Deutschlands Kulturbauten im internationalen Vergleich

  • Deutschland wird gemeinhin als das "Land der Dichter und Denker" bezeichnet. Die Kulturlandschaft ist in der Welt einzigartig. Dachte ich bisher. Doch wenn ich mir z. B die folgende Liste der meistbesuchten Kunstmuseen in der Welt anschaue, dann landet das erste Museum (Neue Museum Berlin) aus Deutschland in der Liste gerade mal auf Platz 86!Noch hinter dem Aarhus Kunstmuseum in Dänemark. Alleine drei Museen aus Madrid sind vor allen anderen Kunstmuseen in Deutschland platziert. Kann das sein, oder stimmt das Ranking nicht?

    Auch auf anderen Feldern geben mittlerweile andere Länder wie China, Dubai und nordeuropäische Länder den Ton an. In den letzten Jahren konnte lediglich der Neubau der Elbphilharmonie in Deutschland als Kulturleitbau (neben dem Berliner Schloss mit der neuen Ausstellung) verwirklicht werden. Dabei brach die Elphi allerdings alle Kostensteigerungsrekorde. Wie sieht es also aus mit den deutschen Kulturbauten im internationalen Vergleich?

    ...

  • Kunstmuseen sind ja nur ein Aspekt der breiten Museums- und Kulturlandschaft. Ich könnte jetzt unzählige andere Museums-Schwerpunkte aufzählen. Und: Die Anzahl der Besucher sagt vielleicht etwas über die Kulturaffinität der Einheimischen aus, aber nicht unbedingt über den "Wert" der Kulturlandschaft. Zudem ist der Standortvorteil von Städten einzuberechnen, die von internationalen Touristen überrannt werden. Faktoren, die auf die Besucherzahl einwirken, gibt es unzählige. Über die Bedeutung der Kulturlandschaft sagt das nicht unbedingt etwas aus. Für mich macht eine Kulturlandschaft auch mehr aus, als ein Museum. Kulturlandschaft ist nicht gleichzusetzen mit Museumslandschaft.

    In diesem Kontext ist mir übrigens dieser Artikel über den Weg gelaufen, der sich mit dem Ungleichgewicht bei der Verteilung des UNESCO-Weltkulturerbes auseinandersetzt: https://www.zeit.de/kultur/2021-07…igung-bewerbung

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Deutschland liegt auf Platz 8 der meistbesuchten Länder, d.h. andere Länder haben schon mal viel mehr potentielle Museumsbesucher, Dazu kommt dann natürlich noch die eigene Bevölkerung, die als Besucherpool infrage kommt. Je größer diese ist, umso leichter landet man vorne. Das erklärt jetzt nicht vollständig die Beobachtungen, aber es kann bei der Einordnung helfen. Ich denke für Deutschland gilt auch mal wieder unser bekannter Dezentralismus als Ursache. So kommen Besucher eben nicht großteils an ein zwei Hotspots, wie der Hauptstadt, sondern verteilen sich besser. Gerade einmal 16% der Besucher nach Deutschland gehen nach Berlin. 17% aller Touristen der USA gehen nach New York, 20% der Touristen in Frankreich waren in Paris.

    Ich habe gehört, dass Deutschland die höchste Museumsdichte haben soll, weiß nicht, ob das stimmt?

  • Nimmt man nicht nur die Kunstmuseen, sondern alle Museumsarten, so landet Deutschland erst gar nicht in der Listemit Museen über 2 Mio.-Besucher/Jahr. Ein Grund kann natürlich der Dezentralismus in Deutschland sein. Doch wenn "...Gerade einmal 16% der Besucher nach Deutschland gehen nach Berlin. 17% aller Touristen der USA gehen nach New York, 20% der Touristen in Frankreich waren in Paris." wie es Majortines schreibt, ist es wohl eher kein Argument. 16 % Berlin ist nicht weit weg von 17 % New York oder 20 % der Touristen im Land, die in Paris landen.

    ...

  • Doch das ist schon ein Argument, weil das in absoluten Zahlen viel ausmacht, da sowohl die USA. alsauch Paris sehr hohe Besucherzahlen (etwa doppelt soviele) haben, weswegen schon wenige Prozent in der Verteilung einen großen Unterschied machen. Dazu kommt gerade bei den USA, das ist ein riesiges Land, wenn dort 17% nach New York gehen der ausländischen Touristen, dann ist das ein gigantischer Wert im Vergleich zum kleinen Deutschland.

  • Es kommt bei der Liste mit den Museen ganz stark auf die Zählweise an.

    Das Met in NY ist ja ein riesiger Bau wo man sich drin verlaufen kann mit ganz unterschiedlichen Sammlungen.

    In Deutschland haben wir dafür viele kleinere Museen die aber in Verbünden existieren.

    Z.B. hat die SKD in Sachsen in 2019 2,6 Mio. Besucher ausgewiesen. Das wäre in den 20er Plätzen.

    Würde man auch die Museumsinsel in Berlin als Eines zusammen betrachten dann wäre die Liste wieder ganz anders aufgestellt.

    Schöne Städte werden letztlich auch glückliche Städte sein.

  • Wäre eigentlich gar keine schlechte Idee, die Zahlen zusammen zu melden, um dann in internationalen Rankings oben aufzutauchen und mehr Touristen anzulocken. Zumindest bei der Mueumsinsel, die ja auch als ein Welterbe zählt könnte ich mir das als legitim vorstellen.

  • Meiner Erfahrung nach macht es einen großen Unterschied bei den Besucherzahlen von Museen, wie "legendär" und allgemein bekannt sie sind, wobei dieses eigentlich nur mässig stark mit der Einzigartigkeit der dort ausgestellten Kunstwerke korreliert. In Florenz zum Beispiel sind die Uffizien total überlaufen, während im mindestens genauso bedeutenden Museo Bargelo nur wenige Besucher sind. Es macht quantitativ einen sehr großen Unterschied, ob ein Museum für den Durchnittstouristen als Must-See erscheint wie die Eremitage in St Petersburg, oder ob es doch eher nur die wirklichen Kulturtouristen dorthin zieht wie auf die Museumsinsel in Berlin.

    Das Problem der international recht schwachen Besucherzahlen der Museen wird übrigens in Berlin schon lange diskutiert und ist eigentlich nur unbefriedigend erklärt. An der Qualität der Sammlungen liegt es eher nicht. Übrigens hat ja auch München herausragend gute Museen, die auch eher schwach besucht sind.

    Ein weiterer Grund für die sehr hohen Besucherzahlen mancher Museen ist, dass in anderen Ländern Museumsbesuche von Schulklassen viel häufiger sind als bei uns. Gerade vormittags sind zB im British Museum in London sehr viele Schulklassen mit Führungen, was sich natürlich auch auf die Zahlen auswirkt. Bei uns sieht man eigentlich nur Kunstklassen von Gymnasien in den Museen, in anderen Ländern überwiegend Grundschüler.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Meiner Meinung nach ist auch eine weitgehende kulturferne des durchschnittlichen Deutschen ein nicht zu unterschätzender Grund für die geringen Zahlen. Ca. 1,3 Museumsbesuche pro Einwohner in Deutschland...
    Und das als Durchschnittszahl - undabhängig ob ein Touristen oder ein deutscher Staatsbürger im Museum war.
    Die Gemäldegalerie Alte Meister in DD hatte übrigens in 2019 70% ausländische Besucher...

    Ich finde es immer wieder traurig, wenn eine Nation ihre eigenen Kultur nicht wertschätzt und zum Teil des Lebens macht.

    Aber das beginnt ja schon in der Schule...

    Wenn ich mir überlege, wie oft ich im Jahr im Museum bin. Da habe ich schon 30 Mitbürger von einem Besuch - rein statistisch - "befreit"...

    Aber es wundert mich nicht wirklich, wenn ich bedenke, wie besipielsweise die permanente Präsens von Fußball und Sport in der öffentlichen Wahrnehmung die Bedeutung von Hochkultur reduziert.

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    Und dabei sind die Zahlen der Museumsbesuche in Deutschland vermutlich an der einen oder anderen Stelle noch geschönt.

    Zumindest für Dresden weiß ich folgendes:

    Wenn ich mit einem normalen Ticket ins Residenzschloss gehe (14,- Euro), dann werde ich - je nach dem, wo ich hinlaufe - bis zu 8 statistische Museumsbesuche generieren.
    Ich bin zunächst Besucher in der Rüstkammer, gehe natürlich automatisch ins Grüne Gewölbe komme recht wahrscheinlich auch ins Münzkabinett und verirre mich evt. zusätzlich noch ins Kupferstichkabinett. Automatisch bin ich auch in der Türckischen Kammer. In den Hausmannsturm kann ich zwar einzeln, aber er ist auch im Schloss-Ticket inkludiert. Weiterhin wird die Kurfürstliche Kleiderkammer und die Paraderäume (Kunstgewerbemuseum) einzeln gezählt.

    Man kann beobachten, dass jeweils am Beginn eines anderen Museums auf dem Rundgang ein Wächter mit Zählwerk steht. Ich nehme an, dass diese Zählungen Grundlage für die Besucherzahlen der Einzelmuseen der SKD sind.

    Ob man in München oder Berlin auch auf diese Weise in Häusern mit mehreren Museen mehrfach gezählt wird, entzieht sich aber meiner Kenntnis.

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    Nicht zu unterschätzen ist m.M.n. auch, dass die Stattlichen Museen in GB z.B. kostenfrei besucht werden können, während man in F oder D doch einen nicht unerheblichen Obolus entrichten muss.

  • Das hat eine ganze Menge von Ursachen. Einige offensichtliche wären:

    -Deutschland zieht nicht ganz die internationalen Touristenströme an, wie sie andere Länder anziehen.
    - Die Touristen, die es nach Deutschland zieht, verteilen sich mehr auf das gesamte Land und strömen nicht alle in ein alles überstrahlendes Kulturzentrum wie Paris, London, Amsterdam, Madrid, New York etc.

    - Deutsche Museen tendieren dazu viele in ihrer Anzahl zu sein, aber nicht so gigantisch und umfassend zu sein, wie der Louvre, British Museum, Eremitage etc. Wenn man die Museumsinsel als einen Museumskomplex zusammenfassen und zählen würde, dann würden sich auch hier die Besucherzahlen ordentlich addieren.

    - Deutschen Museen fehlt die internationale Berühmtheit des Louvre, des Britisch Museums, der Eremitage, der Uffizien, des Prado etc. Deutschland besitzt ganz ohne Zweifel Museen, die sich mit denen anderer Nationen messen können, aber sie sind einfach nicht so berühmt.
    Das Pergamon Museum, die Gemäldegalerie Alter Meister, das Deutsche Museum etc. sind unter Fachleuten bekannt und hochgeschätzt, aber der Ottonormalverbraucher im Ausland hat eher nichts von ihnen gehört. Nicht wie sie beispielsweise vom Louvre oder British Museum gehört haben... Allein die Blockbuster-Filme, die den Louvre oder das British Museum zeigen und somit promoten (habe neulich wieder das British Museum in einem Blockbuster gesehen), sowas kennt man ja leider nicht von deutschen Museen.

    Und viele andere Ursachen, die teils schon hier genannt worden sind.

  • Wenn ich mit einem normalen Ticket ins Residenzschloss gehe (14,- Euro), dann werde ich - je nach dem, wo ich hinlaufe - bis zu 4 statistische Museumsbesuche generieren.

    Ich bin zunächst Besucher in der Rüstkammer, gehe natürlich automatisch ins Grüne Gewölbe komme recht wahrscheinlich auch ins Münzkabinett und verirre mich evt. zusätzlich noch ins Kupferstichkabinett.

    Man kann beobachten, dass jeweils am Beginn eines anderen Museums auf dem Rundgang ein Wächter mit Zählwerk steht. Ich nehme an, dass diese Zählungen Grundlage für die Besucherzahlen der Einzelmuseen der SKD sind.

    Das kann ich mir schwer vorstellen. Grundlage dürfte der Verkauf von Eintrittskarten sein. Das ist doch viel einfacher zu erheben. Die Zählung an den einzelnen Abteilungen dürfte lediglich dazu dienen, einen Überblick über deren Anziehungskraft zu ermitteln.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • eryngium kennt die SKD gut. Es gibt ein Residenzschloss-Ticket, außerdem Tageskarten und Jahreskarten für die gesamten SKD. Die Jahresberichte der SKD weisen aber für alle Museen (Sammlungen) des Verbundes separate Besucherzahlen aus. Du kannst keine Eintrittskarte für das Münzkabinett oder die Rüstkammer kaufen, aber zu beiden Museen werden Besucherzahlen erfasst. Ich habe aber auch noch nicht durchschaut, wie im Detail gezählt wird. Für einen überregionalen Vergleich verschiedener Museen müsste man sich erstmal genau ansehen, wie gezählt wird.

    Im Vergleich zu Louvre oder Ermitage, die jeweils als ein Museum gelten, enthält die Gesamtbesucherzahl für Museumsinsel Berlin oder Museen der SKD im Zentrum Dresdens zahlreiche Mehrfachzählungen, die man herausrechnen müsste.

    Man muss aber auch die Kapazitäten der Museen berücksichtigen. Das Neue Museum in Berlin erreichte Jahresspitzenwerte von etwa 1,2 Millionen Besuchern. In mageren Jahren liegt es bei etwa 800.000 Besuchern. Mit diesen Werten wird das Haus bereits an der Kapazitätsgrenze betrieben. Es hat täglich geöffnet und ist praktisch immer voll. Die James-Simon-Galerie wurde gebaut, um die Kapazität der Museumsinsel zu erhöhen und die historischen Häuser von Service-Funktionen zu entlasten. Ebenfalls aus Kapazitätsgründen wird die JSG niemals den einzigen Zugang zur Museumsinsel bilden. Die separate Erschließung der historischen Häuser bleibt bestehen. Ziel ist die Verteilung der Besucherströme.

  • Das kann ich mir schwer vorstellen. Grundlage dürfte der Verkauf von Eintrittskarten sein. Das ist doch viel einfacher zu erheben. Die Zählung an den einzelnen Abteilungen dürfte lediglich dazu dienen, einen Überblick über deren Anziehungskraft zu ermitteln.

    Das hätte ich auch angenommen.

    Jedoch: Guckst Du hier:

    SKD-Jahrbuch-2019-dtsch.pdf

    Seite 98

    Addiert man die Zahlen der Einzelmuseen der SKD aus der Liste, so kommt man auf die Gesamtzahlen der letzten Zeile. Beispielsweise 2,6 Mio Besucher in 2019.

        2015 2016 2017 2018 2019
    ALBERINUM            
    1 Skulpturensammlung 161.114 88.652 129.212 120.461 115.878
    2 Galerie Neue Meister 161.114 88.652 129.212 120.461 115.878
                 
    ZWINGER-Ticket            
    3 Gemäldegalerie Alte Meister 360.457 316.712 368.105 383.613 314.953
    4 Mathematisch-Physikalischer Salon 155.948 127.472 142.964 127.543 120.037
    5 Porzellansammlung 189.498 162.433 171.089 168.014 169.064
                 
                 
                 
    RESIDENZSCHLOSS-Ticket            
    7 Neues Grünes Gewölbe 291.036 284.803 291.003 269.129 321.740
    8 Türckische Cammer 158.466 136.134 112.941 96.274 126.787
    9 Rüstkammer /Riesensaal 191.703 196.296 155.881 131.737 245.041
    10 Paraderäume     28.443   101.765
    11 Münzkabinett 95.246 125.627 17.850 101.752 196.242
    12 Hausmannsturm 60.560 56.522 64.433 49.258 47.775
    13 Macht und Mode     132.868 121.342 140.813
    14 Kupferstich-Kabinett     54.359   70.036
                 
    6 Historisches Grünes Gewölbe 240.132 225.274 222.244 213.361 199.603
                 
    15 Kunstgewerbemuseum 38.503 45.479 36.943 46.515 39.585
    16 Museum für Sächsische Volkskunst 44.671 29.832 25.191 28.356 25.628
    18 Museum für Völkerkunde Dresden   3.245 13.419 2.544  
    20 Kunsthalle im Lipsiusbau 32.002 89.773 15.697 22.721 10.382
    21 Japanisches Palais 29.800     65.914 108.697
    22 Sonderausstellung Hubertusburg       54.731
                 
    17 GRASSI Museum für Völkerkunde 34.786 44.555 61.850 42.288 76.153
    19 Völkerkundemuseum Herrnhut 10.025 11.231 11.277 11.634 11.352
                 
    23 Projekt »Mobiles Museum«         3.461
      Gesamt 2.318.072 2.077.736 2.185.028 2.165.245 2.615.601

    Skulpturensammlung und Gemäldegalerie Neue Meister sind räumlich nicht getrennt. Zählen aber doppelt (Zeile 1 und 2)

    Aus dieser Praxis schließe ich, dass das auch im Residenzschloss (1 Ticket, Zeilen 7 bis 14) so gehandhabt wird.

    Als realistische Zahl müsste man wohl irgendwas um 1,1 Mio für die SKD ansetzen...

    Vertraue nur auf die Statistiken, die du selbst erstellt hast...

  • Ich denke schon, dass die Dezentralität Deutschlands ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Museen nicht ganz oben mitspielen, was die Besucherzahlen angeht.

    In Frankreich sind z.B. die ganzen alten Meister im Louvre konzentriert, in Spanien im Prado, in Russland in der Eremitage, in Italien hängt sehr vieles in den Uffizien etc.

    Deutschland hat dagegen die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden, die Alte Pinakothek in München, die Gemäldegalerie in Berlin und unzählige kleinere Museen, die oft mindestens ein Meisterwerk haben. Wäre das alles in einem Museum konzentriert wie in Frankreich, Spanien, Russland, Italien oder Großbritannien, dann würde diesem Museum vermutlich auch "die Bude eingerannt" - und es wäre natürlich auch international bekannter als die vielen Museen in Deutschland es jeweils im Einzelnen sind.

    Aber das ist halt nicht so und ich finde es auch nicht schlecht. Die Verteilung auf mehrere Gemäldegalerien ist ja irgendwie auch ein deutsches Kulturgut, in dem sich die staatliche Zersplitterung des Landes zwischen dem Ausgang des Mittelalters und dem 19. Jahrhundert widerspiegelt.

    Im Fall Berlins kommen natürlich auch noch zwei weitere Punkte hinzu:

    Zum einen der unattraktive Standort der Gemäldegalerie der Alten Meister im Bunker am Kulturforum, wohin sich kaum ein Tourist verirrt. Die müssten eben in Mitte ausgestellt werden, am besten im Schloss.

    Zum anderen der entsetzliche Verlust von über 400 Renaissance- und Barock-Meisterwerken durch den Brand im Flakbunker Friedrichshain zwei Wochen nach der Kapitulation Berlins. Da sind ja alleine 9 oder 10 Gemälde von Raffael, 4 Caravaggios und über 10 Rubens' verbrannt, die heute sonst vermutlich Touristen aus aller Welt anziehen würden.

  • Da sind ja alleine 9 oder 10 Gemälde von Raffael, 4 Caravaggios und über 10 Rubens' verbrannt, die heute sonst vermutlich Touristen aus aller Welt anziehen würden.

    Nun, bei allem Bedauern des Verlustes; wir wollen die Bedeutung der Berliner Sammlung nicht übersteigern und einer Legendenbildung vorbeugen...

    Bei den 10 Raffael handelt es sich NICHT um originale GEMÄLDE Raffaels.


    Wir sprechen wohl über Bildteppiche (Nr. 1244 bis 1252) . Nahezu identische Tapisserien haben sich in Rom, Dresden, London und sonstwo zum Glück erhalten.

    Die originalen Kartons sind in London, soweit ich weiß.

    Die Dresdener Tapisserien waren beispielsweise in 2020 in Dresden zu sehen. Und danach sollten sie irgendwo in den USA gezeigt werden.


    1244


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Der Tod des Ananias


    1245


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    „Weide meine Schafe“ (Berufung Petri)


    1246


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Paulus und Barnabas in Lystra


    1247


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Der Zauberer Elymas mit Blindheit geschlagen


    1248


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Bekehrung des Paulus


    1249


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Paulus predigt zu Athen im Areopag


    1250


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Steinigung des heiligen Stephanus


    1251


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Der wunderbare Fischzug


    1252


    Raffael, Raffaelo Santi oder Sanzio


    Die Heilung der Lahmen



    Weiterhin sprechen wir über 2 Bilder aus Raffaels Werkstatt und 2 Kopien späterer Zeiten nach Raffael. So weit ich das überblicke.

    251


    Raffael – Schule


    Bildnis des Grafen Baldassare Castiglioni


    252


    Raffael – Schule


    Die Predigt Johannes des Täufers in der Wüste


    247


    Raffael Kopie


    Maria mit dem Kind (Kopie nach dem Bild in der Bridgewatergallery in London)


    IV/11


    Raffael Kopie


    Sposalizio della Vergine (Kopie des 19 Jh. Nach dem Bild in der Pinacoteca di Brera in Mailand)




    Wie es sich bei Rubens und Rembrandt verhält, entzieht sich meiner Kenntnis komplett. Aber ich vermute ähnliches.
    Hätte man nicht sonst über die Verluste von Originalen Werken solcher Meister einmal etwas gehört?
    Auf ARTE oder Phoenix?

    Ach nein, vermutlich nicht.
    Ich kann mir DORT zwar - und das gefühlt in vierteljährliche Wiederholung - etwas über Hochkultur in Italien und Frankreich oder englische Hofgeschichte der Renaissance ansehen.

    Nur über die deutschen Schatzkammern und Geschichte sind die Beiträge in Summe doch eher dürftig.

    Und DAS ist ein wesentlicher Grund für das Desinteresse der "potentiellen Kundschaft" an DEUTSCHEN Museen.

    In anderen Ländern hat man es verstanden, die eigene Hochkultur touristische zu vermarkten und zum "Must See" zu generieren.

    Insbesondere in den Warteschlangen der Vatikanischen Museum und im Rijksmuseum habe ich mich beispielsweise gewundert, dass hier zahlreiche "intellektuelle Ersttäter" anstanden...

    Aber dort profitiert man eindeutig von andauernd guter PR, die "Kundengruppen" erschließt, welche in D keinen Fuß in ein Museum oder Theater setzen würde.

  • Wir sprechen wohl über Bildteppiche (Nr. 1244 bis 1252) . Nahezu identische Tapisserien haben sich in Rom, Dresden, London und sonstwo zum Glück erhalten.

    Sicher, aber auch die wären ein Anziehungspunkt. Wie sie es ja in Rom beispielsweise auch sind. Zumal die Berliner Tapisserien die einzigen "Originalabzüge" durch Pieter van Aelst neben denen in Rom waren und die zweite Serie überhaupt nach der vatikanischen.

    Aber ich gebe dir recht, dass das ein schlechtes Beispiel war. Für die anderen Verluste gilt das Gesagte aber anscheinend nicht und dazu gehören unter anderem mehrere Cranachs, ein Botticelli, mehrere van Dycks, ein Fra Angelico etc.


    Der verbrannte Botticelli ist übrigens der hier:
    800px-Botticelli_-_Madonna_dei_Candelesi.jpg

  • Es ist auch einfach so, dass in D eine richtig große Stadt fehlt, wie London, Paris, Moskau, New York. Zum Glück, muss man sagen, denn wer braucht das schon? Damit fallen schon mal etliche einheimische Museumsbesucher weg.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Da sind ja alleine 9 oder 10 Gemälde von Raffael, 4 Caravaggios und über 10 Rubens' verbrannt, die heute sonst vermutlich Touristen aus aller Welt anziehen würden.

    Die Sache wurde nie gründlich aufgeklärt. In der Regel legte man damals Brände, um Diebstähle zu vertuschen. Vielleicht tauchen sie irgendwann mal wieder im Ausland auf. Ob eine Rückgabe erfolgt, steht auf einem anderen Blatt.

  • In Frankreich sind z.B. die ganzen alten Meister im Louvre konzentriert, in Spanien im Prado, in Russland in der Eremitage

    und im Moskauer Puschkin-Museum

    Nun, bei allem Bedauern des Verlustes; wir wollen die Bedeutung der Berliner Sammlung nicht übersteigern

    Zur Geschichte der Berliner Gemäldesammlung bietet Wikipedia - Gemäldegalerie (Berlin) - einen sachkundigen Überblick. Im Jahr 2015 gab es im Bode-Museum eine Ausstellung zu den Kriegsverlusten der Gemäldegalerie und der Skulpturensammlung: "Das verschwundene Museum" (Ausstellungsseite). Einige Räume waren so eingerichtet wie vor dem Krieg. An den Wänden Schwarz-weiß-Reproduktionen der verlorenen Bilder im Originalformat. Da wird einem erst so richtig bewusst, was da verloren gegangen ist. Ein großformatiges Werk des Italieners Luca Signorelli (Die Schule des Pan, 1490) hat mich besonders beeindruckt. Es ist in Meyers Lexikon aus den zwanziger Jahren als Beispiel für die italienische Malerei abgebildet. Nach dem Krieg hat man zur Illustration der Kunstgeschichte in der Regel auf noch vorhandene Gemälde zurückgegriffen, sodass die zerstörten Bilder auch kunstinteressierten Menschen heute unbekannt sind. Der Berliner Rubenssaal war legendär. Ich bin froh, dass ich es geschafft habe, die bewegende Sonderausstellung zu sehen.

    Wie es sich bei Rubens und Rembrandt verhält, entzieht sich meiner Kenntnis komplett. Aber ich vermute ähnliches.
    Hätte man nicht sonst über die Verluste von Originalen Werken solcher Meister einmal etwas gehört?

    Rembrandt ist, glaube ich, nicht unter den Kriegsverlusten, aber Rubens eben schon. Nachteilig für die Wahrnehmung der Berliner Sammlung war die deutsche Teilung. Offiziell gab es keine Kontakte zwischen den Staatlichen Museen in Westberlin und Ostberlin. Daher konnten in der Nachkriegszeit auch die Kriegsverluste nicht im Detail thematisiert werden. Erst 1998 wurden die beiden Teilsammlungen im Neubau der Gemäldegalerie am Kulturforum zusammengeführt. Zu der Zeit waren die Sammlungen in München und Dresden, in Wien, Petersburg und Paris, in Madrid und London schon seit vielen Jahrzehnten als hochkarätige Kulturreiseziele etabliert.

    Auf ARTE oder Phoenix? Ach nein, vermutlich nicht. Ich kann mir DORT zwar - und das gefühlt in vierteljährliche Wiederholung - etwas über Hochkultur in Italien und Frankreich oder englische Hofgeschichte der Renaissance ansehen. Nur über die deutschen Schatzkammern und Geschichte sind die Beiträge in Summe doch eher dürftig. Und DAS ist ein wesentlicher Grund für das Desinteresse der "potentiellen Kundschaft" an DEUTSCHEN Museen.

    In anderen Ländern hat man es verstanden, die eigene Hochkultur touristische zu vermarkten und zum "Must See" zu generieren.

    Das sehe ich genauso wie du. Berlin hat eine der bedeutendsten Altmeistersammlungen der Welt. Mit circa 300.000 Besuchern im Jahr ist sie aber ausgesprochen schlecht besucht. Das Bode-Museum hat noch schlechtere Zahlen - trotz seiner zentralen Lage und einer Skulpturensammlung, die so ziemlich die bedeutendste in Europa ist.

  • Es sind in Berlin nicht nur Gemälde untergegangen. In einem Hochbunker in Berlin ist im II. Weltkrieg auch eine Riemenschneider Madonna aus Tauberbischofsheim verbrannt. Eine weitere Riemenschneider Madonna aus Tauberbischofsheim (oder Umgebung?) soll sich allerdings im Bode Museum befinden.