Berlin - Zitadelle Spandau

  • Und zum Thema "Spandau" auch noch dies: die lange erwartete Ausstellungseröffnung für "enthüllt-Berlin und seine Denkmäler" auf der Zitadelle hat endlich stattgefunden. Jetzt kann man dort den diversen Geschichten historischer Plastiken nachspüren. Wie erfreulich. Immerhin hatten auch die Lokalnachrichten vom RBB bereits zwei Tage vorher darauf hingewiesen. Hier der Artikel dazu aus dem "Tagesspiegel":
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke…u/13509188.html

  • Das Ensemble der Siegesallee aus dem Tiergarten lohnt einen Besuch, obwohl die Ausstellungsmacher Historie, Künster und ehem. Standort der Siegesallee nicht interessiert. Warum die Figuren der Siegesallee mit Plastik aus der DDR- und Nazizeit kombiniert wurden weiss kein Mensch - auch in der Ausellung bleibt der Zusammenhang verschlossen. Der ausgegrabene Leninkopf vom Denkmal am heutigen Platz der Vereinten Nationen hat viel Geld mit wenig Erkentnis gekostet. Ein zwölftklassiges NVA-Denkmal von Soldaten mit AK-47 will auch nicht recht passen. Will man ersthaft die Künster des Historismus mit den Progandabauten von 33-89 gleichsetzen? Auch das bleibt unklar.

    Einzig gewiss ist der Ärger über Volker Staab Architekten, die die Alte Kaserne der Zitadelle Spandau mit enormem finanziellen Aufwand zu einem White Cube umgebaut haben. Aussen natürlich Gauben aus Cortenstahl. Spandau ist und bleibt eben Provinz, leider nicht die von der verschlafenen, liebenswerten Sorte.

  • Ich war heute in Spandau und habe mir die Ausstellung mit den Skulpturen angesehen. Im Mittelpunkt steht keineswegs der faschistische und sozialistische Schrott, sondern die Siegesallee!

    Habe unendliche viele Fotos geschossen, hier aber nur mal einige vorher - nachher-Gegenüberstellungen:

    Gruppe 26 mit König Friedrich I.

    1900:


    1950:


    Gestalteter Raum in der Ausstellung mit den korrekten Proportionen von Sitzbank und Sockel:

    Friedrich I.



    Freiherr Eberhard Chr. Balthasar von Danckelmann:



    1950:



    Andreas Schlüter:



    1950:



    Siegesallee, Gruppe 26, König Friedrich I., Berliner beim Abholzen des Tiergartens, um 1947:



    Hier noch ein Kopf, den ich im Augenblick nicht zuordnen kann:


    Quelle: Marburg-Archiv, eigene

  • Das ruft geradezu nach einer Rekonstruktion der Siegesallee - zwar nicht am historischem Ort (sowj. Ehrenmal) aber Richtung Großer Stern (Siegessäule, Bismarck - Denkmal & Co) gebe es doch sicher Möglichkeiten...

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Den Lenin-Kopf haben die Medien sicher eher in den Vordergrund gerückt, da er noch vielen Menschen ein Begfriff ist. Die Siegesallee kennen doch nur noch recht wenige. Die Allee wurde auch zur Entstehungszeit nicht wirklich gelobt und von Zeitzeugen eher abfällig bewertet. Künstlerisch sind wohl die meisten Werke (ob Siegesallee, Lenin, Soldaten etc.) alle nicht herausragend. Der gemeinsame Punkt: es handelt sich bei allen Statuen um Propagandawerke.

    Hoffen wir mal, dass der Medienhype um den Lenin-Kopf viele Menschen anlockt, so dass diese sich dann auch mit den anderen Werken auseinandersetzen.

  • Ja, lieber "Spreetunnel", da haben wir uns wohl verpasst. Denn ich war natürlich auch da. Als alter "Pfennigfuchser", der ich bin, am "Tag der offenen Tür" auf der Zitadelle. Wäre schön gewesen, dich mal wieder zu treffen, aber du bist ja wohl eher ein Einzelgänger, nicht ? Na, du hast ja immerhin meine Karte und kannst dich melden, wann immer du mal wieder in Begleitung knipsen gehen magst.
    Egal: War interessant in der neuen Ausstellung. Ich bestätige hier vollends die meisten zuvor geäußerten Ansichten. Sowohl die, dass unsere Tendenzmedien natürlich hauptsächlich auf Lenin abfahren, wie auch die Beobachtung, dass den Figuren der "Siegesallee" hier sehr viel Raum (oder Räume, haha) gegeben wird. Das ist erfreulich. Die streng chronologische Anordnung der Räume ist auch angenehm, da hat man in "modernen Ausstellungskonzepten" schon ganz andere Dinge erlebt. Langer Vorrede, kurzer Sinn: Ich empfehle es durchaus, sich die paar Euros Eintritt mal an die Hand zu nehmen, um diese Ausstellung und den Rest der Zitadelle zu erkunden. Mehr schreibe ich hier nicht, denn das gehört dann eher zum "Spandau" - Thread. :)

    Hier noch die Büste des Grafen zu Lynar, der den Bau der Zitadelle Spandau vollendet hat:

    Lynar-Büste. by Clemens Kurz, auf Flickr

  • Na, der Einschätzung von Konstantindegeer kann ich nicht ganz folgen. Die Ausstellung ist eben keine Ausstellung mit dem Namen "Plastik der Kaiserzeit", oder "Stadtverschönerung unter den Hohenzollern", sondern soll ein wenig den leider auch oftmals politisch aufgeladenen Stadtschmuck Berlins abbilden. Deutsche Hauptstadt hieß eben auch immer: Propaganda-Metropole. Das abzubilden ist so in Ordnung, selbst wenn ich angesichts von Felix Dserschinsky auch einen Schock bekam !!! Aber, sorry, "provinziell" geht anders.
    Ich persönlich empfehle daher: sich selbst ein Urteil zu bilden. Hingehen, gucken und selbst entscheiden, ob dem Thema Genüge getan wird. Dafür kann man sich auch die Sonderausstellung in der ehemaligen Garnisonskaserne an der Nordkurtine angucken. Gibt ein interessantes Gesamtbild, wie ich finde.
    Ansonsten, zum Thema "Siegesallee" hier noch mal der Beitrag aus meinem Blog:
    https://ckstadtspaziergaenge.wordpress.com/2016/02/09/ver…-im-tiergarten/
    Und, zu meinem Besuch auf der Zitadelle und in der Ausstellung dieser Beitrag:
    https://ckstadtspaziergaenge.wordpress.com/2016/05/01/was…enthuellt-wird/

    Hier als "Schmankerl" noch der "Große Kurfürst" Friedrich - Wilhelm. Ein Mann mit Sonnenhut (nein, es ist nicht der Kurhut). Vielleicht strahlte der "Sonnenkönig" Ludwig zu stark aus Frankreich herüber. Ich frage mich, wie der Kurfürst wohl mit cooler Sonnenbrille ausgesehen hätte... :)

    Großer Kurfürst by Clemens Kurz, auf Flickr

  • Abgüsse der Figuren am Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg:



    Denkmal auf dem Kreuzberg von Karl Friedrich Schinkel, 1826 und heute:


    Das ehemalige Eisenbahnergefallenenmonument vor dem Hamburger Bahnhof:



    Hamburger Bahnhof und Kriegerdenkmal, 1967:


    Brandenburgische Kurfürsten:


    Gruppe mit Kaiser Wilhelm I., König Friedrich Wilhelm IV. und Friedrich Wilhelm III. von links nach rechts:



    König Friedrich Wilhelm IV.



    König Friedrich Wilhelm IV. und III. (von links nach rechts)


    Friedrich II, dahinter der Große Kurfürst und weitere Kurfürsten



    Friedrich Wilhelm I. mit Fürst Leopold von Anhalt-Dessau und Heinrich Rüdiger von Ilgen:


    Rückansicht des Soldatenkönigs:


    Gruppe 27 der Siegesallee mit Friedrich Wilhelm I., 1901:


    um 1930:

    Nebenfiguren:

    Siegesallee_Gruppe 27_Fürst Leopold von Anhalt-Dessau_1950:

    Siegesallee_Gruppe 27_Heinrich Rüdiger von Ilgen_1950:

    Gipsabguss des Kurt Christoph Graf von Schwerin, Bronzeabguss heute auf dem Zietenplatz:



    Original im Bodemuseum ( von Dia gescannt)



    Ansicht am Zietenplatz in einer späteren Version, 2010:


    bei Nacht:

    Einmal editiert, zuletzt von Spreetunnel (2. Mai 2016 um 23:42)

  • Mal eine ganz blöde frage. Gab es in Berlin eigentlich Denkmäler aus der Zeit des dritten Reichs die nazigrößen zeigten?

    APH - am Puls der Zeit

  • Es haben etliche der Besucher den zweiten Teil der Ausstellung wohl nicht gesehen, weil die Beschilderung mangelhaft ist!

    Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Gebäude. Im ersten werden die Statuen und das andere Gedöns gezeigt, im zweiten Gebäude wird das ganze im EG mit entsprechenden Bildern und Texten stärker fokusiert, dort sind auch alle Informationen über Standort, Künstler etc, zu finden und es werden wesentlich mehr Denkmale etc. als Fotos gezeigt.

    Gleich hinter dem Eingang zur Zitadelle war zwar 1 Ständer mit einem Plakat als Hinweis, danach Flaute, ich habe den Eingang zum Teil mit den Figuren etc. nur durch Fragen gefunden, er war absolut nicht gekennzeichnet. Den zweiten Teil nur durch Zufall entdeckt.

  • Ach hier gab die Ausstellung im zweiten Gebäude Auskunft. Es gab wohl nur die Horst-Wessel-Gedenkstätte am heutigen Rosa-Luxemburg-Platz, diese aber ohne figürlichen Schmuck, ansonsten Gedenksteine ohne Personenbezug. Hitlerbüsten gab es ja in rauen Mengen, hier wurden sie aber nicht gezeigt.

  • Das ehemalige Eisenbahnergefallenenmonument vor dem Hamburger Bahnhof:



    Hamburger Bahnhof und Kriegerdenkmal, 1967:

    Warum wurde das eigentlich abgebaut (erst in den 90ern) und soll es vielleicht nochmal zurückkehren? Da wo das Denkmal mal stand befindet sich jetzt nur ein leeres Beet. :/

  • Armer "Spreetunnel" (wird irgendwann mal Zeit für Klarnamen, ich bin hier nicht beim Geheimdienst oder sonstwie konspirativ unterwegs). Wir hätten uns halt doch treffen sollen. Ich hätte dir wirklich gerne dabei geholfen, dich auf der Zitadelle zurechtzufinden, denn ich kenne sie rauf und runter. Mir erscheint sie deshalb als sehr übersichtlich, aber das kann wohl auch täuschen. Hast du den Leuten am Eingang Bescheid gesagt, dass die Ausschilderung dir nicht ausreicht ? Verbesserungen gehen nämlich tatsächlich immer, aber manchmal muss man eben darauf hingewiesen werden als Verantwortlicher. :) Wie gesagt, ich selbst hätte auch nicht gedacht, dass es dabei Schwierigkeiten gibt, aber als "Auswärtiger" sieht man das halt mit anderen Augen, das ist klar.
    Na, als kleines, weiteres "Schmankerl" hier der "olle Kaisa Willem" aus der Werkstatt von Reinhold Begas (vermutlich von seinem Schüler August Kraus ausgeführt) aus der ehemaligen "Siegesallee", da die Rückkehr des reitenden Monarchen auf die Schlossfreiheit ja wohl ausgeschlossen sein dürfte. Die beiden Nebenfiguren Moltke und Bismarck aus der Siegesallee haben leider nicht "überlebt". Dafür kann man sich die beiden ja auch am "Großen Stern" im Tiergarten angucken, wo ich übrigens am kommenden Samstag, den 07. Mai 2016 ein bischen Fotografieren gehen werde. Nur, damit´s nicht heißt, ich hätts nicht kundgetan.

    Kaiser Wilhlem I. von Reinhold Begas by Clemens Kurz, auf Flickr

  • Ich war heute ebenfalls in der sehr interessanten Spandauer Ausstellung "Enthüllt" und muss Spreetunnel insofern vorsichtig korrigieren, als es (nach meinem laienhaften Dafürhalten) überhaupt keine Abgüsse bzw Gipse zu sehen gab - bei den Kopien handelte es sich m.E. vielmehr um Marmorkopien.
    Es war doch deutlich zu empfinden, dass die Figuren der Siegesallee in ihrer teilweise ausgeprägten Theatralik, ihrer Posenhaftigkeit und ihrer teils bemühten Suggestion eines klischeehaften Ausdrucks künstlerisch weit unter den Marmorbildwerken stehen, die vor dem Ende der Schinkelzeit geschaffen wurden. Es ist immerhin bemerkenswert, dass die Berliner Allgemeinbevölkerung, die sonst eher nicht durch verfeinerten Kunstsinn aufgefallen ist, die Siegesallee-Figuren von vornherein als geschmacklos bewertet hat und man in Berlin dem Abbau dieser Marmorgruppen bis heute keine Träne nachgeweint hat.
    Am besten gefallen hat mir eigentlich das oben abgebildete Eisenbahnergefallenenmonument, welches man, wie ich finde, durchaus wieder vor dem Hamburger Bahnhof aufstellen könnte.

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  • Mit 'Abgüssen' meinte ich nur die Statuen des Nationaldenkmals auf dem Kreuzberg, die in Eisen gegossen wurden, so viel ich weiß. In Spandau standen diese als Gipsabgüsse, ebenso wie das Standbild Schwerins.

    Die Standbilder von König Friedrich Wilhelm II. und seiner Frau Luise sind in Kunststein ausgeführt und standen eine Zeit als Ersatz für die Marmorfiguren im Tiergarten, wo jetzt wieder die Originale zu sehen sind.

    Die Siegesalle ist ganz klar in Marmor!

  • Bei den Standbildern von Friedrich Wilhelm III und seiner Luise handelt es sich in der Tat um die Kunststeinguss-Kopien, die bis vor wenigen Jahren so m.W. seit der Nachkriegszeit im Großen Tiergarten standen und nunmehr dort durch Marmorausführungen ersetzt wurden - ob es sich dabei dort nun um die originalen Marmorwerke handelt, weiß ich auch nicht.
    Ich zeige im Folgenden Fotos der oben besprochenen Genien des Nationaldenkmals für die Befreiungskriege auf dem Kreuzberg. Leider war das Material auf dem Schild nicht angegeben. Ich denke, es handelt sich um Marmor. Aber möge sich jeder selbst ein Bild machen:

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    Einmal editiert, zuletzt von Snork (5. Mai 2016 um 20:05)

  • Genien des Nationaldenkmals für die Befreiungskriege auf dem Kreuzberg. Leider war das Material auf dem Schild nicht angegeben. Ich denke, es handelt sich um Marmor. Aber möge sich jeder selbst ein Bild machen:

    Habe mir die Genien gestern noch einmal vor Ort aus der Nähe angesehen. Spreetunnel hatte Recht: es handelt sich um Gipsabgüsse.

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  • Einige aktuelle Eindrücke der Renaissancefestung Zitadelle Spandau, die allerdings eine komplexe Baugeschichte hat und in Teilen wesentlich älter ist. Am Juliusturm erwähnte eine Beschilderung ein Baujahr 1230.

    Zugang über eine Brücke zum Tor- bzw Kommandantenhaus, erbaut 1563, 1839 Neugestaltung der Fassade. Links der Juliusturm aus dem 13. Jahrhundert, laut einem Faltblatt ältestes Gebäude im heutigen Berlin. Der neogotische Zinnenkranz von K.F. Schinkel:

    Blick auf den Wassergraben:

    Palas (15. Jhd.) und Juliusturm:

    Innenseite des Eingangsbereichs mit Torhaus:

    Hafen, um 1700:

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