkapelle, die Sgrafitti im Schloßhof und das Tempietto am Ostportal,«, erklärte er gegenüber UJ (=Uni-Journal) »haben sich die Denkmalpfleger in der Kommission nicht im Sinne von Gutachtern geäußert, die einen Rat geben. Deshalb sehen sich ihre Dresdner Kollegen nicht veranlaßt, ihr ursprüngliches Konzept zu überdenken.« Professor Jürgen Paul, der Inhaber des Lehrstuhls für mittlere und neue Kunstgeschichte an der TU, ist gleichfalls nicht unbedingt begeistert vom Ergebnis der Kommission, der er angehörte. Beispielsweise sei die Frage des Museumszugangs neu aufgeworfen worden. Ansonsten habe sich nicht viel geändert, vieles vom alten Konzept sei mit Recht bestätigt worden. »Ich habe zwar in der Kommission mitgewirkt«, so Paul, »und sehe die Probleme. Doch diese lassen sich nicht vom theoretischen Standpunkt eines Sittenkanons der Denkmalpflege her lösen. Man muß den Dresdner Kontext, die Vorgeschichte betrachten.
    Grit Armonies/Patricia Glöß

    Anmerkung:
    Ich bin ausgesprochen skeptisch, ob die Kulka-Lösung tatsächlich eine realistische Option zur späteren Wiederherstellung des Riesensaales beinhaltet.
    Dazu noch mal Zitat Dr. Glaser zur denkmalpflegerischen Zielstellung, Stand 1989:
    Eines der Ziele ist die
    Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Straßenfassaden in der Fassung von 1901 mit Ausnahme der Schlossstraßenfassade vor dem Riesensaal und über dem Torhaus, die keine Architekturplastik dieser Epoche mehr zeigen und vom Innenraum her (Anmerkung von mir: das zielte auf den Riesensaal) im Sinne des 16. Jahrhunderts neu entwickelt werden müssen.

    Zum gleichen Sachverhalt Zitat aus dem obigen UJ-Beitrag von 1998:
    Darin verzichten die Denkmalpfleger auf einige der Forderungen, die kritisiert worden waren. So soll der so genannte Riesensaal nur noch der Raumform nach wiedererstehen. Von einer Rekonstruktion der Raumstruktur der Renaissancezeit - die den Abriß!!! der Ostwand von 1898 bedingen würde - nehmen sie Abstand.

    Die Reparaturarbeiten nach dem großen Brand von 1701, bei dem der Riesensaal zerstört worden war, und mehr noch die Baumaßnahmen zur „Vereinheitlichung“ der Schlossfassaden beim großen Umbau Ende des 19., Anfang des 20. Jhd. führten zu einem - gegenüber der originären Renaissancefassade - völlig veränderten Zustand. Für die Rückgewinnung des Riesensaales ist eine bestimmte Wand- und Fassadengestaltung erforderlich: Fassadengliederung, Fenstergröße und –anordnung, Wanddicke. Die Innenarchitektur war zum Beispiel nicht unwesentlich auf tiefe Fensternischen bezogen. Bei der Kulka-Lösung ist die betreffende Ostseite offenbar nicht in diesem Sinne konturiert worden.

    Könnt ihr euch wirklich vorstellen, dass man in 20 oder selbst 30 Jahren eine derartig monströse Umbauaktion eines großen Teiles der Schlossstraßenfassade realisiert?

  • Zitat von "BautzenFan"

    Hallo Saibo, ich habe noch einige Zusatzinformationen zu deinem Beitrag vom 16.06.2005 über das STARCKE-Portal (Durchgang Großer / Kleiner Schlosshof). (übrigens meine Ausführungen zum Thema „Was wird im Schloss rekonstruiert“ werden fortgesetzt, ich möchte aber alle Informationen mit Quellenangaben versehen, nur ist leider mein „Archiv“ bislang nicht sonderlich „geordnet“).

    Quelle Sächsische Zeitung vom 04.12.2001, von Reinhard Delau
    Über die 2001 erfolgten Maßnahmen am Schloss (Auszug)
    Das Starcke-Rundbogenportal ist weitgehend wiederhergestellt. …Die Kartusche mit den Kurschwertern ist neu entstanden, auch die doppelten Wandpfeiler (Pilaster) mussten frisch gefertigt werden. Das schmiedeeiserne Gitter befindet sich wieder über dem Architrav (Anmerkung: das Gitter war nach der Bombardierung geborgen worden). Und über dem mittleren Fenster schaut ein neuer Januskopf in den Großen Schlosshof. Bis auf die beiden Figuren Minerva und Herkules ist das Rundbogenportal wieder komplett…..Das Starcke-Portal ist ein Glücksfall für Dresdens Architektur. Es gehört neben dem Palais im Großen Garten zu den frühen barocken Architekturen der Residenz….Als das Schloss unter Kurfürst Moritz zu einem Renaissanceschloss umgestaltet wurde, erhielt der Große Schlosshof nur 3 Wendelsteine. Die Südostecke blieb leer. Starcke fügte den vierten Wendelstein gefühlvoll ein, indem er die Renaissance-Wendelsteine kopierte.

    Gleiches Thema in einem Aufsatz von Dr. Steffen Delang
    Titel: Das Dresdener Schloss in der 2. Hälfte des 17.Jahrhunderts
    1682/83 veränderte Johann Georg Starcke die Baulichkeiten an der Südostecke des großen Hofes. Dabei entstand in dieser Hofecke der bislang fehlende vierte Wendelstein. Nun erst fand die 1549 gewählte Baukonzeption ihre Vollendung; indem Starcke für den Wendelstein im historisierenden Sinne auf die längst unmodernen Renaissanceformen zurückgriff, zeigte er ein taktvolles Bekenntnis zum Bau des Kurfürsten Moritz.

    Wie verkünden doch unsere Dogmatiker immer? Jeder Architekt baut immer in der Sprache der jeweiligen Zeit, also muss man heute modernistisch bauen. Ergänzungen müssen den Stempel der Zeit tragen.

    Noch eine Anmerkung. In dem schon erwähnten Ausstellungsführer der Schlossausstellung von 1989 findet sich die Information, dass die (fast unbeschädigte) Skulptur des Herkules nach dem Krieg in den Hof der Kunstakademie umgesetzt worden ist, stand dort in einer Nische.

    Vielen Dank für die tollen Informationen. Bitte mehr davon. :applaus: Schade, dass man so wenig vom Wiederaufbau mitbekommt. Eine ständig aktualisierte Fotodokumentation zum Wiederaufbau wird schmerzlich vermisst. :(

  • Wenn ich mich recht erinnere, hat zumindest Kulka selbst behauptet, dass der Riesensaal so gestaltet werden soll, dass eine apätere Rekonstruktion möglich bleibt. Was mir stärkere Sorgen macht, sind Überlegungen, die Sgraffitos im Innenhof nicht mehr vollständig wiederherzustellen. Es würde einfach dämlich aussehen, wenn z.B. die Westseite des großen Schloßhofs Sgraffitos trägt und die Ostseite nicht. :?

    Und aus den Aussagen der Münchner spricht nur der blanke Neid. Diese Stadt hat dank Bürgermeister Wimmer einen sehr guten Wiederaufbau mit viel Rekonstruktion (keine Ausnahmefälle) erfahren, seitdem entwickelt sie sich aber eher zwiespältig, insbesondere in der Kaufingerstraße werden gerade zwei eher mittelmäßige Häuser gebaut. Die Münchner sollen sich lieber an der eigenen Nase fassen, eine Rekonstruktion der alten Pinakothek wäre zumindest äußerlich möglich und wichtig. Aber Neid war ja noch nie eine gute Methode.

  • In absehbarer Zeit dürfte damit zu rechnen sein, dass das Sandsteinportal der Schlosskapelle wieder an seinem originalen Platz – also im Großen Schlosshof, zwischen NW-Wendelstein und Hausmannsturm – aufgebaut wird. Dies war bereits für 2005 geplant, aber solche Projekttermine verschieben sich leider fast immer nach „hinten“ – liegt halt in der Natur der Sache.
    Zum Sachstand jetzt 2 Beiträge (beide Quellartikel etwas gekürzt, da sich manche Informationen überschneiden).


    Teil 1 zum Portal der Schlosskapelle

    Artikel aus der DNN (Dresdener Neueste Nachrichten, Lokalzeitung), ??.01.2004
    Titel: Portal nimmt Abschied vom Jüdenhof
    Von Genia Bleier

    Die Tage des originalen Portals der Schlosskapelle neben dem Verkehrsmuseum sind gezählt. Neben einer Plane verborgen, haben Steinmetzen jetzt begonnen, das „Schöne“ genannte Renaissanceportal abzubauen. Das, was Krieg, Witterungseinflüsse und Vandalismus übrig gelassen haben, wird geborgen und vorübergehend eingelagert. In rund 90 Einzelstücke zerlegt, tritt das zu den ältesten originalen Teilen des Residenzschlosses gehörende Portal aus Cottaer (nahe Dresden) Sandstein seine Fahrt nach Ottendorf-Okrilla an (Anmerkung: um dort erst einmal eingelagert zu werden, weil die Restaurierung separat ausgeschrieben wurde).
    „Wir rechnen je nach Wetterlage mit drei Wochen für die Demontage“, so Steinmetz- und Steinbildhauermeister Wolfram Hasert. Dann wird der Platz am Johanneum, wo das Portal 1872 (Anmerkung: im nächsten Artikel steht 1876) zweckentfremdet aufgestellt worden war, leer sein….

    Wie Berthold Dresel, stellvertretender Niederlassungsleiter des Sächsischen Immobilien- und Baumanagement - SIB (das ist so eine Art „Behörde“ für Baumanagement/Vermarktung bei Maßnahmen an landeseigenen Immobilien), erklärt, sind 95% des Originals noch vorhanden. Plastischer Schmuck und die reich geschnitzte Eichentür befinden sich im Depot.
    Nach langer Zeit der Ungewissheit (???) steht nun fest, dass das Portal seine alte Schönheit wieder erhält. (Anmerkung: dass deute ich so, dass man zum Beispiel die kleinen Fehlstellen ergänzt, was vorab heiß umstritten war, ist aber nur eine Deutung). Bis Ende des Jahres (wäre also Ende 2004 gewesen) soll es restauriert sein, so Dresel. Veranschlagte Kosten: 950.000 Euro. Für 2005 sei die Wiederaufstellung am Ursprungsort vorgesehen.