• Genau wegen so herablassender Bemerkungen, lieber @Rastrelli, meine ich in dieser Debatte genug gesagt zu haben. Es gibt Leute, für die sachliche Kritik unerträglich ist, die wollen letztlich nur den Konsens. Und die empfinden jedes Verlassen dieses Konsenses als Polemik und Diffamierung.
    Du bringst den Vergleich mit meinen Äußerungen zum Berliner Schloss, die viel weniger provozieren würden. Kann es sein, dass die Diskussion dort deshalb friedlicher verläuft, weil alle mehr oder weniger einer Meinung sind? Denn gewiss sind die Kommentare dort nicht zurückhaltender oder fairer als hier - im Gegenteil! Habt ihr euch mal überlegt, was ein Franco Stella oder ein Vertreter der Stiftung Berliner Schloss-Humboldt Forum empfindet, wenn er die dortigen Kommentare liest? Wenn gefordert wird, Stellas Ostfassade abzureißen, weil sie ein Schandfleck sei?
    Oder was, auf einem anderen Strang zu Dresden, ein Günther Blobel gedacht haben müsste, wenn gerade von denen, die beim Thema Ballsaal besonders dünnhäutig reagiert haben, von "Blobelbude" gesprochen wurde?
    Apropos Diffamierung: Ich würde es genau umgekehrt sehen: Es wurden hier Arbeiten kritisch beurteilt. Und ja, die Fähigkeit der kritischen Vernunft ist Teil unserer Kultur. Sie ist sogar ein Promotor unserer Kultur. Und sie ist ein unverzichtbarer Teil von Wissenschaft. Aber Kritikern, die bestimmte Arbeiten negativ beurteilen, zu unterstellen, sie würden damit die Person, die diese Arbeiten geschaffen hat, persönlich angreifen, ist unseriös. Und genau damit haben hier einige Leute versucht, die Diskussion abzuwürgen und Recht zu behalten. Ich habe auf die ganzen kritischen Bemerkungen so gut wie keine sachbezogene Erwiderung gelesen. Man kritisiert beispielsweise eine falsche Anatomie, und das Gegenargument ist nicht der Nachweis, dass die Anatomie doch richtig sei, sondern der beleidigte Hinweis: Wer bist du überhaupt, dass du meinst, das beurteilen zu können? Oder: du beleidigst die Damen, die das gemacht haben! Oder: du fällst dem gesamten Rekonstruktionsvorhaben in den Rücken! Oder: Du hast auf das von Eryngium präsentierte Material nicht freudig und dankbar genug reagiert. Oder: Willst Du Dich nicht einsichtig zeigen und Dich dem von uns vorgegebenen Konsens anschließen, du versteigst Dich doch nur! Und zuguterletzt spricht man unter irgendeinem Vorwand dem Kritikern die Kompetenz ab.
    Ich weiß, ich sage jetzt etwas sehr Böses. Aber genau mit diesen Mustern werden in unfreien Gesellschaften Debatten abgewürgt und Kritiker mundtot gemacht oder entmündigt. Und genau dies hat die Diskussion hier so verschärft - dass Leute mit sachlicher Kritik nicht umgehen können. Mich bedrückt das, weil ich in einer Zeit studiert habe, als diese Kritikfähigkeit noch als etwas sehr Wichtiges angesehen wurde. Da hat man den Verrocchio mit dem Donatello und dem Nanno di Banco verglichen und herausgearbeitet, warum Donatello von allen drei der beste war; man hat beim Opfer Abrahams am Florentiner Baptisterium die Variante von Ghiberti mit der von Brunelleschi verglichen, man hat die anatomischen Schwächen bei Tizian und Rembrandt gesehen und dafür ihr Kolorit bewundert. Und man hat der Deutung auch einer wissenschaftlichen Koryphäe widersprochen, Unstimmigkeiten in ihrer Argumentation aufgedeckt und eine Neuinterpretation gebracht. Und dann haben sich gelegentlich auch wissenschaftliche Schulen gebildet, die sich bekämpft haben. Ja, das gehört sich so, das ist nämlich freie Wissenschaft und kritisches Denken, liebe Freunde! Aber immer haben wir gelernt, ad rem und nicht ad personam zu diskutieren. Dass unsere Gesellschaft kritische Debatten immer weniger aushält, dass sachbezogene Äußerungen auf manipulative Weise immer öfter als Angriffe auf Personen missdeutet werden, dass auch in Foren wie diesem einige Leute sich berufen fühlen, die Meinungskorridore immer mehr verengen zu müssen, halte ich für unerträglich. Und darum, und nicht weil ich unbedingt Recht behalten möchte, mag ich mich zum Thema Kleiner Ballsaal inhaltlich nicht mehr äußern.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Danke Treverer.
    Genau so wie im letzten Beitrag sollten hier fundierte Diskussionen eigentlich ablaufen.


    Ich fass es noch mal zusammen:
    - Die Plastizität der neuen Malerei ist nicht so schön, wie auf dem vermutlich stark "gephotoshopten" Fotoausschnitt von 1944. Das ganze von Dir sachlich und fachlich untermauert. Passt.


    - Ich möchte gern den Fahrradhelm auf dem ersten Putto wieder und KEIN Ohr. Warum nicht, Wünsche kann man äußern.


    ICH möchte hier einfach nochmals daran erinnern, von welch hohem Ross die "Experten" in dieser Diskussion eigentlich absteigen müssten: was bleibt von der seitenweise geäußerten Fundamentalkritik und der Zuerkennung absoluter Ahnungslosigkeit an so ziemlich sämtliche Planende und Ausführende am Dresdener Schloss?


    Ein Rückblick:


    Vor allem die Gesichter sind völlig puppenhaft! Und eben die Anatomie!!! Jetzt rekonstruiere mal unter dem Gewand die Stellung der Beine. Wo ist das Becken, wo die Taille, wo drückt sich der rechte Oberschenkel durch das Gewand, wo steht der linke Fuß. Da passt schlichtweg nichts zusammen. Es sei denn, die Dame trüge einen Reifrock.

    Zunächst wurde die Anatomie bemängelt. Ohne zu Wissen, wie die Originale aussahen.
    "Das MUSS an der schlechten Reko liegen..."


    Stimmt, die Proportionen stimmen nicht, was man vor allem am Knie des Kindes in der Mitte erkennen kann- sollte er es ausstrecken, wäre das Knie ein paar cm unter den Hüften: nix Göttliches, sondern ein Fall für massive chirurgische Eingriffe und ein Leben im Krankenbett. Und die Faltenwürfe (falls man das so nennen kann): das kommt davon, wenn „Künstler“ nicht mehr lernen nach der Natur zu skizzieren, sondern die Vorlagen aus dem Internet ziehen (hab ich zwar aus Zeitgründen auch oft gemacht, aber bei einer Rekonstruktion verbietet sich eine solche Herangehensweise). Das Cape von Superman ist in den Comics meistens besser gelungen als diese Schleier/Tücher. Die Flügelchen wirken auch nicht engelhaft, sondern wie von einer Echse.

    Gibt es denn überhaupt ein Vergleichsbild des Originals? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Ursprungswerk auch nur ansatzweise diesem gleicht.

    Wie ich an anderer Stelle bereits schrieb: die Rekonstruktion der Gemälde und Fresken kommen einer Katastrophe gleich. Mir wurde entgegengehalten, es sei ja noch im Entstehen (als ob man Stümperei dann nicht erkennen könnte). Hier sieht man es aber allzu deutlich: keine Plastizität, keine Kontraste, schiefgewachsene Körper und ausdruckslose Gesichter, die wohl per Computer „skizziert“ wurden. Es ähnelt letztlich einer ungelenken Bleistiftzeichnung- einer äußerst schlechten. Schade. Sehr schade.

    Dann wurde die Anatomie bemängelt. Ohne zu Wissen, wie die Originale aussahen und man konnte sich nicht vorstellen, dass Urspungswerk und Neuschöpfung etwas miteinander zu tun haben. "KATASTROPHE !!!!" ...


    @Seinsheim Das wollte ich auch noch hinzufügen. Weshalb sollte es in einem solchen Forum plötzlich verwerflich sein, die Umsetzung von Rekonstruktionen zu kritisieren? Verbesserungen anzumahnen heißt doch nicht, dass wir die Leistung aberkennen und gleich alles über den Haufen werfen wollen. Wo Kritik ausbleibt, wird eine schlecht gelungene Umsetzung plötzlich zur Regel, weil die Verantwortlichen -wo eine Kritik ausbleibt- dies als Zustimmung deuten. …. Aber künftig sollte mehr Wert auf eine gute malerische Umsetzung gelegt werden, da es mir scheint, dass hier mehr „geschludert“ wird, als bei anderen Bereichen der Umsetzung und man es eher als Beiläufigkeit betrachtet, die den Gesamteindruck nur unterstützen soll, aber nicht ein für sich genommen hochwertiges Kunstwerk bilden muss. Das kritisiere ich. Und sonst nichts.

    Hier der freundliche Hinweis, es zukünftig unbedingt besser machen zu müssen.
    IRONIEMODUS AN: Danke für die Tipps. In Dresden sind bisher ja eh nur Idioten am Werk, denen man mal erklären muss, wie es geht.


    Habe mir gerade nochmals die Grisaille angesehen: Keine Differenzierung zwischen den Falten der Gewänder und den Federn der Flügel. Offenbar hat die Malerin gar nicht gemerkt, dass das Flügel sind! Heftig!!
    Wenn z. B. die Anstückung bei der Figur ganz links als Gewand und nicht als Flügel gemeint sein sollte, muss man sich fragen, warum das Gewand dann an der Schulter angewachsen ist. Und wenn es ein Flügel sein soll, warum er dann Stofffalten hat.


    Detaillierte Darstellung von
    - grundsätzlichen Unzulänglichkeiten,
    - der kompletten Unfähigkeit der Malenden
    etc.

    Hier würde mich doch noch mal die Einschätzung von Seinsheim beim jetzt möglichen Vergleich von Original und Nachschöpfung interessieren. Und ich meine nicht den Schattenwurf an der linken Schulter, sondern die hier geäußerte Fundamentalkritik wäre aus meiner Sicht nochmals zu prüfen.

    Wenn hier tatsächlich Flügel mit Gewand verwechselt wurden, wäre dies ein kleiner Skandal. Ich sah im linken Bild durchaus einen Flügel- aber eben einen, der dem Kragen des Dilophosaurus aus Jurassic Park ähnlicher sieht, als einem befederten Engelsflügel. Es ist nicht nur handwerklich schlecht gemalt, sondern auch noch voller inhaltlicher Fehler. Sowas hätte im Dresdner Schloss eigentlich nichts verloren. Und wenn man die Ausgaben drosseln möchte, kann man für das gleiche Ergebnis auch einen Straßenkünstler engagieren. Wie gesagt: hier kann ich nichts loben und man sollte sich dringendst überlegen, ob man hier nicht am falschen Ende spart.

    Gemälde, und seien sie nur Teil eines innenarchitektonischen Ensembles, müssen einem 3fachen Zoom standhalten. Ansonsten ist die Mission gescheitert und man kann geradeso gut auch eine Fototapete ankleben (eine Lösung, der ich angesichts dieser Bilder nicht mal mehr ganz abgeneigt bin). Diese Künstlerin ist jedenfalls eine Fehlbesetzung.

    Gipfelt dann im Ruf nach Fototapete, um das "totale Elend" möglichst zu ersetzen...


    ...

    Um zu der Grisaille zurückzukehren. Es sind ja nicht nur die Flügel und die leblosen Gesichter. Die Anatomie stimmt nicht. Der mittlere Putto hat ein leicht verdrehtes Unterbein, beim ganz linken dürfte der (von ihm aus gesehen) rechte Fuß nicht in Unteransichtigkeit sein; der Kopf der mittleren Figur sitzt nicht stimmig auf dem Hals, das zweite Kind von links hat einen zu kleinen Kopf, das dritte von links einen zu großen Kopf.

    ….

    Wieder mal die Anatonomie...


    Ok, nun sehe ich das Problem. Hier wurde eine Malerin mit Schwerpunkt Ornamentik für figürliche Malerei angestellt (die sie schlichtweg nicht kann). Sie hat ein Bild mit einem Faltenwurf auf ihrer Seite (wohl mit Gouache) und man erkennt: sie arbeitet hierbei nicht nach Beobachtung, sondern ausschließlich nach „Gefühl“. Das Kinderzimmer mit dem Tiger ist farblich dermaßen misslungen, dass es dem Auge fast wehtut, bunt, aber flach- ohne Gefühl für Räume. Ich sah das Landschaftszimmer der Buddenbrooks zwar nie, aber in etwa so stelle ich es mir vor. Man muss nach Sichtung dieser Seite leider konstatieren: sie war eine Fehlbesetzung und heillos mit der Aufgabe überfordert. Und das mache ich ihr nicht zum Vorwurf, sie bekam einen Auftrag, den sie nie hätte erhalten dürfen, und gab ihr Bestes. Aber dafür braucht es routinierte Maler und Zeichner, die nicht zwingend auf Wandgestaltung und Dekorationsmalerei spezialisiert, aber mit Öl und einer Leinwand souverän umgehen können.

    Die von den "Experten" in investigativem Verfahren ermittelte Künstlerin wird hier fachlich eingeschätzt...
    Dass, es diese Künstlerin gar nicht WIRKLICH war, sei auch nochmals von MIR erwähnt, Rastrelli tat das ja bereits.


    @Riegel Du hast natürlich Recht, man kann die Grisaillen nicht wirklich vergleichen. Die einen imitieren Skulpturen, die anderen Reliefs. Es ist davon auszugehen, dass die Dresdner Grisaille ein Relief imitieren sollte - eingebunden, wie Du zu Recht bemerkst - in die Architektur. Aber wo ist das Reliefhaft-Plastische? Es stimmt ja nicht einmal die Anatomie! Nicht einmal die Flügel sind als solche begriffen worden! Bewegung, Ausdruck - nichts!!
    Undenkbar, dass das die Qualität im Ballsaal eines königlichen Residenzschloss gewesen sein kann!

    Komplettes Infragestellen eines bestehenden Zusammenhangs zwischen "Original" und "Fälschung"


    Ich möchte noch gerne ein Wort zu jenen Künstlern verlieren, die ihren Personalstil durchsetzen wollen. ….. Aber wenn drittklassige Kunstmaler und -handwerker sich als Genies aufspielen und meinen, sich in Baudenkmalen auf Kosten der Qualität selbst verwirklichen zu müssen, ist das nur peinlich und unerträglich.

    Qualitative Einordnung (Klassifizierung) der Ausführenden und Vermutung Neurotischer Selbstverwirklichung der Beteiligten.


    Wenn man das Original betrachtet, fallen wesentlich stärkere (und richtig gesetzte) Kontraste und eine „Körperlichkeit“ auf, die die Rekonstruktion nicht ansatzweise hat (besonders auffällig beim Gesicht des mittleren Kindes- man vergleiche diese Stelle bitte mit der Pinselei der Dame und sage mir dann, dass man keinen qualitativen Unterschied sähe..). Kein Schatten hier ist richtig gesetzt, Wie gesagt, hier hätte ein Könner rangelassen werden müssen, der die fehlenden Bildinformationen gekonnt interpretiert- hier wurden ledliglich Flächen angepinselt, was letztlich einem „Malen nach Zahlen“ näher kommt, als einem gekonnt umgesetzten Licht- und Schattenspiel. In diesem Fall muss man interpretieren- und vor allem muss man es können.

    Handwerklich-Künstlerische Leistung wird auf das Niveau der Sonntagsbeilage meiner Tageszeitung herabgesetzt.


    All das wird von den Diskutanten geäußert:
    - Ohne die Fotografische Datenlage zum Original abschließend einschätzen zu können,
    - auch nur irgendetwas über den Werdegang der Reko zu wissen
    - das ganze mal in Natura gesehen zu haben.


    Ich würde mir wünschen, dass man zukünftig die Diskussion hier einfach etwas sachlicher und sensibler im Sinne von Architectura "pro Homine" führt, statt mit verbalen Rundumschlägen und ehrabschneidenen Verbalentgleisungen der Sache von historischen Rekonstruktionen einen Bärendienst zu erweisen.


    Heute ist Seinsheim angelangt bei

    ….
    4.) Allerdings verstärken diese Bilder meine kritische Haltung. Ich denke, ein geschultes Auge erkennt klar, dass gerade bei den Farbbildern die Gesichter andere sind, ebenso das Karnat und die Frisuren. Die Nachschöpfung von Malerei ist eben schwierig....

    sehe ich komplett auch so. (Und vieles andere, was Ehrwürden hier schreiben entspricht auch meiner - unmaßgeblichen - Einschätzung).

    Nur der Weg zu DIESER seiner heutigen Erkenntnis ist aus meiner Sicht, wie oben dargestellt - in Wortwahl und Hybris nicht akzeptabel. (Und bei Hybris meine ich weniger Seinsheim.)


    Mich würde schon noch mal interessieren, wie sich auch andere (hier von mir in Memoriam nochmals zitierte) "Fachleute" NACH Kenntnis der Sachlage zu ihrem "Geschwätz von gestern" positionieren.

    2 Mal editiert, zuletzt von eryngium (8. März 2019 um 16:08)

  • Ich möchte abschließend noch eine Replik von RIEGEL auf Seinsheim in Erinnerung rufen.

    Ich finde, Kritik sollte schon erlaubt sein. Aber wenn man Vergleiche anstellt, dann sollten auch die Vergleichsunterlagen zueinander passen und in ähnlicher Grösse sein. Zum zitierten Vergleich:
    Das sind zwei völlig unterschiedliche Materialien und Anwendungen. Oben eine Vergoldung, die diverse Untergründe (Kreidegrundierung, dann eine Haftgrundierung (meist braunrot; ich kenne jetzt den Fachausdruck hierzu nicht), damit die Goldfolien überhaupt fixiert werden können. Das ergibt einen gewissen Schichtaufbau, der die Feinheiten des Grundkörpers verflacht. Das zweite Bild zeigt gegossene Bronze ohne irgendwelche Nachbehandlung. Ein Vergleich zwischen diesen beiden Mustern ist nicht statthaft. Zudem fehlen Angaben zur Grösse. Ich kann nicht beurteilen, ob hier eine vergoldete Modellbahnlok im Massstab N mit einer solchen aus sichtbarer Bronze im Massstab HO verglichen wird.

    Eine echte Kritik an der Rekonstruktion darf man üben, wenn Vergleichsfotos vom Original und der Kopie nebeneinander gehalten werden können. Ich konnte in den letzten Beiträgen von heute keinen einzigen solchen finden.

    Dem ist nur zuzustimmen.
    In der Führung der Gürtlerfirma zur Reko der Leuchten wurde erläutert, dass es sich bei allen Bauteilen der rekonstruierten Lüster und Gueridons um Messing-Guss handelt, der abschließend FEUERVERGOLDET wurde.
    (Der Guss wurde natürlich nicht von der Gürtlerfirma ausgeführt, sondern einer anderen Fachfirma. Auch die Feuervergoldung wird von einer Spezialfirma in Süd-Süddeutschland ausgeführt).

    Neue Arbeiten dieser Art und Materialität mit nachzisilierter Bronze zu vergleichen und abzuqualifizieren verbietet sich aus meiner Sicht eigentlich von selbst.
    Vielleicht hat ja jemand anders hier Lust, die Arbeitsschritte und üblichen Ergebnisse beim Feuervergolden und Bronze putzen und Zisilieren uns hier fachlich auseinanderzunehmen und zu vergleichen...

    Ich habe im Rahmen der Führung übrigens die geputzen, hochfein nachgeschnittenen Messing-Gussteile und vergoldete Musterexemplare in der Hand gehabt. Ja, es gibt qualitative Einbußen. Eben wie am Original auch.
    Und die Originale stehen auf dem Kamin und können fachlich geprüft werden, so man zu den Öffnungszeiten des Museums in Dresden weilt.

    Dass man aber hier Aussagen wie:

    Welche Firma hat denn die Leuchter hergestellt? Die sind ja im Ornamentbereich mit Abstand am schlechtesten von allen hier angesprochenen Arbeiten ausgeführt.

    ... Erst wird eine noch sehr gute Aufrisszeichnung des ganzen durch das Leipziger Büro Jacob gemacht. Hier stimmen noch alle Proportionen. Dann überlässt man es einer Firma, die eigentlich aus der Drückerei kommt. Hier hätten zwei Firmen zusammen arbeiten müssen. Der Bronzeguss erinnert an chinesische Vintage vom Dekodiscounter. Die Drückarbeit selber ist sehr gut ausgeführt.

    anhand von 5-fach vergrößerten Detail-Fotos ableitet finde ich vorsichtig gesagt "mutig".

    Ich glaube, dass hier einfach aufgrund der brillianten hochauflösenden Fototechnik über Dinge komplett neugativ geurteilt wird, die sich in echt und im wahren Maßstab als i.O. bis gut darstellen.

    Wenn es Seinsheim ins Residenzschloss schafft, möge er sich doch bitte exemplarisch den Sphingen-Kopf am Kamin des Silberwaffensaales nochmals genau anschauen.
    Ich fand den in Marmor gehauenen komplett i.O. Das Weiß des Marmors und die gedämpfte Beleuchtung haben es mir nicht möglich gemacht, irgendetwas deutlich negatives an der Ausarbeitung vor Ort zu erkennen.

    Wenn ich mir aber mit 5-facher Vergrößerung und Blitzlicht ins NASENloch photographiere, bin ich auch ziemlich empört, wie schlecht das aussieht...

    Einmal editiert, zuletzt von eryngium (8. März 2019 um 13:36)

  • Interessant, wo hier wieder so viel Energie und Hirnschmalz reingesteckt wird... man könnte meinen, das "Neue Gewandhaus" wurde nochmal aus der Schublade der Planer geholt :whistling:biggrin:)

    ja, wenn man sich nicht mit Umgangsformen im Forum beschäftigen möchte, dann denkt man eben sowas.

  • Interessant, wo hier wieder so viel Energie und Hirnschmalz reingesteckt wird... man könnte meinen, das "Neue Gewandhaus" wurde nochmal aus der Schublade der Planer geholt :whistling:biggrin:)

    Wenn mit dieser Energie, Briefe an Politik/Medien/Verbände in der Stadt im Namen des Vereins verschickt werden würden, dann würde es in Dresden z. B. Postplatz ganz anders aussehen.

    Eine kleine Gruppe, welche genügend "Wind" erzeugt, kann sehr viel bewegen. Ich sage nur DUH (ob man die jetzt mag oder nicht, ist egal).

  • Wenn ich mir aber mit 5-facher Vergrößerung und Blitzlicht ins NASENloch photographiere, bin ich auch ziemlich empört, wie schlecht das aussieht...

    Bitte machen und das Foto hier einstellen. Danach wird hier das genauer beurteilt... :lachentuerkis::lachentuerkis::lachentuerkis:

  • Lieber Seinsheim, über deine letzte Äußerung kann ich mich nur wundern. Du plädierst für fachlichen Meinungsstreit, aber wenn dir jemand Kontra gibt, dann bist du beleidigt. Das Wort "Blobelbude" verwende ich ganz bewusst nicht, weil ich der Meinung bin, dass es einer sachlichen Diskussion nicht dienlich ist. Es wurde hier im Forum ganz allgemein schon diskutiert, dass der Ton oft zu scharf ist.

    Wie sehr die Diskussion ad personam geführt wurde, hat eryngium anhand einiger unschöner Zitate nachgewiesen. Im Übrigen lassen sich ad rem und ad personam nicht wirklich voneinander trennen. Denn die Dinge fallen nicht einfach vom Himmel. Sie sind Menschenwerk. Es gibt viele Filmschauspieler, Opernsängerinnen usw. die keine Kritiken lesen, weil es oft kränkende Verrisse sind. Ich finde, dass man den Leistungen von Künstlern, Kunsthandwerkern, Restauratoren, Bauleuten usw. zunächst einmal mit Achtung begegnen muss und dass man dann, erst auf dieser Grundlage den richtigen Ton findet, um mögliche Fragen und Kritikpunkte zu formulieren.

    Deine Anspielung auf unfreie Gesellschaften. Willst du dich jetzt zum Dissidenten stilisieren, der mundtot gemacht werden soll? Das wäre absurd. Du bist doch hier eher sowas wie der Wortführer der Mehrheitsfraktion im Forum. Meinst du, dass dich hier ein "DDR-Ungeist" angreift und deine Meinungsfreiheit beschneiden will?

    Ich habe die DDR erlebt. Von innen. Ich weiß, welch hohes Gut die Meinungsfreiheit ist. Nach dem Sieg über die kommunistische Diktatur wurde im Lesesaal der Tschechischen Nationalbibliothek zu Prag ein Transparent an der Wand angebracht. Darauf stand ein Satz von Voltaire:

    "Nesouhlasím s tím, co říkáte, ale až do smrti budu bránit Vaše právo říkat to."

    "Ich stimme dem nicht zu, was Sie sagen, aber bis in den Tod, werde ich Ihr Recht verteidigen, es zu sagen."

    Dieser Satz wird mich mein ganzes Leben lang begleiten. Ich finde, er ist die schönste Zier für einen Bibliothekssaal.

    Ich glaube, Ihr Wessis macht euch nicht bewusst, welche Kämpfe hier zu bestehen waren. Wie viel Herzblut im Wiederaufbau des Dresdner Schlosses steckt. Die Denkmalpfleger haben sich nach dem Krieg in den Schlossruinen regelrecht eingegraben, um sie vor der Räumung zu bewahren. Dann haben sie das Georgentor rekonstruiert und dadurch sichergestellt, dass die Schlossstraße nicht zur sozialistischen Magistrale ausgebaut wird. Dann wurden über viele Jahre die Pläne für den Wiederaufbau des Schlosses entwickelt. In tiefster DDR-Zeit schrieb Joachim Menzhausen, die historischen Räume des Grünen Gewölbes seien rekonstruierbar. Ich dachte, als ich das las: Na, der spinnt aber. Und dann wurde das Wunder doch wahr, aber es war kein Wunder, sondern das Werk vieler engagierter Menschen. Menzhausen durfte es noch erleben. Er ist vor kurzem gestorben. Er war ein echter Visionär.

    Der Wiederaufbau des Neuen Museums in Berlin wurde zu DDR-Zeiten noch begonnen. Die Planungen der DDR-Denkmalpfleger sahen eine originalgetreue Rekonstruktion vor. Nach der Wende besetzten Wessis alle entscheidenden Stellen in Berlin. Es gab einen Baustopp, die DDR-Pläne wurden in die Tonne gekloppt. Das Neue Museum wurde dann von Chipperfield wiederaufgebaut, der die Doktrin vertritt, dass Rekonstruktionen unmöglich sind. Verlorenes lasse sich nicht zurückholen. Diese Doktrin liegt auch dem Mayerbau am Standort des Pellerhauses in Nürnberg zugrunde. Ich hatte den Eindruck, dass viele hier im Forum von beiden Bauten nicht so begeistert sind. Die DDR-Planungen sahen vor, die Kaulbach-Fresken in der Treppenhalle des Neuen Museums anhand der in der Nationalgalerie erhaltenen Kartons nachzuschaffen. In Anbetracht der Debatte hier muss man wohl sagen: Gut, dass Chipperfield rohe Ziegelwände gebaut hat. Sonst wäre auf den Kaulbach-Fresken möglicherweise auch irgendwo ein Kinderohr nicht richtig gemalt gewesen. Nicht auszudenken, wie die Kenner hier im Forum darunter gelitten hätten.

    In Dresden war zum Ende der DDR der Wiederaufbau des Schlosses in vollem Gange. Hier blieben regionale Strukturen erhalten. Die Bauarbeiten gingen noch mehrere Jahre nach der Wende auf der Grundlage der DDR-Pläne weiter. Dann kamen die Angriffe aus dem Westen. Wenn das Schloss damals nicht verteidigt worden wäre, wenn die sächsische Denkmalpflege ihre Eigenständigkeit nicht behauptet hätte, wenn sich sächsischer Eigensinn nicht durchgesetzt hätte, dann könntet ihr hier vielleicht heute ein Chipperfield-Schloss bewundern - garantiert frei von anatomisch nicht hyperkorrekten Kinderbeinchen. Wäre das schön?

    Das Dresdner Schloss ist der Symbolbau sächsischer Staatlichkeit. Und es ist die Große Kür der sächsischen Denkmalpflege. Nicht die Frauenkirche. Die ist eine herausragende Rekonstruktionsleistung, aber hinsichtlich der denkmalpflegerischen Konzeption eher simpel.

    Am 13. Februar 1985 saßen wir vor dem Fernseher. Die Semperoper wurde wiedereröffnet. Der Freischütz. Sogar die ARD übernahm die Sendung des DDR-Fernsehens. Was waren wir stolz! Später sahen wir "Sachsens Glanz und Preußens Gloria". Hauptsächlich ging es um "Sachsens Glanz". Weil davon noch so viel fehlte, schwärmte das Drehteam aus und fand Sachsens Glanz auch in Thüringen und in Böhmen. Die Szenen auf der großen Treppe des Schlosses wurden in Leningrad gedreht, auf der Jordantreppe im Winterpalais. Ich dachte gleich, stilistisch passt es nicht ganz. Aber schön war es. Und dann konnte ich die Englische Treppe hinaufsteigen. Ein Traum wurde wahr. Für viele Touristen ist sie vielleicht nur eine schöne Treppe. Für uns ist sie unendlich viel mehr. Dann kam der Kleine Ballsaal. Ich wollte schweben. So ein schönes Tafelparkett kann man doch nicht einfach so betreten. Es könnte von den Schuhen Kratzer bekommen. So durch den Raum schwebend, dachte ich: Gleich kommt Sissi herein. Oder Anna Karenina? Die Kinderchen gefallen mir. Sie sind einfach niedlich. Seltsam, dass einigen Kennern hier solche Empfindungen fremd geworden sind.

    Eine ergreifende Szene in "Sachsens Glanz" war die Krönung Augusts des Starken zum König von Polen, gedreht in St. Nikolaus auf der Kleinseite. Ich glaube, Dietrich Körner setzte sich die echte Krone auf. Bald schon soll es möglich sein, die Paradeappartements zu durchschreiten. Wenn ich vor der Königlichen Statua mit dem Krönungsornat Augusts des Starken stehen werde, dann werde ich wohl vor Rührung in Tränen ausbrechen. Ein Wunder! Aber nein, es ist Menschenwerk, das Werk vieler fleißiger Hände und kluger Köpfe. Und dieses Werk werde ich immer verteidigen. So wie ich das Recht der Beckmesser verteidige, auf gemalten Kinderköpfen die Haare nachzuzählen.

    Richard Wagner, übrigens ein Sachse, schrieb:

    was deutsch und echt, wüßt’ Keiner mehr, lebt’s nicht in deutscher Meister Ehr’. Drum sag’ ich Euch: ehrt Eure deutschen Meister! Dann bannt Ihr gute Geister; und gebt Ihr ihrem Wirken Gunst, zerging’ in Dunst das Heil’ge Röm’sche Reich, uns bliebe gleich die heil’ge deutsche Kunst!

    Die Meistersinger von Nürnberg wurden im Jahr der Eröffnung des Kleinen Ballsaals uraufgeführt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Rastrelli (9. März 2019 um 06:45)

  • Mich würde mal interessieren warum die Angriffe bzgl. Rekonstruktionen Schloss oder Frauenkirche aus dem Westen so vehement waren. Dort wurde doch schließlich auch rekonstruiert, z.B. das Hamburger Rathaus oder der Römerberg in Frankfurt/Main. Oder meinte man im Westen, dass Anfang der 1990iger Jahre alles zu Rekontruierende rekonstruiert war?
    Gerade der Osten hatte doch vieles nachzuholen.

  • Vielen Dank Rastrelli für diesen Beitrag (von heute morgen).

    Zitat von Rastrelli

    Ich glaube, Ihr Wessis macht euch nicht bewusst, welche Kämpfe hier zu bestehen waren. Wie viel Herzblut im Wiederaufbau des Dresdner Schlosses steckt. Die Denkmalpfleger haben sich nach dem Krieg in den Schlossruinen regelrecht eingegraben, um sie vor der Räumung zu bewahren. Dann haben sie das Georgentor rekonstruiert und dadurch sichergestellt, dass die Schlossstraße nicht zur sozialistischen Magistrale ausgebaut wird. Dann wurden über viele Jahre die Pläne für den Wiederaufbau des Schlosses entwickelt. In tiefster DDR-Zeit schrieb Joachim Menzhausen, die historischen Räume des Grünen Gewölbes seien rekonstruierbar. Ich dachte, als ich das las: Na, der spinnt aber. Und dann wurde das Wunder doch wahr, aber es war kein Wunder, sondern das Werk vieler engagierter Menschen.

    Zum tieferen Verständnis des letzten Satzes im Zitat: Klick


    Lieber Seinsheim, ich schätze Deine fachkompetenten Beiträge sehr. Stellen wir aber alle unsere eigenen Befindlichkeiten in den Hintergrund, seien wir angesichts solcher Beispielbilder vielmehr unendlich dankbar und glücklich:


    Von SchiDD -Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=76144881


    Von SchiDD -Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=76144884

    :anbeten::anbeten::anbeten:

  • Wunderschön! Ja, da war fast nix mehr übrig, die Hofwand fiel ja nach dem Angriff auch zusammen und wurde gänzlich neu geschaffen, später sogar noch die Fensterlage korrigiert. Und nun Streit wegen paar zu kurzen Beinen oder zu runden Köpfen? Mensch, kommt doch mal runter, es wurde nach historischen Fotos oder frei Hand rekonstruiert. Erstmal nachmachen! Die Originale waren auch nicht perfekt und wurden später übermalt(habe ich gerade beim Durchlesen der Beiträge gelesen) Ich freue mich auf die Paradezimmer, die ich nur von historischen Fotos kenne. Auch da gibt es Veränderungen, zum Beispiel die pompösen Kronleuchter kommen nicht wieder. Ob es da auch Kritiken gibt?
    :anbeten::anbeten::anbeten::anbeten::trommeln::trommeln::trommeln::trommeln::trommeln:

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Ich wollte noch etwas zu dieser Mitteilung von BautzenFan ergänzen. Das erwähnte "Gestern" war der 8. Februar 2019.

    Gestern gab es offenbar einen weiteren Pressetermin bzgl. der Paraderäume. Etliche Medien berichteten, die meisten aber leider nur in Kurzfassung. Den umfangreichsten Artikel habe ich in der Sächsischen Zeitung gefunden. Hier ein Auszug:

    Einige Berichte enthalten ein Foto von dpa, das den aktuellen Stand des Deckengemäldes im PSZ zeigt. Hier die größte
    Bild-„Erstreckung“ (damit meine ich das, was von der Decke im Bild erfasst ist): Klick

    Und hier die größte Fotoauflösung, die ich gefunden habe: Klick

    Und die historische Aufnahme aus dem Farbdiaarchiv zum Vergleich: Klick

    Diesen Pressetermin hat es nicht gegeben. Es handelt sich um Material, dass von dpa den Zeitungen zur Verfügung gestellt wurde. Die Autorin ist Simona Block. Deshalb brachten alle Zeitungen den gleichen Text (zum Teil gekürzt). Eine Langfassung findet man in den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 10. Februar 2019. Den Text kann Frau Block irgendwann vorher geschrieben haben. Bei einer Reportage dieser Art kommt es nicht auf Tagesaktualität an. Es war kein Pressetermin, denn sie war die einzige Journalistin auf der Schlossbaustelle, begleitet offenbar nur von der Fotografin Monika Skolimowska. Der Beitrag in den DNN hat eine Bilderstrecke dazu. Von den 6 Fotos sind 4 von Frau Skolimowska und 2 von Sebastian Kahnert, ebenfalls dpa. Das eine Foto von Kahnert ist das oben erwähnte Bild von der Arbeit am Deckengemälde im Paradeschlafzimmer. Das zweite Foto zeigt den Ministerpräsidenten auf der Schlossbaustelle. Dieses Foto können wir zweifelsfrei auf den 6. Juni 2018 datieren. Man vergleiche die Informationen zum Besuch Michael Kretschmers auf der Seite der Staatskanzlei. Wir können davon ausgehen, dass auch der Schnappschuss vom Deckengemälde bei diesem Termin entstanden ist. Es ist in den Medien üblich, Fotos aus verschiedenen Quellen zu kombinieren, die auch zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden sind. Es geht der Zeitung ja nicht darum, wissenschaftlich zu dokumentieren, sondern lediglich einen Beitrag zu illustrieren. Im Februar war die Arbeit im PSZ noch nicht fertig, und das Foto vom Deckengemälde in diesem Sinne aktuell (wenngleich es einen früheren Zustand zeigte).

    Dass sich die Deckenmalerei auf dem Foto erst im Aufbau befindet, sollte jedes geschulte Auge sehen. (Dazu hätte es noch nicht mal der expliziten Info von eryngium bedurft.) Die Künstler haben das Motiv mit einem gewissen Schwung auf die Leinwand gebracht, der erforderlich ist, um der Szene Leben einzuhauchen. Den Stoffbausch hinter Zephyrs Kopf wieder zu entfernen, ist ein späterer Arbeitsschritt. Das dürfte Louis de Silvestre 1715 auch so gemacht haben. Der Stoffbausch bildet über dem Kopfe Zephyrs eine Ecke aus, die nur durch den Wunsch, den Kopf freizustellen, plausibel wird. Der Farbauftrag erfolgt in Schichten. Der von Kahnert eingefangene Zwischenstand zeigt noch eine überwiegend braune und graue Tonigkeit. Die von einigen Foristen vermutete unzulängliche Ausleuchtung der Szenerie ist auszuschließen. Die Maler brauchen für ihre Arbeit eine optimale Ausleuchtung, die insbesondere eine getreue Farbwahrnehmung und das Erkennen kleinster Details ermöglicht. Wir sehen auf dem Bild mehrere Lichtquellen. Der Fotograf konnte mit dem vorhandenen Licht arbeiten, wie das in der Reportagefotografie ja meist gemacht wird. Einige Foristen meinten, Standort und Blickwinkel des Fotografen seien für die Beurteilung des Gemäldes suboptimal. Auch das ist auszuschließen. Der Fotograf steht im Raum auf dem Fußboden und blickt einfach zur Decke, wie das später auch im fertigen Paradeschlafzimmer jeder machen wird, der sich darin aufhält. Es gibt zu dem Deckengemälde bereits einen Wikipedia-Eintrag. Die Farbigkeit des ursprünglichen Gemäldes wurde als "etwas schwer und bunt" beschrieben. Ich vermute, dass damals der Firnis schon etwas alt war und auch die technischen Parameter eines Farbdias von 1943/44 eine leichte Verbräunung bewirken. Wenn das rekonstruierte Gemälde fertig sein wird, werden die Farben daher leuchtender und frischer wirken als in den Jahren vor der Zerstörung. Sie erscheinen mir auf dem Farbdia etwas zu behäbig für eine repräsentative Barockmalerei und würden auch nicht ganz zur Farbstimmung der übrigen Raumausstattung passen. Ich bin überzeugt, dass die Wirkung des fertigen Gemäldes grandios sein wird. Schließlich hat die Gemäldegalerie Alte Meister die beste Expertise für die Malerei am Augusteischen Hof.

    Einige Erläuterungen zu den beiden Fotos mit dem Ministerpräsidenten: Auf dem Bild, dass die Sächsische Staatskanzlei veröffentlichte, sehen wir in der Mitte Michael Kretschmer und Matthias Haß. Der Finanzminister schaut sich an, was mit seinem Geld gemacht wird. (Der Freistaat trägt die Kosten für den Schlossbau überwiegend selbst, der Bund bietet nur Unterstützung. Die Situation ist also ganz anders als in Berlin, wo der Bund den gesamten Bauetat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz trägt sowie den größten Teil der Kosten für das Humboldt Forum und den größeren Teil des Investitionsetats der preußischen Schlösserstiftung.) Der Herr ganz rechts ist Dirk Syndram, Direktor der Rüstkammer und des Grünen Gewölbes. Die Paraderäume werden innerhalb der SKD der Rüstkammer zugeordnet. Der Herr ganz links dürfte vom Baumanagement sein. Der Herr ganz hinten kommt mir bekannt vor. Erkennt ihn jemand? Im Hintergrund zwischen den beiden Politikern eine Abbildung des Deckengemäldes im Audienzgemach. Rechts neben Prof. Syndram sehen wir grüngoldene Dekorentwürfe für die Deckenleiste im Paradeschlafzimmer. Ganz hinten das Renaissancemotiv ist die Vorlage eines Deckenfeldes in der Gewehrgalerie. Die Aufnahme entstand in der Schlosskapelle.

    Das Kretschmer-Foto von Sebastian Kahnert (Bilderstrecke der DNN) zeigt die beiden Politiker im Großen Ballsaal (erkennbar an den Stuckresten in den Fensterlaibungen). Der Saal dient als Textilwerkstatt.

    Auf der Seite der Staatskanzlei sehen wir unterhalb des Hauptfotos rechts noch ein weiteres interessantes Bild: Die Restauratorin Ariane Bothe-Stadelmann bei der Arbeit im Kleinen Ballsaal. Wer wissen will, wo im Saal sie sich genau befindet und was sie da macht, muss sich das folgende Bild ansehen. Das Detail, um das es geht, ist nur in der Vergrößerung erkennbar. Direkt über dem Geländer der Empore sehen wir zwischen den beiden Kugelleuchten den Früchtefries am Deckenrand. Den malt Frau Bothe-Stadelmann gerade. (Ihr Gerüst steht auf der Empore.) Den Entwurf dazu sehen wir neben ihrem Kopf an der Wand. Der am Deckenrand des Saales umlaufende Früchtefries ist in der Ausführung ihr Werk. Die Vorlagen dazu wurden, wie alle anderen Malereien des Saals, von Gerda und Lydia Wiedemann erarbeitet. Auf fotografischen Aufnahmen vom Saalboden senkrecht zur Deckenmitte wie hier ist der Früchtefries gar nicht zu sehen. Er wird von der Empore verdeckt. Am linken und rechten Rand des letzten Bildes entdecken wir je ein Medaillon mit der Initiale der Königin Amalie Auguste von Bayern, zu deren Wohnbereich der Ballsaal gehörte. Diese Details verdeutlichen die Opulenz und Raffinesse der Ausstattung des Kleinen Ballsaals.

    5 Mal editiert, zuletzt von Rastrelli (9. März 2019 um 21:43) aus folgendem Grund: Detailkorrektur nach Hinweis von eryngium

  • Ich möchte die Gelegenheit nutzen um daran zu erinnern, dass sich beim Ausbau der Räume im Residenzschloss immer wieder die Vorstellungen der Bauherrenvertreter (SIB) und der zukünftigen Nutzer (SKD, Rüstkammer, insbesondere Hr. Dr. Syndram) diametral unterscheiden.
    Einerseits gibt es natürlich nach wie vor fachliche Diskussionen und Bedenken mit Bezug auf die Charta von Venedig bezüglich Rekonstruktionen im allgemeinen.
    Zudem ist der Wunsch des Direktors der Rüstkammer nach möglichst neutralen modernen Räume evident, um die unendlich reichhaltigen - oft Waffen- Sammlungen adäquat präsentieren zu können. Am Beispiel des rekonstruierten "Silberwaffensaal" mit seinen nur 3 Vitrinen im Vergleich zu dem darunter liegenden Raum mit ungleich höherer "Präsentationsdichte" ist verständlich, was ich meine.
    Dem Ansinnen nach moderner Museumsfläche war zwischenzeitlich der Gedanke einer Reko von Propositionssaal und Großem Ballsaal zum Opfer gefallen, obwohl das SIB dies entsprechend älterem Beschluss eigentlich umsetzen wollte.
    Man hört, dass hier die "Messen noch nicht gesungen" sind, denn auch Direktoren altern sich bis zur Pensionierung vor.

    Auch hat man vermutlich festgestellt, dass viele Besucher im Schloss neben der modernen Präsentation der Rüstkammer auch historische Räume wünschen, die die Geschichte des konkreten Ortes sichtbar wiedererstehen lassen.

    Es dürfte verständlich sein, dass die hier - in einem rekofreundlichen Forum - geführte Diskussion zur Rekonstruktion des Kleinen Ballsaals mit der
    - Überbewertung und
    - v.a. Behauptung nicht bestehender Fehler (die sich zwar bei Prüfung zum größten Teil als "heiße Luft" entpuppen)
    hier Wasser auf die Mühlen der Reko-Gegner sind.

    Wenn man der rekonstruktionsfreudigen Partei im SIB die Arbeit weiter erschweren will, dann möge man hier weiter seitenweise ohne Detail-Wissen und fundierte Grundlagen auf Vermutungen und falschen Annahmen basierende Beiträge zu Fehlern und inakzeptabler Reko-Qualität im Kleinen Ballsaal schriftlich fixieren. (Und ich meine nicht die tatsächlich sachdienlichen Hinweise zu Karnat und Gesicherten)
    Waffenfetischisten werden es danken und sich über weitere Säle mit endlosen Vitrinen vor Wänden im Stil des Renaissance-Flügels (Rohbau-Wände der Ausstellung auf dem Weg zur Kurfürstenmacht) freuen.

    Ich wünsche mir hingegen Räume wie den Kleinen Ballsaal. Ich bin glücklich und stolz auf das Erreichte.

    3 Mal editiert, zuletzt von eryngium (9. März 2019 um 21:30)

  • Bronze und Messinggussarbeiten würde ich als eryngium mal ein bisschen in den Focus nehmen. Mal ein paar Antikgeschäfte durchstöbern und Trödelmärkte besuchen. E-bay hilft auch. Ormoulu kann man auch bei Google eingeben. Ich mache sowas seit 35 Jahren und habe schon einiges gesehen und in der Hand gehabt und heme stehen. Es war anscheinend 1866 schon Pfusch. Das Büro Jacob hat aber etwas auf der Webseite als Entwurf was genau dem entspricht was ich oben beschrieben habe - feine Gussarbeit in genau der Qualität der beiden abgebildeten Akanthusreliefs auf dem Vergleichsfoto. Ich bleibe hier mal etwas stur und mag nicht in den Liebseinkorridor mit dieser Sache.

  • Also wenn Du, Naumburg, mal in Dresden bist, würde ich mir das gern von Dir am Objekt erklären lassen. Man lernt ja immer gern was dazu...
    Und sicher gibt es auch andere hier, die von Deinem Wissen profitieren würden.
    Ich fänd´s jedenfalls gut, wenn man dem virtuellen Austausch echte verbindliche Gespräche ergänzend zur Seite stellen kann.

  • Lieber @Rastrelli, was die Äußerung mit der "Blobelbude" betrifft, so warst keineswegs Du gemeint.
    Und ich lasse mich sehr gerne überzeugen, wenn ich Argumente nachvollziehen kann. Aber man muss, um ein guter Diskutant zu sein, keineswegs jeden Einwand nachvollziehen können.
    Aber ich glaube, irgendwie reden wir aneinander vorbei. Freuen wir uns stattdessen gemeinsam über das viele Gute, das erreicht wurde und auf das Schöne, was noch kommen wird.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich frage mich, was das soll. "Naumburg" behauptet hier immer mal wieder, die Guéridons seien schlecht umgesetzt, aber von Historische Leuchten Jacob gebe es einen tollen Entwurf. Es kann sich jeder gern die Internetseite von Historische Leuchten Jacob ansehen. Da werden ihre Arbeiten für den Kleinen Ballsaal beschrieben. Das beigefügte Bildmaterial lässt nur den Schluss zu, dass die Standleuchter so umgesetzt wurden, wie von HLJ entworfen. Das heißt, was da im Kleinen Ballsaal steht, ist historisch korrekt. Vom ewigen Wiederholen wird der Unsinn, den "Naumburg" schreibt, nicht besser. Ich gehe davon aus, dass die Fachleute von außerhalb, wenn sie hier mitlesen, die Qualität der Äußerungen hier einschätzen können. Das gehört zum Job. Gemeckert wird doch letztlich immer und überall. Das wissen auch alle Politiker.

    Man muss letztlich hoffen, dass der Einfluss dieses Forums von vielen Foristen überschätzt wird. Die angebliche Rekofreundlichkeit dieses Forums ist doch vielfach nur eine leere Behauptung. Viel wichtiger ist es einigen hier doch, die eigene Meinungsfreiheit zu zelebrieren, zu klagen, wie furchtbar doch alles in der Welt sei und sich selbst als die einzige Person auf der Welt zu inszenieren, die weiß, wie man einen Leuchter macht oder ein Wandbild malt.

    Ich kann immer besser verstehen, dass Oktavian sich das hier nicht mehr antun wollte. Er macht 60 Rekoprojekte und muss dann lesen, dass Dresden hoffnungslos verloren sei. Dabei darf man freilich nicht übersehen, dass es ja auch die anderen Stimmen im Forum gibt. Die, die freundlich miteinander umgehen. Die, die auch mal positiv auf ein Rekoprojekt reagieren. Die, die sachliche Informationen und gute Bilder bringen. Vielleicht ist das sogar die Mehrheit der Beiträge hier. Ich bin immer wieder auch beeindruckt von dem hohen Niveau vieler Debatten hier. Man darf sich da auch nicht täuschen lassen. Viele der Teilnehmer hier haben ihre Sternstunden und ihre Tiefpunkte.

    Mich wundert nur eben: Da haben wir gerade eine der schönsten Raumschöpfungen des 19. Jahrhunderts wiedergewonnen. Man sollte meinen, dass sich alle freuen und mit einer positiven und heiteren Grundstimmung nun vertiefend mit der Materie befassen. Aber stattdessen schlagen einige einen Ton an ... Man vertrödelt nur seine Zeit, wenn man hier schreibend an die Vernunft appelliert. Das ist alles vergeblich. Letztlich hilft wohl nur, den Unfug mancher hier zu ignorieren und darauf zu vertrauen, dass die Mitleser sich schon ihren Reim drauf machen können. Aber traurig stimmt es schon, gerade bei dem schönen Strangthema hier.

  • Freuen wir uns stattdessen gemeinsam über das viele Gute, das erreicht wurde und auf das Schöne, was noch kommen wird.

    Genau!

    Ein positiver Aspekt von Rekonstruktionen kann darin bestehen, dass sie uns Menschen vergangener Epochen nahebringen. Pagentorn hat "Das lebendige Stadtschloss" als Thema für sich entdeckt. Auch aus dem Dresdner Schloss könnte man "Geschichten vom Leben" erzählen.

    Da gab es zum Beispiel die Königin Amalie Auguste von Bayern. Die kannte ich vorher noch nicht, denn sie hat in Dresden keine Brücke. Im Gegensatz zu ihrer Nachfolgerin Carola, der längsten Spannbetonbrücke der DDR (1971 fertiggestellt), und im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Maria Anna von Bayern, die als Marienbrücke fortlebt - und übrigens Amalies jüngere (!) Schwester war. Amalie Auguste bekam keine Brücke ab, weil zu ihrer Zeit keine gebaut wurde. Dafür wurde der Kleine Ballsaal gebaut. Als er 1868 fertig war, lebten von den neun Kindern des Königspaars Johann und Amalie nur noch drei, darunter die beiden folgenden Könige Albert (der auch eine Brücke bekam) und Georg. Seinen Ehrenplatz hatte das Königspaar in der Wandnische, deren Abschluss die unter der sächsischen Krone vereinten Wappen Sachsens und Bayerns bilden. An der Decke des Saals taucht mehrfach die A-Initiale der Königin auf - in Medaillons zu den Schmalseiten hin und vierfach in die Verzierungen des Oberlichts eingearbeitet. Oder soll die Initiale die Verbindung von A (wie Amalie) und J (wie Johann) zeigen? Wie dem auch sei: Amalie Auguste von Bayern hat nun wieder einen Ehrenplatz im Schloss.

  • Oder soll die Initiale die Verbindung von A (wie Amalie) und J (wie Johann) zeigen? Wie dem auch sei: Amalie Auguste von Bayern hat nun wieder einen Ehrenplatz im Schloss.

    Das würde ich so sehen, ein ineinander verschlungenes JA. Nur die Gattin wäre etwas ungewöhnlich. Im Altenburger Schloss (Residenz der ernestinischen Verwandschaft) finden sich die Initialen des Herzogspaares auch häufig in der Gestaltung. Zum Beispiel ein A für Amalie von Württemberg und ein J für Herzog Joseph in der Decke des Empirezimmers. Oder ein verschlungenes EA für Herzog Ernst und Agnes von Anhalt-Dessau im nach dem Brand 1864 neu errichteten Festsaal.