Berlin, Unter den Linden - Denkmalensemble Befreiungskriege

  • Die “Marmorgeneräle” ziehen zur Zitadelle

    Pressemitteilung vom 14.06.2021

    Schutz für zwei Meisterwerke der Berliner Bildhauerschule

    Aufgrund ihrer fortgeschrittenen Verwitterung ziehen die Marmorstandbilder der Generäle von Scharnhorst und Bülow von Dennewitz in diesem Sommer von ihrem Standort gegenüber der Neuen Wache in die Zitadelle Spandau um. Die Festungsanlage erhält damit zwei weitere herausragende Skulpturen für ihre Dauerausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“. Um den Erhalt der beiden Meisterwerke Christian Daniel Rauchs, einem der wichtigsten Vertreter der Berliner Bildhauerschule, zu sichern, ist ihre Unterbringung in einem witterungsgeschützten Raum unabdingbar geworden.

    Zur Geschichte der Standbilder

    Die Standbilder wurden im Juni 1822 anlässlich des Jahrestages des Sieges bei Belle Alliance (Waterloo) enthüllt und flankierten bis in die 1950er Jahre die Neue Wache, die ursprünglich als Gedenkstätte für die Gefallenen der Befreiungskriege diente.

    Rauch fertigte die überlebensgroßen Standbilder des erfolgreichen Heerführers Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz und dem Reformator der preußischen Armee, Gerhard Johann David von Scharnhorst, aus Carrara-Marmor nach einem Entwurf Karl Friedrich Schinkels als Bestandteil des Skulpturenprogramms für die von Schinkel geplante Umgestaltung der Straße Unter den Linden zur sogenannten „Via Triumphalis“.

    Anlässlich des Deutschlandtreffens der Jugend ordnete DDR-Staatschef Walter Ulbricht 1950 ihre Entfernung und Einlagerung an. Nachdem sie in den 1960er Jahren in der Grünanlage gegenüber der Neuen Wache – zu diesem Zeitpunkt zum „Mahnmal für die Opfer von Faschismus und Militarismus“ umgewidmet – wiederaufgestellt worden waren, kehrten sie 1993 erneut ins Depot zurück. Nach einer umfassenden Restaurierung 2002 wurden die Skulpturen, die unbestritten zu den bedeutendsten Werken der Berliner Plastik des 19. Jahrhunderts zählen, an einem neuen Standort im Prinzessinnengarten aufgestellt, an dem sie sich bis heute befinden.

    Die Wiederaufstellung an ihrem ursprünglichen Standort neben der Neuen Wache wurde ausgeschlossen, da diese seit 1990 als „Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ dient. Nicht zuletzt hatte sich die Erbengemeinschaft der pazifistischen Künstlerin Käthe Kollwitz, deren Plastik Mutter mit totem Sohn als Kopie im Zentrum der Gedenkstätte steht, vehement gegen die Wiederaufstellung von Symbolen der preußischen Militärtradition in unmittelbarer Nähe der Gedenkstätte ausgesprochen.

    Der Verbleib der Marmorstandbilder von Bülow und Scharnhorst am jetzigen Standort ist – ungeschützt und frei bewittert – aus konservatorischer und denkmalpflegerischer Sicht nicht mehr zu verantworten. Der Erhaltungszustand der originalen Bildwerke wird sowohl vom Landesdenkmalamt Berlin als auch von beteiligten Fachexperten als bedenklich eingestuft. Ohne entsprechenden Schutz droht diesen so bedeutenden Zeugnissen der Berliner Bildhauerschule der allmähliche Zerfall. In den letzten Jahren mussten die Standbilder aus konservatorischen Gründen bereits ganzjährig, und nicht mehr nur in den Wintermonaten, unter einer Einhausung verschwinden. Als zuständige Fachbehörde hat sich das Landesdenkmalamt Berlin daher dazu entschlossen, die originalen Bildwerke zeitnah in einer geschützten musealen Umgebung zu präsentieren, um ihre materielle und ideelle Erhaltung langfristig zu gewährleisten.

    Der Ersatz der Originale durch Substitute ist gemäß einer Entscheidung des Landesdenkmalrates von 2017 am Standort Lindenforum vorgesehen.

    Mit der geplanten Unterbringung in der Dauerausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums auf der Zitadelle Spandau finden die Standbilder einen Ort, der sowohl ihrer Bedeutung als auch den konservatorischen Ansprüchen für ihren dauerhaften Erhalt in idealer Weise gerecht wird. Die Ausstellung zeigt in einem historischen Rundgang Denkmäler von 1849 bis 1989, die einst prägend für das Stadtbild waren, aber aufgrund der politischen Umbrüche im 20. Jahrhundert entfernt wurden. So bilden die Marmorstandbilder von 1822 fortan den Auftakt zu der Geschichte über den Umgang mit heute als problematisch betrachteten Denkmälern, die den preußischen Militarismus, den Nationalsozialismus oder die Zeit des Kalten Krieges repräsentieren.

    Was im Rahmen der Ausstellung auch vermittelt wird: Kaum ein Denkmal Berlins befindet sich an seinem ursprünglich geplanten Aufstellungsort; zahlreiche Objekte wurden im Laufe ihrer Geschichte umgesetzt, verschwanden für lange Zeit in Depots oder wurden zerstört. Die beiden Generalstandbilder stellen einen neuen kunsthistorischen Höhepunkt in der Ausstellung dar, sind aber vor dem Hintergrund ihrer diversen Aufstellungsorte auch ein weiterer Beitrag zur gegenwärtigen Debatte um Erinnerungskultur. Das zeigt, auch über 200 Jahre alte Objekte der Stadtgeschichte können in jüngerer Zeit noch eine neue Bedeutungsschicht erhalten. Die Unterbringung im witterungsgeschützten Ausstellungsraum ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern nun wieder, die Standbilder das ganze Jahr über zu betrachten.

    Quelle: Senatsverwaltung für Kultur und Europa

  • "Der Ersatz der Originale durch Substitute" lässt hoffen, dass die Generale in Mitte präsent bleiben.

    Wissen allein bringt nichts. Nur das angewandte Wissen verändert die Dinge.

  • Das solle man wohl erwarten. Am Zietenplatz wurden ja von 2003-2009 diverse Generäle wieder aufgestellt, nachdem sie zu DDR-Zeiten in Depots gestellt wurden.

  • Unverständlich,diese Generäle dürfen wieder an ihrem historischen Standort auf dem Zietenplatz stehen hingegen ist es den anderen 5 Herren Generäle unter den Linden nicht mehr erlaubt ist an ihren Ursprungsstandort stehen zu dürfen.:kopfschuetteln:Furchtbar,immer ständig diese neuen Politischen Bewertungen und ewigen Diskussionen über hist.Standbilder!

  • Na immerhin könnte man die Chance nutzen, die anderen 3 Herren an ihren hist. Standort zu versetzen, wenn man denn wollte.

  • Na immerhin könnte man die Chance nutzen, die anderen 3 Herren an ihren hist. Standort zu versetzen, wenn man denn wollte.

    Tja,wenn es doch so einfach wäre.Die Politischen Sichtweisen erschweren(auch noch heute) sehr oft bestimmte Rekobauprojekte oder Aufstellungen von Preuß.Standbildern.Die DDR sah in sehr vielen Standbildern das reaktionäre Preußentum und wurden nach 45 versteckt aufgestellt ins Archiv verbannt oder ganz vernichtet(siehe das noch völlig intakte Nationaldenkmal).

  • Ich möchte darauf hinweisen, daß selbst Wilhelm v. Boddien der Auffassung ist, daß die Standbilder NICHT wieder neben die Wache sollen.

  • Marmorstandbilder Bülow und Scharnhorst

    Architekt: Karl Friedrich Schinkel

    Bildhauer: Christian Daniel Rauch

    Standort: ursprünglich vor der Neuen Wache, heute im Prinzessinnengarten (vorderer Bereich)

    stadtbild-deutschland.org/foru…ry/index.php?image/34823/

    Bronzestandbilder Yorck, Blücher und Gneisenau

    Architekt: Karl Friedrich Schinkel

    Bildhauer: Christian Daniel Rauch

    Standort: ursprünglich gegenüber der Neuen Wache, heute im Prinzessinnengarten (hinterer Bereich)

    stadtbild-deutschland.org/foru…ry/index.php?image/34824/

    Generalsstandbilder Unter den Linden

    Plan der ursprünglichen Standorte

    stadtbild-deutschland.org/foru…ry/index.php?image/34822/

    Quelle: Wikipedia/gemeinfrei

  • Ich möchte darauf hinweisen, daß selbst Wilhelm v. Boddien der Auffassung ist, daß die Standbilder NICHT wieder neben die Wache sollen.

    Aber viele andere teilen sicherlich nicht seine Auffassung,daß die Standbilder NICHT wieder neben die Wache sollen.Es ist seine Meinung ist ja auch ok.

    Auch wenn er zum Standort der Denkmäler anderer Meinung ist, schätze ich W.von Boddin sehr,das auf seine unermüdliche Initiative hin ,das neu aufgebaute Schloss jetzt die Berliner Mitte wieder würdig prägt.

  • Extrem schade, dass man es nicht auf die Reihe gebracht hat, die beiden Denkmäler vorher zu kopieren, um sie dann rechtzeitig bei Umzug der Originale mit diesen auszutauschen. Berlin halt... Die Kopien werden wir hoffentlich noch in diesem Jahrzehnt sehen.

    Wie ich schonmal angemerkt habe, sind die beiden Humboldt-Brüder ebenso stark der Witterng ausgesetzt und deren Oberflächen arg mitgenommen. Kann man wenigstens hier vorher Kopien anfertigen, bevor diese in den nächsten Jahren ins Depot müssen?

  • Na das sieht ja jetzt toll aus. Also so richtig einen Sinn für die städtebauliche Bedeutung dieser Standbilder kann ich in Berlin nicht erkennen. Die einen werden ins Grüne abgeschoben und die anderen ohne Ersatz evakuiert. Ich kann mir das in Dresden nicht vorstellen. Wenn da plötzlich, nur mal als Beispiel, die Schillingschen Figuren an der Brühlschen Terasse verschwänden, würde ein Aufstand losbrechen.

  • Jetzt, in der Demokratie tut man sich erstaunlich schwer mit Preußischen Standbildern im Stadtbild.:kopfschuetteln:Was man eigentlich nur von der DDR gewohnt war.Aber seit 1980 noch zu DDR Zeiten (nach 30 Jahren Abwesenheit) durfte erstaunlicher Weise der Alte Fritz wieder unter den Linden reiten.

  • man

    Wer ist "man"? Zudem noch "jetzt, in der Demokratie".

    Man schaue, wer in Berlin regiert. Könnte es da parteiliche Kontinuitäten und alte inhaltliche Freundschaften geben, die ähnlich auch schon in einer anderen Vergangenheit existierten?

    Diese Frage stellt sich natürlich nur aufgrund der oben von den Diskutanten unterstellten Annahme, der laxe Umgang mit den beiden Generälen beruhe auf einer bewussten, ideologischen Entscheidung und nicht auf dem üblichen Berliner Schlendrian, der auch bei zwei Denkmalen von Orpheus und Eurydike passiert wäre.

  • Ihr mit euren Verschwörungtheorien...
    Die Statuen wurden aus denkmalpflegerichen Gründen abtransportiert, und das wurde schon vor vielen Jahren besprochen und beschlossen.

    Direkt von der Senatsverwaltung:
    "Der Verbleib der Marmorstandbilder von Bülow und Scharnhorst am jetzigen Standort ist – ungeschützt und frei bewittert – aus konservatorischer und denkmalpflegerischer Sicht nicht mehr zu verantworten. Der Erhaltungszustand der originalen Bildwerke wird sowohl vom Landesdenkmalamt Berlin als auch von beteiligten Fachexperten als bedenklich eingestuft. Ohne entsprechenden Schutz droht diesen so bedeutenden Zeugnissen der Berliner Bildhauerschule der allmähliche Zerfall. In den letzten Jahren mussten die Standbilder aus konservatorischen Gründen bereits ganzjährig, und nicht mehr nur in den Wintermonaten, unter einer Einhausung verschwinden. Als zuständige Fachbehörde hat sich das Landesdenkmalamt Berlin daher dazu entschlossen, die originalen Bildwerke zeitnah in einer geschützten musealen Umgebung zu präsentieren, um ihre materielle und ideelle Erhaltung langfristig zu gewährleisten.

    Der Ersatz der Originale durch Substitute ist gemäß einer Entscheidung des Landesdenkmalrates von 2017 am Standort Lindenforum vorgesehen."

    Ansprechpartner im Landesdenkmalamt Berlin: York Rieffel, Tel. 030 90 259 – 3633, E-Mail: york.rieffel@lda.berlin.de

    Was leider keine Verschwörungstheorie ist: Man hat noch nicht mit der Anfertigung der Kopien begonnen, über Material wird sich auch noch beraten. Wie wir Berlin kennen, kann sich das leider noch eine ganze Weile (sprich einige bis viele Jahre) hinziehen.

  • Hauptsache ist, dass die Denkmäler tatsächlich durch Kopien ersetzt werden; ansonsten wären Sie dem Stadtbild Berlin entzogen und das würde schon an Bilderstürmerei ("Cancel Culture") erinnern.

    Wissen allein bringt nichts. Nur das angewandte Wissen verändert die Dinge.

  • Wie wir Berlin kennen, kann sich das leider noch eine ganze Weile (sprich einige bis viele Jahre) hinziehen.

    Dann schauen wir mal, zu welchem Resultat das letztlich führt. Vielleicht werden am Ende einige, die stets von "Verschwörungstheorien" reden, einfach mit Entscheidungen konfrontiert, die hinter verschlossenen Konferenzraum- und Bürotüren getroffen werden.

    Und wenn man schon die Senatsverwaltung zitiert, dann sollte man folgende Passage aber nicht unterschlagen:

    Zitat

    Mit der geplanten Unterbringung in der Dauerausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums auf der Zitadelle Spandau finden die Standbilder einen Ort, der sowohl ihrer Bedeutung als auch den konservatorischen Ansprüchen für ihren dauerhaften Erhalt in idealer Weise gerecht wird. Die Ausstellung zeigt in einem historischen Rundgang Denkmäler von 1849 bis 1989, die einst prägend für das Stadtbild waren, aber aufgrund der politischen Umbrüche im 20. Jahrhundert entfernt wurden. So bilden die Marmorstandbilder von 1822 fortan den Auftakt zu der Geschichte über den Umgang mit heute als problematisch betrachteten Denkmälern, die den preußischen Militarismus, den Nationalsozialismus oder die Zeit des Kalten Krieges repräsentieren.

    Es wird sich also die Frage stellen, weshalb man "heute als problematisch betrachtete Denkmäler" wieder an prominenter Stelle aufstellen sollte? Ich denke, diese Diskussion wird kommen. Ganz gleich welche "Entscheidung des Landesdenkmalrates" 2017 mal gefällt worden ist. Ergebnis offen. Deshalb vielleicht jetzt schon mal Ideen für Alternativen suchen. Vielleicht doch Orpheus und Eurydike dort aufstellen? Oder die Berolina-Statue? :zwinkern: