Berlin - Hauptbahnhof, Humboldthafen, Europacity

  • Die Willy Brand-, Kurt-Schuhmacher, Konrad Adenauer- und Theodor Heuss-Straßen, Alleen und Plätze sind ja meist irgendwelche mit Nachkriegsmist versehene Magistralen. Nicht anders die Europaplätze. Kenne kaum anderslautende Beispiele. Wichtiger als der Name ist m.M. die Gestaltung des Platzes.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • keine bange, beide plätze sind bislang nur provisorisch gestaltet. bis auf das kleine meininger hotel ist vom sogenannten lehrter stadtquartier, das dereinst den hauptbahnhof umgeben wird, nicht viel zu sehen.

  • Ganze fünf Jahre alt ist der neue Haupbahnhof bereits und sucht immer noch sein passendes Umfeld, schreibt die Immobilien-Zeitung:

    Hauptbahnhof sucht passendes Umfeld

    Der Anschluss an das Straßenbahnnetz sowie den S-Bahn-Ring wurde dagegen nunmehr in Angriff genommen.

    Baustart für neue Straßenbahnstrecke - Invalidenstraße bis 2013 ein Nadelöhr - Berlin - Berliner Morgenpost - Berlin


    Das filigrane Meininger-Hotel ist bereits seit Ende 2009 fertiggestellt.

    Vor kurzem vollendet ein weiteres Motel One an der Ecke Invalidenstraße/Lehrter Straße.

    Zunächst auf Eis dagegen ein weiteres Hotelprojekt der Meermann-Gruppe für das Grundstück am Ausgang des Tiergartentunnels.
    Hotel- und Kongresszentrum am Hauptbahnhof Hotel- und Kongresszentrum am Hauptbahnhof .: Chamartín Meermann Immobilien AG :.

    Die Kunsthalle am Humboldthafen, die der Delegierende Bürgermeister als Herzensangelegenheit betrachtete, ist auch vom Tisch - daher dort weiterhin Partystrand und -zirkus.

    Den staunend machenden Wettbewerbssieger für den Neubau in Richtung Calatrava-Brücke dürftet ihr ohnehin kennen:
    KSP - Jürgen Engel Architekten: 1. Preis Humboldthafen Berlin

    Ein aktueller Blick von der Moltkebrücke zum Abschluss:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Wenngleich man sich die Minimal-Eleganz der Eckausbildung des Motel-One in Dresden wünschen würde, ist die bisherige Bebauung des Hauptbahnhof-Umfeldes, die zudem recht schleppend stattfindet, absolut unterdurchschnittlich. Vielleicht müssen wir da mit unserem Wiener Platz gar noch glücklich sein?!

    Danke für die Fotos!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Da hat man es ausnahmsweise mal geschafft, ein qualitätvolles Bauwerk der Moderne zu errichten - und dann verbaut man es komplett mit Billigschachteln. Der Hauptbahnhof wirkte als Solitär an dieser Stelle auf mich adäquat und eindrucksvoll. Schön, dass ich ihn noch vor Meininger & Co besuchen konnte. Am tragikkomödiantischsten finde ich allerdings diverse Äußerungen von Frau Regula Lüscher, die in der Hauptstadt seit Stimmanns Abgang in ihrem Sinne reguliert. Ihre Worte zum kommenden Intercityhotel sind durchaus als grotesk einzustufen. Vor einiger Zeit hat sie bereits mit ihrem Senat dafür gesorgt, dass der Wertheim-Nachfolger am Leipziger Platz vereinfacht ausgeführt wird, weil ihr der historisierende Entwurf zu sehr ans Original angelehnt war. Den Einfluss einzelner Personen auf den Städtebau in Deutschland finde ich immer wieder erstaunlich.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Gibts hier was neues zu vermelden? Mir gefällt das Bahnhofsgebäude an sich wirklich gut, einer besten Funktionalbauten den ich kenne.
    Die Bebaung des Vorplatzes zieht sich ja nun schon ein halbes Jahrzehnt. Liegt da der Hund beim Senat oder bei der Inverstorenschaft begraben?

  • Was läuft da bloss SO falsch?! :kopfwand:
    Die Schuhkartons die rund um den Bahnhof aufgestellt werden, sind echt das langweiligste und tristeste und billigste, was sich moderne Architekten mal schnell aus dem Ärmel schütteln können. Warum wird hier nicht mal gezeigt, wozu moderne Architektur auch in der Lage ist?
    Schönes Aushängeschild für das ach so edgy und progressive Berlin...

    Einmal editiert, zuletzt von Treverer (14. November 2011 um 15:15)

  • Die Schuhkartons die rund um den Bahnhof aufgestellt werden, sind echt das langweiligste und tristeste und billigste, was sich moderne Architekten mal schnell aus dem Ärmel schütteln können. Warum wird hier nicht mal gezeigt, wozu moderne Architektur auch in der Lage ist?

    Weil es hier und fast überall sonst auch um das liebe Geld geht. Und wenn schon der Baugrund ziemlich teuer ist, wird bei einem Hotel dieser Kategorie auch nicht noch sonderlich viel Wert auf eine gute Architektur gelegt. Das ist im knapp bemessenen Budget einfach nicht drin. Entsprechend sieht dann das Bahnhofsumfeld auch aus.

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  • Nun, aber nachhaltig ist das nicht gedacht. Ich versuche es grundsätzlich zu vermeiden, in einen solchen Bunker zu ziehen. Suche mir meist Hotels zum vergleichbaren Preis, aber mit schönem Ambiente zum Übernachten aus. Insofern bekommen sie mich als Kunden eher selten in so einen Knast. Aber vielleicht ist es anderen Leuten egal, wo sie schlafen. Ob die dann allerdings das große Geld dort lassen, ist auch fraglich.

  • Meine vier Sätze zum Thema:

    Es wird immer nur das gebaut, was gebaut werden darf. Regula hat diesen Entwurf hochgelobt. Es liegt nicht immer alles am Geld. Unter Stimmann ist vieles anders gelaufen.

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  • Ich bin überzeugt, dass mit dem gleichen Budget etwas ganz Hervorragendes gebaut werden könnte, wenn man es nur wollte, wenn man geniale Außenseiter unter den Architekten ans Werk ließe, wenn man überhaupt den Willen hätte, die Kiste mit den erbärmlichen graphischen Fassadenpielereien zu überwinden. Aber anscheinend ist in Deutschland der Ofen endgültig aus, Architekten können nichts anderes mehr und die Verwaltung erwartet nichts anderes mehr. Was könnte noch helfen? Vielleicht eine großangelegte Kampagne mit der Präsentation von Meister-Architekturen weltweiter Provenienz!

  • Architekten können nichts anderes mehr


    Da glaube ich nicht dran. Architekten liefern das, was von ihnen erwartet wird. Es zeigt sich doch immer wieder, dass Architekten sehr wohl "können", wenn sie dürfen oder gar sollen. Nicht nur die Divergenz zwischen Frankfurt und Dresden verdeutlicht den Einfluss der Stadtbaupolitik auf die Entwicklung einer Stadt. Der Architekt ist nicht dumm und produziert das, was die größte Chance auf Realisierung hat. Erstens will man sich in der Modernistenjury nicht blamieren und zweitens geht es schlicht um's finanzielle Überleben und die Festigung am Markt. Berlin unter Stimmann war ein anderes Berlin.

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  • Muss Youngwoerth zustimmen. Oftmals wird den Architekten auch direkt von den Behörden der Riegel vorgeschoben. So wurden unter anderem (trotz allem) qualitativ hochwertige Bauten von Patzschke und Partner um ein Türmchen hier und eine Auskragung da gebracht, was dem Bau dann die Chance nimmt einen neuen klassischen Akzent zu setzen. Er fügt sich dann nur noch wunderbar ein. So viel Rücksicht darf man bei modernen Eskapaden natürlich nicht erwarten, da wird so gut wie jede Gestaltungsvariante, sei sie auch noch so graußig und dominant, genehmigt.

  • Sicher könnte man mit einem vergleichbaren Budget eine andere Fassadenlösung anbieten, das sei unbenommen. Allerdings bliebe auch dann der Bau nur eine Kiste, die u.U. nur etwas besser aussehen würde. Gute Architektur hätte man dadurch allerdings nicht generiert.
    So gesehen liegt es also doch am Geld! Deshalb ist es aber auch falsch, ein solches Bauprojekt zum Aufhänger für eine neue, andere Architektur zu nehmen. Sie würde nämlich misslingen! Ansetzen sollte man vielmehr bei Prestigebauten der öffentlichen Hand, die teils einer opulenten Event-Architektur frönen und mittelfritsig zu millionenteuren Sanierungsfällen zu verkommen drohen. Hier braucht es ein neues Bewusstesein für Wertigkeit, eine mehrdimensionale Auslegung des über die pure Wärmedämmung hinausgehenden Nachhaltigkeitsbegriffs. Erst dann wird man vielleicht begreifen, dass Groß-Gebäude nicht immer nur aus klimaschädlichem Beton errichtet werden müssen oder ein gewisses Fassadenrelief, ja eine differenzierte Kubatur, nicht unbedingt nur die Fassadenoberfläche und damit vermeintliche Wärmebrücken begünstigen. Aber hierin liegt eben der Unterschied zwischen Architektur und Dekoration. Wir sollten meiner Meinung nach anstreben, über Letzteres hinauszukommen.

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  • Allerdings bliebe auch dann der Bau nur eine Kiste, die u.U. nur etwas besser aussehen würde. Gute Architektur hätte man dadurch allerdings nicht generiert. So gesehen liegt es also doch am Geld! Deshalb ist es aber auch falsch, ein solches Bauprojekt zum Aufhänger für eine neue, andere Architektur zu nehmen. Sie würde nämlich misslingen!


    Ich kann Deinen Thesen nicht ganz folgen. Gute Architektur ist nicht zwingend teurer als schlechte und wo ein Wille ist, könnte ein Weg sein. Bei einem Stadtentwicklungsamt, das solche austauschbaren Investorenkuben in den Himmel rühmt, sind derlei Ergebnisse und Entwicklungen kaum verwunderlich.

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  • Der Tour Total oder Total Tower, nicht dagegen der Totalturm an der Heidestraße nördlich des Hauptbahnhofs ist beinahe fertiggestellt. Es gibt schlimmere Gebäude...

    Man beachte den Wellenschlag der Gebäudekante rechts.

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    (Immanuel Kant)