• So ganz überzeugt bin ich da noch nicht. Sicherlich ein guter Ansatz, aber dennoch noch nicht genug. Hat schon viel von 08/15-Kiste aber mit runden Ecken und allerlei Versatzstücken und gerade die Bebauung um die Friedrichswerdersche Kirche find ich persönlich eher kitschig. Man merkt halt, dass man den heutigen Architekten erfolgreich das Gespür für gute Proportionen und Ornament über Jahrzehnte erfolgreich ausgetrieben hatte. Um mal eine Lanze für das Bauhaus zu brechen: Was Ästhetik und Sinn für Proportionen anbelangt sind originale Gebäude aus dieser Ära und der Neuen Sachlichkeit erste Sahne. Man sieht den Gebäuden aus dieser Zeit an, dass deren Schöpfer eine Klassische Ausbildung genossen hatten. Die historistischen "Geschwürhäuser" (Originalzitat aus der Jahrhundertwende) wurden oft so lange mit Stuck und Ornamenten zugeballert bis sie eher an Sahnetorten denn an Häuser erinnerten. Man kann sich vorstellen, dass ästhetisch empfindende Menschen, die noch in einem vom Klassizismus Schinkelscher Ausprägung geprägten Berlin aufgewachsen waren, sich mit Grausen abwandten. Der Trend zur Versachlichung der Architektur begann ja schon vor der Jahrhundertwende in England und wurde in Deutschland durch Jugend- und Reformstil aufgegriffen.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

    Einmal editiert, zuletzt von Pfälzer Bub (28. Januar 2014 um 14:27)

  • "Großprojekt in Planung", heißt es auf den Seiten des Immobilienentwicklers und -vermarkters Sascha Klupp (INTER Gruppe).

    100 Wohnungen auf 30.000 Quadratmetern in zentraler Lage. Weiß jemand oder kann sich jemand vorstellen, wo dieses Projekt verwirklicht werden soll?

    Der Zeichnung nach würde ich übrigens auf das Büro Patzschke tippen:
    http://sascha-klupp.tumblr.com/image/64202495444

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hmm, so wie das aussieht wiederholt sich Patzschke mittlerweile auch nur noch, man hat sich daran allmählich satt gesehen. Aber natürlich tausendmal besser als was "modernes".

    In dubio pro reko

  • (...) ... man hat sich daran allmählich satt gesehen. (...)

    So ist es doch mit allen Baustilen. Die meisten gründerzeitlichen Füllbauten sehen sich auch sehr ähnlich. Und die modernen Kisten mit Glubschaugen- oder Strichcodefenstern und weißen Wärmedämmfassaden sind ebenfalls alle gleich. Von mir aus könnte man sämtliche Berliner Baulücke mit solchen Patzschke-Häusern füllen.

  • in zentraler Lage. Weiß jemand oder kann sich jemand vorstellen, wo dieses Projekt verwirklicht werden soll?

    Unter "zentraler Lage" würde ich jetzt alles innerhalb des S-Bahn Ringes vermuten - das ist allerdings ein sehr weitreichendes Gebiet :wie:

  • Hallo zusammen! In meinem ersten Beitrag für dieses Forum, das ich schon seit Jahren mit Freude verfolge und auf dem ich viele Gleichgesinnte wähne, will ich auf einen durchaus üblen Artikel im Online-Tagesspiegel von gestern hinweisen (ich hätte ihn auch schon da gepostet, aber mein Benutzerkonto musste erst freigeschaltet werden...).

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/gastbei…in/9543002.html

    Wenn ich den Autor richtig verstehe, dann kritisiert er, dass ein Investor einfach so "stillos historisierend" bauen darf - gleichzeitig kritisiert, dass sich der Bau nicht in die Klosterstraße mit ihrem erhaltenen historischen Baubestand einfüge und verweist dafür in etwa auf die Geschosszahl (!). Worauf er eigentlich hinauswill, weiß ich nicht, aber eben das macht den Artikel so gefährlich. Hauptsache, ein historisierender Neubau kann als Projektionsfläche für so ziemlich alles an Hass dienen, womit man abends nach Hause kommt.

    Mal abgesehen von den ganzen Widersprüchen in dem Artikel: Im Grunde stellt sich der Verfasser doch im Grundsatz genau gegen das, was uns hier im Forum alle verbindet. Auch wenn man durchaus darüber streiten kann, ob die Klostergärten nur "annehmbar" oder gar "gelungen" sind - hier sollten wir meines Erachtens Lufthoheit gewinnen. Nicht dass in Zukunft Bürgerbeteiligung gefordert wird, um historisierende Privatbauten auf privaten Grundstücken (!) zu verhindern.

    "Die Qualität städtischen Bauens resultiert aus einer Generationen währenden, kollektiven Leistung." Hans Kollhoff

  • Der Herr hat doch so viele Ministerien-Bunker in Berlin zu verantworten. rant:)

    Sicherlich sind die Ansprüche auch heute anders, die Geschosszahlen fallen heute nun mal auch dem Maximinierungsdruck "zum Opfer", was ich aber jetzt nicht so schlimm finde. Viel mehr stört es mich, warum man in der Nachkriegszeit klassische Formen und Baustile nicht mehr neu auflegen dürfen sollte?

    Warum sollte nur noch modern gebaut werden dürfen? Die Klostergärten passen sich meiner Meinung nach hervorragend in die Gegend ein, mit einem offenen Garten zur Parochialkirche, mit einem Dachgeschoss, dass sich wohl deutlich mehr Respekt neben den historischen Bauten zeigen wird, als so manch ein moderner Bau.

  • Was genau ist eigentlich das Problem dieses Autors?
    Ich werde aus diesem Artikel nicht schlau.
    Es ist abermals ein Rundumschlag gegen alles, das in irgendeiner Art und Weise das Prädikat Historisch oder auch historisierend aufgesetzt bekommen könnte - und das geht mir gehörig gegen den Strich!

    Wäre der Wetteifer gegen diese dort geplante Bebauung dieselbe, würde dort ein moderner Betonkasten entstehen, der eventuell gleichfalls in keinem öffentlichen Verfahren gewählt worden wäre?
    Ich mutmaße mal: Nein!

    Es ist geradezu ein Tumor dieser Gesellschaft, dass voreingenommen alles, das historisch anmutet, abgelehnt wird.
    Dabei hat die Architektur der Moderne bis heute den Grad schönen Bauens vergangener Epochen nicht wieder erreicht.

    Mit gebotenem Respekt all jenen gegenüber, die von sich behaupten Stahl-Glas-Beton-Kisten als schön zu empfinden.

    Vielleicht gelingt es uns in der Zukunft, verführende und ornamentreiche Fassaden wieder als schön zu empfinden, ohne dabei weiterhin den Gedanken zu kultivieren, dass historisierend und historisch schlecht sei und abgelehnt werden müsse.

    Warum eigentlich?


    Gruß aus Berlin

  • Entweder habe ich gestern beim Lesen des Artikels nicht alles mitbekommen oder er war in der gedruckten Zeitungsversion kürzer. Jedenfalls kam mir gerade bei der Online-Fassung beinahe wieder das Mittagessen hoch. Das ist ja Gift und Galle, die da gespuckt werden, mit einer Wortwahl, die eindeutig Stimmung machen soll gegen das Bauen von Häusern mit harmonischen, eleganten Formen, wenn schon keine Wohnhäuser mit Stuckfassaden mehr errichtet werden.
    Jedenfalls kann ich meinen Vorschreibern nur in allen Punkten zustimmen!

  • Mir ist auch nicht ganz klar gegen was sich der Artikel genau wendet. Das dem Autor die beschriebene Bauten nicht gefallen - na gut.

    Aber der Vorwurf, die Bebauung sei hinter verschlossenen Türen geplant, setzt ja voraus dass, die Entwürfe in der Öffentlichkeit diskutiert, anders und dem Autor genehmer ausgefallen wären. Ob dies so wäre?

    im Übrigen ist der Artikel auch nicht gut recherchiert. Die Grauen Brüder sind doch die Franziskaner.

    Und dann noch das Heinrich Hübsch Zitat dessen Sinn sich mir an dieser Stelle auch nicht so echt erschließt, zumal dieser die Frage sicher anders beantwortet hättte als der Autor des Artikels oder der Architekt der Klostergärten.

    Ich kann Spree-Athener nur zustimmen: ein Rundumschlag ohne dass man recht sieht warum.

  • Habe als "Baufreund" einen ausführlichen Kommentar gepostet. Als solchen Geiferer gegen historisierendes Bauen hätte ich Florian Mausbach nicht eingeschätzt. Offensichtlich vertritt er eine Architektenschaft, die ihre Felle davonschwimmen sieht und meint, mit überzogener Polemik noch etwas retten zu können.

  • Zitat

    Offensichtlich vertritt er eine Architektenschaft, die ihre Felle davonschwimmen sieht und meint, mit überzogener Polemik noch etwas retten zu können.

    Na, dann drücken wir die Daumen, dass er mit seinem einfach gestrickten Artikel genau das Gegenteil von dem erreicht hat, was er offensichtlich bezwecken wollte. Wenn ich mir die Tagesspiegel Kommentare so durchlese, dann hat der Autor sich selbst keinen Gefallen erwiesen - und das ist gut so :koenig: .

    Hochmut kommt eben vor dem Fall und der zeichnet sich - Gott sei gedankt! - seit ein paar Jahren und seit Nöfer, Patzschke, Höhne, H&S...usw. stark konturenhaft ab cclap:)

  • Der Autor Florian Mausbach ist eine etwas schillernde Figur, aber nichts desto trotz ein Vertreter der herrschenden Bauauffassung und der bestehenden Strukturen.

    Immerhin hat er sich in den 70ern gegen Flächenabrisse in Kreuzberg eingesetzt. Von 1975 bis 1977 weilte er als Übersetzer und Lektor in Peking. Nicht herausgefunden habe ich, woher er offenbar Chinesisch kann, denn studiert hat er Architektur, nicht aber Sinologie. Dort setzte er sich wohl zwar für den Reformer Deng Xiaoping ein, aber man muss sich im klaren sein, dass die 70er das "rote Jahrzehnt" waren und gerade viele Mao-Jünger aus den kommunistischen Splittergruppen, den K-Gruppen, seinerzeit in China ihr Heil sahen. Diese seltsame Karriere im China jener Jahre, der Endphase der "Kulturrevolution", ist also auch eine 68er-Karriere. Offenbar war Mausbach Mitglied der KPD/ML. Nach Deutschland zurückgekehrt wurde die Arbeit im Verlagswesen umgehend über Bord geworfen und sofort fand er Anstellung als Stadtplaner in Oberursel und Frankfurt. Von 1995 bis 2009 war er Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, übrigens vom CDU-Bauminister Töpfer eingesetzt. Auch Mausbach wurde wohl CDU-Mitglied - vermutlich auch dies ein Zeichen für die Austauschbarkeit bzw. den Konsens der etablierten politischen Strömungen. Zudem steht er, u.a. in Kooperation mit dem Architekturbüro Kleihues + Kleihues für konsequente Hochhausplanung, u.a. in der Berliner City West. Das macht etwas pikant, dass er sich nun beim Projekt "Klostergärten" über die Bauhöhe echauffiert. So oder so, das ist ein Mann des Establishments, insofern überrascht seine Herumnörgelei kein bisschen.

    Weitere Informationen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Florian_Mausbach

    http://www.morgenpost.de/printarchiv/be…ungsumzugs.html
    (Der Artikel ist unter der Überschrift "Der Bauherr des Regierungsumzugs" über Suchmaschinen auffindbar. Man kann ihn lesen, wenn man dort den Link anklickt.)

    http://www.berliner-zeitung.de/archiv/florian…0,10641868.html

  • Der Neubau der BND-Zentrale wird noch etwas teurer. Meiner Meinung nach klingt das nach einem Anschlag von linken "Autonomen". Die Frage ist aber dann, mit wessen Hilfe sie es ins Gebäude schafften...

    Neubau der BND-Zentrale wohl absichtlich geflutet
    http://www.gulli.com/news/25763-neu…utet-2015-03-23

    Leck in Hochsicherheitsbaustelle
    BND-Neubau wurde vorsätzlich geflutet
    http://www.n-tv.de/politik/BND-Ne…le14749241.html

  • Nun, die Charité erstreckt sich über ein ziemlich weitläufiges Areal, dass Deinem Ideal schon recht nahe kommt. Wie sollten sich vor dreißig Jahren dort noch die benötigten Krankenzimmer unterbringen lassen, wenn nicht, wie geschehen, in die Höhe gestapelt? Nicht vergessen, wir befinden uns nicht in Beelitz-Heilstätten, sondern mitten in Berlin ;)

  • Wie sollten sich vor dreißig Jahren dort noch die benötigten Krankenzimmer unterbringen lassen, wenn nicht, wie geschehen, in die Höhe gestapelt? )

    Da hast Du sicherlich nicht so ganz unrecht - aber meinst nicht daß sich ein solches Bettenhaus auch architektonisch anspruchsvoller gestalten läßt, als dieser grobe Klotz?