Gründerzeitliche Prachtbauten in Berlin

  • Die richtigen Prunkpaläste des Historismus wie sie an Hauptmagistralen und Geschäftsstraßen errichtet wurden sind aus den deutschen Großstädten nahezu komplett verschwunden, hauptsächlich kriegsbedingt und dann für nicht (teil)rekonstruktionswürdig erachtet. Allein wie sich der Bahnhofsvorplatz in Frankfurt durch eine Reko der Kuppeln aufwerten ließe, lässt das Potential erahnen. Aber an sowas brauchen wir derzeit wohl nicht zu denken. Eine Initialzündung könnte der wohl in Kreisen noch relativ bekannte Kaiserpalast in Dresden sein aber naja.....

  • Ich finde auch, dass Berlin, was die Neubauten angeht, momentan in Deutschland mit am besten abschneidet und zum Teil doch sehr anspruchsvolle Projekte hier realisiert werden. Man denke beispielsweise nur an die Fellini Residenzen, die Kronprinzengärten und natürlich alles, was die Patzschkes bauen. Von solch einer Qualität ist man doch in (den meisten) anderen deutschen Städten sehr weit entfernt. Natürlich ist auch in Berlin die Mehrheit der Neubauten billige Katalogware, aber es gibt zumindest diesen gar nicht mal so unbedeutenden Gegenpol!

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Am Kudamm ist kein freier Platz und der Bestand ist größtenteils frisch saniert. Die Lietzenburger ist vor allem eine schmuddelige Verkehrsstraße und auch bis auf ein Grundstück bebaut. Ähnlich siehts bei der Kantstraße aus. Wieso sollte man eine prunkvolles Wohnhaus rekonstruieren (wenns da überhaupt eins gab)? Das ist ja nicht kein Ensemble, wie der Neumarkt und der Wilhelminismus ist ja auch nicht grad populär.
    Das Berlin von heute ist eben nur noch ein Dorf, verglichen zu Paris und hat ein anderes Image, als zu Kaisers Zeiten. Und wie schon gesagt wurde, viele der aktuellen Neubauten sind nähern sich an damalige (schlichtere) Bauten an und die neuen Neubauten am Kudamm haben immerhin angedeutete Kuppeln.

  • und der Wilhelminismus ist ja auch nicht grad populär.

    Der Aussage möchte ich widersprechen. Er mag in den Architekten- und Stadtverwaltungskreisen nicht populär sein, bei den Bürgern sieht das ganz anders aus. Der Wunsch, in einem Altbau zu wohnen oder ein Geschäft/Restaurant in einem historischen Prunkpalast zu beziehen ist nach meiner Erfahrung ungebrochen. Insofern ist durchaus ein wirtschaftliches Potential für die Rekonstruktion solcher historistischer Gebäude vorhanden. Indes, Wille und Phantasie fehlen eben noch. Ich kann "Klassikers" Verzweiflung gut nachvollziehen (auch wenn nicht alles in Berlin im argen liegt und es auch nicht um Schwarz-Weiß-Malerei gehen sollte), deshalb hat er stets meine Sympathie. :blumen:

  • Heimdall: Danke!! Wir sind mit nur wenige, aber sehen verteuffelt gut wie das alles in Berlin sich ganz anders entwickeln haben könnte, wenn nur mehr geschichtliches Bewusstsein bei die Masse, Elite, Machthaber oder Architekten da wäre.......
    Dass Bewusstsein über die schöne Plätze und ihre Bauten von früher is schon da (die viele Bücher über das Vorkriegs Berlin zeigen das sehr überzeugend) aber es bewegt sich zu wenig!!!! Warum zum Beispiel wurde niemals geplant um das alte Warenhaus von Wertheim zu rekonstruieren?
    In Potsdam scheint sich aber nach 65 Jahren etwas zu bewegen.........in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] auch, aber in Berlin noch nicht. :trommeln:

  • Es geht aber nicht darum, wer gerne im wilheliminischen Altbau wohnen würde, sondern um die Frage, welcher Bauherr ein Wohnhaus aus dieser Zeit rekonstruieren möchte. Oder eben ein Warenhaus Wertheim. Und wenn es jemand plant, dann wird ihm ja gerne mal der eine oder andere Stein in den Weg geleget. "Berlin" (nicht die Berliner) hält eben nichts von sowas. Wenn Berliner mal das nötige Geld haben, dann wohnen sie entweder in nem echten Altbau oder im stylishen Neubau. Und was den Kudamm und Umgebung angeht, sind die Lücken wie gesagt entweder fisch bebaut oder der Vorgängerbau war auch kein Prunkpalast, sondern nur ein normaler Altbau, bei dem es auch ein Patzschke täte.

  • Benni: am kurfürtendamm zwar; aber es gibt Baulücken wo einst sehr schöne Prunkbauten standen: am Kaiserdamm neben dass schöne Renaissance Schloss artige Gründerzeitgebäude am Ecke Suarezstrasse: das westliche Teil (sah ähnlich aus) ist noch immer Brache. Auch Richtung Ernst Reuter Platz gibt es an der Südseite noch Brachen. Am Skalitzer Strasse standen einst wunderschöne Eckgebäuden mit scharfen Eck (< 90 Grad). Heute Brachen. Im Glogauerstrasse dassselbe am Nordwest Seite der Strasse. So gibt es noch wenigsten 1500 Lücken. Die ganze einstige Mitte Berlins um die Fernsehnturm herum ist noch Brache. Das südliche Teil der Luisenstadt ist Brache. Der Moritz Platz (einst weltberühmt mit einem Wertheim Warenhaus) hat auch noch Brachen. An der Friedrichstrasse und Stresemann Strasse: Lücken/ Brache. Die westliche Seite der Fontäne Promenade: Brachen usw.

    Mit Google Earth sind also noch viele Brachen zu beiseitigen. Berlin hat noch mindestens für 10-15 Jahren genügend Raum um innerhalb der Stadtgrenze weiter bauen zu können. Hoffentlich nicht nur reiner modernismus. Ruinen gibt es tatsächlich nur noch wenige. Die meisten wiederaufgebauten Kirchen und Gründerzeitler wurden leider am Dachlandschaft stark vereinfacht. Sehe zum Beispiel die Auferstehungskirche in Friedrichshain. Der Berliner Dom vermisst Treppen, Taufkapelle, Laternen. Die Deutsche Bank an der Behrenstrasse vermisst Fenster, Türen, Laufbrücke, Statuen. Die klassische Schinkel Häuschen am Leipziger Platz: noch immer pleite.

    Bauherren sind niemals im Stande um zum Beispiel ein alter Belle Alliance Platz zu bauen: dann wird es genau wie am Neumarkt: 1 Haus reko Stil, ein Haus moderm gestalltet usw/ Das wird nichts bringen. Ein Gründerzeitensemble soll 100% rekonstruiert werden müssen, um wieder Flair, urbanität und Schönheit ausstrahlen zu können. Kompromissbauten sind zwar besser dann was heute da steht aber man soll doch endlick kapieren dass Schönheit mit vielfaltige Formen und Details zusammen hängt. Monotone Rasterfassaden, Flachdachkisten und Kuben überzeugen nicht. Wirken kalt und unstädtisch. nono:)

  • Ich weiß zwar nicht ob es jetzt hier so recht paßt (wenn nicht bitte in das passendere Thema verschieben), aber so an Prachtbauten fällt mir spontan ein die Bahnhofsstraße in Köpenik - dort stand bis vor kurzen ein Gründerzeiteckhaus, welches meines Wissens nach unter Denkmalschutz gestellt war - dort entsteht nun ein Konsumtempel, ein sogenanntes EKZ (Einkaufszentrum), wovon ja Berlin auch so wahnsinnig viel braucht (ich frag mich nur warum?).

    Da wird erhaltenswerter Wohnraum einfach mal für die Interessen von Heuschrecken vernichtet, und noch widerwärtiger - Bauten welche sich nicht mehr ohne enorme Kosten wieder herstellen lassen. Dieses Gründerzeitgebäude wieder originalgetreu aufzubauen würde bei weiten die Kosten dieses überflüssigen Konsumtempels überschreiten - welcher Maurer baut heut noch Stein auf Stein und zwar mit hartgebrannten Klinker Ziegel ? Das Material wäre wohl noch gerade bezahlbar, die Arbeitsstunden hingegen..........

    Leider interessiert es keine Imobilienheuschrecke wie viel Arbeitsstunden und handwerkliches Können in einem solchem Haus steckten...na wie denn auch, solche Menschen haben ja wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben mal handwerklich gearbeitet.


    Viele Grüße

    Strandfliese

  • Auf meinem gestrigen Spaziergang habe ich noch zwei weitere "Berliner Prachtbauten" endeckt.

    Haus des Lette-Vereins am Viktoria-Luise-Platz 6:

    Wohnhaus Regensburger- Ecke Kulmbacher Straße:

    Eigene Fotos vom 26.04.2013

  • Wunderschön! Solche Bauten sind wohl die höchste Form "artgerechter" Menschenhaltung. Ab dann ging es stetig abwärts - leider.

    Bitte noch viel mehr solcher Fotos - sofern es noch weitere Beispiele gibt.

  • Die wenigen erhalten Gründerzeitler sind über die ganze Stadt verteilt.
    Hier noch drei weitere Beispiele ehemaliger Berliner Wohnkultur.

    Dudenstraße 26-30 in Tempelhof:

    Danneckerstraße Ecke Rotherstraße im Hintergrund die Zwingli-Kirche:

    Torfstraße Ecke Kiautschoustraße am Weddinger Nordufer:

    Eigene Fotos (2012)

  • SevenUp:

    Bei dem Foto von dem Eckhaus Regensburger Straße - Kulmbacher Straße sind mir die Stukkaturen aufgefallen. Ich glaube exakt die gleichen Reliefs gibt es auch an einem Haus in meiner Heimatstadt Plauen.
    Du hast nicht zufällig noch Detailaufnahmen des Hauses in Berlin?

  • @Arwed, leider habe ich keine Detailaufnahmen der Stuckreliefs.

    Weiter geht es in Wedding wo zwei prächtige gründerzeitliche Eckhäuser Krieg und Entstuckung überdauert haben.

    Müller- Ecke Luxemburger Straße:

    Seestraße Ecke Lüderitzstraße:

    Eigene Fotos (2012)

  • Ich schaue auch mal, was ich noch auf meiner Festplatte finden kann...

    Mitte, Friedrichstraße 166

    Prenzl. Berg, Schönhauser Allee 150

    Prenzl. Berg, Gethsemanestraße 8

    Prenzl. Berg, Stargarder Straße 7

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hinsichtlich Ku'damm 234 muss zumindest ich dich vertrösten.

    Als Ersatz ein paar weitere hervorragende Bauten.

    Mitte, Torstraße 105-107

    Prenzl. Berg, Zionskirche

    Mitte, Neue Schönhauser Straße 13 (Alfred Messel)

    Mitte, Jägerstraße 28

    Mitte, Charlottenstraße 60

    Mitte, Dorotheenstraße 37

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Charlottenstrasse 60 - komme ich in Berlin grundsätzlich nicht "heil" dran vorbei - nicht nur wegen des Äußeren, vor allem wegen des Inneren - Suchtpotential!

    Die Gebäude in Berlin kämen allerdings noch viel besser zur Geltung, wenn die Graffitti-Schmierer irgendwann einmal begreifen würden, daß es ihrer Werke zur "Verschönerung" der Architektur gar nicht bedarf. In Kreuzberg, F´Hain und Prenzlberg ist es teilweise so, daß man vom konzentrierten Betrachten derselben abgeschreckt wird.

  • Mitte, Inselstraße 12

    Mitte, Köpenicker Straße 95

    Mitte, Poststraße 12 im Nikolaiviertel

    Mitte, Schützenstraße 6-6a/Charlottenstraße

    Bis auf die fehlende Fensterunterteilung halte ich die ergänzende Beseitigung des Kriegsschadens für recht gelungen.

    Wenn man allerdings bedenkt, dass nach 1990 ein Abriss erwogen wurde. :augenrollengruen:

    Mehr zum als' Roter Adler' bekannten Gebäude

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)