Köln - Heumarkt Fleischhallenareal - Abriss-/Neubaupläne Signal-Iduna-Haus

  • Ziemlich gute Nachricht vom Kölner Heumarkt: Dort soll ein schnöder Bürokomplex aus den Nachkriegsjahren abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Hoffen wir auf einen etwas wertigeren Nachfolger.


    Pressemitteilung


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    [/url][url=https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sign…3%B6ln-1474.jpg]Signal-Iduna-Haus, Heumarkt, Gürzenichstraße, Köln-1474[/url]© Raimond Spekking

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Diesen Bürokomplex aus den Nachkriegsjahren find ich jetzt gar nicht mal so schlecht. Der Wechsel aus Ziegelmauerwerk, Fensterverglasung mit dunkler Rahmung und Fassadenrasterung gefällt mir sogar einigermaßen.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Mir nicht. Es ist die typische Nachkriegsbanalität, die leider noch immer unsere westdeutschen Städte prägt. Ich bin froh, dass sowas nicht unter Denkmalschutz gestellt wird, sondern verschwindet.

    In dubio pro reko

  • Ich hatte im Juli das gesamte Areal einmal fotografisch erfasst, jetzt will ich es endlich hier vorstellen.

    Wir sprechen über einen Gebäudekomplex, der im Westen des Heumarkts zwischen Bolzengasse, In der Fleischhalle und der Gürzenichstraße liegt:

    Karte

    Vom Platz selber sieht man dank Baumbewuchs eher wenig von der westlichen Häuserzeile am Heumarkt:

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    So sieht es von der Straße aus, die um den Heumarkt herumführt:

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    Wir biegen ab in die Bolzengasse, hinten sieht man den Gürzenich:

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    In der Gasse liegt die Zufahrt zu einem Parkplatz in der Mitte des Blockes:

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    So sieht der Innenhof aus:

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    Blick zurück auf den Heumarkt:

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  • Wir gehen zur nächsten Straßenecke, hier biegt die Straße "In der Fleischhalle" ab, zu dem Namen gibt es mehr zu sagen, wenn wir die historische Situation betrachten werden:

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    Wir begeben uns ans Ende von In der Fleischhalle und gelangen auf die Gürzenichstraße:

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    Und noch eine Ansicht vom Heumarkt aus, wo die Gürzenichstraße auf selbigen mündet. Rechts im Bild sieht man die kleinteilige, angrenzende Nachkriegsbebauung am Heumarkt. Hier erkennt man, wie wenig dieser Bau selbst zu den Versuchen der Nachkriegszeit passt, den Charakter des alten Köln wiederaufzunehmen:

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    Zur Gürzenichstraße hin gibt es eine Lücke in der Bepflanzung, hier ergibt sich also durchaus eine gewisse Fernwirkung:

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  • Einen großen Vorteil in der Altstadtbebauung Kölns sehe ich gegenüber z.B. Berlin doch deutlich: die historischen Straßengrundrisse sind oft noch vorhanden im Altstadtbereich - und oftmals in Privathand. So kann man Stück für Stück daran anknüpfen und auch alte Parzellen wiederherstellen. Etwa im hier gezeigten Bereich.

  • Diesen Bürokomplex aus den Nachkriegsjahren find ich jetzt gar nicht mal so schlecht.

    Also hier stimme ich eindeutig Volker Königsbau zu. Diese "gar nicht mal so schlechten" Bauten sind genau das, was einem den bundesdeutschen Städtebau so richtig vermiest. So à la Adorno: es gibt nichts tristeres als...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Köln ist so unfassbar hässlich.

    Ich bin geneigt, ihm den Rang der hässlichsten Stadt Gesamtdeutschlands zuzugestehen. Selbst in Stuttgart gibt es etliche schöne Ecken, die das hier noch toppen.

    Bin hoffentlich niemandem zu nahe getreten.

    Der Dom und die Romanische Kirchen sind natürlich hinreißend!

  • Naja, man muss das mit den hässlichsten Städten Deutschlands nicht immer wieder durchkauen. Wir alle kennen die Top-Kandidaten. Es geht doch nur um die Frage, wie sich das zum Besseren verändern lässt.

    In dubio pro reko

  • Der gesamte Heumarkt ist eben ein Kind des Wiederaufbaus. Es gibt aber ja noch vereinzelte Rekos, die klassische "Altstadthäuser" widerspiegeln. Aber es sieht dort und in direkter Umgebung eben nunmal etwas banaler und einfacher aus.

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    Eigenes Werk.

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    Eigenes Werk.

    Die Frage, die sich mir stellt ist, werden Neubauten das Bild verbessern? Ich fürchte, diese werden die Banalität nurnoch erhöhen und Köln architektonisch keinen Zugewinn bringen.

  • Ja, es ist traurig. Der Heumarkt an sich, wirkt allerdings nicht so schlecht auf mich. Mit dem Reiterstandbild gibt es zumindest einen veritablen "Eyecatcher". Grundsätzlich sollte man überall, wo es gerade möglich ist, konsequent die Chancen nutzen, das geschundene Stadtbild zu verbessern. Zum Beispiel am Dom-Hotel, das man seinem ursprünglichen Erscheinungsbild wieder hätte annähern können. Solche Chancen, konsequent zu nutzen - da, wo sie sich eben irgendwann mal ergeben - wäre für das Stadtbild Kölns sehr hilfreich.

    Ansonsten lebt Köln im Wesentlichen vom Dom, seinem Panorama am Rhein, seiner Brauhäuser und seinem besonderen Charme und Flair, welches sich bestimmt auch durch die Jahrtausende alte Geschichte dieser in jeder Hinsicht besonderen Stadt ergibt. Wer meine Posts zu Köln liest, weiß, dass ich zwar eine große Leidenschaft für historische Stadtbilder habe, aber auch ein großer Köln-Fan bin. So widersprüchlich das klingen mag. Ich bin sehr gerne in Köln, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt :smile:

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Sehr schön geschrieben, Gmünder. :smile:

    Mithin kann man eine Liebe zu einer optisch weniger schönen Stadt nur verstehen, wenn man selber irgendwie persönlich oder emotional mit ihr verbunden ist.

    Solche "Eyecatcher", wie das Reiterstandbild, gibt es in Köln ja, Gott sei Dank, teilweise immer noch. Ich finde es eben schade, dass man den Eindruck gewinnt, dass, sobald sich einer Stadt wie Köln die Möglichkeit ergibt, frühere "Missplanung" wiedergutzumachen, dies in einem überzogenen Drang nach kalter und gesichtsloser Modernität endet. Das Dom-Hotel ist für Köln ein gutes Beispiel. Die Fassade des Gebäudes blieb, trotz des skurrilen Flachdaches jahrzehntelang erhalten und prägte die Sichtachse auf den Dom am Roncalli-Platz. Kaum fand sich ein Investor, wurden die Pläne eines Um- und Ausbaus öffentlich, der deutlich macht: Altes ist wieder einmal nicht genug. Der absurde Dachaufbau (u.a. zur Unterbringung der Haustechnik) nimmt der gediegenen Gründerzeitfassade jegliche Luft zum Atmen beziehungsweise jede Möglichkeit zu wirken. Und eben das finde ich so traurig, an der städtebaulichen Entwicklung in den Großstädten.

    Ein Neubau des Signal-Iduna-Hauses ist sicherlich, in Anbetracht des Zustandes des vorhandenen Gebäudekomplexes, keine Verschlechterung. Ich wage aber, wie oben bereits dargelegt, zu bezweifeln, dass hier etwas entstehen wird, wo man sagen kann: "Das ist das neue Signal-Iduna-Haus in Köln." Sondern, man wird sagen können: "Das ist das neue Postbankgebäude in Mönchengladbach", "Das ist das neue Ärztehaus in Dortmund" oder "Das ist die neue Anwaltskanzlei in Bonn". Man wird hier die Chance vertun, sich vielleicht an ehemals vorhandenen Gebäuden zu orientieren (Giebel, Verputz, Sprossenfenster, Tür- und Fensterrahmungen), da bin ich mir zu fast 100% sicher. Auch wenn ich weiß, dass sie vielen Denkmalschützern Dorne in den Augen sind, finde ich die kleinteilige und verschachtelte Bauweise der postmodernen Neubauten im angrenzenden Martinsviertel (um Groß St. Martin) und am Rathausplatz bezüglich dem Erhalt wieder erkennbarer Architekturspezifika eines Viertels/Stadtteils, durchaus gelungen.

    Die Erhaltung alter Bausubstanz oder alter, stadtprägender Silhouetten erscheint, wie viele (nicht alle) architektonischen Entwürfe es zeigen, immer nur wie ein "notwendiges Übel", um die Gemüter der Bevölkerung oder der Stadträte zu beschwichtigen (siehe das Thema Mainzer Marktensemble/Einkaufszentrum). Wahlweise wird auch unter dem Deckmäntelchen, einer Stadt Verlorenes zurückzugeben, ein Architekturfeuerwerk zur Selbstbeweihräucherung gezündet (siehe das Thema Jacobs/Essighaus in Bremen). Richtig Wert auf das Alte, scheinen die Investoren, Stadtplaner und Architekten aber nie zu legen. Was hier oft fehlt, ist die Demut vor dem Existenten, und ich inkludiere hier jegliche zeitliche Epoche, die mehr oder weniger gelungene Gebäude zum Vorschein gebracht hat.

  • So, jetzt gibt es die ersten Visualisierungen für den Neubau am Heumarkt.

    Ab dem Jahr 2025 soll dieses Gebäude errichtet werden, was bedeutet, dass es an einem der wichtigsten Plätze in Köln eine lange Baulücke geben wird, da das bestehende Gebäude bereits abgerissen wurde.

    Das neue Geschäfts- und Bürogebäude soll die alte Kölner Formensprache mit den markanten Giebeldächern zur Straßenseite aufgreifen und sich so in den Bestand einfügen. Die Spuren des Wiederaufbaus der 1950er Jahre sollen so wieder aufgehoben werden.

    Diese Idee gefällt mir schon mal sehr gut und ist sicherlich eine große Verbesserung gegenüber dem vorherigen Zustand. Allerdings erschließt sich mir der Klinker/die Klinkerriemchen nicht, da diese sonst in der Kölner Altstadt nicht vorhanden sind. Die anderen Häuser in der Altstadt sind verputzt, vielleicht wäre es schön, die "vier Häuser/Giebel" zum Platz hin mit unterschiedlichen Farben zu verputzen, was zusätzlich eine Kleinteiligkeit symbolisieren würde.

    So wirkt der Neubau sehr massiv und wie der vorherige Zustand zu überdimensioniert für die eigentliche Kleinteiligkeit der Kölner Altstadt. Außerdem sind die Fenster in meinen Augen ein großer Schwachpunkt, da auch hier die 1950er-Jahre weiterleben. Schmalere, längere Fenster würden mir eher gefallen. Jedoch freue ich mich sehr darüber, dass wie auch am Alter Markt Steildächer endlich wieder zurückkehren ins Stadtbild.

    Insgesamt stellt das Projekt eine enorme Aufwertung dar, aber auch hier wird meines Erachtens Potential verschenkt. Durch eine kleinteilige Bebauung, vor allem auch an der Gürzenichstraße, könnte man das Flair der Kölner Altstadt wieder besser darstellen.


    Ansicht vom Heumarkt (Platzseite)

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    Ansicht von der Gürzenichstraße

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    Quelle: KSTA, 06.04.2023

  • Die Faltfassaden und dieser unförmige Eckturm sind mal wieder die unausweichliche modernistische Spielerei. Gewollt (oder auch bewusst nicht gewollt) und nicht gekonnt. Darauf sollte verzichtet werden. Fenster schmaler und mit Sprossen. Es ist eigentlich nicht schwer, wenn man denn überhaupt will.

  • Auf der Facebookseite des Ortsverbandes Köln ist folgender Kommentar erschienen:

    In der westlichen Häuserzeile des Heumarktes, direkt im Rücken des Reiterstandbildes von Friedrich Wilhelm III, zwischen Gürzenichstraße und Bolzengasse, soll der jetzige Nachkriegsbau, ein hell verkleidetes Betonskelett, ausgefüllt in Backsteinoptik, durch einen Neubau ersetzt werden. Dazu wurde heute der Siegerentwurf vorgestellt.

    Artikel: https://www.express.de/koeln/koeln-so…aussehen-546507

    Zunächst einmal das Positive: Anders als bei den jüngsten Neubauprojekten in der Innenstadt, wie den "Wallarkaden" oder dem "Laurenz-Carré", setzt man hier zumindest im Ansatz auf eine traditionelle Formensprache. Die drei Spitzgiebel erinnern in ihrer Grundform an die alten Fachwerkhäuser in der Kölner Altstadt, die man heute nur noch auf einem kurzen Stück am Rheinufer findet. Zudem bemüht man sich um eine Belebung der Fassaden mit unterschiedlichen Klinker-Mustern.

    Leider überwiegen aber auch bei diesem Projekt die negativen Seiten. Wo im alten Köln Richtung Heumarkt einmal sechs einzelne Fassaden mit unterschiedlichen Fenster- Geschoss- und Dachhöhen standen, wird es zukünftig weiterhin einen einheitlichen Baukörper geben, der sich lediglich in dreieinhalb Abschnitte unterteilt, die jeweils identisch aussehen. Neben den schmalen Nachkriegsgebäuden am rechten Bildrand wirken diese plump und viel zu groß. Richtung Bolzengasse standen einmal 5 einzelne Gebäude, hier wird die vorhandene Situation in direkter Sichtweite zum Gürzenich mit einem langgezogenen Baukörper ebenfalls nicht verbessert.

    Zudem nimmt keines der Details Bezug auf die Architektur des alten Köln: Spitzgiebel hatten stets ein über die Wand hervor gezogenes Dach und waren nicht vorgeblendet. Die schmalen Fugen zwischen den einzelnen Fassadenteilen waren genauso unüblich wie der leichte Knick in den Giebeln. Auch die Materialwahl kann man als unglücklich betrachten. Backsteinsichtige Gebäude hat es im alten Köln kaum gegeben, und wenn, dann wiesen diese Treppengiebel auf wie das Zeughaus oder der alte spanische Bau und hatten keine Spitzgiebel. Fischgrätenmuster waren völlig unüblich, genauso wie die helle Farbe der Steine. Auch Sprossenfenster lässt der Entwurf vermissen, wie man sie sich in einer Altstadt eigentlich wünschen würde. Ebenso lässt der Entwurf visuell abgesetzte Fensterumrandungen vermissen, wie sie früher jedes Altstadthaus in Köln hatte.

    Ganz zu schweigen von dem geknickten Eckgiebel, der den Bau etwas gezwungen spektakuläres zu geben versucht, ohne diesen das Projekt aber auch völlig einfallslos wirken würde.

    Dresden, Frankfurt und Potsdam haben es in jüngerer Zeit vorgemacht, wie stark man mit Rekonstruktionen von Vorkriegsbauten das Stadtbild aufwerten und attraktiv machen kann. Doch anstatt sich daran zu orientieren und Rekonstruktionen an derartig zentralen Stellen als Wettbewerbsvoraussetzung vorzuschreiben, wie die Stadt Dresden es erfolgreich am Neumarkt gemacht hat, verlässt sich die Stadt Köln auf moderne oder postmoderne Gestaltungsideen, um immer wieder aufs Neue enttäuscht zu werden.

    Wo einmal die Gürzenichstraße mit einem stadtbildprägenden Gebäude mit Eingang zur Fleischhalle überbaut war und sich schmale Altstadthäuser aneinander lehnten, jedes in Form, Farbe und Größe unterschiedlich, wird in Zukunft weiterhin ein massiver Gebäude-Block stehen.

    Die Ist-Situation mag so vielleicht minimal aufgewertet werden, aber es ist, wie schon so oft, die nächste vertane Chance, Köln endlich wieder zu einer Stadt zu machen, die man mit Recht als "schön" bezeichnen kann.

  • Dresden, Frankfurt und Potsdam

    Für dieses Beispiel hätte ich das Gründerviertel in Lübeck sogar als den passendsten Vergleich empfunden. Ein Blick dorthin hätte gezeigt, wie man es weit besser machen kann.

    Können die Kölner bei dem Projekt noch intervenieren und Verbesserungen erreichen?

  • Centralbahnhof 8. Juni 2023 um 16:29

    Hat den Titel des Themas von „Köln - Abriss-/Neubaupläne Signal-Iduna-Haus am Heumarkt“ zu „Köln - Heumarkt Fleischhallenareal - Abriss-/Neubaupläne Signal-Iduna-Haus“ geändert.