Wiederaufbau deutscher Städte im Vergleich

  • naja, Thurn und Taxis wurde in Anlehnung an den Vorgängerbau in veränderter Kubatur als Feigenblatt für ein beeindruckend großes Büro- und Einkaufszentrum errichtet. Das Blatt ist nur ziemlich klein für den großen "Kommerzphallus" dahinter ausgefallen... Und eben kleiner, als es mal war...

    Ich denke richtig müsste es heißen Rekonstruktion des Ehrenhofs des Palais und vereinfachter Bau der restlichen Fassaden. Oder?.

    Palais_Thurn_und_Taxis_Modell.jpg


    Palais Thurn und Taxis – Wikipedia

  • In Bezug auf die Zugehörigkeit zu Westdeutschland trifft Dein Argument aber nicht zu: München hat in Westdeutschland schon eine Sonderstellung, meines Wissens wurde in keiner größeren westdeutschen Stadt soviel an kunsthistorisch bedeutender Substanz rekonstruiert wie in München. Das liegt einerseits daran, dass München damals noch eine überwiegend bayerisch-katholische Mentalität besaß (im Gegensatz zu heute...), die auf die eigenen Traditionen sehr viel Wert legte und die es z.B. nicht zuließ, dass man Kirchen nicht oder nur lieblos wiederaufgebaut hätte. Böse Zungen sprechen von diesem auch heute noch in gewissen ländlichen Bereichen Bayerns vorherrschenden Traditionalismus als "Rückschrittlichkeit" :wink:

    Andererseits wollte man München wieder als Touristenstadt etablieren, da der Fremdenverkehr vor dem Krieg einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Wirtschaft Münchens hatte. Die andernorts weitverbreitete Fortschrittlichkeit und das bewusste Aufbrechen in die Moderne war in München aus diesen Gründen nicht sehr beliebt. In den meisten anderen westdeutschen Großstädten sah dies ganz anders aus.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Rekonstruktion des Ehrenhofs des Palais und vereinfachter Bau der restlichen Fassaden

    Mir wäre eine nennenswerte Vereinfachung der restlichen Fassaden des Palais Thurn und Taxis nicht bekannt. Die Ecksilalite wurden weggelassen, da die Dimensionen heute andere sind. Das Palais steht nämlich heute frei, nicht mehr in einer Straßenflucht. Insofern mussten die Seitenfassaden neu entwickelt werden, da es sie früher in dieser Form nie gab. Der Ehrenhof ist vielmehr "vereinfacht" worden, da in seinen Dimensionen eben etwas verkleinert. Im Inneren gibt es zudem vereinzelt Stuckarbeiten.

    Man kann das Palais natürlich...

    als Feigenblatt für ein beeindruckend großes Büro- und Einkaufszentrum

    verstehen oder herunterspielen. Aber wäre es den Foristen lieber gewesen, sie hätten das Einkaufszentrum und die Hoteltürme ohne das Palais errichtet? Das wäre ebenso jederzeit technisch möglich gewesen. Stattdessen hätte es an dem Bauplatz einen weiteren Turm oder einen Apartment-Block gegeben. Gar kein Problem. Und im aktuellen rot-grün dominierten Magistrat hätte wohl niemand mehr eine Rekonstruktion des Palais´ zur Bedingung für die Baugenehmigung ins Spiel gebracht.

    Wenn also schon in diesem Forum mit der Nase gerümpft wird, kann man sich ausmalen, wie erst in ganz anderen Kreisen über solche Bauvorhaben geredet wird, die man in besseren Situationen Investoren abtrotzen konnte.

  • ^Das stimmt, ist aber ein ganz anderes Thema. Es werden gerade weitere Hochpunkte gebaut und sind in Planung. An der Stiftstraße soll "The Edge" entstehen. Gegenüber, in unmittelbarer Nähe zum oben angesprochenen Areal, das Hochhaus "High Lines". Derzeit wird auf dem ehemaligen Areal der Deutschen Bank das Projekt "Four Frankfurt" hochgezogen.

    Wir reden hier allesamt von Projekten innerhalb des Altstadt-Rings. So sieht die Realität aus. Darüber scheint sich hier aber niemand sonderlich aufzuregen, stattdessen über das Palais Thurn und Taxis, weil dort zwei Risalite nicht mitgeplant worden sind.

    - Ende off-topic -

  • Ich rege mich nicht über T und T auf.
    Ich find´s nur seltsamt, dass man bei diesem Projekt kritiklos von Reko spricht und die Mängel vom Städtebau bis zur Ausführung nicht angesprochen werden. Ich finde insbesondere dieses Projekt ist wahrlich KEINE Glanzleistung.

  • Petersburg. Dank für deine Würdigung und die ausführliche Wiederaufbauleistungen in München. Fehlt noch die impossante Lukaskirche?

    Ja in Dresden ist das weitgehend leider ganz anders gelaufen und wurde was noch Alles einigermassen stand rücksichtslos abgeräumt. Besonders am Postplatz, Altmarkt und Sachsenplatz schmerzt das sehr. Die gesprengten stehen geblieben wunderbaren Kirchentürmen....mein Herz blutet hier wie die Johanneskirche hier auch noch gesprengt wurde!! Wahnsinn. Todessünde. Genau so trist wie der Turm der Georgenkirche und Petrikirche in Berlin. So einer wunderbaren Turm hätte noch so viel Eindruck und Impakt heute machen können.....aber nein. Der DDR war gnadenlos.

    Wenn München mit Dresden verglichen kann dann ist München doch viel besser dran mit so viele Wiederaufbauleistungen. Das fehlt doch in Dresden mit nur eine Neumarkt.....und alle ehemalige Ensembles die Gründerzeitviertel die ganz verschwunden sind. Mit der Wiederaufbau der Ferdinandplatz hätte man weitermachen können nach der Neumarkt, aber weider nein....muss wieder modern sein.

    Hoffentlich geschieht etwas in der Neustadt.

    Welches Gebäude ist rechts der Turm zu sehen?? Ist das heute noch da?

  • Die Münchner Lukaskirche wurde im Krieg bis auf einige Glasfenster nicht beschädigt.

    Aber wir sollten diese Wiederaufbaudiskussion vielleicht wirklich auslagern, das hat mit dem Quartier III/2 in Dresden wirklich nichts mehr zu tun...

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • ... Die gesprengten stehen geblieben wunderbaren Kirchentürmen....mein Herz blutet hier wie die Johanneskirche hier auch noch gesprengt wurde!! Wahnsinn. Todessünde. Genau so trist wie der Turm der Georgenkirche und Petrikirche in Berlin. So einer wunderbaren Turm hätte noch so viel Eindruck und Impakt heute machen können.....aber nein. Der DDR war gnadenlos.

    Bilder des Grauens: Der Feuersturm, entfacht durch den Luftangriff britischer Bomber am 23. Februar 1945, hinterließ die Pforzheimer Innenstadt als einziges Trümmerfeld. Auch die Stadtkirche wurde zerstört. An diesem Abend starben weit über 17.000 Menschen.

    Pforzheim...

    Evangelische Stadtkirche Pforzheim – Wikipedia

    Gab es noch mehr dumme? Oder war es nur "die" DDR?

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    Ach ja, und weil Klassiker aus Rotterdam stammt, wenn ich es richtig erinnere...

    Queen's Church (Rotterdam) (italiawiki.com)

    Abriss der Königinnenkirche in Rotterdam, 22. Januar 1972, Abriss, Kirchen, Niederlande, Presseagenturfoto des 20. Jahrhunderts, unvergessliche Nachrichten, Dokumentarfilm, historische Fotografie 1945-1990, visuelle Geschichten, Menschheitsgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, Momentaufnahmen Stock Photo - Alamy

    Rotterdam. Queen's Church during the demolition of the building, January 13, 1972, demolition, architecture, church buildings, church towers, windows, The Netherlands, 20th century press agency photo, news to remember, documentary, historic photography 1945-1990, visual stories, human history of the Twentieth Century, capturing moments in time Stock Photo - Alamy

    Ich dachte es gäbe in "dem" Holland genügend Glashäuser und dort wüsste man...


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    Und so lässt sich vermutlich für jede stark zerstörte Großstadt vergleichbares finden...

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    Beeindruckend finde ich auch das hier.

    Die DDR ist überall.

    Kirchenabriss | Geocaching Hamburg (geocaching-hamburg.de)

  • Wenn ich der Debatte gerade so folge werde ich echt ein wenig betrübt. Man könnte denken alles wäre verloren. Wir sollten nicht nur darüber reden was verloren ist, sondern uns auch immer mal wieder in Erinnerung rufen was gerettet wurde oder neu entstanden ist.

    Meine Stimmung hat sich nach dem Video gleich wieder aufgehellt:

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  • Ich rege mich nicht über T und T auf.
    Ich find´s nur seltsamt, dass man bei diesem Projekt kritiklos von Reko spricht und die Mängel vom Städtebau bis zur Ausführung nicht angesprochen werden. Ich finde insbesondere dieses Projekt ist wahrlich KEINE Glanzleistung.

    Dann sollte man doch besser über den Wiederaufbau des T&T mit dem in Potsdam etablierten Wort „Erinnerungsbau“ sprechen und denken(!). Das würde übrigens bei so manchen Bauten einen Knoten im Kopf beim nachdenken lösen, ob man noch von Rekonstruktion sprechen kann.

    Der ist unspezifisch genug, um das Palais mit abzudecken wenn man nicht den (von dem ja durchaus auch von der (archäologischen) Rekonstruktion der Frauenkirche im vorletzten Jahrzehnt mitgeprägten) Begriff einer „Rekonstruktion“ verwenden will, was bei den vielen Abweichungen vom Original ja verständlich ist (obwohl es ja für „Rekonstruktion“ auch keine feste Definition gibt).

  • Max M. Schöne Video. In 20 Jahren ist schon Vieles geschaffen was wirklich aufenthaltsqualität hat. Wenn so weitergemacht würde, dann bin ich voller Hoffnung das Dresden dann wieder eine schöne Stadt werden könnte. Das Herz ist also wieder da, aber das Leib fehlt noch. Bin gespannt ob die Deutschen: Architekten, Vereine, Bauherren diese sehr schwierige Aufgabe mit guten und urbanen Architektur lösen können. In Der Niederlanden gibt es viele realisierte Neubauten in Städten wie Rotterdam, Helmond, Den Haag, Almere, Hilversum und Amsterdam die sehr historisch gestalltet sind mit Backstein und vielen Details und gleich auch urban sind. Sah in Hilversum am Koninginneweg eine Reihe Wohnhäuser "Ridderspoor" (Altersheim), nagelneu, die kaum zu unterscheiden sind von gleichen Bauten aus 1905: alles war ganz im historischen Stil, auch die Innenräumen.

    Sehe Abbildungen unten.

  • Wenn ich der Debatte gerade so folge werde ich echt ein wenig betrübt. Man könnte denken alles wäre verloren. Wir sollten nicht nur darüber reden was verloren ist, sondern uns auch immer mal wieder in Erinnerung rufen was gerettet wurde oder neu entstanden ist.

    100 % richtig! Denn gerade bei Dresden kann man ja teilweise verzweifeln, und sich nur den Kopf greifen ob aktueller Geschehnisse.

    Gerade deswegen ist es so wichtig, sich immer wieder das positive ins Gedächtnis zu rufen. Man muss sich klar machen, dass durch das fast komplettierte Neumarktviertel eine so riesige Lücke/ Wunde in der Altstadt geschlossen wurde so dass wir jetzt (bitte auf die Karte kucken) im Gebiet Schauspielhaus/Ostraallee im Westen, Altmarktviertel im Süden und Pirnaischen Platz im Osten und den Brühlschen Terrassen im Norden eine komplette, fast lückenlos bebaute Altstadt wiedererstanden ist. Das muss man sich mal klarmachen! Wenn ich darüber nachdenke, könnte ich in Begeisterungsstürme ausbrechen. Jemand warf mir ja im Forum vor, ich sei "hoch-emotional". Nun, bei der wunderbaren Dresdner Altstadt bin ich das auf jeden Fall! Und das ist gut so ;)

    Das Historische Zentrum im o.g. Gebiet ist zwar relativ klein, aber dafür mit geballter Kunst & Schönheit komprimiert, wie ich das von keiner deutschen Grossstadt kenne. Und obgleich so viele Gebiete um dieses Viertel herum schon verhunzt sind, gibt es noch immer zahlreiche Stellen, wo das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde. Aus dieser Stadt kann man noch immer eine Menge machen.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Ja, wenn man bedenkt, dass Dresden von keiner Altstadt innerhalb von 15 Jahren zu einer kleinen aber sehr feinen Altstadt kam, dann ist das doch ein gewaltige Leistung.
    Gerade weil das Potential von Dresden so groß war, ist man natürlich öfters auch mal sehr enttäuscht, wenn Chancen vertan wurden. Aber im Großen und Ganzen steht doch ein dickes, fettes Plus vor der Zusammenrechnung von Pro und Contra.

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    Wiederaufbau: Unsere Städte nach 1945 (1/2) | Unsere Geschichte | NDR Doku

    ,,Der Zweite Weltkrieg hat die deutschen Städte verwüstet. Experten meinen jedoch, dass der Wiederaufbau mehr Bausubstanz vernichtet hat als der verheerende Bombenkrieg. Wie konnte das passieren?"