• Die beiden Wisente vor der Kunsthalle von August Gaul:

    Im nahegelegenen, sehr schönen Alten Botanischen Garten:

    Hauptgebäude des Geomar Helmholtz-Instituts für Ozeanforschung an der Uferpromenade/Düsternbrooker Weg:

    Seeburg um 1925, links dahinter das Dach der Kunsthalle:

    Fotograf Adolf Griese, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Der im Vorbeitrag gezeigte Düsternbrooker Weg zwischen Seeburg und Kunsthalle um 1910. Die alten Bäume mussten dem Straßenausbau weichen:

    Fotograf Hermann Edlefsen, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Ansicht von der Wasserseite, um 1960:

    Fotograf unbekannt, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Villen am Düsternbrooker Weg um 1900:

    Fotograf Ottmar Zieher, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Hier noch eine interessante Luftaufnahme von 1912 von Ravensberg, Düsternbrook und Kieler Förde. Die allermeisten der abgebildeten gründerzeitlichen "Neubauten" stehen noch heute und sind Teil der sehr beliebten Altbauquartiere beidseits der Holtenauer Straße.

    Fotograf Otto Spörke, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Nun zum südlichen Teil der Kieler Altstadtinsel, den Bereich Wall - Flämische Straße - Schuhmacherstraße - Bootshafen. Vor dem 2. Weltkrieg war dies ein lebendiger Teil der Kieler Altstadt, zwischen Marktplatz und Hafen. Nur wenige Altbauten haben den Bombenkrieg überstanden, von denen dann geschätzt noch die Hälfte bis in die 1970er Jahre abgerissen wurde. Heute ist die Bebauung sehr durchwachsen und insgesamt eher minderwertig, auch der Straßenraum überwiegend lieblos gestaltet.

    OpenStreetMap, © OpenStreetMap contributors, https://www.openstreetmap.org/copyright

    Flämische Straße Blickrichtung Hafen/Wall, im Hintergrund der Sartorispeicher:

    Randbebauung der Eggerstedtstraße zum Chor der Nikolaikirche hin:

    Flämische Straße Blickrichtung Markt, vom Wall her gesehen:

    Die verkehrsberuhigte und zurückgebaute Eggerstedtstraße (die allerdings erst in der Nachkriegszeit durch die Trümmerlandschaft geführt wurde), rechts der Chor der Nikolaikirche. Leider wirkt der Straßenraum, der stadträumlich noch zum Marktplatz gehört, immer noch ziemlich trostlos:

    Die bereits erwähnte ehemalige Fischauktionshalle von 1910 am Wall:

    Daneben stand ein Speichergebäude aus dem 19. Jahrhundert, das nach Kriegsbeschädigungen in der Nachkriegszeit abgerissen wurde:

    Bischoff-Speicher am Wall 53, Ruine, 9/1957, Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE, Stadtarchiv Kiel

    Heute (Ansicht von der Landseite):

    Daneben der Sartori & Berger-Speicher von 1925/26:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Alle folgenden Bilder in diesem Beitrag aus dem Stadtarchiv Kiel:

    Flämische Straße 1938, Blickrichtung Markt:

    Fotograf Gotthold Sommer, CC BY-SA 3.0 DE

    Schiffliegeplätze am Wall, um 1895:

    Fotograf Schmidt & Wegener, gemeinfrei

    Straße Am Wall von der Seeseite Ende des 19. Jhd.:

    Gaststätte Seegarten, um 1905:

    Fotograf Emil Römmler, gemeinfrei

    Trümmerräumung und Wiederaufbau, Flämische Straße, 10/1947:

    Fotograf unbekannt, CC BY-SA 3.0 DE

    Flämische Straße nach Räumung, im Vordergrund links eine neugebaute Ladenzeile, 9/1949:

    Fotograf unbekannt, CC BY-SA 3.0 DE

    Blick vom Schlossturm über das Baugelände des Neubaus Konzerthalle am Schloss, im Bild links die Fischhalle, 4/1961:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Typische Wiederaufbau-Architektur der 1950er Jahre, Am Wall 42-46, Ecke Schuhmacherstraße:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Blick vom Sartori-Speicher Richtung Bootshafen, 1/1961. Die hier noch sichtbare Einfahrt zum Bootshafen wurde in den 1970er Jahren zugunsten der Skandinavien-Fähranlagen und der Kaistraße zugeschüttet:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Auch die folgenden Bilder sind aus dem Stadtarchiv Kiel.

    Wall, um 1867, Blick vom Bootshafen, links hinten die Nikolaikirche:

    Fotograf Christian Hinrichsen, gemeinfrei

    Wall mit Bootshafen, um 1910:

    Fotograf Hugo Steinitz, gemeinfrei

    Wall, Blickrichtung Holstenstraße, um 1900:

    Fotograf Knackstedt & Näther, gemeinfrei

    Bootshafen um 1910, links das Reichshallentheater, in der Bildmitte das Hotel zur Börse. Keines der abgebildeten Häuser steht mehr:

    Fotograf: M. Glückstadt & Münden, Hamburg, gemeinfrei

    Ansicht der Randbebauung des Bootshafens zur Altstadt hin 1971, rechts der Sartorispeicher:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Karstadt-Neubau, Seite zum Bootshafen, 1969:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Blick von der gegenüberliegenden Fördeseite auf die Altstadt, Am Wall, 1966:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Neubauten Bootshafen/Wall 1972:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Blick in die Schuhmacherstraße Richtung Markt, 1905:

    Fotograf Johann Thormann, gemeinfrei

    Blick auf die Häuser Am Wall in die Schuhmacherstraße 1966:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Die verkehrsberuhigte und zurückgebaute Eggerstedtstraße (die allerdings erst in der Nachkriegszeit durch die Trümmerlandschaft geführt wurde), rechts der Chor der Nikolaikirche. Leider wirkt der Straßenraum, der stadträumlich noch zum Marktplatz gehört, immer noch ziemlich trostlos

    Eben. Verkehrsberuhigung als einzige Maßnahme bringt fast gar nichts. Der ganze architektonische Schrott wird womöglich nur noch stärker wahrgenommen. In Kiel müsste eine Menge Nachkriegsarchitektur abgerissen und kleinteilig neu bebaut werden oder mindestens optisch stark überarbeitet werden.

  • Heutige Ansicht der altstadtseitigen Bootshafenzeile nach einigen Versuchen, die tristen Kaufhausfassaden zu verbessern. Dies kann man auch als leidlich gelungen bezeichnen, allerdings fehlt die für einen wirklich ansprechenden Altstadtraum nötige Kleinteiligkeit und Differenziertheit der Fassaden:

    Zugute halten muss man der Kieler Stadtentwicklung, dass man viele Probleme offensichtlich längst erkannt hat und sich kontinuierlich um Verbesserungen bemüht.

    Rechts kommt der kürzlich fertiggestellte, durchaus beachtliche Hotel- und Appartement-Neubau "Am Bootshafen" ins Blickfeld:

    Dieser recht exponiert gelegenen Geschäftshausneubau von 2019 zwischen Holstenstraße und Bootshafen lässt mit dem kupfernen Schrägdach ein gewisses Bemühen um Altstadtkompatibilität erkennen. Dennoch ist das Gesamtergebnis ernüchternd. Anders als noch in der Gründerzeit sind wohlproportioniert und harmonisch gestaltete Fassaden heutzutage keineswegs mehr eine Selbstverständlichkeit. Normalerweise wäre es Aufgabe des Kieler Stadtbaurats gewesen, insbesondere an städtebaulich bedeutenden Innenstadtlagen für gut gestaltete, hochwertige Architektur zu sorgen. Schade, wenn so etwas auch heute noch vermasselt wird. So entstehen keine Orte, an denen man sich wirklich gerne aufhält.

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  • Nun als letzter Teil der im Uhrzeigersinn umrundeten Altstadthalbinsel der Bereich Holstenbrücke - Holstenstraße - Kehdenstraße - Küterstraße:

    Screenshot-2022-12-17-142617---Kopie.jpeg

    OpenStreetMap, © OpenStreetMap contributors, https://www.openstreetmap.org/copyright

    Der kanalisierte Wasserlauf zwischen Bootshafen und Kleinem Kiel wurde ursprünglich von der Holstenbrücke überbrückt, über welche die Holstenstraße vom Markt in Richtung Bahnhof führt. Die Holstenstraße weist kaum noch Gebäude der Vorkriegszeit auf. Sie war nach Kriegsende eine der ersten Innenstadtstraßen in Deutschland, die in eine Fußgängerzone umgewandelt wurde. Ihre herausragende Bedeutung als Hauptgeschäftsstraße Kiels hat in den letzten zwei Jahrzehnten merklich gelitten, wozu zum einen sicherlich der allgemeine Niedergang des stationären Einzelhandels beigetragen hat, zum anderen aber wohl auch die wenig ansprechende Architektur. Durch Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und die Freilegung des Holsten-"Fleets" hat der Bereich um die Holstenbrücke jüngst an Attraktivität gewonnen.

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    Holstenbrücke um 1905, Fotograf Hermann Edlefsen, Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    Anblick heute:

    DSC08991.jpeg

    Holstenbrücke und Holstenstraße um 1900:

    Medienarchiv_4.jpeg

    Fotograf: M. Glückstadt und Münden, Hamburg, Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    Blick von der Holstenbrücke in die obere Holstenstraße Richtung Markt um 1905:

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    Fotograf: M. Glückstadt und Münden, Hamburg, Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    Heute:

    DSC08989.jpeg

    Randbebauung an der Holstenbrücke aus dem 1950ern:

    DSC08992.jpeg

    Holstenstraße, Blickrichtung Holstenbrücke, um 1905:

    Medienarchiv_6.jpeg

    Fotograf Knackstedt & Näther, Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    Vergleichbare Perspektive:

    DSC09000.jpeg

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  • Eine der häßlichsten Städte Deutschlands

    Es ist völlig verständlich, dass dieser Eindruck entsteht. In Kiel werden zwar hier und da kleinere Verbesserungen erreicht, aber dennoch geht die Tendenz weiterhin ins Negative. Der Grund hierfür liegt in den teilweise deutlich misslungenen Neubauten der letzten 10 Jahre (hierzu werde ich noch weitere Beispiele zeigen), deren Anblick die Schlussfolgerung nahelegt, dass es den Kieler Bauverantwortlichen schlicht an Sinn für Schönheit fehlt. Der andere Grund ist, dass der Denkmalschutz in Kiel seine Hauptaufgabe darin zu sehen scheint, die schwerwiegenden Bausünden der 1960er und 70er Jahre für die Ewigkeit zu konservieren (z B. Marktpavillons, Querbau am Schloss) und den Politikern anscheinend das Problembewusstsein und die nötige Entschlossenheit fehlt, dagegen noch etwas zu unternehmen.

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  • Eine der häßlichsten Städte Deutschlands, tut mir leid Kieler.

    Ich muss an dieser Stelle als Hamburger nochmals eine Lanze für Kiel brechen. Die Innenstadt ist hässlich, korrekt. Was die Nachkriegs-Stadtplaner und Architekten dort angerichtet haben, ist ein Skandal.

    Andererseits macht die Innenstadt nur einen kleinen Anteil des gesamten Kieler Stadtgebietes aus, und die Bausituation in den Vorstädten ist wesentlich besser. Es gibt viele Quartiere mit einem hohen Prozentsatz erhaltener, dichter Gründerzeitlerbebauung, und es gibt schöne Villenvororte. Weiterhin ist die naturräumliche Lage von Kiel mitten in einer hügeligen, grünen Landschaft beidseits der Kieler Förde der Hammer!

  • Andererseits macht die Innenstadt nur einen kleinen Anteil des gesamten Kieler Stadtgebietes aus, und die Bausituation in den Vorstädten ist wesentlich besser. Es gibt viele Quartiere mit einem hohen Prozentsatz erhaltener, dichter Gründerzeitlerbebauung, und es gibt schöne Villenvororte.

    Das stimmt - auf Grund der Tatsache, dass sich die Weltkriegsbombardierungen Kiels weitgehend auf das aus der Luft leicht auffindbare Altstadtzentrum fokussiert haben, sind die ausgedehnten gründerzeitlichen Stadterweiterungen Kiels relativ gut erhalten. Nur leider kann das alles nicht über den Verlust der Altstadt als Kristallisationsort der baukulturellen Identität einer Stadt hinwegtrösten. Europäische Stadtzentren sind in Jahrhunderten gewachsen und besitzen normalerweise die charaktervollen, auf Repräsentativität, Geistigkeit und Schönheit hin angelegten Bauwerke, die das menschliche Bedürfnis befriedigen, sich mit dem Heimatort zu identifizieren und einen Bezug zur Tiefe seiner Geschichte zu finden. Gründerzeitvororte mit ihrem relativ ortsunspezifischen Historismus können das zumeist nicht vollständig ersetzen. Dieses Defizit wurde bereits in der Spätphase der Gründerzeit wahrgenommen und führte damals bekanntermaßen zur Entstehung des bis in die 1950er Jahre verwendeten Heimat(schutz)stils.

    Nach 1945 wollte man an die Gründerzeit architektonisch nicht anknüpfen, und aus der Zeit davor gab es in Kiel fast keine erhaltene Substanz. Es wurde auch nichts rekonstruiert. Die zwei wichtigsten historischen Gebäude der Stadt, die Nikolaikirche und das Schloss, wurden in den 1960er und 70er Jahren verstellt und überformt, diese Verunstaltungen später noch unter Denkmalschutz gestellt. So hat Kiel seine baukulturelle Identität teils kriegsbedingt verloren, teils in den vulnerablen 1960er und 70er Jahren aktiv beeinträchtigt oder gleich beseitigt. Einziger Trost ist die kleine, wenngleich charaktervolle gründerzeitliche Traditionsinsel um den Rathausplatz, die allerdings außerhalb der eigentlichen Altstadt liegt. Kiel steht leider heute, anders als beispielsweise Lübeck, vor dem Scherbenhaufen der architektonischen und städtebaulichen Orientierungslosigkeit, die seit den 1960er Jahren das Baugeschehen bestimmt hat, und die kaum abgemildert weiterhin besteht.

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  • Das Problem bei Kiel lag mE auch darin, dass es eigentlich kaum was zu rekonstruieren gab.

    Scherbenhaufen der architektonischen und städtebaulichen Orientierungslosigkeit, die seit den 1960er Jahren das Baugeschehen bestimmt hat,

    Könnte es sein, dass dieser Prozess schon zuvor und zwar höchst schleichend begonnen hätte?

    Nehmen wir dieses Bild:

    58524-medienarchiv-1-jpg

    Keine Frage, es ist "gefällig", und wir würden was drum gegeben, wenn es noch wäre. Aber ist nicht auch hier letztlich alles vor relativ kurzer Zeit ausgetauscht worden? Von völliger Orientierungslosigkeit ist natürlich noch keine Rede, die Bebauung ist kleinteilig, die Giebeln nehmen auf "Tradition" Rücksicht, wenngleich, und das ist für mich der springende Punkt, nicht unbedingt auf die Kieler, sondern auf irgendwas zwischen Schwaben und Lemgo. Das wirklich alte Kiel hat anders ausgesehen und ist letztlich von seiner genuinen Architektur her bereits tot gewesen. Um aus den Trümmern des Krieges noch was zu machen, hätte es einer ähnlichen eklektizistischen Unbekümmertheit bedurft, aber dieser Stil war damals wirklich nicht en vogue. Wahrscheinlich wäre eine Anleihe an früheren Alt-Kieler-Formen nach Neu-Danziger-Art das beste gewesen, also relativ einfache, bestenfalls frühbarocke Giebelhäuser. Einen wirklich zwingenden Rekokandidaten als Salz in der Suppe dürfte es jedoch nicht gegeben haben. Natürlich ist es sehr schade um diese Stadt mit ihrer landschaftlich einzigen Einbettung.

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    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Letztlich kann man nur versuchen, irgendwie traditionell weiter zu bauen. Vielleicht auch das ein oder andere im Stil des Lübecker Gründungsviertels zu versuchen. Vielleicht gäbe es auch das ein oder andere Haus, das sich zu rekonstrieren lohnt. Wichtig wäre wohl, dass irgendwann - Denkmalschutz hin oder her - die Buden auf dem Marktplatz fallen und dort das alte Rathaus rekonstruiert würde.

  • Kiel hatte an herausragenden Bauwerken aus den vorgründerzeitlichen Jahrhunderten nicht allzu viel vorzuweisen, da es ja eigentlich eine eher verschlafene Nebenresidenzstadt gewesen war, die in einer Liga mit Städten wie Spremberg spielte. Ein paar schön verzierte Fachwerkhäuser in der Haßstraße; die Nikolaikirche, das alte Rathaus und die Persianischen Häuser am Markt, das wenig beeindruckende Schloss, die halb ruinöse Klosterkirche, der schlichte Warleberger Hof. Einen prägenden, gar ortstypischen Baustil gab es nicht. Hansestädtische Spitz- und Treppengiebel waren bis in die Gründerzeit häufig anzutreffen, allerdings tatsächlich wohl meist schon als Zitate. Die übrigen vorgründerzeitlichen Häuser in Kiel waren eher schlicht und klein und wurden in den Boomjahrzehnten bis 1914 auch unbekümmert durch größere Neubauten ersetzt.

    Wichtig für Kiel wäre es gewesen, nach den Kriegszerstörungen den Marktplatz mit den Persianischen Häusern, dem Alten Rathaus und der freistehenden Nikolaikirche wiederaufzubauen, als zentralen Ort der Kieler Altstadtidentität. Die übrigen Marktplatzhäuser hätte man am besten auf den alten Parzellen wiederaufgebaut, so wie es ja auch teilweise erfolgt ist im schlichten, aber noch gut proportionierten Fassadenstil der 1950er Jahre. Daran hätte man später anknüpfen können.

    Kiels Pech war es, dass es ausgerechnet in den beiden schlechtesten Jahrzehnten der 5.000-jährigen Architekturgeschichte der Menschheit, den 1960er und 70er Jahren, so viele Freiflächen im Zentrum hatte, die dann auch gleich praktisch irreversibel verhunzt worden sind.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Der letzte Satz von Snork bringt die architektonische Misere von Krieg und Wiederaufbau trefflich auf den Punkt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
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  • Kiel steht leider heute, anders als beispielsweise Lübeck, vor dem Scherbenhaufen der architektonischen und städtebaulichen Orientierungslosigkeit, die seit den 1960er Jahren das Baugeschehen bestimmt hat, und die kaum abgemildert weiterhin besteht.

    Der Vergleich mit Lübeck ist interessant.

    Lübeck war eine der Metropolen des europäischen Mittelalters. Kiels Blütezeit kam erst mit dem Kaiserreich, als es zu DEM deutschen Marinehafen wurde, und mit der Eröffnung des Nord-Ostee-Kanals 1895.

    Bevökerungsentwicklung Kiel:

    1800: 7 075 Einwohner

    1871: 31 764 Einwohner

    1900: 107 977 Einwohner

    Bevölkerungsentwicklung Lübeck:

    1800: 23 000 Einwohner (interpoliert)

    1871: 39 734 Einwohner

    1900: 82 098 Einwohner

    Kiels Mangel an historisch bedeutsamen Bauwerken ist somit wenig verwunderlich - es ist im Wesentlichen eine Stadt des 19. Jahrhunderts, und speziell der Gründerzeit.

    ursus carpaticus : Du hast weiter oben geschrieben "Aber ist nicht auch hier letztlich alles vor relativ kurzer Zeit ausgetauscht worden?" - ohne jetzt die Entwicklung speziell der von Dir dargestellten Straße zu kennen: Mutmaßlich gab es dort, angesichts der Entwicklung der Stadt, auch vorher nichts Bedeutsames.

  • Weiter geht es mit dem Bereich Kehden-, Küter- und Faulstraße im nordwestlichen Teil der Altstadthalbinsel, auf der folgenden Karte der links-obere Teil des Altstadtrunds.

    Noch einmal ein Ausschnitt aus der Kieler Denkmalkarte (violett markiert sind die Baudenkmale):

    Blick vom Rathausturm auf die Altstadt um 1910. Bis auf einen einzigen kleinen Gründerzeitler sind alle Häuser im links-vorderen Teil, wo man noch den gebogenen Verlauf der Faulstraße erkennt, Totalverluste:

    Fotograf Wilhelm Jacobsen, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Ansicht 1945:

    Fotograf unbekannt, CC BY-SA 3.0 DE, Stadtarchiv Kiel

    1971:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE, Stadtarchiv Kiel

    Kütertor, die nordwestliche Mauerpforte in der mittelalterlichen Stadtmauer Faulstraße Ecke Küterstraße, um 1895:

    Fotograf Schmidt & Wegener, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Faulstraße, im Hintergrund die Haßstraße, um 1905:

    Fotograf Johann Thormann, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Wohnhäuser in der Kehdenstraße 4-6, um 1935:

    Fotograf Gotthold Sommer, CC BY-SA 3.0 DE, Stadtarchiv Kiel

    Blick aus der Kehdenstraße in die gekrümmte Faulstraße, 1909:

    Fotograf Johann Thormann, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Blick in die Faulstraße, um 1900:

    Fotograf Emil Römmler, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Faulstraße, Blick von der Kehden- zur Holstenstraße, um 1938:

    Fotograf Gotthold Sommer, CC BY-SA 3.0 DE, Stadtarchiv Kiel

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Zugang zur Kehdenstraße (rechts neben dem alten Rathaus links im Bild) vom Markt um 1910 (bzw wäre vielleicht 1890-1900 richtiger als Datierung, da die alte Häuserzeile hinter dem Alten Rathaus hier noch nicht zugunsten des Kaufhauses Jacobsen abgerissen ist):

    Fotograf Emil Römmler, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Eckbau des denkmalgeschützten, im Krieg teilzerstörten Kaufhauses Jacobsen Markt/Kehdenstraße:

    Daneben der kleine erhaltene Gründerzeitler, der nicht unter Denkmalschutz steht:

    Blick in die Küterstraße:

    Eckbau Küter-/Kehdenstraße aus den 1950ern:

    Der hinterhofartige Anna-Pogwisch-Platz an der Faulstraße zwischen Kehden- und Holstenstraße:

    Blick zurück die Kehdenstraße hoch Richtung Markt:

    Eckbau Kehden-/Faulstraße aus den 1950ern mit einem für die damalige Zeit ungewöhnlichen Runderker - eventuell ein teilweiser Wiederaufbau eines beschädigten Gründerzeitlers, denn auf der im Vorbeitrag gezeigten Aufnahme von 1945 scheint das Eckhaus nur teilzerstört zu sein:

    Blick in die Faulstraße zwischen Kehden- und Küterstraße:

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  • Am Ausgang der Kehdenstraße zum Holstenfleet eröffnet sich diese durchaus reizvolle Ansicht zum Rathausplatz:

    Blick zur Holstenbrücke, hinten der bereits erwähnte gelungene Neubau am Bootshafen:

    Altstadtseitige Randbebauung der Straße Holstenbrücke:

    Blick zurück zum 1950er-Bau am Martensdamm zwischen Kehden- und Küterstraße:

    In der Küterstraße befindet sich dieser Gedenkstein an den hier geborenen großen Physiker, Begründer der Quantenphysik und Nobelpreisträger Max Planck:

    Fotograf Ulrich Dagge, 1999, CC BY-SA 3.0 DE, Stadtarchiv Kiel

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir