Lustgartenseite des Berliner Schlosses

  • Das Sanchi Tor wird keinen Gegner von Rekonstruktionen plötzlich zu einen Befürworter machen

    Das nicht, aber es macht es den Gegnern schwieriger die meist ja nicht grundsätzlich für oder gegen Rekonstruktionen eingestellten Entscheidungsträger gegen konkrete Rekonstruktionsideen zu überzeugen.

  • Vorwürfen wie "Disneyland", oder "Rückwärtsgewandt" oder "Rechte Räume" können ja dann kaum zutreffend sein.

    Sie treffen ohnehin nicht zu. Um das darzulegen, braucht es dieses Tores nicht. Und das Tor wird die Agitatoren nicht abhalten, ihre Sprüche beim nächsten Projekt wieder zu verwenden. Wir haben in Frankfurt den Chinesischen Pavillon, der unlängst nach einem Brand rekonstruiert wurde. Wir haben das modernistische Meisterhaus in Dessau, das (zumindest kritisch) rekonstruiert wurde. Es hat die üblichen Verdächtigen nicht davon abgehalten, kurz darauf die Kampagne gegen die Schlossspender zu entfachen. Insofern ist Dein Optimismus naiv, sorry.

    Aber, wenn ich es richtig sehe, verhindert der jetzige Standort nicht eine mögliche spätere Rekonstruktion des Apothekenflügels. Das ist ein Grund zum Optimismus. Was heute nicht denkbar erscheint, kann in 20 Jahren ganz anders aussehen. :daumenoben:

  • Also naiv ist, zu denken, in zwanzig Jahren sei die Stimmung für Rekonstruktionen oder das "schöne Bauen", Ästhetik gaaanz anders oder sei gar mit irgendeinem politischen "Mainstream" verbunden.

    Man kann natürlich persönliche Wünsche immer möglichst weit in der Zukunft projizieren und träumen.

    Noch wichtiger wäre es allerdings, seine Energie für das Machbare im hier und jetzt zu verwenden.


    Tatsache ist doch, dass das Tor an dieser geplanten Stelle vollkommen deplaziert ist und dort nicht aufgestellt, bzw. möglichst bald wieder verschwinden sollte. Denn je länger es dort stehen wird, umso schwerer wird es sein, es wieder zu versetzen.

    ich persönlich finde das Sanchi Tor ist ein schönes, beeindruckendes Bauwerk, es hätte gut vor Stellas Minimalstfassade gewirkt, und das war sogar mal so geplant

    So ist es, und das Tor könnte diese öde Ostfassade sogar aufwerten.

    Daher sollte zu dieser Planung auch wieder zurückgefunden werden. Vor allem aber, da es ein Kompromiss wäre (ein Begriff, bei dem sich wohl bei einigen hier schon die Nackenhaare sträuben), ein Kompromiss zwischen der völligen Verhinderung des Tores oder dem Aufbau an der Lustgartenseite.

    Mit diesem Kompromiss hat man mit Beharrlichkeit auch zumindest eine realistische Chance, die maßgebenden Entscheidungsträger, die mit der Verbissenheit irgendwelcher "Agitatoren" im Grunde doch nichts anfangen können, doch noch zu überzeugen.

    Bei aller Leidenschaft in diesem Forum sollte uns i.Ü. doch bewusst sein, dass für diese Entscheidungsträger wie auch für die breite Masse der Bevölkerung Themen wie Rekonstruktionen und Ästhetik im Stadtbild Nischenthemen sind.

    Ich hoffe sehr, dass beim Ortsverband Berlin mehr Wert auf diplomatisches Geschick und das Machbare gelegt wird als auf Fundamentalopposition.

    Man kann natürlich aber auch noch weitere zwanzig Jahre gegen die politische Lage, die Entscheidungsträger stänkern und sich dann irgendwann nach all den Jahren wundern, dass das Tor immer noch an der Lustgartenseite steht, selbstredend ohne Apothekerflügel.

  • Dieses Forum ist ja nicht gegen das Sanchi Tor an sich,

    sondern gegen diese Doppelmoral.

    Niedelaendische, Deutsche oder auch Russiache Statuen sind

    ja auch nicht oportun oder erwuenscht!

  • Eine Sache ist mir aufgefallen: die optische Lücke, die die nicht vorhandene Schlossapotheke hinterlässt, schreit geradezu danach, gefüllt zu werden. Dies hat hier offenbar mitgespielt und (unbewusst?) zur Wahl dieses Standorts geführt...

  • Ein kleiner Trost mag sein, dass das Sanchi-Tor nach Osten ausgerichtet sein wird und nicht noch provokativer auf Portal V.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ja, sieht so aus, als wäre die seltsame Schräge zum Schloss hin dadurch geschuldet, dass das Tor gerade/frontal auf Unter den Linden ausgerichtet ist. Ich weiß jetzt nicht so recht, ob das ein "kleiner Trost" ist. Man scheint sich schon bemüht zu haben, dass das Tor möglichst gut zur Geltung kommt.
    Was ein kleiner Trost ist: Das Tor ist zwar ganze 10 Meter hoch, was ein ganz schöner Brocken ist, aber die Schlossfassade, inklusive Balustrade, ist gut 35 Meter hoch, also mehr als drei mal so hoch. Zumindest aus der Ferne gesehen wird das Tor die Fassade nicht großartig verdecken können.

  • Ich finde trotzdem schlimm, dass man das Tor so vor die Lustgartenfassade gesetzt hat. M. E. wäre es seitlich vor der schlichten Ostfassade viel besser zur Geltung gekommen und hätte dort einen wichtigen Akzent setzen können. Wer oder was will denn mit den reichen Schlüterfassaden konkurrieren??

    Was für ein unfassbarer Hass muss bei den Machern des Humboldt-Forums auf dieses Barockbauwerk herrschen..... ?

  • Ich kann die vehemente Ablehnung des Sanchi-Tores durch einige Foristen absolut nicht nachvollziehen. Das Sanchi-Tor ist eines der bedeutendsten Werke der altindischen Kunst. Das Original in Indien gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es ist ungefähr 2000 Jahre alt, also wesentlich älter als das Berliner Schloss. Die Abgüsse des Tores wurden 1886 in London für Berlin erworben. Das war unter Kaiser Wilhelm I.

    Die Idee, eine Kopie des Tores beim Schloss aufzustellen, stammt von Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Eine Kopie des Sanchi-Tores steht bereits im Außenraum des Museumskomplexes in Dahlem. Parzinger meinte im Jahr 2017, zusammen mit den Museen könnte auch das Sanchi-Tor in die Mitte Berlins umziehen und im Außenraum des Schlosses von dem künden, was im Innern zu finden ist - nämlich unter anderem eine der bedeutendsten Sammlungen indischer Kunst. Wo genau das Tor aufgestellt werden sollte, wurde nicht angegeben. Für mich war aber eigentlich immer klar, dass es ungefähr da hinkommt, wo es jetzt tatsächlich auch platziert wird. Denn dieser Standort bei den Gleditschien ist am besten geeignet. Eine Aufstellung vor der Spreeseite des Schlosses war nie geplant. Es war nur so, dass irgendein Medienmensch auf die Schnelle und ohne nachzudenken eine Grafik fabriziert hatte, die das Tor vor der Ostfassade zeigt. Leider glauben viele Menschen solchen Abbildungen. Der Platz vor der Ostfassade wäre aber völlig ungeeignet. Das sollte eigentlich jeder erkennen, der sich für ältere Skulptur interessiert.

    Sanchi, Indien, Osttor des Stupa 1 (Foto: Gerd Eichmann, 13. Oktober 1976, CC-BY-SA-4.0)

    Berlin-Dahlem, Kopie des Osttores des Stupa 1 von Sanchi (Foto: Jean-Pierre Dalbéra, 14. August 2013, CC-BY-2.0)

    Das Sanchi-Tor beeinträchtigt die Lustgartenfassade des Schlosses nicht. Es steht auch einer Rückkehr der Rossebändiger, die ich mir sehr wünsche, nicht im Wege. Aufgestellt wird jetzt eine neue Kopie, nicht das Exemplar aus Dahlem.

  • Die Kritik gilt nicht der Kunst, sondern dem wahllosen Platzieren von fremden Kulturgütern an historischen Orten. Zudem wird das erst der Anfang gewesen sein. Ein Totempfahl zum Beispiel, macht sich in den Augen von Frau Roth bestimmt auch gut auf dem Pariser Platz.

    Man verliert durch einen solchen Mischmasch komplett den Bezug zu den einzelnen Kulturen und Epochen. Auch die Historie des Ortes kann man sich dann kaum noch herleiten. Bei Touristen kommt vielleicht die Vorstellung auf, Wilhelm II. hätte das Sanchi-Tor auf einem Indien-Feldzug erbeutet.

    "Moderne Architektur heißt seit über 50 Jahren: Rechtwinklig, weiß, kahl, leer, gebaut von immer schwarzgekleideten Architekten."

    -Gerhard Kocher

  • Letztlich ist es derart losgelöst von seinem Bezug ein reiner Kitsch. Man könnte auch Disneyland sagen - Disney for Multikulti-freaks, die mit städtebaulischer Sinnstiftung hoffnungslos überfordert sind und nach "Attraktionen" lechzen. eine Hochschaubahn würde ungefähr denselben Sinn haben (sich dabei aber an ein natrürlich ganz anders geartetes Publikum richten)

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die Kritik gilt nicht der Kunst, sondern dem wahllosen Platzieren von fremden Kulturgütern an historischen Orten. ... Man verliert durch einen solchen Mischmasch komplett den Bezug zu den einzelnen Kulturen und Epochen.

    Das sehe ich auch so. Sollten die Rossebändiger doch irgendwann mal an ihren Standort weniger Meter weiter vor Portal V zurückkehren, dann ergibt sich hier zusammenhangloses Kuddelmuddel von Kunstwerken, so ähnlich wie wenn man neben einem Rubens einen Picasso aufhängen würde. Das passt nicht.

    Mit der geplanten Platzierung wird man auch dem Sanchi-Tor nicht gerecht, was zweifellos ein bedeutendes Kunstwerk ist. Man hätte problemlos einen passenderen Standort im Komplex Humboldtforum für das Tor finden können. Aus meiner Sicht hätte nichts gegen die Ostseite gesprochen (da hätte man es ebenfalls von allen Seiten bewundern können), aber auch in der großen Treppenhalle hätte man das 10 m hohe Tor gut aufstellen können (und viel besser inszenieren können als am geplanten Standort!).

    Und ein weiterer Gedanke ist auch noch interessant: Ohne die Zustimmung des Landes Berlin, dem ja die Gestaltung des gesamten Schlossumfelds obliegt, hätte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz das Sanchi-Tor nie dort aufstellen können. Wenn das Land Berlin also will, dann kann man solche Dinge also auch recht schnell in die Tat umsetzen. Im Falle der Rossebändiger hingegen scheint sich bei den Berliner Entscheidungsträgern nichts an ihrer destruktiven Haltung geändert zu haben. Die Rossebändiger scheint man weiterhin allzu gerne in einem peripheren Berliner Park vergessen zu wollen. :kopfschuetteln:

  • ^Der Aneignungsvorwurf kann ja noch kommen, wenn das Tor steht. Dann kann es wieder eine Diskussion geben und danach eine Erklärtafel am Monument, auf der die Stadt Berlin Reue formuliert.


    Mich wundert aber noch viel mehr, dass es bislang nicht Forderungen von anderen Weltreligionen gibt, ebenso repräsentativ wie nun die Buddhisten im Stadtbild präsentiert zu werden. Ich denke da vor allem an die muslimischen Verbände, die ja auch für den Nachbau eines Tores aus ihrem Kulturkreis plädieren könnten. Schauen wir mal, ob diese Diskussion irgendwann kommt. Es muss nicht sein, würde mich aber auch nicht überraschen.

  • Yep, das ist kulturelle Aneignung: Die Kopie eines Tempeltores aus dem Kontext einer fremden Kultur/Religion gerissen als Schmuck mitten in eine europ. Stadt zu stellen.
    Wenn irgendjemand anderes als das woke Humboldt-Forum dies getan hätte, wäre der Shitstorm in den sozialen Medien wahrscheinlich groß.

    Zu den Rossebändigern:
    Ich glaube nicht, dass diese noch zu unseren Lebzeiten zurückkommen. An ihren angestammten Platz können sie eh nicht zurück, denn da sind nun die Betonmauern der neuen Schlossterasse.
    Man kann die Rossebändiger nicht da obenauf setzen und man kann auch nicht Teile der neuen Schlossterasse wieder abreißen und die alten Sockel einsetzen. Sähe bescheuert aus und die Landschaftsarchitekten, die das Ganze entworfen haben, werden ein Wort dazu zu sagen haben.