Mal wieder eine kleine zufällige Entdeckung... ich wusste, dass der Hamburger Osten und Südosten im Hamburger Feuersturm übelst zerstört wurde. Ich habe ich auch schon Beispielbilder aus Eilbek gezeigt. Was mir aber nicht klar war, war das Ausmaß dieser Stadtteile, insbesondere ihre Ausdehnung nach Südosten Richtung Elbe und Bille und ihre Nutzung auch als Wohnstadtteile. Riesige Areale, die heute freudlose Ansammlungen meist eher suburban imponierenden Gewerbebreis sind in diesen Stadtteilen, die man maximal vom Durchfahren auf den oft überdimensionierten Verkehrstrassen kennt, waren früher quirlige Wohnviertel. Sogar eine eigene Hochbahnstrecke hatte der Stadtteil, auf der sich auf einem durchgehenden Viadukt insgesamt vier Hochbahnhaltestellen befanden.
Nur das innenstadtnahe westliche Hammerbrook ist überhaupt städtisch wiederaufgebaut worden, leidet aber bis heute an der fundamentalen Fehlentscheidung aus der Nachkriegszeit, den Stadtteil zum reinen Bürostandort zu machen. Erst in den letzten 10, 15 Jahren hat ein kleiner Boom eingesetzt, in vielen Nebenstraßen werden Wohnhäuser errichtet, und einige Sünden der 60er und 70er wurden durch modernere Sünden ersetzt.
Der Stadtteil vor dem Krieg:
(Plan von 1910)
Auf dieser Karte "oben"/im Norden, im Bereich Eiffestraße/östlich des Berliner Tors befand sich übrigens das Zentrum des Feuersturms. Die Situation bei GoogleMaps heute:
Man erkennt die Dominanz der Verkehrstrassen auf den ersten Blick. Nach Osten und Süden läuft das ehemals dicht bebaute Gebiet in den typischen "urban sprawl" der Nachkriegszeit mit Brachen, Gewerbe und vereinzelten Wohnbauten aus. Ganz im Süden des obigen GoogleAusschnitts, genau beim "G" des "Google"-Schriftzugs aber hat exakt ein Block der alten Bebauung überlebt (allerdings wie üblich unter Verlust der Dachlandschaft), einmal radgezoomt in der Schrägansicht:
Es handelt sich um das eingerüstete Gebäude am Straßenzug "Billwerder Neuer Deich" - abgeschnitten im Vordergrund befindet sich der vielen Hamburgbesuchern wohl von der Einfahrt in den Stadtteil bekannte Komplex des Holiday Inn, noch weiter südlich ist nun seit einiger Zeit der "Elbtower" im Bau.
Ein paar Bilder mit Apple Maps, die Südseite des Blocks:
Die Ostecke am Billhorner Mühlenweg:
Die Nordseite:
Selbst für einen der herrlichen Hamburger Blockversätze hat es gereicht:
Auch hier meint man mit den Balkonen und der Farbgebung ein irgendwie "amerikanisches" Fassadenbild zu erkennen, noch stärker ist das fast auf den Vorkriegsbildern zu erkennen, die in diesem sehr guten Artikel der MoPo zu finden sind inklusive Vorher-Nachher-Vergleichen:
Hamburg Historisch - Hamburger Morgenpost
Heute ist dieses Gebiet wie eine abgeschnittene Insel im Brei dieser Stadtteile, unattraktiver kann es fast nicht liegen, umtost von Verkehr, ohne irgendeinen Viertelcharakter. Ich hatte die Verluste an attraktiver und dichter Wohnbebauung im Hamburger Osten immer weiter nördlich taxiert, eben Wandsbek mit den bekannten Bildern aus Eilbek und das Gebiet Rotheburgsort/Hammerbrook etc. eher als gemischtes Industriegebiet eingeordnet - aber dass sich das dichtbebaute Gründerzeithamburg so weit nach Süden und Osten erstreckte, in einem Gebiet, das wie gesagt heute nicht belangloser und öder sein könnte, das hat mich ehrlich überrascht.
Wenn man sich durch die obige Fotostrecke der MoPo klickt, sieht man herrliche Einkaufsstraßen mit großen, prachtvollen Geschäftshäusern, Wohnstraßen und Industrie. Heute sieht man Autos, einstöckige Nachkriegsbaracken, Beton und freudlose Rotklinkerhütten aus den 50ern.