• Der Wiederaufbau Kiels hingegen gehört tatsächlich zum Übelsten, was ich so kenne. Und ich kenne eine ganze Menge, leider. Bremens westliche Innenstadt sieht ähnlich aus, und ich habe oft gesagt, dass ich die für das Schlimmste halte, was in Nachkriegsdeutschland mit Innenstädten gemacht wurde. Teile der Kölner Innenstadt könnte man auch noch nennen, sicherlich. Und die Ruhrstädte. Das wärs aber wohl. Schlimmer geht es nicht.

  • Mir fehlt da das feine Sinnesorgan, um differenzieren zu können, inwieweit der bayer.-fränkischen Raums besser sein soll. Wahrscheinlich ist es so: was einem nähersteht, und was man mehr liebt, sieht man umso unbarmherziger. Norddeutsche Städte haben etwas Kühles an sich, das sich mit dem Wiederaufbau(un)stil mE noch besser verträgt als fränkisches Mittelalter. Letztlich jedoch ist alles eine Beleidigung fürs Auge. Das besondere Manko an Kiel ist das Fehlen von "Wahrzeichen",dh markanten, unverwechselbaren, prägenden "Leitbauten". Das Stadtbild war um 1900 hochwertig, um 1930 immer noch hübsch, dies aber ohne besondere Einzelleistungen. Auch das beste von Snork gezeigte Fachwerkhaus stach nicht aus der überaus reichen niedersächsischen Tradition und Qualität heraus. Mit den Wirtschaftswunder-Paradigmen war somit nichts Besseres zu erzielen, wobei man sagen muss, dass man sich auch mit polnischen Ansätzen à la Danzig oder Elbing nicht ganz leicht getan hätte - es fehlt einfach ein unverwechselbarer Stil, den es zu imitieren gegolten hätte. Wenn man das alte Kiel in seinem Kern beschreiben könnte, dann wohl so: eine verträumte alte Kleinstadt in malerischer Insellage. Einem solchen Idyll war die Wiederaufbaumoderne alles andere als zuträglich, das hätte man woanders auch nicht besser hingekriegt. Die einzige Möglichkeit wäre der Radikalismus gewesen, die Insel als wirtschaftliches Zentrum aufzugeben und als reines Wohnquartier um die Hauptkirche als Landmarke historisierend wiederaufzubauen. So ist man allerdings nirgendwo verfahren. Angeblich soll ja angesichts der fortlaufenden Zerstörungen der Spruch kursiert haben: "Kiel wird zu einem kleinen Fischerdorf werden." Das wäre - etwas übertrieben formuliert - für die Altstadt eine Alternative gewesen, also die Aufgabe des urbanen Anspruchs, ein relativ kleines und schütteres Wohngebiet für Bessergestellte und natürlich ein gewisses Ziel für Touristen.

    Dass man damals auch ganz andere Sorgen und Prämissen hatte, steht außer Zweifel. Es hat daher keinen Sinn, das heutige Kiel über Gebühr zu verteufeln.

    Heinzer, ich finde auch Bremen nicht so schlecht. Letztlich ist etliches erhalten, teilweise sogar erstaunlich zusammenhängend. Ich sehe da den Süden ungleich kritischer.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wenn man das alte Kiel in seinem Kern beschreiben könnte, dann wohl so: eine verträumte alte Kleinstadt in malerischer Insellage. Einem solchen Idyll war die Wiederaufbaumoderne alles andere als zuträglich, das hätte man woanders auch nicht besser hingekriegt.

    Heinzer, ich finde auch Bremen nicht so schlecht. Letztlich ist etliches erhalten, teilweise sogar erstaunlich zusammenhängend. Ich sehe da den Süden ungleich kritischer.

    Ich finde diese dimensionssprengenden horizontal gegliederten Kisten in der Altstadt in Kiel eine Zumutung, viel schlimmer als den vermurksten Heimatstil in Nürnberg, den Du anscheinend so hasst. Bzgl. Bremens bin ich mir der Qualitäten der östlichen Innenstadt durchaus bewusst, mir ging es um alles westlich der Sögestraße. Das zählt -und dabei bleibe ich- zum Schlimmsten, was der Wiederaufbau in Deutschland zustande gebracht hat. Es ist nicht einmal konsistent hässlich, so dass vielleicht eine Art "Ensemble des Grauens" entstehen könnte, sondern lotet zuverlässig von allen Formen und Erscheinungsformen der Architektur von ca. 1955 bis 1975 die jeweils schlimmsten aus und kombiniert diese so heterogen wie möglich auf geradezu vernichtende Art und Weise.

  • Auch das beste von Snork gezeigte Fachwerkhaus stach nicht aus der überaus reichen niedersächsischen Tradition und Qualität heraus.

    Reine Fachwerkbauten sind nördlich der Elbe offenbar meist nur einfache Zweckbauten gewesen. Fachwerk kam, wenn überhaupt, eher bei den rückwärtigen Gebäudeteilen zum Einsatz. Wer es sich leisten konnte, baute dekorative Fassaden ohne Holz.

    In Kiel ergibt sich, wie gesagt, ansonsten noch die Besonderheit, dass es als dänische Provinzstadt vor 1864 keine nennenswerte Rolle spielte - anders zum Beispiel als Flensburg mit seiner wichtigen Rolle im Westindien-Handel, der der Stadt zu bürgerlichem Reichtum und demzufolge auch zu sehenswerter Architektur verhalf (kein Fachwerk - nur Backstein!).

    Flensburg profitierte, anders als Kiel, vom preußischen Sieg und der deutschen Reichsgründung entsprechend nur wenig - die Eindeutschung ging mit dem Verlust der Kolonien einher. War die Stadt um 1800 noch fast doppelt so groß wie Kiel, hatten sich die Verhältnisse 1900 umgekehrt.

  • Kiel hatte an herausragenden Bauwerken aus den vorgründerzeitlichen Jahrhunderten nicht allzu viel vorzuweisen, da es ja eigentlich eine eher verschlafene Nebenresidenzstadt gewesen war, die in einer Liga mit Städten wie Spremberg spielte. Ein paar schön verzierte Fachwerkhäuser in der Haßstraße; die Nikolaikirche, das alte Rathaus und die Persianischen Häuser am Markt, das wenig beeindruckende Schloss, die halb ruinöse Klosterkirche, der schlichte Warleberger Hof. Einen prägenden, gar ortstypischen Baustil gab es nicht.

    An interessanten vorgründerzeitlichen Bauten wären zu nennen: die schönen Bürgerhäuser an der Südwestseite des Marktes Markt 5-8, 10 und 11 sowie die zwei Adelshäuser Markt 13 und 14 aus der ersten Hälfte des 18. Jh., das Schweffelhaus, Klinke 2, von 1775, das sog.Telemann'sche Haus, Haßstraße1 (ein schönes Renaissance-Bürgerhaus, erbaut 1575) und die Ratsapotheke, Holstenstraße 5 von 1611.

    Allgemein gefällt mir dieser Strang sehr gut. Ich habe zwischen 1978 und 1987 in Kiel gelebt und mochte Kiel irgendwie immer schon, obwohl die Innenstadt natürlich mit Architekturschrott zugestellt ist. Der Bereich um den Schrevenpark mit den schönen Gründerzeithäusern, die Gründerzeitbebauung am Blücherplatz, die Forstbaumschule und die Villengegend in Düsternbrook habe ich in guter Erinnerung behalten. Ich denke, hier nahm meine Begeisterung für gründerzeitliche Stadtlandschaften ihren Anfang.

    Ich glaube, ich muss direkt mal wieder hinfahren.

  • An interessanten vorgründerzeitlichen Bauten wären zu nennen: die schönen Bürgerhäuser an der Südwestseite des Marktes Markt 5-8, 10 und 11 sowie die zwei Adelshäuser Markt 13 und 14 aus der ersten Hälfte des 18. Jh., das Schweffelhaus, Klinke 2, von 1775, das sog.Telemann'sche Haus, Haßstraße1 (ein schönes Renaissance-Bürgerhaus, erbaut 1575) und die Ratsapotheke, Holstenstraße 5 von 1611.

    Danke, dass Du diese Kenntnisse beisteuerst, Barmbeker, da hab ich nicht allzu intensiv recherchiert.

    Ich denke, hier nahm meine Begeisterung für gründerzeitliche Stadtlandschaften ihren Anfang.

    Ich glaube auch, dass der Zustand Kiels bei mir ein nicht nachlassendes Interesse an Fragen von Architektur und Städtebau geweckt hat. In meiner Kindheit und Jugend habe ich wohl die Unwirtlichkeit Kiels unbewusst wahrgenommen, auch die auffälligen Unterschiede zwischen Altbauten und Nachkriegsarchitektur. Ein wirklich prägendes Erlebnis war dann für mich, mit 18 Jahren an einem dunklen Dezembertag mit dem Nachtzug von Kiel über Hamburg nach Paris gefahren zu sein, um meine damalige Freundin in Brest zu besuchen, die ich durch einen Schüleraustausch kennengelernt hatte (Fliegen wäre in den 1980ern noch deutlich zu teuer gewesen). An der Gare du Nord anzukommen und die wunderbare, lebendige Stadt mit ihren Cafés, Bistros und den Haussmannschen Straßen zu erleben, war für mich wie ein Kulturschock. Dieser Unterschied musste nach meinem Gefühl etwas damit zu tun haben, wie eine Stadt gebaut wird, und auf welche Art der einzelne Mensch und die Stadt in Verbindung zueinander stehen, beispielsweise durch die Gastronomie, die Geschäfte, das Gleichgewicht zwischen Privatheit und Sichtbarkeit der Individuen, und vieles mehr. Kiels urbane Qualitäten lagen faktisch bei null, teils natürlich als Folge des Krieges, teils aber auch durch die noch verheerenderen Fehlentwicklungen der 1960er und 70er Jahre, die der Stadt den Rest gegeben hatten. Dieses Desaster der Urbanität, für das das Kiel der frühen 1980er stand, hat vermutlich den Anstoß dafür gegeben, dass mich dieses Thema bis heute wirklich beschäftigt.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • da hab ich nicht allzu intensiv recherchiert.

    Warum, das Telemannsche Haus hast du ja sogar eingestellt. Hat das übrigens was mit dem Komponisten zu tun?

    Dieses Haus meinte ich übrigens oben, dass es nicht aus der überaus reichen niedersächsischen Tradition und Qualität herausstach:

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    Auch der Pirat hat es gezeigt:

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    Erinnert mich an irgendwas im Braunschweiger Magniviertel.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Allgemein gefällt mir dieser Strang sehr gut. Ich habe zwischen 1978 und 1987 in Kiel gelebt und mochte Kiel irgendwie immer schon, obwohl die Innenstadt natürlich mit Architekturschrott zugestellt ist. Der Bereich um den Schrevenpark mit den schönen Gründerzeithäusern, die Gründerzeitbebauung am Blücherplatz, die Forstbaumschule und die Villengegend in Düsternbrook habe ich in guter Erinnerung behalten. Ich denke, hier nahm meine Begeisterung für gründerzeitliche Stadtlandschaften ihren Anfang.

    Ich glaube, ich muss direkt mal wieder hinfahren.

    Dank Deines Beitrags habe ich mir die genannten Areale mal bei AppleMaps angeschaut. Das sieht in der Tat sehr nett aus! Ich wusste zwar, dass Kiel auch noch Gründerzeitgebiete haben sollte, aber irgendwie habe ich die bei meinen wenigen Besuchen in der Stadt nie gefunden. Aber die Ecke um den Blücherplatz ist ja fast hamburgisch vom Stil her, sehr großstädtisch, 4-5 Geschosse - eigentlich bemerkenswert für eine Stadt dieser Größe in Westdeutschland. Vielen Dank für diese Info.

  • Nun zunächst weiter mit der Holstenstraße, die, wie gesagt, Kiels Haupteinkaufsstraße ist. Die Holstenstraße wurde im Bombenkrieg stark zerstört, nur eine Handvoll älterer Gebäude blieb erhalten. Vor allem die Gebäude der Nordseite der Holstenstraße wurden großteils bereits in den 1950er Jahren wiederaufgebaut, in nunmehr weitgehend einheitlicher Höhe und teilweise parzellenübergreifend. Einige der Häuser aus dieser Zeit kann man als durchaus ansehnlich und qualitätvoll bezeichnen. Erst ab ca. 1960 ging es mit der Baukultur hier wirklich bergab.

    Kartenübersicht:

    Screenshot-2023-01-07-181107.jpeg

    OpenStreetMap, © OpenStreetMap contributors, https://www.openstreetmap.org/copyright

    Bis 1944 bot die Holstenstraße das Bild einer typischen Geschäftsstraße mit Gebäuden unterschiedlicher Größe:

    Holstenstraße Ecke Hafenstraße, Blickrichtung Holstenbrücke/Markt, um 1910. Die beiden links und rechts rahmenden Altbauten stehen noch:

    Medienarchiv_11.jpeg

    Fotograf Hermann Edlefsen, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Vergleichbare Perspektive heute:

    DSC08967.jpeg

    Links das vor einiger Zeit wieder mit einem schönen Dach ausgestattete Commerzbank-Gebäude am Asmus-Bremer-Platz:

    DSC08966.jpeg

    Rechts dieser solide Gründerzeitler:

    DSC08964.jpeg

    Ansicht 1948, Im Hintergrund der zerstörte Turm der Nikolaikirche:

    Medienarchiv_16.jpeg

    Fotograf Rudolf Schenck, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Der Asmus-Bremer-Platz mit dem Verlagsgebäude der Kieler Nachrichten, Ecke Fleethörn:

    DSC08965.jpeg

    Der südwestlich an die Hafenstraße anschließende Teil der Holstenstraße um 1895:

    Medienarchiv_17.jpeg

    Fotograf Glückstadt & Münden, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Ähnliche Perspektive der Holstenstraße mit Blickrichtung Schevenbrücke Richtung Hafenstraße um 1920, links-mittig erkennt man im Hintergrund einen Ausschnitt des oben gezeigten Commerzbank-Gebäudes:

    Medienarchiv_13.jpeg

    Fotograf Ernst Krull, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Schon Wahnsinn, womöglich ist der Vergleich unangebracht, aber er drängt sich mir auf: Heute ist es völlig selbstverständlich, dass die russischen Angriffe auf zivile Ziele und die Ausradierung ganzer Orte zu den Verbrechen in diesem Krieg zählen. Da frage ich mich schon, ob das für die Briten damals nicht hätte ebenso augenfällig sein dürfen, auf welche Ebene sie sich mit ihrer "Strategie" da stellen.

  • Du vergisst zwei Zusätze. Weil - und das betrifft nicht nur Dich - viele Deutsche an eine "globale Moral" und "globale Grundsätze" glauben. Dabei sind diese ganzen Wertungen nur so lange gültig, wie sie nützlich für die staatlichen Interessen der Mächte sind, die noch ein Verständnis für Machtpolitik haben. Das haben die Deutschen nicht mehr, hatten es vielleicht auch fast nie in ihrer Geschichte.

    Heute ist es völlig selbstverständlich

    Somit lautet die Frage: Für wen?... Für die Russen? Für die Inder? Für die Chinesen?... Oder nur für die Kontrahenten der Russen?...

    ob das für die Briten damals nicht hätte ebenso augenfällig sein dürfen, auf welche Ebene sie sich mit ihrer "Strategie" da stellen

    Somit lautet die Frage: So what?... Für wen war es ein Verbechen?... Für die Briten? Für die Amerikaner? Für die Russen?... Oder nur für deren Kontrahenten?...

    Und für wen waren diese Taten "völlig selbstverständlich" Verbrechen?:

    Take A Look Inside The Crumbling Grandeur Of Saddam Hussein’s Former Presidential Palaces
    Many of Saddam Hussein's lavish palaces fell to ruin after the U.S.-led invasion of 2003, while some became tourist attractions.
    allthatsinteresting.com
    Marble halls, molded ceilings, chandeliers... and some Tomahawk missile damage: Realtors ready to pounce as Saddam's decaying palaces are finally vacated by U.S. forces
    Troops will leave behind some of the most elaborate, some would say tacky, office spaces ever used by American soldiers, sailors or Marines.
    www.dailymail.co.uk

    Für die Briten? Für die Amerikaner?... Oder nur für deren Kontrahenten?...

    Merke: Der Machtpolitiker der amerikanischen Moderne (denn aus dem US-Protestantismus stammt die Vorstellung des absoluten Kampfes von "gut" gegen "böse") kämpft stets nur gegen "den Teufel". Der Teufel ist natürlich immer derjenige, der den eigenen Interessen im Weg steht. Und gegen den Teufel ist jedes Mittel moralisch gerechtfertigt. :zwinkern:

    - Da hast Du wieder eine off-topic-Diskussion losgetreten, die hoffentlich nicht zum Selbstläufer wird... Sonst schimpft die Moderation -

  • die Ratsapotheke, Holstenstraße 5 von 1611

    Diese alte Fotografie von 1868 von den Häusern Holstenstraße 1-7 fand ich im Online-Stadtarchiv: die Alte Ratsapotheke befindet sich in der Bildmitte. Zerstört bei einem Luftangriff 1944:

    Fotograf Gregor Renard, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Diese alten Fachwerkhäuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite, Holstenstraße 2,4 und 6, dürften schon um 1900 abgerissen worden sein:

    Datiert um 1868, Fotograf Schmidt & Wegener, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Holstenstraße 103, Mai 1944:

    Fotograf unbekannt, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Blick von der Holstenstraße zum Rathausturm datiert 1945-49:

    Fotograf Gotthold Sommer, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Ähnliche Perspektive April 1955:

    Fotograf Wolfgang Teuchert, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Heutige Ansichten der südwestlichen Holstenstraße:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Diese alten Fachwerkhäuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite, Holstenstraße 2,4 und 6, dürften schon um 1900 abgerissen worden sein:

    Damals, mitten in der Industrialisierungsphase des Städtebaus, hatte man doch schon die mittelalterliche Handwerkskunst kennengelernt, und es gab schon allerortens Widerstand gegen derartige Demolirungen, wie man bei uns gesagt und vor allem geschrieben hat. Und erst recht war man sich bewusst, dass das Neuentstehende niemals mit dem Verloren mithalten würde können. Man beachte etwa, wie schön bei der Nr 2 die Knaggen gearbeitet sind. Natürlich war der Abriss rein wirtschaftlich gesehen, und was war damals maßgeblicher? , zumindest verständlich, was mich jedoch wundert: gab es denn niemals Bestrebungen, naturgemäß eher leicht zu bergende "antike" Fassadenrelikte aus solchen Fachwerkhäusern aufzubewahren, und sei es nur in städtischen Museen, die ja damals im Zuge des sich entwickelnden historischen Bewusstseins aufkamen?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Fotografie von der Ecke Holstenstraße/Holstenbrücke von 1957:

    Fotograf Friedrich Magnussen, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Das angenehm und ausgewogen gestaltete Eckhaus veranschaulicht, dass in den 1950er Jahren der Wert der klassischen Schönheit im Stadtbau noch etwas galt:

    Am westlichen Ende der Holstenstraße befindet sich das imposante Gebäude der Landwirtschaftskammer von 1926/27, Architekt Johann Theede:

    Ecke Ziegelteich:

    Das gegenüber in der Holstenstraße gelegene Gebäude wurde im Krieg zerstört, die Fläche seitdem freigelassen als "Holstenplatz":

    Aufnahme nach 1926 (im Stadtarchiv wohl fälschlich mit 1920 datiert), Fotograf Ernst Crull, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Bisserl Hamburger Kontorstil, oder?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Und für wen waren diese Taten "völlig selbstverständlich" Verbrechen?

    Bei 90 Luftangriffen mit 44.000 Sprengbomben, 900 Luftminen und 500.000 Brandbomben auf das Stadtgebiet, wobei 3000 Zivilisten starben (deutlich mehr wären es gewesen, wenn die Stadt nicht frühzeitig von vielen verlassen wurde), kann man denke ich selbst mit ganz rudimentärem moralischen Verständnis aber auch einfacher Vernunft, die jeder so hat, von einer unangemessenen Maßnahme sprechen.

    Snork zeigt ja auch ganz eindrucksvoll, dass der Verlust auch nach 77 Jahren und wiedererlangtem Reichtum und Einwohnerzahlen nicht auszugleichen ist. Diese langen Reparaturdauern (Kiel ist auch immer noch einer der Städte, die zur Suche nach Blindgängern verpflichtet) unterstreichen auch, warum das humanitäre Völkerrecht so eine wichtige Daseinsberechtigung hat als Schutz ziviler Strukturen.