Angeregt durch die "Gründerzeitquartiere in deutschen Großstädten"-Vergleiche habe ich einen Abstecher nach Hannover-Linden gemacht. Leider hatte ich nicht viel Zeit, es handelt sich größtenteils um Fotos aus Linden-Mitte, obwohl auch Linden-Nord und Linden-Süd großflächige Gründerzeitwohngebiete aufweisen.
Hannover spielt von der erhaltenen Bausubstanz/dem Potenzial her in einer Liga mit Leipzig, hat aber deutlich weniger aus dem Bestand gemacht und wird deshalb wohl auch nicht zu unrecht bei solchen Vergleichen selten genannt. Da ich ein Faible für Underdogs habe, und die Stadt auch ein wenig kenne, dachte ich mir, es ist doch mal an der Zeit, hier ein paar Bilder zu zeigen. Von der Innenstadt haben wir ja einiges in der Galerie, aber aus den Stadtteilen nicht viel mehr als ein paar Streetview-Bilder und Wikipedia-Fotos.
Dabei, ich muss es nochmal sagen, weist Hannover vielleicht neben Stuttgart bei den westdeutschen Großstädten nach Hamburg und München sicherlich den am flächigsten erhaltenen Bestand auf. Interessant ist auch, dass selbst die Arbeiterviertel außerordentlich gut erhalten sind, das ist in fast allen anderen deutschen Städten ähnlicher Größe (mit Ausnahme Leipzigs) deutlich weniger der Fall, weil diese aufgrund der Nähe zur Industrie auch oft mehr zerstört wurden und/oder nach dem Krieg aufgrund der generell schlechteren Wohnbedingungen eher abgerissen wurden.
Ich bin immer erstaunt, wie geschlossen und großflächig der Bestand oft noch ist. Linden hat außerdem einen ganz eigenen Stil, wie man sehen wird, sehr viele backsteinsichtige Fassaden schon im Historismus, dadurch relativ oft gotisierende Elemente, die dann von der frühen Moderne oft auch wieder aufgegriffen wurde. Der Stadtteil weist nahezu alle Entwicklungsstufen des deutschen Städtebaus von etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Architektur der 2010er Jahre auf, wird aber dominiert von kaiserzeitlicher Blockrandbebauung.
In medias res, das "Tor zu Linden" ist von der Stadt kommend am ehesten der "Schwarzer Bär" genannte Platz, der aber noch sehr gemischt bebaut ist, hier war ich (atypisch) etwas selektiv, weil doch auch einiges an Nachkriegszeug dazwischen steht, gleich rechts mit dem Capitol ein ziemlicher backsteinexpressionistischer Kracher:
Nördlich wird der Platz von diesem interessanten Haus gesäumt, anscheinend wurde der Turmhelm in den 1980er Jahren postmodern wiederaufgebaut:
Die Lichtverhältnisse waren durch die tiefstehende Sonne bestenfalls mäßig, zudem hat mein Telefon eine Neigung zu sehr starker Farbsättigung, die ich tlw. sogar reduzieren musste, aber dann wieder mit Problemen mit der Helligkeit.
Gegenüber ein weiteres imposantes Geschäftshaus:
Im Bild auch der namengebende schwarze Bär.
Blick nach Süden, hier ist auch die heterogene Struktur zu erkennen, im Hintergrund aber nochmal zwei große Geschäftshäuser:
Ein weiteres lustiges Haus:
Der Stadtteil ist sehr multikulturell und alles andere als verschnörkelt. Trotzdem oder gerade deshalb wirkt er sehr lebendig und alles andere als "abgehängt", wie solche Stadtteile zum Beispiel im Ruhrgebiet manchmal sind. Die ikonischen grellgrünen alten üstra-Straßenbahngarnituren fahren nur noch hier im Stadtteil wegen der fehlenden Hochbahnsteige:
Linden ist wie ganz Hannover von der westdeutschen Fensterkrankheit befallen, aber es wird recht viel renoviert, und mein Eindruck ist, dass der Anteil adäquat geteilter Fenster in den letzten 20 Jahren, seit ich den Stadtteil (sporadisch) besuche, deutlich zugenommen hat. Es geht gleich weiter....