• Erleichtert werde ich erst sein wenn ich drinnen war und mit eigenen Augen gesehen habe, dass die Profilverläufe halbwegs korrekt sind. Was ich z. Z. stark bezweifle.

    Wie kommst du auf die Idee, dass dem nicht so ist? Bisher waren die Rekonstruktionen am Schloss doch immer vorbildlich?

  • Bisher.

    Die ersten Planungen für die Arkaden (hier im threat abgebildet) waren jedenfalls hanebüchen.

    Mehr kann ich hier nicht sagen.

    Glaubt mir, ich wünsche mir sehnlichst, dass ich mich irre.

  • Also werden die Pfeiler und Bögen doch alle mit Sandstein verkleidet. Die dünnen Verschalungen waren wohl doch nur probeweise gemacht und angebracht.

    Irgendwie kann ich das nicht glauben. Warum sollte man sich die Mühe machen, die Arbeiten 2fach auszuführen?

  • Es könnten Probeachsen gewesen sein, ich weiß es aber auch nicht....Man muss es sich anschauen wenn es fertig ist. Ich habe, wie gesagt, kein sehr gutes Gefühl, dass es besser als "irgendwie" geworden ist. Und das ist eben schade angesichts der ansonsten hervorragenden Rekonstruktionsergrbnisse im Schloss ....

  • Vielleicht hier etwas themenfremd, aber der Hinweis, daß es in den Sammlungen des Victoria-and-Albert-Museum eine Dresdner Schloßorgel gibt, die vermutlich aus dem Besitz von Johann Georg I stammt und mit der auch eine Vorstellung der Kammermusik dieser Zeit möglich wird. Erhaltene Vergleichsbeispiele sind beispielsweise die Compenius-Orgel für Schloss Hessen, heute auf Frederiksborg, oder auch das "Althefer-Positiv" in den Sammlungen des Marburger Schlosses.

    Dresden, 1627, Gottfried Fritzsche, laut Inschrift vermutlich Renovierung in 1741 durch Tobias Defrain.

    Es handelt sich um ein Renaissance-Tischpositiv mit Pergamentpfeifen, wahrscheinlich nur einem Register und dem ungewöhnlichen Klaviaturumfang D E F Fis - fis2-g2-a2 (42 Töne).

    Maße: Hö. 129,5, Br. 112,5, Ti. 58.5.

    Inschrift: DG.IOAN.GEOR.D.SAX.ML.CL&MON.ELEC

  • Erleichtert werde ich erst sein wenn ich drinnen war und mit eigenen Augen gesehen habe, dass die Profilverläufe halbwegs korrekt sind. Was ich z. Z. stark bezweifle.

    Wichtig ist, dass die einzelnen Formen nicht äußerlich nachempfunden werden, sondern dass man sie wirklich bis ins Detail verstanden hat. Das setzt ein intensives Studium zeitgenössischer Parlallelbeispiele voraus, wie man sie am Altan oder vielleicht auch beim Schloss in Torgau findet.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Bei allem Spielraum, den eine zukünftige Rekonstruktion der Schlosskapelle idealerweise auch abschreiten kann, handelt es sich dennoch um einen Innenraum, der nicht erst 1945, sondern schon vor rund 300 Jahren verlorengegangen ist, in einem Stich (Heinrich Schütz) noch irgendwie weiterlebt und von dem, zieht man Portal und -türe ab, eher nur eine geringe Anzahl originaler Substanz verblieben ist. Daß der Stich und die Originalsubstanz imstande sind, wirklich alle Fragen zu beantworten, wird man wohl verneinen müssen. Dies gilt beispielsweise für die Ausstattung der Decke. Im Gegensatz zu vielen anderen Räumen ist die Dokumentationslage alleine schon durch den zu langen Verlustzeitraum überschaubarer als sonst. Selbst eine Anlehnung an Torgau kann diesen "Abgrund" nicht überbrücken. Das gilt es gerechterweise zu beachten. Selbstverständlich ist es in solch einem Fall besser, daß man etwas durch Parallelbeispiele erst einmal bis ins letzte Detail studiert und versteht, bevor in diesem so unendlich bedeutsamen Raum etwas historisch unpassendes entsteht. Sich selbst unter den Zeitdruck zu setzen, endlich Resultate zu sehen, wäre an diesem Ort mit dieser Geschichte ein großer Fehler.

  • Weingeist  Seinsheim

    Wenn man hier die drei (!) Dokumente, die zum Raum zur Verfügung stehen, nach wissenschaftlichen, quellenkritischen Kriterien auswerten würde und mit den zeitgenössischen Parallelbauten abgleichen würde, und wenn man Grundkenntnisse klassischer Profilverläufe und -Proportionen hat bzw. hätte, dann käme man schon sehr, sehr weit, ich habe es selbst ausprobiert.

    Der David Conrad Stich von 1678

    Die zwei Fotos vom originalen Schlossmodell von wohl 1550 mit dem Blick in die Kapelle

    Das Oberbauamts Aufmaß und Grundriss von 1737

    Mit Zeitdruck haben die befürchteten Fehler jedenfalls nichts zu tun. Es liegt pikanterweise eine komplette Planung durch den VEB Denkmalpflege von um 1980 vor, die tippi-toppi ist, die man aber bisher ignoriert hatte.

  • Daß es Pläne von 1980 gibt, ist hier wohl noch nicht oft angesprochen worden.

    Bei der Abbildung von 1835 dürfte es sich vermutlich um eine Adaption des Conrad-Stichs handeln.

  • Großartig, sehr großartig. Wann wird man die Zeichnungen endlich sehen können?

    Es ist ja nur eine Vermutug, aber der Begriff Schützkapelle dürfte doch wohl auch in VEB-Zeiten geprägt worden sein. "Schloss" und "Kapelle" lassen sich ja recht einfach mit den Begriffen "Kirche" und "Adel" verknüpfen; Heinrich Schütz war, wie beispielsweise auch Thomas Müntzer, oder auch der "Aufklärer" Johann Sebastian Bach, als zukünftiger Namensträger seiner ehemaligen Wirkungsstätte gesellschaftlich leichter integrierbarer.

  • Ende der 1980er Jahre wurde vom VEB Gesellschaftsbau eine kleine Baudokumentation für das Schloss herausgegeben. Dort waren beispielhaft auch 2 Schnittdarstellungen des Kapellenprojektes enthalten.

    https://bautzenfan.mach.sh/bilder/f66e76cb20240317190642.jpg

    Der Begriff Schützkapelle war weniger politisch als vielmehr programmatisch begründet. Man wollte einen Kammermusiksaal für frühbarocke Musik. Und das allerdings erschien den späteren Entscheidungsträgern als viel zu eng gefasst, als viel zu exklusive Nutzung angesichts der hohen Kosten (war ja schließlich steuerfinanziert).

  • BautzenFan

    Richtig. Von den Kapellenplänen liegt ein umfangreicher Satz mit vielen Detailzeichnungen vor.

    Selbstverständlich werden diese nicht publiziert. Warum auch? Man hat sie ja in dem Moment, wo man die dringend brauchte, auch missachtet.

  • BautzenFan

    Richtig. Von den Kapellenplänen liegt ein umfangreicher Satz mit vielen Detailzeichnungen vor.

    Selbstverständlich werden diese nicht publiziert. Warum auch? Man hat sie ja in dem Moment, wo man die dringend brauchte, auch missachtet.

    Und auf welcher Grundlage wird dann jetzt in der Schlosskapelle gebaut? Irgendwoher müssen die aktuellen Pläne ja kommen? Woher weißt du, dass auf die Pläne des VEB nicht zurückgegriffen wird? Kann es sein, dass es mittlerweile neuere Erkenntnisse gibt und die Pläne des VEB nicht mehr aktuell sind?

  • Ja, langsam frage ich mich auch was genau Resurrectus weiß und wo genau das Problem an den nun ausgeführten Steinverkleidungen der Pfeiler und Bögen besteht.

  • Na ich sage hier jetzt besser nichts mehr und wir beenden die Diskussion besser jetzt.

    Man wird es sehen, wie die neuen Verkleidungen sind. Auf jeden Fall hat man alles planerisch neu entwickelt. Aber neu heißt leider sehr wahrscheinlich nicht besser. Ich gehe davon aus, dass die originale Kapellenarchitekur von erlesener Schönheit war, auch in den Details (siehe Wendelsteine und Portal außen im Hof, da wird es dann im Inneren der Kapelle nicht mickriger zugegangen sein) .

    Also man wird es sehen. Wir hier werden es jedenfalls durch alle Diskussionen nicht ändern können.

  • In 30 Jahren wissen wir mehr!

    Das weiß man nicht. In 30 Jahren werden wir mehrmals täglich sämtliche Apotheken der Innenstadt abklappern, die Mitarbeiterinnen fragen, ob es noch etwas von den guten Demenztabletten gibt und für was die eigentlich gut sind.

    Die neuen Bilder der Schloßkapelle auf- und anzunehmen, fällt trotz so mancher Rückblicke auf 20 Jahre des Wiederaufbaus der Inneren Altstadt nicht gerade einfach. Der Conrad-Stich und einige Bilder und Modelle haben sich bildlich im Gedächtnis festgesetzt, nun fängt also das Bild der Schloßkapelle an, lebendig zu werden, in einer Präsenz, bei der es schwer fällt, den Raum bereits jetzt in dieser Gestalt anzunehmen. Der Innenraum wirkt in seiner Qualität bereits jetzt schon fast surreal überwältigend. Es ist ein großes Glück und auch ein unbeschreibbares Geschenk, Zeuge von einigen wichtigen Schritten der Wiederauferstehung der Schloßkapelle werden zu dürfen; und es muß wohl nicht erwähnt werden, daß hier einer der großartigsten Innenräume von ganz Sachsen wieder zur dreidimensionalen Realität werden wird.