• Das tatsächliche Problem sind nicht die verzerrten oder entzerrten Köpfe sondern die allgemeine Ästhetik der Gesichter. Das Original hatte wunderschöne, sanfte, ebenmäßige Kindergesichter im Stil eines Raffael, der Neuschöpfung geht diese Ästhetik leider total ab. Ich sehe, verzeiht mir bitte die undiplomatische Wortwahl, unschöne, wulstige, gnomartige, Gesichter. Diesmal fehlt mir auch leider die Zeit Anschauungsmaterial und eigene Verbessungsvorschläge anzubringen. Vielleicht später. Aber, ebenso wie bei der Malerei in der Nische, sehe ich als Kunstkenner und Illustrator offensichtliche Mängel.

  • Nicht dienlich ist es, sachliche Kritik mit dem Hinweis plattmachen, der Kritiker kenne doch die ganzen Produktionsabläufe nicht. Man muss, um ein Endergebnis zu beurteilen, nicht das ganze Procedere kennen.

    Es ist durchaus dienlich, eine ungefähre Vorstellung von der Vorgehensweise bei Restaurierungs- oder Rekonstruktionsprojekten zu haben. Ein Beispiel:

    Du erzeugst scheinbare Fakten,

    wirst von anderen unterstützt, die Deine irrige Annahme fachlich befeuern,

    Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, wer bei dem Projekt welche Arbeit macht. Aber ich wusste, dass dekorative und figürliche Malereien meist von verschiedenen Künstlern ausgeführt werden. Die verlinkten Medienberichte wiesen Frau Bothe-Stadelmanns Mitwirkung nur für den Deckenbereich nach. Daher schloss ich aus grundlegender Kenntnis der "Produktionsabläufe", dass die anspruchsvolleren figurativen Malereien wohl von anderer Hand stammten. Außerdem war mir klar, dass für Entwurfsplanung und Ausführung bei Innenraumdekorationen meist verschiedene Personen zuständig sind. Das Vorgehen ist stark arbeitsteilig.

    Bedenken sollten wir vielleicht auch noch folgendes: Frau Bothe-Stadelmann ist freischaffende Restauratorin. Für solche Leute wachsen die Bäume nicht in den Himmel, und die Äußerungen der geschätzten Mitforisten könnten durchaus rufschädigend sein.

    Ich finde es auch nicht angebracht, über Arbeiten der Künstlerin außerhalb des Restaurierungsbereichs herzuziehen und abzulästern. Die freien Künstler und Handwerksbetriebe können nicht allein von Restaurierungsaufträgen und Rekoprojekten leben. Sie müssen auch für andere Kundschaft arbeiten und moderne Sachen machen. Diese anderen Arbeiten müssen uns dann nicht weiter interessieren.

  • Ich möchte im Folgenden auf einen Teil der Kritik von Seinsheim näher eingehen, der noch nicht von eryngium besprochen wurde. Was ich jetzt schreibe, ist völlig neu. Das ist eigentlich erstaunlich, denn BautzenFan hatte schon vor Wochen alte Fotos dazu hervorgekramt. Aber es hat den Anschein, dass sich niemand diese Fotos näher anschaut. Außerdem informiert uns BautzenFan über das Ausschreibungsgeschehen zum Dresdner Schloss. Und auch diese Beiträge enthalten jede Menge nützlicher Angaben.

    Generell sollte derjenige, der einen solchen Angriff startet, wenigstens noch jeweils ein weiteres Foto aus größerem Abstand beisteuern, damit man das fragliche Detail im räumlichen Kontext betrachten kann. Außerdem sollte angegeben werden, wo genau sich dieses Detail befindet. Da diese Angabe fehlte, ist Seinsheim ein Fehler unterlaufen. Ich nummeriere die Fotos im Zitat unten mit 1 bis 4. Die Fotos Nr. 2 und 4 sind im Rotseidenen Zimmer aufgenommen worden. Das hat mit der Baumaßnahme Kleiner Ballsaal nichts zu tun. Das Rotseidene Zimmer wurde als Entree zum Münzkabinett bereits 2015 fertiggestellt. Die "Schloss-Direktion" heißt übrigens offiziell:
    Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), Niederlassung Dresden I

    Die Fotos zeigen Details der Kamine in den beiden Räumen. Die Firma, die die Metallarbeiten gemacht hat, ist Ostmann und Hempel aus Wilsdruff bei Dresden. Es ist eine Spezialfirma im Bereich Metallrestaurierung und kunsthandwerklicher Metallbau. Sie beherrscht die historischen Handwerkstechniken. Am Dresdner Schloss haben Ostmann und Hempel bereits das Brüstungsgeländer am nordwestlichen Treppenturm im Großen Schlosshof gemacht sowie vier Fenstergitter an der Englischen Treppe. Diese Fenstergitter habe ich mir neulich einmal ganz genau angesehen und fand sie tadellos. Nach Angaben der Firma sind sie geschmiedet.

    Nach allgemeinen Angaben des SIB erfolgten die Raumrekonstruktionen unter Nutzung der historischen Technologien. Zu den Kaminverblendungen: Darüber wie die Löcher in die Messingbleche kommen, konnte ich keine Angaben finden. In jedem Falle ist es unseriös, ohne irgendeinen Beweis vorzubringen, hier was von "Lasercutter" zu schreiben. Einige andere plapperten es dann nach. Aber ganz klar: Es ist nicht zulässig, so etwas hier unbelegt zu behaupten. Übrigens: Ein Cutter schneidet, er sägt nicht. Das kennen wir schon aus dem Filmbusiness. Die Verblendungen auf Foto 3 befinden sich unter den Fenstern des Großen Ballsaals.

    Es handelt sich nicht um Gitter, sondern um Blenden, dünne Messingbleche, die dem Aschekasten vorgeblendet werden. Die Auskleidung des Feuerraums besteht aus "schwarz gebranntem Stahlblech", informiert die Firma. Schauen wir uns nun dieses Foto von 1934 an und vergleichen es mit Bild Nr. 2 von Seinsheim. Das historische Foto bitte maximal vergrößern und in die linke obere Ecke der Kaminverblendung starren. Wie ihr seht, sind dort auch zwei Schrauben. Die Rekonstruktion auf Bild Nr. 2 ist also korrekt und Seinsheims Kritik widerlegt. Im Kleinen Ballsaal kommt die Kaminverblendung ohne diese Schrauben aus. Dort ist das Gewände des Kamins aus Marmor, im Rotseidenen Zimmer aus Gipsstuck.

    Jetzt schaut ihr auf dem historischen Foto nach rechts zu der Trompeterfigur. Links neben der Taille, in dem weißen Kapitellbereich seht ihr ein kleines kugeliges Ding. Das ist das Köpfchen der Sphinx. Durch die menschliche Figur habt ihr mal einen Größenvergleich. Auf den Fotos von Ostmann und Hempel zum Rotseidenen Zimmer sind die Sphingen in den Kapitellen ganz gut zu erkennen. Seinsheim behauptete, sie fallen sofort ins Auge. Das ist völliger Blödsinn. Ich war schon öfter da, und sie waren mir bisher nicht aufgefallen. Neulich habe ich sie dann aus größter Nähe betrachtet. Ich konnte nichts falsches erkennen, ebenso an den Kaminverblendungen. Das Wort "Gartenbaumarkt" ist diffamierend und entschieden zurückzuweisen. Die Sphinx befindet sich nicht in Augenhöhe des Betrachters und sie schaut nicht direkt in den Raum, sondern zur Seite. Bei dem historischen Foto schaut sie auf die Jackentasche. Das nahezu frontalansichtige Foto von Seinsheim ist völlig unnatürlich. Bei den Messingblenden weiß ich nicht, was an ihnen falsch sein soll. Das Muster muss regelmäßig sein und die Ränder dürfen nicht ausgefranst sein.

    Beim Betrachten der schönen Fotos von Ostmann und Hempel habe ich wieder gedacht: Das ist doch alles so schön! Warum nur verbreiten einige Mitforisten schlechte Laune? Also ehrlich, meine Meinung: Wer sich über die beiden Kamine in den beiden Räumen nicht freuen kann, der tut mir leid.

    Und zum Ballsaal als Ganzes verlinke ich nochmal die historischen Fotos: Klick 1 und Klick 2 und Klick 3. Bitte jeweils vergrößern.

  • Unser göttlicher Apollo hatte im September 2017 hier Folgendes geschrieben:

    @ BautzenFan

    erst einmal dir wieder vielen lieben Dank für deine Infos, die du auch immer so perfekt aufbereitest und mit Bildern unterstützt, so das sich auch Nichtschlossexperten immer ein Bild vom aktuellen Baustand machen können.

    Ich möchte den Beitrag aber auch mal nutzen, um den ganzen kleinen Unternehmen zu danken, die mit viel Herzblut und Leidenschaft ein Spezialwissen und eine Handwerkskunst über die Zeit retten. Das sind Fähigkeiten, die heute leider kaum noch gefragt sind, die aber ein unschätzbares Kulturerbe darstellen.

    Ich kann mir vorstellen, wie sich diese Unternehmen - meist Familienunternehmen mit extrem langer Tradtion - von Ausschreibung zu Ausschreibung förmlich retten, die wissen, dass sie nie damit reich werden, was sie machen, aber trotzdem nicht aufgeben und somit ein Wissen am Leben halten, welches es so vielleicht kein zweites Mal mehr gibt. Ich denke, diesen Idealismus und diese Liebe zur Baukunst sollte man mal explizit herausstellen, weil dies in der heutigen Gesellschaft leider nur noch sehr selten ist.

    Daher hoffe ich, dass diese Projekte nun mehr werden, auch was die Rekonstruktion von Innenräumen angeht, da gibt es in Deutschland ja auch noch so einiges zu tun. Diese Unternehmen, welche ja in erster Linie auch sehr regionale Unternehmen sind, die tief in diesem Land verwurzelt sind, hätten es verdient, dass sich ihr Kampf gelohnt hat!

    Dieses Zitat muss ich jetzt hier einfach nochmal bringen. Es passt so gut hierher.

    Eine der kleinen Firmen, die am Kleinen Ballsaal mitgewirkt haben, ist die Kunstformerei André Zehrfeld. Das Ehepaar Zehrfeld (sie ist eine italienische Spezialistin) hat die Stucco-lustro-Arbeiten ausgeführt. Auf den Farbfotos vom Saal mag es scheinen, dass die Wand drei verschiedene Grautöne hat. Wenn man davor steht, sieht man wesentlich mehr Details, Farbnuancen, Strukturen. In einem Fernsehbericht hat irgendein Experte den Marmorstuck als höchste Handwerkskunst gelobt. Ich weiß aber nicht mehr genau, wer und wo das war.

    Und noch etwas wollte ich zu den Detailfotos von Seinsheim sagen: Wenn man vor Ort ist und versucht, sich das Ganze genau so anzusehen, dann stößt man sich fast die Nase. Oder muss sich irgendwie verrenken. Ein Foto vom Rotseidenen Zimmer zu machen, auf dem nichts Rotes zu sehen ist, ist schon ein Kunststück. In der Realität wirkt der Stuck kleiner, nicht so grell angeleuchtet und dann sehr edel.

  • Ich habe mal Seinsheims Photo des Kapitells genommen und digital drüber gemalt, wie sowas eigentich mehr aussehen sollte. Es ist schnell und nicht perfekt, und frei nach dem Gedächtnis, wie klassische Gesichter dieser Zeit auszusehen haben:

    Es macht mich traurig, dass ich als junger, dahergelaufener Illustrator, der sich niemals zu träumen wagen würde, an einen solchen Jahrhundertprojekt wie der Rekonstruktion des Dresdener Schlosses mitarbeiten zu dürfen, so offensichtlich die Mängel der Arbeit der Experten erkennen kann, die Mängel aufzeigen kann und sie in 15-20 Minuten drüberpinseln, wie schon bei der Malerei in der Kehle der Nische, verbessern kann.

  • Es macht mich traurig, dass ich als junger, dahergelaufener Illustrator, der sich niemals zu träumen wagen würde, an einen solchen Jahrhundertprojekt wie der Rekonstruktion des Dresdener Schlosses mitarbeiten zu dürfen, so offensichtlich die Mängel der Arbeit der Experten erkennen kann, die Mängel aufzeigen kann und sie in 15-20 Minuten drüberpinseln, wie schon bei der Malerei in der Kehle der Nische, verbessern kann.

    Und genau deswegen sollte man in Frage stellen, welche Darstellung wirklich richtig ist. Ich weiß nicht, wie genau dieses Gesicht vor hundert Jahren aussah, ich konnte es mir nicht ansehen, aber die Annahme, dass dort solche amateurhaften Fehler gemacht wurden, ist einfach nicht besonders wahrscheinlich. Und die Annahme, dass diese vermeintlich offensichtlichen Fehler erst hier im Forum aufgedeckt werden, ist noch unwahrscheinlicher.

    Es ist zwar ein völlig anderes Thema aber mich erinnert die ganze Diskussion irgendwie daran:
    Es ist schon etwas her, da fragte mich ein Bekannter, weshalb viele Autos in den 80er Jahren so eckig waren, obwohl man doch schon in den 50er Jahren bei schön stromlinienförmigen Designs angelangt war. Obwohl man doch Windkanäle hatte, in denen man das hätte merken müssen. Er wollte mir partout nicht glauben, dass der alte Brotkasten Mercedes w124 sogar für heutige Standards noch einen äußerst geringen Luftwiderstand hat und damals einen neuen Rekord aufstellte.

    Wenn Grundannahmen zu sehr unwahrscheinlichen Resultaten führen, müssen sie deswegen nicht falsch sein, aber man sollte sie doch nochmal genauer beleuchten und das geschiet hier leider nicht.

  • Da ist was dran. Und gerade in der Renaissance und im Barock hat man auch noch öfter sehr "schrullige" Plastiken mit verschobenen Proportionen usw. gestaltet. Da war auch nicht alles perfekt...

    Dieser Hang zur "perfekten, geraden Ästhetik" hat sich ja mehr seit dem Klassizismus herausgebildet. Schön, aber auch mitunter etwas zu glatt und langweilig.

  • Ich empfinde die Diskussion mittlerweile als unerfreulich.

    Wir erleben ein kleines Wunder - das Dresdner Schloß kommt viele Jahrzehnte nach der Zerstörung Stück für Stück wieder zurück. Statt sich darüber zu freuen, wird auf vermeintlichen Unzulänglichkeiten der Rekonstruktion herumgeritten, offenbar wiederholt ohne Kenntnis der Vorkriegssituation.

    Für die Mehrzahl der aufgezeigten Schwächen wurde hier der Nachweis erbracht, dass diese bereits beim Original vorhanden waren. Für einen kleineren Teil ist die Kritik berechtigt. Vielleicht sollten wir uns bewusst machen, welche Wirkung ausgerechnet wir als Reko-Befürworter mit der Betonung des Negativen innerhalb eines so viel größeren positiven Gesamtbildes außerhalb dieses Forums erzielen.

    Ich glaube nicht, dass wir unser Anliegen damit voranbringen!

  • Und genau deswegen sollte man in Frage stellen, welche Darstellung wirklich richtig ist. Ich weiß nicht, wie genau dieses Gesicht vor hundert Jahren aussah, ich konnte es mir nicht ansehen, aber die Annahme, dass dort solche amateurhaften Fehler gemacht wurden, ist einfach nicht besonders wahrscheinlich. Und die Annahme, dass diese vermeintlich offensichtlichen Fehler erst hier im Forum aufgedeckt werden, ist noch unwahrscheinlicher.

    Wenn es so unwahrscheinlich ist, dass keine "amateurhaften Fehler" gemacht wurden, warum wurde dann die Hohlkehle der Nische amteurhaft schattiert, wie ich dargelegt habe? Warum ragt ein Ohr plötzlich über einen üppigen Lockenschopf, das vorher nicht darüber ragte, wie ich ebenfalls dargelegt habe? Auf den Vergleichsbildern der musizierenden Kinder kann man eindeutig sehen, dass raffaelitische Kindergesichter denen von kleinen Gnomen gewichen sind.
    Selbst eindeutige Beweise für grobe Abweichungen vom Original werden hier einfach in den Wind geschlagen.

    Da ist was dran. Und gerade in der Renaissance und im Barock hat man auch noch öfter sehr "schrullige" Plastiken mit verschobenen Proportionen usw. gestaltet. Da war auch nicht alles perfekt...

    Eine Sphynx an einem klassischen Kapitell in einem königlichen Ballsaal ist keine "schrullige" Fratze an einem rustikalen Fachwerkhäuschen der Renaissance.
    Hier wurde ein Werk des Historismus aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachempfunden. Muss ich an dieser Stelle erklären, wie weit entwickelt, wie genormt Bauplastik und Stuck zu dieser Zeit waren, vor allem in einer Kunststadt wie Dresden? Bei größeren und bedeutenderen Projekten, wie der Kleine Ballsaal es eindeutig war, waren Qualitätsstandards besonders hoch. Da hatten klassische Motive auch klassische, ebenmäßige Proportionen.

    Eine Diskussion über Qualitätsmängel ist absolut aussichtslos hier. Sogar konstruktive, anschaulich dargebrachte Kritik ist nicht gewollt, wird klein- oder schlechtgeredet, alle Mängel hingegen werden schöngeredet. Ist doch doch schön "schrullig"...
    Ich werde diesen Strang ebenfalls verlassen, es hat einfach keinen Sinn, aber das wird sicher den Großteil hier erfreuen.

    @BautzenFan, ich hoffe du weißt, dass niemand von uns Kritikern die Rekonstruktion des Schlosses schlechtreden wollte oder diesen hervorragenden Strang ruinieren wollte. Die Rekonstruktion ist auch mit kleinen Mängeln eine Wahnsinnsleistung und wir alle schätzen dein Engagement seit vielen Jahren hier in diesem Strang enorm. Also, nichts für ungut, okay? :)

  • Der rekonstruierte Dresdner Ballsaal hat durchaus gelungene Bestandteile. Doch bei allem aufzubringenden Respekt vor den teils wirklich akribischen Arbeiten, sollte man konstruktive Kritik frei äußern können, um beispielsweise zukünftige Fehler vorzubeugen:
    Hier werden Arbeiten geschaffen, die auch in den kommenden Jahrhunderten mit der Illusion beeindrucken sollen, tatsächlich aus der Vergangenheit zu stammen. Wenn diese Illusion durch verbesserungswürdige Arbeiten zerstört wird, mindert dies das Erlebnis des Betrachters enorm.
    Es muss eben wirklich das Beste aus den Werken herausgeholt werden. Und ich habe das Gefühl, dass dies zumindest bei den Friesen mit den musizierenden Jungen nicht gelungen ist.

    Das Hauptproblem bei den bunten Friesen sind die Gesichter der Jungen. Das bekannte "Kindchenschema", welches im Original noch offensichtlich ist, wurde in der Rekonstruktion besonders durch die zu kleinen Augen bei jedem der Jünglinge eliminiert. So erinnern die Jungen schon fast an Werke aus dem Mittelalter, wo den Kleinkindern bewusst erwachsene Gesichter verpasst wurden.
    Das zweite prinzipielle Problem sind eben die überzogenen Proportionen: Die Muskeln (häufig Bauchmuskeln), Falten und Schatten sind oft übertrieben dargestellt worden. Sie wurden vom rekonstruierenden Künstler am Original festgestellt und dann zu stark übernommen.
    Meines Erachtens sind dies, abgesehen von der Belichtung, die Hauptgründe dafür, dass das bunte Fries in den vorigen Beiträgen so stark kritisiert wurde.

    Nichtsdestotrotz mindert das selbstverständlich nicht meinen Respekt vor dem großen betriebenen Aufwand und den oft überzeugenden Arbeiten im Schloss.

  • Ich habe mal Seinsheims Photo des Kapitells genommen und digital drüber gemalt, wie sowas eigentich mehr aussehen sollte. Es ist schnell und nicht perfekt, und frei nach dem Gedächtnis, wie klassische Gesichter dieser Zeit auszusehen haben:


    Sag bloß, das Bild rechts hast du gemacht? Wahnsinn! Compliment, kann ich nur sagen. Bin zwar selber kein Kunsthistoriker (ich habe das Gefühl ich muss das immer wieder betonen um bei den Details mitreden zu dürfen ) habe aber durchaus genügend Feingefühl und Sensibilität um Kunst (nicht alle) zu beurteilen. Es ist erstaunlich, mit wieviel Milimetern man nicht nur den GesichtsAusdruck , sondern auch die Morphologie (Physiognomie?) des Gesichts völlig verändert. Das Gesicht rechts ist tatsächlich ein "edles", während das links tatsächlich auch nicht besonders intelligent dreinschaut. Ich würde sagen, links ist das Gesicht der Magd, rechts das der Herrin.

    Was ich oft mache bei Fotos , speziell Architektur , aber auch hier: Einfach auf dem Bildschirm das Foto ein bischen so verschieben, das ein Teil absichtlich abgeschnitten wird. Viele modernistische Häuser werden z.b. sofort angenehmer, wenn man alles über der Traufhöhe abschneidet. Hier bei diesen beiden Damen schnitt ich das foto so ab dass alles oberhalb approx. der Nasenspitze abgeschnitten ist, d.h. knapp über den Nasenlöchern ist alles weg ist. Der Mund! Was ein Unterschied.

    Aber was ich noch sagen wollte: Jemand sagte es bereits, natürlich ist die Reko des Schlosses eine Meisterleistung und ein enormes Glück. Wir sollten das immer wieder betonen, weil einige hier es offenbar in den falschen Hals bekamen wenn man Kritik übt. Ich finde, sachliche Kritik muss immer erlaubt sein, wird allerdings nur noch geschimpft und dabei übersehen dass es sich hier um ganz wenige Teile des Schlossinterieurs handelt, wird es m.E. unverhältnismäßig. Kommt dann noch ein besserwisserischer und arroganter Ton einiger hinzu, wundert mich es überhaupt nicht dass es unschöne Streits mündet. Ich habe jedenfalls keine Ahnung von Kunsthistorik und lerne gerne dazu. Den Unterschied bei Treverers Anpassung dieser Sphynx sehe ich sofort, der und das (tatsächlich etwas seltsame) Original sind Welten auseinander. Allerdings glaube ich, hätte ich das bei einem Rundgang durchs Schloss nicht gesehen, vermutlich wäre man dort von der Fülle an Formen so reizüberflutet dass dieses Detail untergegangen wäre.

    Ich muss aber dazu bemerken, ich habe in Dresden - ich glaube es war Zwinger - auch einige Gesichter auf Fassaden gesehen (gibt es dafür einen Fachausdruck?) , die von "nicht besonders intelligent dreinschauend" bis hin zu "hochgradig seltsam" oder sogar regelrecht hässlich aussehen. Insofern hätte ich die Dienstmagd akzeptiert. Aber die Anpassung von Treverer ist kein Vergleich dazu.
    PS - Bild ich mir das ein, oder sieht die Treverers Dame "italienisch" aus? Irgendwie fällt mir spontan Italien ein bei den Gesichtszügen.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Ehrlich gesagt bin ich froh, dass am Residenzschloss keine "jungen, dahergelaufenen Illustratoren" arbeiten, sondern wirkliche Fachleute. Treverers Weg führt nach Disneyland. Der aufgehübschte Sphinxkopf zeigt ein Schönheitsideal unserer Tage. Auf mich wirkt er deshalb schief, falsch, unpassend. Der tatsächliche Kopf links daneben gewinnt durch den Vergleich mit dem Schönheits-OP-Gesicht deutlich.

    Im Gegensatz zu einigen Kritikern habe ich bereits im Kleinen Ballsaal gestanden. Ich war selbst ein wenig verblüfft, dass mir der Raum vom ersten Moment an authentisch, historisch und stimmig erschien. Das galt für den Gesamteindruck wie für die vielen faszinierenden Details. Gerade auch die Kinderfriese gefallen mir im Gesamtzusammenhang des Saales sehr gut.

    Ein Aspekt der Arbeit von Gerda und Lydia Wiedemann wurde hier noch gar nicht gewürdigt: Die Erarbeitung der passenden Farbgebung. Die historischen Fotovorlagen sind schwarzweiß und lassen nicht jedes Detail erkennen. Diese Bildinformationen mussten die Restauratorinnen in farbige Malereien übersetzen. Die Farbfassung der Kinderfriese musste sich in den Farbklang des Gesamtraumes einfügen. Unzähligen Details mussten Farben zugeordnet werden. Für mich ist die Entwicklung der Farbfassung des Gesamtraumes eine exzeptionelle künstlerische Leistung. Der Kleine Ballsaal zeichnet sich nämlich durch ein sehr subtiles Farbenspiel aus.

    Ein Grundirrtum der vehementen Kritiker hier besteht in der Missdeutung des monochromen Kinderfrieses über der Wandnische als Grisaille, die ein Relief vortäuschen will. Tatsächlich handelt es sich um Wandmalerei, die Malerei sein will und sich in den raffinierten Zusammenklang einer Fülle von Grautönen in dem Wandbereich bewusst einfügt, ja, einordnet, ohne freilich unterzugehen. Keines der von Seinsheim angeführten Beispiele einer "guten Grisaille" würde an der Hohlkehle der Wandnische passen. Prominente Beispiele für monochrome Malereien in Hohlkehlen, die kein Relief sein wollen, finden wir in Pillnitz, der Sommerresidenz der sächsischen Könige. Es handelt sich zwar am Berg- und am Wasserpalais um chinoise Szenen, dennoch bestehen deutliche Bezüge zu den Malereien in den Hohlkehlen des Ballsaals.

    Während an der Südwand sich der Kinderfries zwischen Marmorstuck mit unglaublich reichem Nuancenspiel und einer helleren, aber nicht weißen Marmorvarietät einfügen muss, haben die polychromen Kinderfriese an den Längsseiten einen Farbkontext aus Weiß, Gold und Braun. Die malerische Anlage der Kinderfriese musste sich hier deutlich von jener der umgebenden Emblemfelder abheben, um plastisch und motivisch glaubwürdig zu sein. Andererseits durften die Kinderchen auch nicht quietschbunt aus der Hohlkehle herausspringen.

    Die Entscheidung des Restauratorenteams, den dokumentierten polychromen Kinderfries zu rekonstruieren und sein nicht dokumentiertes Pendant an der anderen Längsseite durch eine Wiederholung des ersten Frieses zu ersetzen, halte ich für eine kluge Entscheidung. Durch die Wiederholung des Motivs wird sein dekorativer Charakter unterstrichen. Die beiden Kinderfriese an den Längsseiten treten in einen Dialog mit dem Fries der Südwand und tragen so dazu bei, den Raum zusammenzuhalten und zu strukturieren.

  • Ehrlich gesagt bin ich froh, dass am Residenzschloss keine "jungen, dahergelaufenen Illustratoren" arbeiten, sondern wirkliche Fachleute. Treverers Weg führt nach Disneyland. Der aufgehübschte Sphinxkopf zeigt ein Schönheitsideal unserer Tage. Auf mich wirkt er deshalb schief, falsch, unpassend. Der tatsächliche Kopf links daneben gewinnt durch den Vergleich mit dem Schönheits-OP-Gesicht deutlich.

    Ich mag mich erst am Anfang meiner 30er befinden, und mich selbst noch als inadäquat für ein solches Rekonstruktionsprojekt ansehen, was meinen sehr hohen Anspruch an mich selbst aber auch an andere ausdrückt, immerhin habe ich aber Design und Kunstgeschichte studiert und meinen Master darin gemacht, ich war als Dozent für Aktzeichnung und figürliches Zeichnen tätig, arbeite als Illustrator und habe an internationalen Film- und Videospielproduktion im Bereich character art und costume design mitgearbeitet. Vielleicht sollte ich mein Licht nicht ganz unter den Scheffel stellen, wenn jemand wie du es persönlich gegen mich ausnutzt.
    Der Umstand, dass du nicht erkennen kannst, dass meine Anpassung (die nicht perfekt war, weil mir die Zeit fehlte) eben überhaupt nicht dem heutigen Schönheitsideal entspricht, sondern dem der Klassik (sah Verwendung in der Antike, Renaissance, Klassizismus und dem Historismus): Ovales Gesicht, ebenmäßge Züge, mandelförmige Augen, gerade, schmale Nase, kleiner Mund, entspannt bis strenger Blick etc., zeigt, dass du weniger Ahnung hast, als du vorgibst. Kleine Gedächtnisauffrischung zum klassischen Schönheitsideal:


    (Quelle: Allgemein frei nutzbares Bild.)

    ...und dem heutigen:

    (Quelle: Kylie Jenners Instagram, https://www.instagram.com/kyliejenner/?hl=en
    Ich hätte nicht gedacht, dass ich den Link zu dieser Seite einmal in diesem Forum sehen oder selbst verlinken würde, dient aber als gutes Beispiel.)

    Wenn irgendetwas Disneyland ist, dann sind es grobschlächtige Fratzen an klassischen Kapitellen, aber eben nicht ebenmäßige Gesichter der passenden klassischen Stilistik. Du musst dir vielleicht Disneyland tatsächlich einmal genauer anschauen, anstatt es als unpassendes, bloßes Totschlagargument zu verwenden. Der Disneyland-Verweis wird vorwiegend von denen benutzt, die unseriös und diffamierend "argumentieren". Es is kein guter Look, es als aufgeschlossener Rekonstruktionsbefürworter selbst als Keule zu benutzen.

    Dies ist der letzte Beitrag, den ich in diesem Strang verfasse. Machts gut.

    Einmal editiert, zuletzt von Treverer (13. März 2019 um 06:56)

  • Das Frauenfoto hat in einem Strang zum Dresdner Schloss nun wirklich nichts zu suchen. Bei der oberen Plastik stört der giftiggrüne Hintergrund. Was das für eine Plastik ist, wird nicht gesagt. Also völlig sinnlos. Ich frage mich, warum ausgerechnet hier im Dresdner Schlossstrang manche derart Krieg spielen. Bei den Neumarkt-Themen gibt es auch immer wieder viel Kritik, aber solche Fotos hat da noch keiner reingeknallt. Bei Diskussionen zu anderen Städten, ja, auch da wird heftig gestritten, aber solche Bilder - echt, das gibts nicht.

    Warum ausgerechnet hier? Geht es doch nur um Sachsen-Bashing? Oder darum, dass Treverer nicht mit ernsthafter Kritik umgehen kann? Dass mich Treverer offenbar für einen Vollidioten hält, ist mir egal. Da befinde ich mich ja in bester Gesellschaft der vielen Fachleute in Dresden und Sachsen. Aber bitte bitte wenigstens diese scheußlichen Fotos wieder rausnehmen!

    Anmerkung der Moderation (Suebicus): Beitrag wurde gekürzt. Noch einmal, bitte sachlich bleiben und nicht derartig empört emotional argumentieren!

  • Wieso wird denn nun Treverer derart beschimpft, Rastrelli? Er hat doch bezüglich der Gesichtsform am Kamin im Vergleich prinzipiell nicht unrecht?

    Treverer hier so abzukanzeln ist der Sache sicher nicht dienlich. Ich kann viele seiner Ausführungen nicht nachvollziehen, sehe da keine Gnome und Fratzen, wo er sie zu erkennen glaubt. Aber es muss doch möglich sein, sich auf Grundlage von WIRKLICHEN Fakten fachlich auszutauschen.

    Ich finde es Schade, dass nach Oktavian jetzt der nächste hier das Handtuch werfen möchte. Seinsheim ist ja zu Diskussionen auch nicht gewillt, meine Wortwahl hat ihm zu sehr zugesetzt... Und inhaltlich steht er natürlich völlig über den Dingen...

    Können wir nicht einfach mal auf Grundlage realer Fakten eine fachlich fundierte Diskussion führen und persönliche Angriffe vermeiden?
    Die zahlreichen Fake-News der "Fachkeute" hier aus den letzten Monaten zum Ballsaal sind doch nun enttarnt. Auch expliziten Dank für die tollen Infos zu den angeblich missglückten Schrauben am Kamin, Rastrelli!
    Es ist ABER NICHT hilfreich, hier einen Kahlschlag unter allen "nicht Meinungskonformenn" zu erzeugen, weil dies wiederum DEINE Leistungen herabsetzt!


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    Ich fände es an dieser Stelle viel interessanter, wie sich der hier - meiner Vermutung nach - immer noch als Gips- oder TonMODELL diskutierte Sphingskopf am rekonstruierten Kamin nun WIRKLICH zeigt.
    Meine Frage an Seinsheim bezüglich des Fotos wurde ja von diesem ignoriert.
    Wie ist das, als nicht so richtig gelungene Reko bewertete Gesicht, tatsächlich ausgeführt worden?
    Wenn ich am Sonntag ins Schloss gehe, versuche ich mich mal in Detail-Fotos an der FERTIGEN Reko. Und dann kann man mit Treverers tollen Graphik-Metoden doch noch mal schauen. Ich finde seine Fähigkeiten diesbezüglich beeindruckend.


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    Bezüglich des farbigen Kinderfrieses könnte die Diskussion mit Treverer in nächster Zeit sicher noch fruchtbar werden. Ich sag mal: Michelangelo - Gnome und die Vorlage.

    Der Chef-Restaurator Walther hat in seiner Führung im Kleinen Ballsaal angedeutet, dass er die originale Entwurfszeichnung des farbigen Kinderfrieses entdeckt hat. Leider war ihm aber nichts weiter zu entlocken, weil er dies in einer Fachzeitschrift veröffentlichen wird.

    Nur so viel kann gesagt werden: Am Tag der offiziellen Eröffnung (!) des Kleinen Ballsaals - hat einer der zahlreichen geladenen Gäste - ein auswärtiger Museumsdirektor - erkannt, dass in seinen Beständen die Vorlage für den Fries zu finden ist.
    Die von Hrn. Walther kurz gezeigte Farbkopie schien mir ein Aquarell wiederzugeben, ich hab aber auf die schnelle nichts genaues gesehen.

    Das ist natürlich der Supergau für jede Reko, wenn man nach der Fertigstellung dann eine Original-Vorlage findet.
    Ich bin gespannt, wie nah die Reko an der Vorlage ist.

    Unverständlich ist für mich aber auch wieder, dass Treverer als Kunstgeschichtler nicht auf die Idee kommt, sich vom Maler des Kinderfrieses - irgendjemand hat diesen schon mal benannt, ich suche das jetzt hier im Verlauf aber nicht raus - Vergleichswerke heranzieht, wie das die Restauratoren ganz sicher gemacht haben.

    Der Bezug auf Vergleichswerke gleicher Autorschaft unterscheidet wissenschaftliche Rekonstruktion von "glauben", "denken" und den oberflächlichen Analysen vieler hier, die ich deswegen ungeachtet Ihrer tatsächlichen Qualifiaktion als "Fachleute" apostrophiere, weil sie im Forum "quick and dirty" Vermutungen und Informationen zu Wahrheiten werden lassen, ohne wirklich zu recherchieren und sich detailliert mit der Materie zu beschäftigen.

    Ich fände es schön, wenn Treverer bleibt und Octavian wieder kommt.

  • Im Bezug auf den Kopf der Dame wären Vergleichsbilder wieder vorteilhaft, gerade nach der 'Diskussion' um die Kinder-Malereien.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Aber bitte bitte wenigstens diese scheußlichen Fotos wieder rausnehmen!

    Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was an diesen Bildern so scheußlich sein soll. Treverer hat damit gut den Kontrast zwischen dem edlen, kühlen Schönheitsideal der Klassik und dem eher urwüchsig-derben unserer Tage herausgestellt.

    Bitte künftig nicht mehr derartig emotional werden! Niemand hier möchte die Rekonstruktionsleistung kleinreden, aber Kritik ist natürlich trotzdem gestattet.

    Geht es doch nur um Sachsen-Bashing?

    Unser Forum ist ausgesprochen sachsophil.