Dresdner Bauten und ihre Vorbilder: Frauenkirche Dresden (1726-1743) gestalterisch angelehnt an Santa Maria della Salute Venedig (1631-1687)

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    ➼ Update 1: TEIL 2: Tabakfabrik Yenidze, Dresden (1907-1909)  Grabmoschee des Emir Khair Bak, Kairo (1502-1520)

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    Habe hier einige Ansichten zum Thema Dresdner Bauten und ihre Vorbilder aufbereitet und zusammengestellt (Flickr.com Link führt zu hœheren Auflœsungen).

    Jeweils links in den Darstellungen:

    Frauenkirche, Georg Bæhr, erbaut 1726 - 1743, Dresden / Deutschland

    Jeweils rechts:

    Santa Maria della Salute, Baldassare Longhena, erbaut 1631 - 1687, Venedig / Italien

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    Einmal editiert, zuletzt von Pfadfinder (7. Januar 2023 um 22:58)

  • Hm.... Schöne Bilder....

    Aber ich verstehe den Sinn dieses Themas nicht so ganz.

    Natürlich gibt es hier frappierende Koinzidenzien, aber wenn es wissenschaftlich gesehen so einfach wäre, zu sagen "Die Frauenkirche ist 'ne zweite Salute", dann wäre man mit diesem Satz fertig und es bräuchte keine kunstwissenschaftlichen Abhandlungen mehr, die im Falle der Frauenkirche an die zig Bücher und Aufsätze darstellen...

    Entstanden ist die Frauenkirche nämlich durch jemandem, der Venedig überhaupt nicht kannte, nie dort und auch kein Katholik war...

    Und damit wäre der Sinn dieses Threats bereits obsolet.....

  • Danke Pfadfinder für den Hinweis, George Bähr hat bis auf die Frauenkirche eigentlich nur einfache Kirchen gebaut, bzw. Pläne ausgeführt.

    Von daher kann ich mir gut vorstellen, dass sich er oder der Bauherr hier hat inspirieren lassen.

    Ich meine mich zu erinnern, das Bähr auch kein Baumeister war, aber bitte korrigiert mich.

  • Wie gesagt, wenn es so einfach wäre "Erst die Salute, dann die Frauenkirche", dann bräuchte es die ganze jahrzehntelange Kunstgeschichtsforschung nicht.

    Ich empfehle dringend das Buch von Heinrich Magirius, aber es gibt auch Tonnen an Aufsätzen dazu in den Jahrbüchern.....

    Und nur weil manches ähnlich erscheint, heisst es eben noch lange nicht, dass diese einfache Gleichung von oben gilt.

    Der berühmte konkav geschwungene Kupppelanlauf wie auch die Türme (die Stimmen ja z. B. gar nicht mit Venedig überein) kamen eindeutig nicht über die Salute zustande.

    Man kann solche Übereinstimmungen durchaus gerne feststellen, aber worin sollte da der Sinn bestehen, das verstehe ich nicht..

    George Bähr war der Ratszimmermeister Dresdens, hatte aber auch den Ruf und Titel eines Architectus. Gleichwohl aber keine klassische Ausbildung, wie die Architekten des Oberbauamtes.

    Na ich werde hier jetzt keine Vorlesung über Bähr verfassen. Da könnte man wochenlang schreiben.....

  • Resurrectus, wozu sollen denn deine (ich will jetzt nicht sagen "blöden" aber) störenden Einwürfe gut sein?
    Ich dachte, es war allgemein bekannt, auch dir, dass die Frauenkirche unter anderem von Santa Maria della Salute beeinflusst war?
    Außerdem ist es schon etwas naiv zu glauben, nur weil einer nicht persönlich in Venedig war, könnte dieser nichts von dieser Kirche wissen. Italienische Architekten und Architektur waren in jener Zeit weit bekannt, verehrt und nachgeahmt. Malereien, Stiche, Pläne und Beschreibungen machten es auch bis in den Norden nach Dresden. ;)
    Es war damals definitiv der Plan Dresden so schön und prächtig auszubauen wie speziell italienische Städte es waren. Dafür hat man sich dann auch Italienische Städte und deren Bauwerke genauer angeschaut, auch aus der Ferne.

    Und falls du dich vielleicht daran störst, dass man Bähr oder der Frauenkirche Unoriginalität vorwerfen würde, dann sei beruhigt, dass tut sicher keiner. Von jeher haben sich jüngere Architekten von älteren beeinflussen lassen, und dadurch sind nicht nur minderwertige Kopien sondern oft noch schönere und einzigartigere Bauwerke entstanden. Ich persönlich empfinde die Frauenkirche als ein solches Bauwerk.

  • Nur weil es sich um 2 Kuppeln am Wasser handelt und der italienische Barock in Dresden gewissen Widerhall fand, kann man nicht unbedingt von einer Beeinflussung sprechen. Wie gesagt, eine Kuppel als solche vielleicht. Ansonsten beruht die Dresdner Frauenkirche auf einer völlig anderen Konzeption, deren Ähnlichkeit zur "Salute" eher aus einer gewissen "analogen" Evolution der Architektur heraus entstanden ist. Ich vergleiche das mal mit Fledermäusen und Vögeln. Beide haben Flügel entwickelt, die in ihrer Gestalt Ähnlichkeiten aufweisen, die einen waren aber nicht das Vorbild der anderen. Die beiden Kirchen trennt wesentlich mehr als sie vereint.

  • Treverer

    Entschuldigung, wenn ich hier jemanden störe. Ich kann es auch sein lassen, aber es ging mir um die Sinnhaftigkeit des Threats und des Themas, das ich nicht verstehe. Du hast mich nicht verstanden. Bähr und seine Frauenkirche - die ich und jeder hier lieben - waren/sind alles andere als unoriginell. Ganz im Gegenteil

    Dir ist einfach die gesamte hochkomplizierte Entwicklungsgeschichte des Baues nicht bekannt.

    Mit "man wollte Dresden barock und schön machen" ist es einfach nicht getan.

    Bähr und der Rat der Stadt fingen mit der Planung an, bzw. diese war die gesamte Zeit ununterbrochen bei diesen. Und die wollten etwas ganz anderes, nämlich einfach eine protestantische Kirche bauen (Platznot!!!!). Denen war ne Kuppel oder die Salute schlichtweg schnuppe.

    Derjenige aber, der Italien und die Salute kannte, war natürlich der König. Aber DER hatte gar keine Verfügungsgewalt über dieses Bauprojekt....! Also muss man sich schon fragen "Wie kam das Ding zustande?"

    Am Ende flossen ganz andere Bauten über den o. g. hochkomplizierten Prozess mit ein: Petersdom Rom (den Bähr auch nicht kannte), St. Pauls Cathedral, die Dorfkrichen (!) Bährs und die protestantischen Schlosskirchen

    Tatsächlich war andererseits aber sehr wahrscheinlich die Salute schon von gewisser (!) Bedeutung, da sie (m.M.n.) den König auf die Idee brachte, hier eine Kuppel hinbauen zu wollen. Aber wie gesagt: Die Frauenkirche war zu keiner Zeit ein Bau des Königs......

  • Lustigerweise ist mir alles, was du hier sagst, längst bekannt, aber sowas ist ja zu "hochkompliziert" für mich und uns alle... :augenrollengruen:
    Es ist außerdem lustig, wie Maria Della Salute (die Bähr nicht persönlich gesehen hat) selbstverständlich nicht miteinfloss, obwohl der König bekanntermaßen davon schwärmte und dies kundtat, auch wenn er nicht letztendlich das Sagen hatte, aber ganz selbstverständlich der Petersdom und St. Pauls Cathedral, die Bähr auch nie gesehen hatte.
    Wo wir schon dabei sind, hat wahrscheinlich der Invalidendom von Paris eine größere Rolle gespielt. Die ursprünglich geplante Kuppel und Laterne weisen eine frappierende Ähnlichkeit zu diesem auf:

    800px-Dresden_-_Treasures_from_the_Saxon_State_Library_Seite_083.jpg
    Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenkirche_(Dresden)

  • Ja, richtig. Der Invalidendom auch! Wusste ich doch, dass ich was vergessen hatte.....

    Die anderen genannten Bauten sind aber typologisch und entwicklingsgeschichtlich konkret nachweisbar, die Salute hingegen nicht

    Das mit "hochkompliziert" war nicht herablassend gemeint, sollte nur ein bescheidener Hinweis darauf gewesen sein, dass die von Pfadfinder durch die Bilder getätigte These "Erst die Salute, dann die Frauenkirche" in keinster Weise aufgeht.

    Nicht seitens des Königs und erst recht nicht seitens Bährs.

    Aber ich beende die Diskussion hier. Es führt zu nichts Erquicklichem

    P.S.: Hast du evtl. die Stelle, wo AdS von der Salute schwämte, parat? Ich nämlich nicht aus dem kopf, aber ich schau gerne auch noch einmal in das Itinerar.

  • Ich finde es schon gut vorstellbar, dass Veduten aus Venedig auch ihren Weg nach Dresden gefunden haben.
    Dass sich Baumeister voneinander inspirieren ließen, ist ja nun allseits bekannt. Nichts in der Architektur ist komplett innovativ, sondern baut immer auf Teilen anderer Bauten auf. Wo es schon frappierende Ähnlichkeiten gibt und die Salute bereits 1687 fertiggestellt wurde, weit vor der Frauenkirche.

    Im Wikipedia-Artikel ist zu lesen:

    Die Außenkuppel sollte nach Bährs ursprünglichen Plänen aus Holz bestehen und mit Kupfer verkleidet werden. Bähr schlug gegenüber dieser kostspieligen Variante später eine Steinkuppel vor, von der er sich eine großartigere Wirkung versprach, und setzte diese mit Unterstützung Augusts des Starken durch. August schwärmte von Venedigs Kuppelkirche Santa Maria della Salute, die an der Einmündung des Canal Grande in die Lagune steht und das Stadtbild dominiert. Bähr war allerdings nie im Ausland, wo er Kuppelbauten hätte studieren können, z. B. in Italien.

    Longuelune kritisierte zusammen mit seinem Schüler Knöffel den barocken Entwurf von George Bähr für die Frauenkirche. Ab 1726 konnte sich George Bähr den barock-klassizistischen Einwänden von Longuelune und Knöffel an der Dresdner Akademie nicht mehr widersetzen. Diese forderten von der Frauenkirche, die als „Schwester der Santa Maria della Salute“ Venedigs konzipiert wurde, dass deren Kuppel im Stil des klassizistischen Barock Frankreichs „mehr oval und dadurch besser in die Höhe gebracht werden“ solle.[4](Fritz Löffler: Das alte Dresden. 1981, S. 196)

    Bähr legte 1728/1729 aber nochmals einen Plan vor, der einen steinernen Kuppelanlauf und eine hölzerne Kuppel beinhaltete.[5] Selbst der Grundriss und Innenausbau stammte von Knöffel. George Bähr starb 1738. Als sein Nachfolger galt lange sein Schüler Johann George Schmidt. Durch neuere Forschungen weiß man jedoch, dass im Gegensatz zu der in der Literatur verbreiteten Ansicht George Friedrich Winckler in das Amt Bährs berufen wurde und den Bau zu Ende führte.[6] Der einzige Teil der Frauenkirche, der von klassizistischen Einflüssen freiblieb, war der Altarraum, der von den Bildhauern Benjamin Thomae und Johann Christian Feige mit Bildhauerarbeiten versehen wurde.[7]


    Vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, doch irgendwo hat dies ja eine Basis.

  • Ich finde es schon gut vorstellbar, dass Veduten aus Venedig auch ihren Weg nach Dresden gefunden haben.
    Dass sich Baumeister voneinander inspirieren ließen, ist ja nun allseits bekannt. Nichts in der Architektur ist komplett innovativ, sondern baut immer auf Teilen anderer Bauten auf. Wo es schon frappierende Ähnlichkeiten gibt und die Salute bereits 1687 fertiggestellt wurde, weit vor der Frauenkirche.

    Es ist schon ein bisschen absurd, dass man hier Vorbilder in allen möglichen Kirchen sieht (Sankt Peter, Saint Pauls, Dome des Invalides...) nur Santa Maria della Salute absolut nicht, obwohl sie in ihrem Aufbau/Grundriss der Frauenkirche extrem ähnelt und man definitiv von ihr wusste (auch wenn man sie nicht selbst besucht hat).
    Wie auch immer...
    Pfadfinder, wird es auch weitere Vergleiche in diesem Strang geben? Lass dich nicht von dieser ersten Diskussion abschrecken. ;)

  • Mensch, seit wann ist denn WIKIPEDIA eine verlässliche wissenschaftliche Basis oder gar eine historische Quelle??

    Das ist es doch, was ich schrieb: Nur weil der - auch von mir - verehrte Fritz Löffler in den 1950er Jahren mal schrieb "Na, es wird wohl die Salute gewesen sein", dann heißt das doch nicht, dass es historische (d. h. original aus dem 18. Jhe kommende) Belege dafür gibt. Denn die gibt es eben nicht.

    Nicht der erste (der ist weitgehend richtig), aber der zweite und der dritte Abschnitt aus Wiki sind in fast jedem (!) Satz - 'tschuldigung - falsch, wissenschaftlich unzutreffend, unrichtig.

    obwohl sie in ihrem Aufbau/Grundriss der Frauenkirche extrem ähnelt und man definitiv von ihr wusste

    Nein, nein und nochnals nein!!!

    Zu Grund- und Aufriss der FK kam es nachweislich auf anderem Wege als über die Salute und sie ähneln sich auch nicht, geschweige denn extrem. Wobei ähneln sie sich denn?

    Nochmals und zugegeben (ohne historische Nachweise wie gesagt): Es war wohl die Salute, die AdS zu dem Wunsch hier eine Kuppelkirche haben zu wollen inspirierte (Nähe zum Wasser und das Patrozinium). Aber die Umsetzung ging dann ganz andere Wege.

    Entschuldigung, dass ich mich hier so echauffiere.

    Ich ziehe mich aus dem Threat zurück. Der tut mir gerade nicht gut....

  • Schon nach dem ersten Beitrag verglich ich mal die Grundrisse von Santa Maria della Salute und der Frauenkirche miteinander. Bereits da sieht man keine Übereinstimmung, ausser dass beides auf einem Quadrat basierende Zentralbauten sind. Der Innenraum von Santa Maria della Salute ist ein achteckiger Raum mit Umgang, der sich als solcher auch aussen bis zum Hauptgesims unterhalb des Tambours zeigt. Jener der Frauenkirche ist vielmehr ein runder Zentralraum ohne Umgang. Ein Umgang ist bei ihr nur noch in Form von Bogenöffnungen in den Hauptpfeilern spürbar.

  • In der Sekundærliteratur wird durchaus behauptet, dass hier nach Vorstellungen August des Starken und u. A. angelehnt an Venedig und insbesondere den Canale Grande mit Santa Maria gestaltet wurde.
    Tatsæchlich wird aber auch einiges frei assoziiert.

  • Ich mag die Salute übrigens als solche nicht so besonders. Ihren Reiz verdankt sie ihrer Einbettung ins pittoreske Stadtbild um den Canale Grande. Ich glaube nicht, dass die Längsansicht mit der an sich unorganisch wirkenden Aneinanderreihung, die auf das pittoreske Bild ihrer Umgebung zugeschnitten erscheint, ja diese potenziert, für sich, also als Einzelbauwerk eine überzeugende Wirkung hätte. Schon das ist ein grundlegender Unterschied zur monolithischen Würde der Frauenkirche, die sich nicht an ihrer Umgebung orientiert, sondern umgekehrt ihre Umgebung erst prägt.

    Darüber hinaus könnte man wohl kaum zwei unterschiedlichere barocke Kuppelkirchen finden. Wie Riegel richtig gesagt hat: so gut wie keine Übereinstimmung. Ganz fundamental: die Frauenkirche kommt ohne Kuppeltambour aus - der konkave Unterteil ihrer Kuppel ist eben kein solcher. Dadurch erwächst die Kuppel ganz organisch aus den Zentralbau, eine Wirkung, welche die Salute erst durch die üppigen Voluten simulieren kann, die obzwar nur schmückendes Beiwerk, den vom Tambour verursachten unweigerlichen Bruch recht geschickt kaschieren. Darüber, dass die Dresdner Kuppel ungleich steiler, ja förmlich gotisierend wirkt bzw auch ist, bräuchte man an sich kein Wort zu verlieren, ebenso wenig wie über die vier Ecktürmchen, für die es bei Salute nicht einmal einen Hauch von Ansätzen gibt (wie auch die markanten Gurten der FK-Kuppel nicht den venezianischen Voluten entsprechen sondern viel eher deren Gegenteil bilden).

    Was bleibt nun eigentlich an Vergleichbarem? mE überhaupt nichts.

    Wenn man schon Vergleiche der Salute mit dt. Architektur sucht, dann nehme man bitte die Berliner Schlosskuppel.

    Das wohl relevanteste Vorbild für die FK war wohl die Trinitatiskirche im erzgebirgischen Carlsfeld.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.