• Aber verweilen wir noch ein bisschen beim Alten Markt - was stand dort bis vor der Zerstörung 1943/45, wie erfolgte der Wiederaufbau?

    Das Alte Rathaus, erbaut um 1300, Umbauten laut Wikipedia 1596 und 1670, neugotische Fassade 1845, Totalverlust 1944 bis auf die erhaltenen Kellergewölbe, die sich heute unter einem der Pavillons befinden. Die Häuserzeile hinter dem Rathaus wurde bereits um 1900 abgebrochen und durch Kaufhausbauten ersetzt. Links vom Rathaus der Eingang in die Holstenstraße, dort ist heute das Karstadt, rechts hinter dem Rathaus heute das vereinfacht erhaltene Kaufhaus Jacobsen:

    Stadtarchiv Kiel, die genauen Fotobezeichnungen ergänze ich ggf noch. Gemeinfrei

    Der Blick geht leicht nach links zur Nikolaikirche, angeschnitten die Persianischen Häuser:

    (Durch den Abriss mehrerer Häuser vor der Nikolaikirche bzw. rechts der Persianischen Häuser wurde die Nikolaikirche um 1900 zum Marktplatz hin frei gestellt, um die damals als unbefriedigend empfundene verdeckte Lage der Kirche hinter einer Häuserzeile zu verbessern. Das ist vergleichbar mit dem ein paar Jahre vorher erfolgten Abbruch der Häuserzeile an der Berliner Schlossfreiheit, wo es mit dem Stadtschloss einen ähnlichen städtebaulichen Mißstand mit verbauten Blickbeziehungen gegeben hatte.)

    Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    Die Persianischen Häuser aus dem 17. Jahrhundert:

    Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    Nordost-Randbebauung des Marktplatzes um 1910, links der Eingang in die Dänische Straße:

    Stadtarchiv Kiel, Fotograf Koch, Karl (1875-1924), gemeinfrei

    Und die gleiche Ansicht 1975 mit durchgehender Dacheindeckung. Das linke Eckhaus im backsteingotischen Stil war ein Totalverlust, das mittlere Haus von 1903 im Giebelbereich zerstört, das rechte "Löwenbräu"-Haus teilweise erhalten. Denkt man sich das Ganze mit weniger Werbung und ohne den Pavillon rechts, vielleicht noch mit vereinfacht wiederhergestellten Giebeln bei den beiden rechten Altbauten, ist es doch eine Häuserzeile, die dem Marktplatz einen würdigen Rahmen gibt:

    Stadtarchiv Kiel.

    Fotograf: Magnussen, Friedrich (1914-1987)
    Rechtsstatus:CC BY-SA 3.0 DE

    Das folgende Foto von 1978, ebenfalls von Friedrich Magnussen, mit Blick auf die Nordseite des Alten Markts, lässt ganz gut erkennen, dass die Bauten der 1950er Jahre eigentlich noch ganz ansprechend gestaltet sind, während die zweite Fassade von links (wohl um 1975) trotz der Verwendung von Naturstein durch die groben, ungeteilten Fenster, die plumpe Proportionierung und das ungeschickt aufgesetzte Staffelgeschoss bereits negativ auffällt. Man legte keinen besonderen Wert mehr auf ein gutes, harmonisch proportioniertes Fassadenbild oder, noch wahrscheinlicher, konnte es einfach nicht mehr.

    Die beiden 1950er-Bauten in der Bildmitte überbauen leider den früheren Eingang zur Haßstraße, die ursprünglich vom Markt abging:

    Stadtarchiv Kiel, Rechtsstatus: CC BY-SA 3.0 DE

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • In Kiel wurde offenbar schon seit langem kräftig abgeräumt und das überkommene "hansische" Antlitz wohl eher geringgeschätzt. Natürlich ist das vor 1920 noch einigermaßen ästhetisch erfolgt, aber dennoch ist das bedauerlich.

    Die zuletzt gezeigt Nordwestseite des Marktes wohl vor 1900:

    Und später dann - nur noch das vierachsige Backsteinhaus ist heute vorhanden.

    Bild: Landeshauptstadt Kiel

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Danke, ja, mit diesen Bildern wollte ich auch weitermachen, aber, wenn man es gründlicher machen will, dauert es seine Zeit. Das obere Bild aus Mantikors Vorbeitrag muss vor 1893 entstanden sein, denn der Backsteinbau (3. v. re.) wurde 1893/94 erbaut.

    Hier noch ein Kartenüberblick, gekennzeichnet die im Vorbeitrag gezeigte Nordwestseite und die Südwestseite mit den im nachfolgenden Beitrag gezeigten Kaufhausbauten:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Nun also zur Südwestseite des Markts. Die Fotos entstammen bis auf das letzten dem Stadtarchiv Kiel:

    Das Kaufhaus Jacobsen mit seinen bauzeitlichen Giebeln Markt Ecke Holstenstraße:

    Zerstörung im Krieg, 1945, Fotograf Gotthold Sommer:

    1950er Jahre - so sieht es heute noch aus. Das Alte Rathaus befand sich ungefähr da, wo der Laternenmast rechts steht (Fotograf Friedrich Magnussen):

    Das besonders gelungene erste Karstadthaus, um 1910, Fotograf Bruno Trenkler, gemeinfrei:

    Schlichter, aber durchaus annehmbarer Wiederaufbau, 1950er Jahre (Fotograf Friedrich Magnussen):

    Dann der Umbau in den 1970er Jahren (Fotograf Friedrich Magnussen):

    Heute:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Interessanterweise hat man sich beim Karstadt wieder an der Nachkriegsfassung orientiert. Der 70er-Jahre-Klotz war also nicht nachhaltig.

    Bei den noch existierenden Gründerzeitbauten sollte den Eigentümern eine Wiederherstellung der Giebel nahe gelegt werden. Das ginge auch vereinfacht. Sie könnten im Gegenzug das Dachgeschoss ausbauen und dadurch Wohnraum gewinnen.

  • (...) Bei den noch existierenden Gründerzeitbauten sollte den Eigentümern eine Wiederherstellung der Giebel nahe gelegt werden. Das ginge auch vereinfacht. (...)

    Tatsächlich war das bei einem der Häuser ja vor ein paar Jahren geplant. Damals dachte ich mir aber schon, daß es nur bei der Ankündigung bleibt. Denn seitdem habe ich davon leider nichts mehr gehört oder gelesen.

    https://abload.de/img/scan10028kvqqh.jpg

  • Nun zum nördlichen Teil der Altstadtinsel, dem Bereich Haß- bis Falckstraße:

    Hier noch zwei Ansichten der historischen Nordwestseite des Marktplatzes vor 1900 mit dem heute überbauten Eingang zur Haßstraße rechts im Bild:

    Mit Alten Rathaus links. So sieht ein "richtiger" Marktplatz aus...:

    Fotograf Emil Römmler, gemeinfrei

    Eingang zur Haßstraße links neben dem betürmten Eckhaus:

    Fotograf Wilhelm Dusch, gemeinfrei

    Dort befand sich bis 1944 eines der ältesten und schönsten Renaissance-Fachwerkhäuser Kiels, das Telemannsche Haus von 1576:

    Fotograf Emil Römmler, gemeinfrei

    Luftbild September 1944. Die Haßstraße zieht durch die rechte Bildhälfte, ganz rechts die Klosterkirche, links davon das abgedeckte rechteckige Pumpenhaus und das nahezu unbeschädigte Lagerhaus Jacobsen mit dem geschwungenen Dach:

    Fotograf unbekannt, Rechtsstatus CC BY-SA 3.0 DE

    Nach der Enttrümmerung, Blick vom Rathausturm 1952. Das Lagerhaus rechts, dann die Pumpe. Das Gewässer im Vordergrund und Bildmitte ist übrigens der "Kleine Kiel" und umschließt die Altstadthalbinsel in nordwestlicher Richtung:

    Fotograf Gerhardt Fabritz, CC BY-SA 3.0 DE

    Alle bisherigen Fotos aus dem Landesarchiv Kiel.

    Heutiger gemeinsamer Abgang der Haß- und Falckstraße am Anfang der Dänischen Straße:

    Blick in die Falckstraße mit dem Turm der Klosterkirche:

    Nach links geht es in die Haßstraße:

    Der Blick zurück aus der Haßstraße Richtung Markt bietet die Aussicht auf den Hinterhof des 1950er-Überbauung zum Markt und verschließt damit leider die historische Blickbeziehung zwischen Markt und Haßstraße:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Die Franziskaner-Klosterkirche, als Marienkloster ab 1242 errichtet, 1944 weitgehend zerstört, bis 1994 vereinfachter Wiederaufbau:

    Interessanter und durchaus gelungener Neubau zwischen erhaltenem gründerzeitlichen Hinterhausbau der Kieler Brauerei und dem Lagerhaus Jacobsen:

    Im Neubau wurden links unten die Überreste der Synagoge Haßstraße integriert.

    In der Haßstraße gibt es immerhin noch das alte Kopfsteinpflaster. Ehemaliges Lagerhaus:

    Blick zurück Richtung Markt. Links eine um 1990 erbaute Seniorenresidenz Am Klosterkirchhof:

    Früheres Pumpenhaus, heute Kulturzentrum:

    Postmoderner Backsteinbau am nördlichen Ende der Straße:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Luftbild aus östlicher Blickrichtung auf Falck- und Haßstraße, 1944. In der Falckstraße wäre eigentlich noch eine ganze Hausreihe von Gründerzeitlern erhaltbar gewesen:

    Fotograf unbekannt, 9 1944, Stadtarchiv Kiel

    Diese Gründerzeitler an der Falckstraße Ecke Jensendamm wurden noch nach 1990 abgerissen:

    Fotograf unbekannt, 1963, Stadtarchiv Kiel

    Heutige Bebauung:

    Alte Franzisker-Klosterkirche im 19. Jhd vor der neugotischen Überformung 1889-91. Der Turm wurde erst 1904 ergänzt:

    Fotograf Friedrich Braune, 1885, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Heutiger Zustand:

    Seniorenresidenz:

    Am Klosterkirchhof:

    Hässlicher und abweisender Neubau Ecke Jensendamm:

    Haßstraße/Jensendamm:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Blick auf die Altstadt aus nördlicher Richtung 1895. In der Mitte die Nikolaikirche, etwas rechts davor die Klosterkirche noch ohne Turm, aber mit Dachreiter. Links mittig vorne der Trockenturm der Alten Feuerwache, der sogar den Krieg überstanden hatte, dann aber nach 1966 abgebrochen wurde:

    Fotograf Arthur Renard, Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    Luftbild der Kieler Altstadt 1971 aus nördlicher Richtung, unten der Kleine Kiel, oben die Kieler Förde. Denkt man sich die Altstadt als Uhr, liegt die Haßstraße bei 7, die Falckstraße bei 8 Uhr:

    Fotograf Friedrich Magnussen, CC BY-SA 3.0 DE

    Trockenturm der Alten Feuerwache 1966. Nach dem Abriss war dort bis 2015 ein wilder Parkplatz. Für denkmalwürdig hat man den Turm und das Nebengebäude anscheinend nicht gehalten.

    Fotograf Friedrich Magnussen, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Heutiger Blick in die Falckstraße vom Jensendamm mit Wohnbauten der 1950er Jahre:

    Städtische Neubauten auf dem Gelände der Alten Feuerwache (Kiel-Wiki), Fertigstellung 2016:

    Mit dem schönen Backstein und dem teilweise profilierten Mauerwerk ganz annehmbar geworden.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Wenn man gewollt hätte, hätte trotz der gravierenden Zerstörungen vielleicht 30% der Vorkriegsfassaden erhalten werden können. Kombiniert mit einem rücksichtsvollen und kleinteiligen Wiederaufbau hätte sich eine wesentlich schönere Innenstadt ergeben.

    Leider haben die Kieler Planer offenbar Bombenschäden v. a. als Chance gesehen, eine autogerechte "City" zu schaffen.

  • Nun zum nordöstlichen Teil der Kieler Altstadt mit der Dänischen und Schloßstraße und dem Kieler Schloss. Die vom Marktplatz abgehende Dänische Straße hat noch einige Gründerzeitbauten und das einzige erhaltene Adelspalais Kiels, den Warleberger Hof, vorzuweisen, zugleich auch einziger erhaltener vor 1864 errichteter Profanbau der Kieler Altstadt.

    Kartenübersicht:

    Die Schloßstraße ist hier leider nicht bezeichnet, es ist die Parallelstraße unterhalb bzw südlich der Dänischen Straße.

    Zunächst zur Schloßstraße. Alte Ansichten aus dem Kieler Stadtarchiv:

    Ansicht um 1900: Der Ausgang vom Markt zur Schloßstraße befindet sich links neben den Persianischen Häusern. Bis auf die Nikolaikirche ist keines der Häuser mehr erhalten. Die beiden Giebelhäuser rechts neben dem neugotischen Backstein-Gründerzeitler am linken Bildrand wurden Anfang des 20. Jhd. durch Neubauten ersetzt:

    Fotograf Bruno Trenkler, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Ansichten der Schloßstraße vor 1944, hinten zu erkennen der Schlossturm mit Haube:

    Schloßstraße Blickrichtung Schloss, 1938, Fotograf Gotthold Sommer, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Nur das Löwenbräuhaus mit dem Zwiebelturm am Ende der Häuserzeile steht heute noch, wenngleich ohne die Turmhaube:

    Schloßstraße Blickrichtung Markt, 1907, Fotograf Johann Thormann, Stadtarchiv Kiel, gemeinfrei

    In Kiel wurden in den zwei Jahrzehnten vor dem 1. Weltkrieg schon viele ältere Häuser am Markt abgerissen, so auch (auf diesem Bild links zu sehen) das in der obigen Postkartenansicht gezeigte Adelshaus Markt 14, Ecke Schloßstraße:

    Fotograf Johann Thormann, gemeinfrei, Stadtarchiv Kiel

    Kriegsschäden 1944 an der nordöstlichen Marktseite. Links der oben erwähnte neogotische Backsteingründerzeitler, rechts daneben die bis auf die Giebel heute noch erhaltenen Nachfolgebauten der Giebelhäuser auf der oben gezeigten Postkartenansicht. Das rechte Haus in der Reihe ist das Löwenbräu-Haus, die Ruine am ganz rechten Bildrand am Eingang zur Schloßstraße wurde abgerissen:

    Luftangriff auf Kiel am 22.5.44, Fotograf unbekannt, Stadtarchiv Kiel, CC BY-SA 3.0 DE

    Blick vom Schloßturm durch die Schloßstraße (Bildmitte) zur Nikolaikirche, 1961:

    Fotograf Friedrich Magnussen, Stadtarchiv Kiel, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/CC BY-SA 3.0 DE

    Umgekehrte Blickrichtung 1961 von der Nikolaikirche in die Schloßstraße, hinten rechts das weitgehend zerstörte Kieler Schloss mit der Turmruine. Im Vordergrund das vereinfacht erhaltene Löwenbräuhaus:

    CC BY-SA 3.0 DE, Fotograf Friedrich Magnussen, Stadtarchiv Kiel

    Blick auf den völlig zerstörten Bereich östlich der Nikolaikirche, zwischen Schloßstraße und Flämischer Straße, 1961:

    CC BY-SA 3.0 DE, Fotograf Friedrich Magnussen, Stadtarchiv Kiel

    Luftaufnahme 1972, bereits mit den Marktpavillons. Die Bauten rechts der Nikolaikirche, zwischen Schloß- und Eggerstedtstraße, wurden in den letzten Jahren durch Neubauten ersetzt, die hinter dem Chor der Nikolaikirche durch die Altstadt geschlagene Schneise Eggerstedtstraße wieder für den Durchgangsverkehr gesperrt und verschmälert. Unten die erhaltenen Speichergebäude am Hafen, darüber die in den 1950ern und 60ern wiederbebaute Nordseite der Straße Am Wall. Links unten sieht man die damals für den Bau der Skandinavien-Fährterminals aufgeschüttete Landbrücke südlich des Bootshafens, dessen Zugang zur Kieler Förde verrohrt wurde:

    Fotograf Friedrich Magnussen, Stadtarchiv Kiel.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Die Schloßstraße heute:

    Das Löwenbräuhaus hinter Gerüsten und Sichtschutz:

    Gegenüber dieser durchaus annehmbare neue Eckbau Schloßstraße/Flämische Straße. Im Hintergrund das Schloss:

    Blick in die Flämische Straße, rechts der Chor der Nikolaikirche, im Hintergrund der historische Sartorispeicher am Hafen:

    Die Neubauten in der Schloßstraße ergeben ein etwas unruhig wirkendes Gesamtbild. Aber immerhin weisen sie typisch gründerzeitlichen Parzellenbreiten auf, die Ziegelfassaden sind überwiegend gut strukturiert und abwechslungsreich:

    Blick zurück Richtung Markt:

    Nordbebauung der Schloßstraße:

    Links ein typischer Vertreter der norddeutschen Backstein-Postmoderne, wohl aus den 1980ern:

    Die neuen, im altstädtischen Maßstab errichteten Wohnbauten sind sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich der Förderung des Wohnens in der Altstadt entlang der historischen Straßenverläufe. Das größte Problem der Kieler Altstadt bleibt der durch die 1970er-Pavillons total verbaute Marktplatz, der durch diese als klassischer Zentralplatz der Altstadtinsel nicht mehr erlebbar ist.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Diese Gründerzeitler an der Falckstraße Ecke Jensendamm wurden noch nach 1990 abgerissen:

    Fotograf unbekannt, 1963, Stadtarchiv Kiel

    Heutige Bebauung:

    Die müssen aber deutlich "nach 1990" abgerissen worden sein, denn der Neubau sieht von der Gestaltung nicht älter als 10, vielleicht 12 Jahre aus. Oder war da dann eine lange Brache? Auch das kennen wir ja zur Genüge, erst schnell Fakten schaffen, auch wenn das jahre- manchmal jahrzehntelang nichts geschieht.

    Ansonsten von mir vielen Dank für die Galerie, sehr interessant. Ich bin geneigt, den Wiederaufbau Kiels sogar noch über dem Bremens anzusiedeln, zumindest in den Gebieten mit vergleichbaren Zerstörungsgraden. Und das soll kein Lob für den Kieler Wiederaufbau sein ;).

  • Die müssen aber deutlich "nach 1990" abgerissen worden sein, denn der Neubau sieht von der Gestaltung nicht älter als 10, vielleicht 12 Jahre aus. Oder war da dann eine lange Brache? Auch das kennen wir ja zur Genüge, erst schnell Fakten schaffen, auch wenn das jahre- manchmal jahrzehntelang nichts geschieht.

    Meiner Erinnerung nach wurden da schnell Tatsachen geschaffen, um die Neubebauung im Bereich der ehemaligen Feuerwache angehen zu können. Ein großes Thema in der Öffentlichkeit war das nicht.

    Alles in allem würde ich sagen, dass man in Kiel insgesamt, trotz einiger schmerzlicher Verluste, verhältnismäßig respektvoll mit den am Kriegsende noch leidlich erhaltenen Gründerzeitbauten umgegangen ist. Wirkliche Flächenabrisse intakter oder besonders prägender Altbausubstanz gab es nach 1945 nicht mehr, höchstens im Bereich des späteren Sophienhofs am Sophienblatt, worauf ich später noch näher eingehen werde. Was ich Kiel besonders zugute halte ist auch, dass man die Gründerzeitfassaden dort fast immer erhaltend saniert hat. Abstuckungen sind eine Seltenheit.

    Der größte und folgenreichste, vermeidbare Schaden, den Kiel in seiner Geschichte erlitten hat, ist meines Erachtens - abgesehen vom Bombenkrieg - der Bau der Kommerzpavillons auf dem Marktplatz 1972 sowie deren handstreichartige Unterschutzstellung 2017. Bei dieser hat eine kleine Interessengruppe an den richtigen Schalthebeln einen Coup zum Schaden des Stadtbilds gelandet, von dem sich Kiel womöglich auch langfristig nicht mehr erholen wird. Diese völlig deplatzierten Pavillons müssten zurückgebaut, ein offener und ebener Marktplatz in seinen erhaltenen Randkonturen wiederhergestellt werden. Der Erhalt dieser Pavillons beschädigt dauerhaft das historisch gewachsene Gleichgewicht der Kieler Altstadt aus Straßen und Plätzen, verhindert die adäquate Wahrnehmung der Altstadtidentität. Der faktisch durch die Pavillons in seiner stadträumlichen Wirkung zerstörte Marktplatz liegt wie Mehltau über der gedeihlichen Weiterentwicklung der Altstadtinsel. So erscheint in Kiel die positive Entwicklung eines ausgeprägten Altstadtbewusstseins wie in Lübeck nahezu undenkbar, obwohl theoretisch auch möglich. Das macht den Unterschied, auch im Hinblick auf ein baukulturelles Wiederaufblühen und Anknüpfen an die Stadtgeschichte wie beim Lübecker Gründungsviertel.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Leider haben vielen Gründerzeitler in Kiel sprossenlose Plastikfenster.

    Die Klosterkirche wurde im Krieg restlos zerstört. Heute steht nur ein Teil des Klosters.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Im Folgenden nun die ebenfalls vom Markt in nordöstlicher Richtung abgehende Dänische Straße.

    Bilder aus dem Stadtarchiv Kiel.

    Abgang vom Marktplatz um 1900:

    Gemeinfrei. Fotograf Knackstedt & Näther

    Perspektive etwas nach rechts blickend, 1906:

    Fotograf Hermann Edlefsen, gemeinfrei.

    Am Eingang zur Dänischen Straße nach links Richtung Falckstraße blickend, 1893. Die Dänische Straße rechts:

    Fotograf: Schmidt & Wegener, gemeinfrei.

    Nordöstlicher Eingang zur Dänischen Straße vom Schlossgarten aus, Ecke Burgstraße/Dänische Straße, um 1865:

    Fotograf Christian Hinrichsen, gemeinfrei.

    Dänische Straße, nordöstliche Blickrichtung Burgstraße/Schlossgarten, um 1900, links-mittig der zweigeschossige Warleberger Hof:

    Fotograf Hermann Edlefsen, gemeinfrei.

    Erste Bombenschäden in der Dänischen Straße beim Luftangriff im April 1941:

    Fotograf unbekannt. CC BY-SA 3.0 DE

    Januar 1944:

    Fotograf unbekannt. CC BY-SA 3.0 DE

    Mai 1944, der ausgebrannte Eckbau Dänische Straße/Markt:

    Fotograf unbekannt, CC BY-SA 3.0 DE

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Heutige Ansicht der Dänischen Straße, vom Markt her kommend. Der in der Mitte zu sehende Backsteinbau, nach meiner Recherche von 1954, bietet mit seinen bis zur Giebelspitze hochgezogenen Fenstern einen seltsam unproportionierten Anblick. Ob man so eine Gestaltung infolge der angeblich unweigerlich erfolgenden Romantisierung alter Häuser in ein paar hundert Jahren mal schön finden wird? Ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen. Schon als Kind empfand ich den Anblick dieses Hauses, in dem sich früher die Stadtbücherei befand, als hässlich.

    Insgesamt wurde die Straße im altstädtischen Maßstab wiederbebaut. Eine Handvoll Gründerzeitler sind erhalten, weiterhin der bereits erwähnte Warleberger Hof:

    Der Warleberger Hof, ab 1616 erbaut. Die Hauptfassade wurde 1909 im Zuge einer Straßenverbreiterung um 5 m zurückversetzt. Den Krieg überstand das recht schlichte Adelspalais ohne größere Schäden:

    Von Holger.Ellgaard - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43699397

    Der graue Anstrich macht die Hotelfassade nicht unbedingt attraktiver:

    Eckhaus zum Markt - dort stand zuvor der neogotische Eckbau:

    Typische westdeutsche Innenstadtbebauung der Wiederaufbauzeit:

    Anderes Ende der nur ca 250 m langen Dänischen Straße zum Schlossgarten hin:

    Blick Richtung Markt:

    Fassaden zwischen Schloß- und Dänischer Straße, an der Burgstraße, zum Schlossplatz hin. Kein sonderlich attraktiv gestalteter Stadtraum - wobei ein gelungener Eckbau zur Schloßstraße hin die Situation noch verbessern könnte:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir