Berlin - ehemaliges DDR-Staatsratsgebäude am Schlossplatz

  • Nachfolgend ein paar Bilder des ehemaligen DDR-Staatsratsgebäudes am Schlossplatz. Meines Erachtens einer jener Bauten aus DDR-Zeiten, der ästhetisch sehr ansprechend ist und gewiss eine bleibende architektonische Qualität hat (dass ein barockes Schlüter-Portal daran erheblichen Anteil hat ist dabei unerheblich). Das Foyer und der Garten des Staatsratsgebäudes können übrigens zu Öffnungszeiten der ESMT-Hochschule problemlos besichtigt werden.

    Hier wurde einst Erich Honecker vorgefahren:

    Im Garten befindet sich ein schöner Mosaik-Brunnen im Stil von Jean Miro. Das Mosaik ist in einem desolaten Zustand und muss dringend saniert werden. Die ESMT versucht für die Sanierung Spendengelder aufzutreiben, leider bisher mit wenig Erfolg. Bemerkenswert ist dass der Senat in dieser Frage keinen Finger rührt. Während andernorts jeder schrottige Plattenbau zum Juwel der DDR-Baukunst hochgejazzt wird, herrscht bei diesem Kunstwerk völlige Gleichgültigkeit vor:

    Das Foyer bietet bei entsprechendem Lichteinfall eine eindrückliche Atmosphäre:

  • Da ich derselben Ansicht bin wie Oberbaumbrücke, schreibe ich mal, was mir an der unförmigen Kiste nicht gefällt:

    Einmal von der hässlichen Turnhallenoptik abgesehen, sind das vor allem die Proportionen. Da stimmt gar nichts. Schlimm ist vor allem, dass das EG für den Baukörper durch die Geschlossenheit und den dunklen Sockel, der optisch noch von der Höhe abgeht, viel zu gedrungen wirkt und zudem die Anmutung von Baucontainern aufweist. Geradezu grotesk ist die Tatsache, dass jedes Stockwerk deutlich höher ist als das darunterliegende. Das müsste eigentlich genau umgekehrt sein.

    Ja, man hat sich halbwegs an den Stockwerkshöhen des drangeklatschten und völlig zu dem Bau unpassenden Schlossportal orientiert. Aber: Dabei wurden leider das zweite OG und das Mezzaningeschoss des Portals im modernen Teil des Baus zu einem Geschoss zusammengefasst. Das sieht einfach furchtbar unproportioniert aus. Auf der Rückseite wurde zumindest dieses Detail besser gelöst, auch wenn diese für mich wie ein x-beliebiges Schulgebäude aussieht.

    Von den obigen optischen Mängeln mal ganz abgesehen, steht der Bau städtebaulich völlig falsch - er weitet die Breite Straße auf und blockiert im Gegenzug den historischen Verlauf der Brüderstraße vom Schloßplatz aus. Das wurde hier ja schon mehrfach dargelegt. Ich kann wirklich in keinster Weise verstehen, warum einige diesen Bau hier so loben.

    Immerhin muss ich zugeben, dass ich das Treppenhaus von innen ganz beachtlich finde, um zumindest mit etwas positivem zu enden.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Einmal von der hässlichen Turnhallenoptik abgesehen, sind das vor allem die Proportionen. Da stimmt gar nichts.

    Ich kenne keine Turnhalle die mit dem Staatsratgebäude vergleichbar wäre. Der Vergleich hinkt und scheint mir eher polemischer Natur zu sein.

    Die "misslungenen" Proportionen ergeben sich durch die Anpassung der Geschosshöhen an das eingebaute Portal Eosanders. Stimmen die Proportionen beim Schloss dann auch nicht?... Im alten Schloss waren zweites Obergeschoss und Mezzaningeschoss vielfach miteinander verbunden, wenn sich der entsprechende Raum über zwei Geschosse erstreckte. Genauso ist es beim Staatsratsgebäude (vgl. z.B. ehem. Festsaal)

    Zur Optik: Durch das blockhafte Erdgeschoss und die darauf aufbauenden lichten Obergeschosse, durch die unterschiedliche Farbwahl bei der Fassade (Sandstein und roter Granit), durch die goldfarbenen Fenster und deren Vorsprünge im ersten Obergeschoss wirkt die Fassade insgesamt gegliedert und harmonisch. Auf mich jedenfalls. Die Gartenfassade fällt demgegenüber sehr deutlich ab, das ist klar.

    Das 1964 eröffnete Staatsratsgebäude hebt sich wohltuend von vielen anderen DDR-Bauten aus dieser Zeit ab, in der bereits begonnen wurde in industriell vorgefertigten Elementen kollektivistisch zu bauen und dabei in die völlige ästhetische Banalität und Ausdruckslosigkeit abzugleiten.

  • Das 1964 eröffnete Staatsratsgebäude hebt sich wohltuend von vielen anderen DDR-Bauten aus dieser Zeit ab, in der bereits begonnen wurde in industriell vorgefertigten Elementen kollektivistisch zu bauen und dabei in die völlige ästhetische Banalität und Ausdruckslosigkeit abzugleiten.

    Und das rechtfertigt seine Existenz an dieser Stelle, die, wie schon oft genug innerhalb der Diskussionen um das Gebäude erwähnt, eine vernünftige Erschließung bzw. evtl. Rekonstruktion des Areals zwischen Schloss und Petriplatz oder wenigstens die Wiederherstellung der nördlichen Brüderstraße?
    Ich weiß, dass Emotionen im Hinblick auf das alte Berlin ohnehin von einigen hier ignoriert werden. Aber als gebürtiger, leidenschaftlicher Berliner sind für mich die Hinterlassenschaften des Sozialismus auch gefühlsmäßig einfach nur unerträglich. Wenn sie dann auch noch eine Rückkehr zu identitätsstiftender Architektur des alten Berlin verhindern, fehlt mir für so ein Schönreden jegliches Verständnis.

  • Und das rechtfertigt seine Existenz an dieser Stelle, die, wie schon oft genug innerhalb der Diskussionen um das Gebäude erwähnt, eine vernünftige Erschließung bzw. evtl. Rekonstruktion des Areals zwischen Schloss und Petriplatz oder wenigstens die Wiederherstellung der nördlichen Brüderstraße?

    Das Problem ist sicherlich dass der breite Block des Staatsratsgebäudes die Rückkehr der Brüderstraße zum Schlossplatz blockiert. Das ist bedauerlich aber eine nicht zu ändernde Realität.

    Zudem rede ich das Staatsratsgebäude "nicht schön", sondern erkenne an, dass dieses gegenüber vielen anderen baulichen Hinterlassenschaften des Sozialismus im näheren Umkreis (Liebknechtstr., Rathausforum, Alexanderplatz) eine tatsächliche bauliche Qualität hat.

  • Snork 1. Januar 2023 um 21:10

    Hat den Titel des Themas von „Das ehemalige DDR-Staatsratsgebäude“ zu „Berlin - ehemaliges DDR-Staatsratsgebäude am Schlossplatz“ geändert.
  • Ich finde es nicht so gut, dass hier einige so -ja man muss fast sagen, feindselig reagieren. Das fällt leider in diesem Forum öfters auf, dass eine Debatte bezüglich unterschiedlichen Lösungen im Städtebau und der Architektur relativ einfach abgewürgt wird, indem man auf eine Rekonstruktion eines Vorzustandes verweist und schlicht nach Baudatum abkanzelt und insgesamt nicht sachlich zu diskutieren bereit ist (nach dem Motto, die beste Lösung wissen Wir alle doch schon). Da hat doch kaum mehr jemand Lust eine Debatte zu führen, wozu ein Forum ja da sein sollte, wenn so klar suggeriert wird, dass es kaum Spielraum für Debatten bei diesem Kernthema des Forums gibt.

  • Das Staatsratsgebäude verbreitet eine unglaubliche Tristess und trägt erheblich zu der Ödnis des Ortes bei. Die Fassade erscheint monoton,

    Die Kastenform widerspricht den umgebenden Gebäuden, wie Stadtschloss und Marstall. Sicher das Treppenhaus ist bemerkenswert, aber das kann es nicht sein.

  • ^ Der Senat ist wieder mal der Bremsklotz. Meldung von 2018:

    350 Vollzeitstudenten betreut die Hochschule derzeit, hinzu kommt die berufsbegleitende Fortbildung für Führungskräfte. Um weiter wachsen zu können, möchte die Hochschule das Bürogebäude entlang der Breiten Straße abreißen und durch einen größeren Neubau ersetzen, das ist auch im Bebauungsplan so festgehalten. Die „Honecker-Garage“, ein Flachbau für den Fuhrpark der DDR-Führungskader, und ein Teil des Parkplatzes sollen ebenfalls überbaut werden. (...) Die Senatsverwaltung erklärt auf Anfrage wortreich den Stand der Planung, begründet die Ablehnung der Hochschulwünsche aber nicht weiter. (...)

    Die Hochschulleitung fühlt sich von der Bauverwaltung aber nicht ernst genommen. „Es ist kafkaesk, man bringt sein Anliegen vor, aber alles prallt ab und wird nicht umgesetzt“

    Der betr. Bürobau ist hier im Bild links zu sehen. Da sich das Grundstück in direkter Nähe zum Schloss befindet wäre bei einem Neubau eine anspruchsvolle Architektur wünschenswert.

  • Das Staatsratsgebäude steht als Zeitzeuge des späten Sozialismus unter Denkmalschutz und das zurecht. Es ist zeittypisch und zeigt exemplarisch die spätsozialistische Epoche, die versuchte wieder an die Geschchte anzuknüpfen (Schauspielhaus, Wiederaufstellung des Reiterdenkmals des Alten Fritzen und schließlich das Portal IV, wenn auch mit einer typischen Geschichtsfälschung verbunden (Ausrufung der sozialistischen Republik durch Liebknecht), aber das ist das Niveau des Balkons der Julia in Verona).

    Dann darf man nicht vergessen, dass er Bau als erstes Bundeskanzleramt nach der Wiedervereinigung fungierte.

    Unter Schutz steht allerdings nicht alles: im wesentlichen das Portal, die Verglasungen, die Sitzungsäle im Obergeschoss und der spiessige Karpfenteich im Garten. Man könnte also durchuas eine Fussgängendurchwegung durch das Erdgeschoss brechen, exakt auf dem Grundriß der Brüderstraße, um das Quartier wieder anzuschließen. Der Senat hatte einmal im planwerk Innenstat eine bauliche Fassung des Gartens beschlossen. Aber dagegen würde sich sicher auch der Eigentümer wehren, schliesslich eine private Wirtschaftshochschule, die bzgl. ihrer Absolventen und des Lehrniveaus international noch nicht auffällig geworden ist.

  • Fußgängerdurchwegung oder gleich Durchbruch

    Den Gedanken von Konstandindegeer bzgl. einer Fußgängerdurchwegung aufgreifend, darf daran erinnert werden, daß der Gedanke eines 'Durchbruchs' zugunsten der Brüderstraße hier im Forum schon einmal thematisiert wurde:

    Pagentorn
    28. August 2019 um 11:31
  • Das Staatsratsgebäude steht als Zeitzeuge des späten Sozialismus unter Denkmalschutz und das zurecht. Es ist zeittypisch und zeigt exemplarisch die spätsozialistische Epoche, die versuchte wieder an die Geschchte anzuknüpfen....

    Dann darf man nicht vergessen, dass er Bau als erstes Bundeskanzleramt nach der Wiedervereinigung fungierte.

    Für mich ist es der "Zeitzeuge" für das Machtzentrum einer widerwärtigen, verbrecherischen Diktatur, die (nicht nur) meine Heimatstadt mit genauso langweiligen und hässlichen Bauten überzogen hat, wie es (leider) heute in anderer Formensprache immer passiert.

    Es tut mir ja schrecklich leid, aber ich betrachtete die Bauwerke meiner Umwelt nun mal nicht aus architekturhistorischer Sicht, sondern mit reinem ästhetischem Empfinden und allenfalls noch im allgemeinen historischen Kontext. Aufgrund meines Lebenslaufes verachte ich nun mal das, was die damaligen Machthaber als Sozialismus "verkauft" haben und brauche deshalb auch keinen Denkmalschutz für dessen Architektur.

    Von der Vorgängerdiktatur sind zum Glück sehr wenige Gebäude übrig geblieben und auch diese sehe ich persönlich übrigens aus architektonischer Sicht auch als verzichtbar an.

    Und über den Hinweis, dass dort übergangsweise das Bundeskanzleramt untergebracht war, sage ich nur, dass das ja nun die geringste Relevanz hat für den Erhalt des Gebäudes.

    So, nun dürft ihr wieder über mich herfallen! ~:-[]

  • Es tut mir ja schrecklich leid, aber ich betrachtete die Bauwerke meiner Umwelt nun mal nicht aus architekturhistorischer Sicht, sondern mit reinem ästhetischem Empfinden und allenfalls noch im allgemeinen historischen Kontext.

    Und ich denke dass genau das ist in dieser Rigorosität falsch ist. Gemäß deiner Argumentation müsste nicht nur das Staatsratsgebäude, sondern auch die Monumentalbauten der ehemaligen Stalinallee oder der Fernsehturm aus dem Stadtbild verschwinden. Alles Beispiele von jeweils gelungener und anspruchsvoller Architektur, wie ich meine.

    Ich meine dass die architektonische Qualität über den Erhalt eines Gebäude entscheiden sollte, auch wenn diese nicht immer, aber oft schwer zu definieren ist. Legt man hingegen den "historischen Ballast" als Messlatte zugrunde ist der Weg zur Bilderstürmerei vorgezeichnet.

  • Oberbaumbrücke : Alles nachvollziehbar was Du schreibst und keiner fällt hier über dich her.

    Aber ich frag mich, was du eigentlich willst. Es kann ja wohl nicht sein,aufgrund der historischen Belastung das Gebäude abreißen zu wollen.

    Fast alle haben negative Erfahrungen mit diesem Staat machen müssen, die einen mehr, die anderen weniger

    (wobei auch Westdeutschland "mit langweiligen und hässlichen Bauten überzogen" wurde).

    Er ist aber nunmal Teil unserer Geschichte, die man nicht einfach auslöschen kann - so wie andere Epochen auch.

    Und dieses Gebäude ein Symbol davon, nach dem Abriss des PdR das bedeutendste und steht deshalb zu Recht teilweise unter Denkmalschutz.

    Ich würde noch nicht mal das Haus der Ministerien bzw. Görings Reichsluftfahrtsministerium abreißen wollen. Solche Gebäude helfen uns und kommenden Generationen, uns unserer Geschichte bewusst zu sein. Sie machen sie ein Stück "erlebbar", anschaulich.

    Die Ästhetik des Baus würde ich auch nicht bejubeln, bei den vielen Scheußlichkeiten der Umgebung (auch der Nachwendezeit) mich daran aber auch nicht festbeißen wollen.

    Das Staatsratsgebäude steht als Zeitzeuge des späten Sozialismus unter Denkmalschutz...

    Wieso eigentlich "später Sozialismus"? Die DDR wurde 1949 gegründet, das Gebäude Anfang der 60er errichtet.

  • ^ Weil der "frühe" Sozialismus noch stalinistisch baute, also noch nicht abstrakt modern sondern "national".

    Ansonstern gibt es immer Geschmacksdemagogen - das ficht jedoch den Denkmalschutz gottlob nicht an.

  • Und ich denke dass genau das ist in dieser Rigorosität falsch ist. Gemäß deiner Argumentation müsste nicht nur das Staatsratsgebäude, sondern auch die Monumentalbauten der ehemaligen Stalinallee oder der Fernsehturm aus dem Stadtbild verschwinden. Alles Beispiele von jeweils gelungener und anspruchsvoller Architektur, wie ich meine.

    Ich meine dass die architektonische Qualität über den Erhalt eines Gebäude entscheiden sollte, auch wenn diese nicht immer, aber oft schwer zu definieren ist. Legt man hingegen den "historischen Ballast" als Messlatte zugrunde es der Weg zur Bilderstürmerei vorgezeichnet.

    Ja, auch der Fernsehturm ist, zumindest an seinem Standort ein völlig deplaziertes Bauwerk. Und alles andere ist Geschmackssache. Ich habe nun mal nichts für den Moskauer Zuckerbäckerstil übrig.

    Natürlich ist es ein schmaler Grat, auf dem umstrittene Bauten beurteilt werden. Aber da meine persönliche Meinung in der Stadtplanung ohnehin nicht den allergeringsten Einfluss hat, tue ich die einfach mal hier kund. Und die ist, dass gemessen an dem, was städtebaulich verloren gegangen ist (egal aus welchem Grund) kein Anlass für mich besteht, den Ersatz zu akzeptieren, zumal er, wie im Falle des "Staatsratsgebäudes" einen Riegel darstellt zwischen dem Schloss und dem, was einmal Alt-Cölln und damit ein nicht unbedeutender Teil der Berliner Altstadt.